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Nr. 285 Pulsnitz« Tageblatt. - Dienstag, den 8 Dezember IL31 «e't, 3 Sächsische Dirtschastsnachrichien. Vermehrte Betriebseinschränkungen und -stillegungen. Die Zahl der beim sächsischen Arbeits- und Wohl fahrtsministerium eingegangenen Anzeigen über beabsich tigte Betriebseinschränkungen und -stillegungen ist — nach vorübergehendem Absinken im September und Ok tober — wieder gestiegen; sie beläuft sich im November auf 486 gegen 374 im Vormonat und 555 im November1930. An dieser Zunahme sind alle wichtigen Jndustriegruppen sTenilindustrie, Maschinen- und Fahrzeugbau, Eisen- und Metallindustrie, Holz- und Schnitzstoffgewerbe, Industrie der Steine und Erden, Bekleidungsgewerbe usf.) beteiligt. Im August 1931 waren 525 Betriebseinschränkungs- und und -stillegungsanzeigen eingegangen. Von den 71 126 Ar beitern und 14 225 Angestellten der Anzeigen erstattenden Betriebe wurden nach Ablauf der Sperrfrist 10 443 bzw. 891 entlassen. In 153 Fällen wurden die beabsichtigten Entlassungen nicht vorgenommen, und in 47 Fällen fand die Stillegungsverordnung keine Anwendung. Knappschastsangestellte verlangen beamtenmäßigc Sicherungen. Der Verband deutscher Knappschaftsbeamten, Mitglied des Deutschen Beamtenvundes, hielt in Halle seine dies jährige Hauptversammlung ab. Im Mittelpunkt der Ver handlungen stand die Frage des Tienstrechtes der Knapp- schastsangestellten. Dis Versammlung verlangte mit aller Entschiedenheit, daß die Knappschaftsangestellten, die an öffentlichen verantwortlichen Posten stehen, veamten- mäßige Sicherungen erhalten. Es wurde erklärt, daß ihnen diese Sicherungen schon deswegen nicht verweigert werden dürften, weil man ihnen bisher alle Beamlen- Pflichten, insbesondere die Kürzung der Gehälter, aus erlegt habe. Heule Verkündung der Notverordnung Berlin. Nachdem das Neichskablnett am Montag abend die Beratungen über die neue Notverordnung abgeschlossen Und den Text endgültig formuliert hat, wird der Reichskanzler am heutigen Dienstag vom Reichspräsidenten empfangen wer den. Bei dieser Gelegenheit wird die Unterzeichnung erfolgen. Die Veröffentlichung durch die Presse wird nach den bisherigen Dispositionen am Mittwoch früh erfolgen. Der Rundfunk dortrag des Reichskanzlers über die neue Notverordnung wird nach einer Meldung Berliner Blätter voraussichtlich heute um 21 Llhr stattfinden. Deutschland drängt auf beschleunigte Beratung Basel. Der Sonderausschuß der BIZ. hat bereits am heutigen Dienstag vormittag seine Arbeiten fortgesetzt, um die geschäftlichen Fragen endgültig zu regeln. Dr. Melchior hofft, voraussichtlich am Mittwoch zu dem eigentlichen Kern problem, der Prüfung der deutschen Gesamtlage, überzugehen, die er mit einem Bericht einleiten wird. Deutschland hat dazu den Vertretern bereits umfangreiches Material in drei Sprachen zugestellt. Der deutsche Vertreter ist bereit, den Mitgliedern des Ausschusses in eingehender Weise Aufschluß über alle Fragen zu geben und diese, wenn gewünscht, noch durch Hinzuziehung des einen oder anderen besonderen Sach verständigen ergänzen zu lassen. Deutschland dringt aber auf beschleunigte Beratungen, denn ein weiteres Hinauszögern der Regelung der Reparationsfrage gefährdet nicht nur die die laufenden Kredite Deutschlands, sondern untergräbt seine Sauzc Kreditwirtschaft. Wachsende Erkenntnis über den Tnbutwahnsinn. Der bekannte Reparationssachverständige George Auld, früheres Mitglied des Dawes-Ausschusses, sprach Montagabend auf einem Bankett in New Port über das internationale Schuldenproblem. Die Ansicht, die Kriegs schulden könnten nur mit Ausfuhrüberschüssen gezahlt wer den, sei Blödsinn. Die Reparationsleistungen seien viel- ieicht wirtschaftlich nicht unmöglich; psychologisch aber bedeu- teten sie für Deutschland und damit für das ganze Welt- sinanzsystem eine untragbare Bürde. Sie müßten daher ge- ßrichen oder wesentlich