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A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l u n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Vrel« für dm Jahrgang bei Bestellung von der Post 1k gr. Sächs., bet Bezlehung der Blatte« durch Botenaeleaenbett IS Gr. SLchs. ' 2. Erscheint jeden Donnerstag. 10. J(MlM 1839. Neue Gesetze und alter Schlendrian. ES Ist wunderbar, was die Zelt schaffet und wie der zerstört, bildet und umbildct. Wohin wir auf dem Markte deS Lebens den Blick wenden, überall begegnen unseren Augen neue Schilder und Firmas, welche entweder noch gar nicht, oder doch in anderer Gestalt da gewesen sind, während alte und bewährte Häuser Zusammenstürzen und große und kleine ange baute Hütten mit sich in ihren Fall hinabzlehrn. Be- sondeck ist die neuere Zeit reich an Fallimen.'.'.l' aAet Art, und man möchte einem Jeglichen zurufen: „wer da sich dünken lässct, er stehe, der sehe zu, daß er nicht falle." Nur ein Haus stehet fest und sicher seit undenklichen Zeiten, hat durch alle Jahrhunderte von einem Geschlechte auf das andere sich vererbt, breitet seine Verbindungen über alle Erdtheilc aus, bauet sich Commanditen in allen Branchen, macht sich durch Addreß - und Empfehlungsbriefe überall geltend und weiß sich gegen alle SchöpfungsprincipieN und Weltumwälzungen immer glücklich zu behaupten — dieses Haus trägt die weit und breit bekannte und überall aecreditirte Firma: „Hans Schlen drian und Söhne." Viele Angriffe hat Herr Schlendrian während der letzten Jahre im Sachsen lande auszuhalten gehabt! Hier hat er manchen Ver lust erlitten; manches Haus hat seine Verbindungen mit ihm abgebrochen? seine zahlreichen, alten Freunde haben sich gelichtet; viele der besten Hilfsquellen, aus welchen er so lange Jahre hindurch nur mit leichter und bequemer Hand geschöpft hat, sind ihm entzogen worden, und fast schien die Gefahr ihn zu bedrohen. daß er auf der großen Börse des öffentlichen LebcnS Sitz und Stimme völlig verlieren könnte. Allein seine besten Gönner, die Unwissenheit, die Trägheit, der Egoismus, die Selbstgefälligkeit, die Herrschsucht und manche Andere haben sich nur so lange von ihm zu- rückgez-An, alS diese Gefahr ganz nahe stand. Be reits ist c eselbt ziemlich glücklich vorübergegange« und scho. ' > g'"nen Einzelne, ihre alten Verbindungen mit dem H,mse Schlendrian zu erneuern und, wo möglichen selben aasten vorigen Fuß zurückzuführea. Herr Schlendrian, der aus Furcht oder Echaam in seinen Gemächern einige Zeit hindurch sich ver schlossen gehalten und dem offenen Anblick der Welt entzogen hatte, wagt wieder heimlich und in Masken gehüllt, Besuche abzustatten, wohl auch hie und da wieder ein Wort mit zu reden und mit lüsternem Auge nach seinem sonstigen Credite zu lugen. SS wird gut sepn, wenn wir denselben etwas näher zu bezeichnen suchen, so wie wir Ihn jetzt wieder biswei len bet trübem Himmel und einbrechender Abenddäm merung, wo er leichter sich verbergen zu können glaubt, mit etwas scheuem, jedoch listigen Blicke um- hcrschleichen sehen. Wohlan! wir wollen sehen, ob wir Ihm nicht selbst begegnen, wenn wir auf dem großen Markte des öffentlichen Lebens einige Kreuz- und Querzüge versuchen. Halt! hier stehen wir am Thore einer Stadt, welche die neue Städteordnung angenommen hat. Wir wollen eintrrten! Gehe nur getrost! Von der Polizei hast du nichts zu fürchten! die hat sich schla fen gelegt, um nachzuholen im Schlafe, was sie die