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Nr. 258. Pulsnitzer Tageblatt. — Donnerstag, den 4. November 1931. Seite 3. Oie Marschroute der AGOAP. Esser ««d Goebbels über die Harzburger Front. Berlin. Die Nationalsozialisten veranstalteten in Ber kin eine Massenkundgebung, auf der Stadtrat Esser- München und vr. Goebbels sprachen. Esser erklärte, er sei von Adolf Hitler beauftragt worden, zu sagen, daß an den Gerüchten über angebliche Zerwürfnisse zwischen der NSDAP, und der Deutschnationalen Volkspartei, wie sie in den letzten Tagen von den Zeitungen immer wieder gemeldet worden seien, kein wahres Wort sei. Me Harzburger Front stehe heute wie am ersten Tag fest und unerschüttert. Das gleiche sei von den Gerüchten über Spaltungen innerhalb der Partei zu sagen. Hitler werde keine Handbreit von seinen sozialistischen For derungen abweichen, und schon in Herr ersten Tagen werd« eine nationalsozialistische Regierung zeigen, daß sich die deutsche Außenpolitik nicht mit einer Verbeugung nach Frankreich hin zu erschöpfen habe. vr. Goebbels äußerte sich über die Harzburger Tagung dahingehend, daß in Harzburg lediglich ein Zweck verband, aber keine weltanschauliche oder eine Wahlgemein schaft geschlossen worden sei. Das gemeinsame Ziel sei der Sturz der Regierung Brüning; sonst aber hätten sich die Oppositionsparteien in Harzburg nicht aneinander gebunden und jede werde auch weiter ihr Eigenleben führen. Die .NSDAP, jedenfalls weiche keinen Schritt von ihren welt anschaulichen Forderungen ab, und es sei verfehlt, zu glauben, daß sie zu politischen Entscheidungen der Köpfe anderer Parteien bedürfe. Die Männer, die in 12 Jahren fähig gewesen seien, eine Millionenbewegung aus dem Boden zu stampfen, würden auch imstande sein, das ganze deutsche Volk zu führen. In Harzburg sei der taktische Weggeebnet worden, der durch den Braun schweiger Aufmarsch programmatisch untermauert worden sei. Wenn man die Nationalsozialisten noch länger aus schalte, dann würden die Wahlen im Frühjahr sehr ähnliche Ergebnisse zeitigen wie die englischen Wahlen. Man werde sich jedenfalls in Zukunft wohl noch über ganz andere Dinge verwundern können als darüber, daß Hitler mit General von Schleicher gesprochen habe. Schlechtes Geschäft bei -er Reichspost. Die Deutsche Reichspost veröffentlicht ihren Bericht über das zweite Viertel (Juli bis September) des Rechnungsjah- res 1931. Der Verkehr ist mit Ausnahme der Postaufträge und der Barauszahlungen, die «in wenig zugenommen haben, gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres in allen Dien st zweigen zurückgegangen, besonders stark im Paket- und Telegrammverkehr. Die Postscheckkonten vermehrten sich im Berichts vierteljahr um 6252 aus 1008 856. Im Auslandsver- kehr wurden trotz der Behinderung des Zahlungsverkehrs noch 48 Millionen RM überwiesen. Es wurden 6,8 Millio nen Telegramme befördert und über 597 Millionen Gespräche vermittelt gegen 8,6 Millionen Telegramme und 629 Millio nen Gespräche im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Me Zahl der Rundfunkteilnehmer hat sich um 12 354 auf 3 731S48 erhöht, von denen 218191 Inhabern — Blin den, Schwerkriegsbeschädigten, Krisenunterstützungsempfän- gern usw. — die Gebühren erlassen waren. In den Monaten April bis Juni 1931 wurden 320 Schwarzhörer rechtskräftig verurteilt. Im Kassenabschluß werden die Einnahmen mit 487 Millionen RM, die Ausgaben mit 496 Millionen RM ausgewiesen. Amerikanische Llnierstühung für -ie Winierhilfe. Die Amerikanische Handelskammer in Deutschland, die ihren Hauptsitz in Berlin und Zweigstellen in Frankfurt a. M. und Köln hat, hat beschlossen, sich an dem Hilfswerk der Winterhilfe zu beteiligen, indem sie eine Geldsammlung veranstaltet. An dieser Sammlung sollen sich alle in Deutschland lebenden Ameri- kaner und auch die aus den Bereinigten Staaten nach Deutschland kommenden Reisenden beteiligen. Me Spen den für diese Sammlung werden regelmäßig in dem amtlichen Bulletin der Amerikanischen Handelskammer Namentlich veröffentlicht werden. Sobald die Sammlung jeweils die Summe von 1000 Mark erreicht hat, wird dieser Betrag an die Berliner Winterhilfe abgeführt werden. Sie Studentenunruhen in Halle. Neue Kundgebungen gegen Professor Dehn. Die Kundgebungen gegen Professor Dehn vor der Höllischen Universität haben sich wiederholt. Das Kollex sollte erst um 20 Uhr beginnen. Schon von 19 Uhr ab mach ten sich starke Ansammlungen von Studenten bemerkbar Durch die Polizei wurden die Massen in umliegendl Gebäude abgedrängt, von deren Freitreppen ununter brochen in Sprechchören „Dehn raus!" und „Schupo raus!