herabgesetzt werden. Ganz Deutschland lehne heute die Reparationszahlungen als entwürdigend ab. Auld schätzte die von Deutschland seit 1918 gezahlte Repa rationssumme auf 3,4 Dollarmilliarden, denen 1,8 Milliarden interallierte Zahlungen an Amerika gegenüberständen. Für die in Deutschland Heranwachsende junge, kraftvolle Generation bedeute der Versailler Vertrag nichts mehr. Auld schloß mit einer Mahnung an Amerika, durch eine ver- nünftige Anleihepolitik den anderen Völkern und damit sich selbst zu helfen. Auch der frühere südafrikanische Ministerpräsident Ge neral Smuts warnte in Kapstadt in einer Rede vor euro päischen und amerikanischen Staatsmännern vor den Gefahren, die aus einer Verzögerung einer wirklichen vernunftgemäßen Einigung über die Reparationen entstehen könnten. Es sei zu bezweifeln, daß Deutsch land noch weiter Reparationen zahlen könne. Werde Deutsch land zahlungsunfähig, müsse England früher oder später folgen. Es habe keinen Zweck, sich weiter in dem Wahn ?vn Reparationsillusionen zu ergehen, die die internationalen Beziehungen vergiften und verder ben. Vernehmung von Dr BeH undSchafer durch den Reichsanwali. Darmstadt. Reichsanwalt Zoeller aus Leipzig führte Montag die Vernehmung von Or. Best zu Ende. Or. Best 'st nach Mainz zurückgekehrt. Ueber das Ergebnis der Ver nehmung wurde von amtlicher Seite zunächst Stillschweigen bewahrt. Es steht lediglich fest, daß 0r. Best die Frage, Betrug, nichts als Betrug Oarlehnskaffe verlor über IOVVVVM. Hana«. Die Große Strafkammer verhandelt seit länger als einer Woche über die Verfehlungen bei der Dar- lehnskasse Neuhof bei Fulda, die zu einem Berlust von über 700 000 Mark geführt haben. In unzulässiger Weise sind Wechselgeschäfte in großem Ausmaße vorgenom men worden. Die Aufsichtsorgane haben versagt, wie das Gericht festgestellt hat. Nachdem bereits das Schöffengericht die in der Leitung befindlichen Personen abgeurteilt hat, steht jetzt die Sache vor der Berufungsinstanz in Hanau. In der Beweisaufnahme vor Gericht ist u. a. mitge teilt worden, daß zurSanierung der Darlehnskasse Neu hof die Preußenkasse in Berlin unter Verzicht aufRückzahlung350 000RMzugeschossen hat. * Düsseldorf. Durch verfehlte Spekulationen des Ersten Prokuristen hat eine hiesige Großbankfiliale Verluste von etwa 100000 Mark davongetragen. Die Untersuchung der Angelegenheit durch die Staatsanwaltschaft ist eingeleitet. Der beschuldigte Prokurist ist der Neffe des bekannten steinreichen Großindustriellen Peter Klöckner. Notar unterschlägt Manbantengelder. Berlin. Gegen den Rechtsanwalt und Notar vr. jur. Heinrich Pagenkemper ist jetzt Haftbefehl erlassen worden. Der Anwalt hatte sich an Mandantengeldern ver- ! griffen. Im Laufe des Verfahrens meldeten sich immer mehr l Geschädigte, so daß noch nicht abzufehen ist, wie hoch die von l ihm unterschlagene Summe ist. Die gegen ihn anberauinte ' Verhandlung mußte ausgesetzt werden, da Pagenkemper bis her nicht ergriffen werden konnte. In Spandau wurde der 28 Jahre alte Rechtsanwalt Walter Lißmann tot aufgefunden. Er hatte sich ein« Kugel in die Schläfe geschossen. Das Motiv zum Selbstmord dürfte in einem Nervenzusammenbruch infolge Ueber- arbeitung zu suchen sein. Banderolen- und Wertmarkenfälscher. Emde«. Seit mehreren Monaten war es den deutschen Zollbehörden bekannt, daß in Holland falsche deutsch« Tabaksteuer-Banderolen hergefbellt und heimlich über die Grenze nach Deutschland gebracht wurden. Jetzt ist es gelungen, die Bande, die die falschen Banderolen her stellte und nach Deutschland schmuggelte, festzunehmen. Der Hauptsitz der Fälscher- und Schmugglerbande war in Papenburg a. d. Ems. Die gefälschten Banderolen wur den iif Amsterdam gedruckt. In Vlaggtwedde wurde ein Holländer namens Drenth, der den Schmuggel leitete, fest genommen. Etwa 50 000 falsche Tabaksteuerzeichen im Werte von rund 900 000 RM konnten beschlagnahmt werden. Berlin. Auf