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Pulsnitzer Fayeblatt Beilage zu Rr. 28S 83. Jahrgang Dienstag, 8. Dezember 1931 lUkncn - 5P0K7 - Spiel. Arbeiter-Turn- und Sportverein Obersteina Handball Ergebnis vom Sonntag, 6. Dezember: Obersteina 1. gegen Ohorn 1. 5:1. Trotz der schlechten Bodenverhältnisse konnten beide Parteien immer noch ein offenes Spiel zeigen. Ober- steina trat mit mehrfachen Ersatz an. Kurz vor Halbzeit gehen die Blaugelben in Führung: doch bald daraus ist der Aus gleich fällig. Halbzeit 1 : l. Nach Seitenwechsel nahm das Spiel an Tempo zu. Obersteina erzielte ein weiteres Tor. Die Schwarzweihen zeigten hier eine gute Kombination und Fang technik, und versuchten weitere Erfolge zu erzielen; jedoch vergebens. Im weiteren Spielverlauf erzielten die Blaugelben noch drei weitere Tore. ' Bei dem Kampf Nürnberg gegen Fürth stand der Internationale Leinberger wieder in den Reihen von Fürth und trrrg nicht unwesentlich zu dem Siege seiner Mannschaft bei. Beim Berliner Hallensportfest der Turner wurde der deutsche Meister und Rekordmann im Hürdenlaufen, Be sch etznik, von dein Turner Wegener bezwungen. Körnig und Jonath mußten die Ueberlegenheit von Vent anerkennen. Eyring gewann die 3000 Meter, wie er wollte, und Lignau wartete im Kugelstoßen mit der schönen Leistung von 15,48 Me ter auf. Neue deutsche Schwimmrekorde stellten Elfriede Saffe- vath über 200 Meter Rücken, die Reydther Damenstaffel über 3mal 100 Meter Lagen, Hilde Salbert-Gleiwitz Wer 100 Meter Kraul (1:13), und die Damen des Magdeburger DSC. über 6mal 50 Meter Kraul auf. Boxen. In Dortmund schlug Hein Müller den Eng länder Euardsman Gater, der mit großer Propaganda angekün digt war, in vier Runden so schwer zusammen, daß er aufgeben mußte. Gustav Eder schlug so hart und wirkungsvoll, daß sein Gegner, der Engländer Green, schon der in 2. Runde aufgab. Sawall siegte in Paris bei dem Dauerrennen um den Preis des Pariser Stadtrats gegen Wambst, Linavt und Gvaffln. Engel und Steffes schieden bei dem Fliegerpreis bereits in den Vorkäufen aus. Charlier Teneef gewannen da» Breslauer Dreistunden rennen vor Preuß-Resiger und Siegel-Thierbach. — Franken stein konnte in Nizza mit dem Italiener Minerbi in einem Mannschaftsrennen den 2. Platz belegen. Zn 9 Tagen Marseille-Madagaskar-Marseille? Paris. Die beiden bekannten französischen Flieger Gou» kette und Salet, die auf der Strecke Marseille—Madagas kar mit vier Tagen und sieben Stunden eine neueHöchst- leistung aufgestellt und die sich nach fünftägiger Ruhe wieder auf den Rückflug begeben haben, sind in Tunis eingetroffen. Die Flieger hoffen, eine neue Höchstleistung auf der Strecke Marseille—Madagaskar und zurück aufzustellen Und die 23 000 Kilometer lange Strecke in der vorzüglichen Zeit von neun Tagen zurückzulegen. Ans dem Gerichtsfaal Wohlverdiente Strafe für Rowdys! (Ausführlicher Bericht) Pulsnitz. Zu schweren, aber gerechten Strafen wurden die sich auf Wanderschaft befindlichen Leo Swirduski, Ernst Tietze, Bernhard Hirtz und Franz Meher vom Amtsgericht Pulsnitz verurteilt. Die Angeklagten hatten am 11. Novem ber 1931 in der achten Abendstunde in Pulsnitz den sich mit seiner Ehefrau auf dem