Veranlassung eines Tabakgeschäftsinhabers wurde der 25 Jahre alte Arbeitslose Meyer festgenommen, der versucht hatte, mit gefälschten Wertmarken einer Zigarettenfirma sich Gratispackungen zu er schwindeln. Meyer gab an, die Marken von einem gewissen Höntsch erhalten zu haben, der mehrere Arbeitslose gegen eine Gebühr von 3 RM damit beschäftige, diese Wertmarken gegen Zigaretten einzutauschen. Die Fälschungen waren außerordentlich geschickt durchgeführt worden. ob er mit seinem Dokument beabsichtigt hatte, die gegen wärtige Republik zu stürzen, mit Nein beantwortete. Auch Schäfer-Offenbach ist vom Oberreichsanwalt ein gehend vernommen worden. Schäfer fürchtet für seine per sönliche Sicherheit und hat dem Vernehmen nach polizei lichen Schutz erbeten. Wie man sagt, fürchtet er weniger Angriffe von nationalsozialistischer als besonders von kom munistischer Seite. Trotzdem beabsichtigt er, sein Landtaas mandat auszuüben. Vaterland der Arbeiter gepriesen, und eins trug die Auf schrift: „Alle Kriegsfonds den Arbeitslosen!" Schließlich versuchten die Arbeitslosen in den Senat und das Ab geordnetenhaus einzudringen, wurden aber daran gehindert. Lin von ihnen entsandter Ausschuß wurde auf Befehl des diensttuenden Polizeikommandanten gewaltsam zurück gedrängt. Der Demonstrationszug war bis ins kleinste organisiert. Die Arbeitslosen versammelten sich auf Befehl ihrer Führer sechs Häuserblocks vom Kapitol entfernt und zogen dann geschlossen vor das Regierungsgebäude. Erste Aufnahme von der Sprengung der Erlöserkirche in Moskau. Am Sonnabend nachmittag wurde eines der schönsten Bau werke Rußlands, die als Nationalheiligtum aller gläubigen Russen bekannte Erlöser-Kathedrale in Moskau, auf Befehl Der Sowjets in die Luft gesprengt, um dem neuen Sowjet- Kongreßgebäube Platz zu machen. — Die Kathedrale nach der Sprengung Hoovers Entscheidungsschlacht im Kongreß. Washingto«. Seit Montag abend ist der amerikanische Kongreß versammelt. Im Vordergrund der amerikanischen Erörterungen stehen jedoch weniger außenpolitische, als innenpolitische Fragen. Die Hauptfrage, die alle beschäftigt, ist, wie der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten aufgeholfen werden kann. Hoover hat bis in die letzten Stunden hinein mit den Parteiführer« der Republikaner diese Kundgebung beraten. Er wird sie in einer gemeinsamen Sitzung beider Häuser, Senat und Reprä sentantenhaus, bekanntgeben. Die beiden Parteien der amerikanischen Parlamente, die Demokraten und die Republikaner, haben ange ordnet, daß jeder Abgeordnete zu erscheinen habe, da die Mehrheit sowohl im Senat wie im Abgeordnetenhaus unter Umständen von einer Stimme abhängen wird. In beiden Häusern werden daher nur je zwei Abgeordnete fehlen. Ge lingt es den Demokraten, die Mehrheit in einem oder in bei den Häusern zu erhalten, was durchaus möglich ist, würde dies weittragende innerpolitische Folgen für Amerika haben. Bemerkenswerterweise interessiert die Abgeordneten vor allem wieder einmal die Prohibitionsfrage. Dem Kongreß sind mehr als 1000 Gesuche zugegangen, den sogenannten Volstead-Äct, das Gesetz, das Amerika trocken legte, abzuschaffen, Der Führer der „Trockenen", Senator vyeppard, hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der vor sieht, daß in Zukunft auch die Herstellung von Most bestraft werden und daß ferner nicht nur der Verkäufer alkoholischer Getränke, sondern auch jeder, der betrunken aufge griffen wird, schwer besttast werden soll. „Hungermarsch" zum „Kapitol". Washington. Ueber tausend Arbeitslose veranstalteten Montag einen „Hungermarsch" zum „Kapitol". Sie trugen Schilder voran, von denen eines lautete: „Nieder mit dem geheimen Hoover-Laval-Kriegs pakt!" Auf anderen Plakaten wurde Sowjet-Rußland als das Das Inserat - Der Magnet des Kaufmannes Für jeden Geschäftsmann geht der Weg zum Erfolg über die Reklame. Ihr Wesen ist Weckung der Kauflust! — Nachweislich haben die Geschäfte und die Firmen, die ihre Reklamekosten verdoppelten, einen drei- bis viermal größeren Aussatz erzielen können. Das ganze Geheimnis des guten Geschäftsganges liegt lm Erfassen der Kaufpsychologie der Masse. Wer es versteht» zur rechten Zeit mit dem rechten Wort den Käufer zum Kauf zu veranlassen, der wird stets der Sieger im Konkurrenzkämpfe des Lebens bleiben. Der Äaufwille ist heute mehr denn je vorhanden. Man rede sich aber nicht damit heraus, daß niemand Geld habe und dadurch jede Kauflust verpuffen müsse. Es kann sich kein Mensch auf die Dauer um seine not wendige Bedarfsdeckung herumdrücken! Einmal muß er doch zum Kaufmann gehen und das Notwendige verlangen. Hier setzt die Kundenwerbung heute ein, jetzt kann die geschickte Reklame wirken. Die zweckmäßigste Reklame ist aber nur die, welche zur Kenntnis möglichst vieler Menschen gelangen kann. Er füllt sie diese Aufgabe, dann ist sie auch die billigste. Die durchschlagendste Werbe-Methode nimmt deshalb immer noch das Zeitungs-Inserat ein! Nur wer ost und syste matisch Reklame treibt, dars hoffen, daß sein Geschäft immer populärer wird. Reklame verteuert nicht eine Ware, sondern ermäßigt sie im Preis! Denn es ist eine bekannte Tatsache, daß stets dort eingekauft wird, wo die meisten Menschen schon hinlaufen. Wiederum geht auch die Masse nur in die Ge schäfte, deren Namennennung sie immer wieder hört. Beides hängt also eng zusammen. Je mehr nun ein Geschäft aufgesucht wird, um so höher steigt der Kredit und um so größer wächst der Zinssatz. Anschwellender Umsatz ermöglicht nun wieder auch eine durchgreifende Rationalisierung des Unternehmens. Wer rationalisieren kann, ist in der Lage, seine Artikel zu ver bessern und zu verbilligen. So bietet die Reklame dem Käufer die Garantie, nur mit ÖualitäHwaren beliefert zu werden. Die Reklame ist also der Magnet, der den Menschen in den unwiderstehlichen Dann seiner Suggestivkrast reiht! Nur das Zeitungs-Inserat bietet die Garantie einer richtig kalkulierten Geldanlage. Durch keine andere Reklame wird das Volk so intensiv erfaßt wie hier. Es ist unverständ lich, daß der klugrechnende Kaufmann heute von dem alt bewährten Grundsätze abrückt, bloß weil die hochgehenden Wellen der Krise über seinem Kopfe zusammenzuschlagen drohen. Stets hat der Kaufmann gespart, eben weil er zu rechnen wußte, aber es ist neu, daß er jetzt auf einmal am falschen Fleck an zu knaustern anfängt. Nicht an der Reklame einsparen, nein, gerade umgedreht wird ein Schuh draus! Wenn der Einkauf des Volkes auf ein Minimum herabgedrückt scheint, so sollte der Kaufmann besorgt sein, daß die gegen wärtig geringe Kauflust durch sein Verschulden nicht noch mehr sinkt. Denn durch das nachlässige Inserieren stärkt er nur die Menschen in der chronischen Tendenz des „Nicht-kaufen- wollens"! : Noch heute kann der Geschäftsmann einen steigenden Umsatz verzeichnen, der an einer systematischen Kundenwerbung und fortgesetzten Empfehlung seines Geschäftes festhält. Das Renomee eines Geschäftes, und mit ihm der wirtschaftliche Ausstieg auch in Notzeiten, beruht einzig auf der Werbe- Methode! Erfolgen müssen sich so auch zeigen, weil eben niemand auf lebensnotwendige Dinge verzichten kann. Be rechtigt ist somit auch das Wort: „Reklame ist der Schlüssel zum Wohlstand der Welt!" — Das Geheimnis des wirtschaft lichen Erfolges führt auch heute noch, oder gerade heute, über das Zeitungs-Inserat! Manfred Wehner. Landeswetterwarte Dresden Teils wolkig, teils aufheiternd, dabei verbreitet neblig oder dunstig. In den nördlichen Gebietsteilen und im Ge birge vorübergehend unbedeutende Niederschläge nicht aus geschlossen. Nachts leichter Frost. Temperaturen mit Aus nahme der höheren Mittelgebirgslagen einige wenige Wärme grade. Schwache bis mäßige südöstliche bis südwestliche, in freien Gebirgslagen auch zeitweilig etwas auffrischende Winde aus südlicher bis westlicher Richtung.