Heimwege befindlichen Dahnarbeiter Mager, Pulsnitz, ohne jede Veranlassung hinterrücks tätlich angegriffen und als ihm seine Ehefrau behilflich sein wollte» auch diese geschlagen. Die Angeklagten kamen aus der Obst- Weinschänke Baldaus in angetrunkenem Zustande stadtwärts, um, wie sie angaben, nach der Herberge zu gehen. Am Hotel Schühenhaus belästigten sie den Hausdiener und als dieser sie vor der Haustür zur Rede stellte, folgten die Angeklagten in das Schützenhaus und schlugen auf den Hausdiener ein. Der hinzukommende Wirt des Schützenhauses, Herr Höntsch, wurde ebenfalls zu Boden geworfen und von den Angeklagten er heblich geschlagen, statt seiner Aufforderung, das Haus zu verlassen, Folge zu leisten. S. und M. sind nach der Schlägerei wieder in der Gaststube erschienen und verlangten Dier, was verweigert worden war. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte strenge Bestrafung wegen gemeinschaftlicher Körper verletzung, Hausfriedensbruch und versuchter Nötigung, denn die Angeklagten hätten sich in der gemeinsten Art und Weise benommen, nach dem Ergebnisse Ler Beweisaufnahme sich sogar wie die wilden Tiere gebährdet. Während sie von der An klage der versuchten Nötigung freigesprochen wurden, wurden sie verurteilt wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung und Hausfriedensbruch: S. zu 5 Monaten, T. zu 2 Monaten 16 Tagen, H. zu 3 .Monaten 1 Tag Gefängnis und wegen gemein schaftlicher Körperverletzung M. zu 2 Monaten 1 Woche Ge fängnis. Die seit dem 11. November 1931 verbüßte Unter suchungshaft wurde den Angeklagten voll angerechnet; sie wurden sofort wieder abgeführt. — Die hohe Bestrafung war nur zu begrüßen, denn man kann von den Strafvollzugs behörden verlangen, daß sie Leben und Eigentum anständiger Bürger gegenüber einem zu verabscheuenden Rowdytum in Schutz nehmen. Wäsche nur in bekannten Geschäften, niemals aber bei sogen. „Fliegenden Händlern" kaufen! Pulsnitz. Die Wäschehändler Kohlhoff und Steinkamp, beide in Dresden-A. wohnhaft, waren wegen Betrug beschul digt, indem sie am 9. Juli 1931 einer ledigen Arbeiterin in Weihbach bei Pulsnitz ein Paket Wäsche im Ganzen aufzu drängen versuchten und erklärt haben sollten, es handele sich um ein ganz besonders preiswertes Angebot. Der Kaufpreis wurde auf 150 NM festgesetzt, wovon 10 RM nachgelassen wurden. Für diese 140 RM ließ sich die Zeugin bewegen, die Wäsche zu kaufen, und zwar bezahlte sie 40 RM in Waren, während für den Rest ein Akzept über 100 RM per 1. November 1931 gegeben wurde. Der Wert der Wäsche be- lause sich aus nur zirka 80 RM, doch behaupteten die Ange klagten, sie hätten im Einkauf selbst 97 RM zahlen müssen, sodaß der Gewinnaufschlag, zumal es sich um ein Abzahlungs geschäft handele, angemessen erscheine. Der als Sachverständige vernommene Wäschefachmann bezifferte den Ladenverkaufswert aus zirka 117 RM und mußte bestätigen, daß ein Ausschlag sür Abzahlungsgeschäfte wie von den Angeklagten festgesetzt, angemessen und üblich wäre. Der Vertreter der Staats anwaltschaft stellte auf Grund des Ergebnisses der Beweis aufnahme keinen Antrag und das Gericht sprach die Ange klagten mangels Beweise frei. Die Zeugin habe selbst nicht ausrecht erhalten können, daß die Angeklagten bei dem An gebot Ler Wäsche geäußert hätten, es handele sich um ein besonders günstiges Angebot. Im übrigen kämen die Vor schriften des Wuchers für Kaufleute nicht in Betracht. Die Käuferin mutz also nachträglich den am 1. November 1931 fälligen Wechsel einlösen und hat die Wäsche, die sie anfangs gar nicht zu kaufen beabsichtigte, aus dem Halse. Das Gericht gab der Zeugin offen zu verstehen, sie dürfe eben von der artigen Händlern nichts kaufen, sondern müsse im offenen Geschäft kaufen, wo ihr die Waren nicht aufgedrungen wür den. — Dem kann nur beigepslichtet werden. Erstens wird man in bekannten offenen Spezialgeschäften meist günstiger bedient, hat größte Auswahl, die Waren werden niemand aufgedrängt und überdies hat man hinterher keinen Aerger und keine Unannehmlichkeiten zu gewärtigen. Der Fall mag jedem Käufer eine Warnung sein, nur in bekannten Ge schäften, niemals aber bei sogenannten „Fliegenden Händlern", die man nicht kennt, zu kaufen. Der Gerichtstermin konnte nicht stattfinden, weil die Ange-, klagten das Fahrgeld vertrunken hatten! Dresden. Während der Monate August und September, wurden nachts wiederholt in Strehla a. E. Flugblätter der KPD. angeklebt. Den Erörterungen eines Gendarmeriehaupt wachtmeisters gelang es sehr bald, die Klebekolonne ausfindig zu machen, die jetzt vor das 1. Gemeinsame Schöffengericht nach Dresden zitiert wurde. Zwei von den 5 Angeklagten, Hobler und Nötzel, waren zu Beginn des Termins nicht anwesend, und der Vorsitzende gab bekannt, daß sie das vom Bürgermeister erhaltene Fahrgeld vertrunken hatten. Der Termin wurde aus einige Stunden vertagt, da die Polizei in Riesa inzwischen die beiden Angeklagten mit neuen Fahr karten versorgen muhte. Zu Beginn der Verhandlung be merkte dann der Vorsitzende, daß er künftig aus Sparsam keitsgründen die Angeklagten durch Haftbefehl zur Gerichts verhandlung beordern würde. Obwohl die Angeklagten das Ankleben der Zettel bestritten, wurden sie jedoch wegen Vergehens gegen die Verordnung des Reichspräsidenten vom 28. März zu Gefängnisstrafen von 5 Tagen bis 2 Wochen bezw. zu Geldstrafen verurteilt. ! Mißbrauch der Erwerbslosenfiirsorge Essen, Eine Gerichtsverhandlung, die unlängst in Essen ' stattfand, warf ein grelles Licht auf die derzeitigen Zustände in der Arbeitslosenversicherung. Vor dem Strafrichter hatte sich hier ein Mann zu verantworten, der es fertig gebracht hatte, in acht verschiedenen Städten Erwerbslosenunterstützung l zu beziehen. Dieses „Einkommen", das er sich aus Düsseldorf- 2x L» 6» 6atic/>e/> 1K 1K 1K L» a/öt kü/» § -VrL Fis K/btE 85 „Vorläufig nichts! Ich muß abwarten, was dabei herauskommt. Aber . .. alles oder nichts, und wenn der Aufsichtsrat uns noch so viel Vorwürfe macht. Tas soll mich nicht scheren." Carla saß mit Maria zusammen. «Ne hatten sich über ihre Erlebnisse bei der Sitzung und bei den Jnspektions- und Besichtigungsreisen unter halten. Dann spielten sie eine Partie Domino. Mitten im Spiel sagte die alte Marinko plötzlich: „Der Oberst hat Besuch!" „So!" meinte Maria gleichgültig. „Interessiert es dich, Marinko?" Die Alte trat näher und nickte geheimnisvoll. „Ja, mein Goldkind ... es sind Offiziere vom Regi ment in Jekaterinowslaw." „Militärische Fragen, Marinka?" „Nein, Täubchen!" kicherte die Alte leise. „La . . . steckt was dahinter. Er hat schon mehrmals Offiziere bei sich gehabt. Aber immer gab es heftige Auseinander setzungen und zweimal hat er seine Besucher kurzerhand einsperren lasten. Weißt du, was man sagt, Täubchen?" „Was denn?" „Man jagt .. sie dämpfte ihre Stimme zum Flü stern. „Man jagt daß der Oberst nicht ganz sauber seil" „Wie meinst du das, Marinka?" fragte Maria, die jetzt ganz gespannt aufhorchte. „Man sagt ... daß er mit den Geldern, die ihm für die Armee zur Verfügung gestellt werden ... etwas eigen mächtig oorgehl." „Tm .. . meinst... Unterschlagung?" „Es könnte sein, Kindchen!" „Wer sagt das, Marinka?" „Ich . . . mein Täubchen! Oh . . . die alte Marinka hat gute Ohren. Ne sprechen so schnell, die Herren Offi ziere, wenn sie aufgeregt sind, aber ... die alte Marinka versteht doch, was sie sagen." „So, hast du gehorcht?" Die Alte lachte verschmitzt. „Ich habe gehorcht! Du sagst es, mein Goldkind!" „Das ist nicht recht von dir!" „Nicht recht! Nicht recht! Es ist immer gut, man- ches zu wissen. Andere ... die wissen es auch ... das glaube ich . . . aber sie fürchten den roten Teufel alle. Sie fürchten ihn . . . sogar der Präsident fürchtet ihn, denn ... er hat das Militär von Moskau fest in seiner Hand. Das ist gewiß, mein Täubchen, denen läßt er es an nichts fehlen, die gehen für ihn durchs Feuer, denen ist er wie ein Vater. Aber . .. sonst!" Plötzlich fuhren die Mädchen zusammen. Sie hörten den Oberst brüllen. Fuhren zusammen. Lauschten. Wie der Blitz hatte sich Maria erhoben und lief zur Tür. öffnete sie und lauschte hinaus. Man hörte deutlich die heftig erregte Stimme des Obersten, andere Stimmen mischten sich ein, erregt, heiser, wutgeladen. Plötzlich krachte ein Schuß. Da ... ein heftiger Klingelton lief durch das Palais Mentschikoff. Ne hörten, wie es lebendig wurde. Die Diener liefen hinunter, das Klingelzeichen hatte sie gerufen. Die Wache vor dem Palais kam berange- stürzt. Lärm, Getümmel unten. Ein heftiger Aufschrei! Eine gewaltige Stimme schrie: „Mörder . « . Blut hund .. . verrecken wirst du wie Gapimol" Die alte Marinka stand mit haßglühenden Augen neben Maria, die leicht zitterte. „Was . . . geschieht dort unten?" flüsterte Maria. „Ah ... er schafft sie sich vom Halse! Er läßt sie ver- haften. Wer weiß, was sie ihm wieder vorgeworsen haben. Vielleicht mußten die Soldaten verschimmeltes Brot fres sen oder . . . vielleicht steht die Löhnung für ein Viertel jahr oder noch länge,, aus. Er läßt sie verhaften . . .!" „Und dann?" „Dann wird kein Mensch mehr etwas von Oberleut nant Senow vom Regiment Jekaterinoslaw hören. Er wird in dem Gefängnis verfaulen mit seinen Kameraden." Den beiden Mädchen schauderte. „Senow ... er ist unter ihnen!" „Er führt die Delegation! Ich habe seinen Namen gehört." „Er ... kämpft für sein Recht... und ... keiner wird ihm helfen." „Das wagt keiner!" flüsterte die Alte angstvoll. „Ein Wort nur . . . und Hastotsch schaltet ibn rücksichtslos aus. Ein Wort nur!" Sie schlossen die Tür wieder. / Mit bleichen Gesichtern sahen sie sich an.