« gerufen wurde. Es gelang erst nach Herbeirusung erheb licher Verstärkungen, den Platz und die Gebäude zr räumen. In geschlossenen Gruppen marschierten die Stu denten schließlich unter Absingen des Deutschlandliedes vom Universttätsplatz ab. Während die Polizei das Universitätsgelände ohne Gewaltanwendung räumen konnte, mußte außerhalb de, Universitätsbannmeile, wo es zu stürmischen national sozialistischen Kundgebungen kam, vom Gummiknüppei Gebrauch gemacht werden, um die tausendköpfige Men schenmenge zu zerstreuen. Berittene Polizei wurde in un gewöhnlich großem Umfange eingesetzt. Es wurden nm Verhältnismäßig wenige Verhaftungen vorgenommeu. Hochverraisprozeß gegen den spanischen König? Madrid. Ein Unterausschuß des spanischen Parlaments veantragt, den früheren König Alfons und alle Persönlich keiten, die für die Einsetzung der Diktatur des Generals Primo de Rivera mitverantwortlich gewesen seien, wegen Hochverrats anzuklagen. Wenn in diesem Falle die Todes- Wallfahrt zu deutschen Kriegergräbern in fremder Erde. In Brüssel fand, wie alljähr lich, eine große Wallfahrt zu den umliegenden Friedhöfen der Kriegsgefallenen statt. Die deutsche« Kolonie versammelte sich auf dem Friedhof Evsre, wo eine eindrucksvolle Gedenk feier für die während des Krie ges in Brüssel verstorbenen deutschen Soldaten stattfand. Der deutsche Gesandte Graf Lerchenfeld (X) gedachte in einer Ansprache des Opfers der Toten, das eine Mahnung für kommende Geschlechter sein solle. strafe nicht anwendbar sei, soll das gesamte Vermögen des Königs in Spanien enteignet werden. Kommunistische Paßsälscher-Zenirale ausgehoben. Dokumente zur Spionage auf dem Balkan. Wien. Der Wiener Polizei ist es gelungen, eine groß zügig arbeitende kommunistische Paß- und Doku mentenfälschungszentrale auszuheben. Nach den bisherigen Ermittlungen dürfte es sich um die Zentral- stelle handeln, die den gesamten kommunistischen Agi tatoren auf dem Balkan die hierzu erforderlichen Pässe herstellte. Die Polizei verhaftete insgesamt sieben Personen. In der Wohnung der Verhafteten wurden zahlreiche Paßformulare, Taufscheine, Heimat- scheine und andere Dokumente in Vordrucken ge funden. Ferner beschlagnahmte die Polizei eine größere Menge von Stempeln mit Bezeichnungen der ver- schiedenen ausländischen Behörden fast aller europäischen Staaten. Die weiteren Ermittlungen der Polizei ergaben, daß die gefälschten Pässe und Dokumente hauptsächlich sür die Spionagetätigkeit der kommu- mstischen Internationale auf dem Balkan verwendet wurden. Hauptsächlich wurden in dieser Zentrale Pässe für Ungarn und Südslawien, dann aber auch für Griechenland vermittelt. Chinesische Rote an den Völkerbund. Genf. In einer Note, die der chinesische Vertreter beim Völkerbundssekretariat einreichte, wurden die größten Be sorgnisse über die Entwicklung des Zustandes in der Man- dschurei seit der letzten Ratstagung ausgedrückt. Der chinesische Vertreter hatte der Note ein Memorandum beigefügt über die Ereignisse der letzten drei Tage. Seit dem 30. September sind nicht nur keine Vorbereitungen für den Rückzug der japanischen Truppen getroffen worden, sondern die japanischenTruppen haben sogar, wie die chinesi sche Negierung feststellt, ihre Stellung in der Süd mandschurei weiter befestigt. Der Zustand wird aber vor allem beunruhigend, weil Iapansichweigert, über die Maßnahmen für den Rückzug zu ver handeln, bevor nicht Uebereinstimmung über die fünf grundsätzlichen Punkte erreicht ist. Scharfe Antwortnote Briands an Japan. Genf. Die in sehr scharfem Ton abgefaßte Antwort Briands auf die japanische Note bringt unter anderm zum Ausdruck, daß die wesentlichen Punkte der japanischen Forderungen schon in der Entschließung des Völkerbundsrates vom 30. September Berücksichtigung gefunden hätten,an die Japan gebunden bleibe. Briand gibt deshalb der Hoffnung Ausdruck, daß Japan dem entsprechend baldmöglichst feiner Verpflichtung nachkommen werde, die Truppen aus der Eisenbahnzone zurückzuziehen. Unruhen in Kaschmir 16 Mohamedaner und Hindus getötet — Englisches Militär rückt ein Loudon, 4. November. Ein englisches Schützenbataillon ist in Kaschmir eingerückt, um die Behörden bei der Aufrecht erhaltung der Ordnung zu unterstützen. Weitere Truppen sind im Anmarsch. Bei Unruhen in der Hauptstadt Srina gar wurden acht Mohamedaner und acht Hindus getötet, viele Häuser geplündert und niedergebrannt. Milliarde« Fehlbetrag in Amerika New ZoÄ. Nach Ausweis des Schatzamtes beläuft sich der Fehlbetrag für die ersten vier Monate des laufenden Haushaltsjahres auf 674 575 960 Dollar. Schatzsekretär Mellon hat feine neuen Steuervorschläge auf einem voraus- sichtlichen Jahressehlbetrag von 2500 Millio nen Dollar aufgebaut und wird sie in Kürze dem Präsi denten Hoover vorlegen. Absage an Sooder. Washington. Bei einer Nachwahl zum amerikanischen Kongreß in Michigan haben die Demokraten große Erfolge errungen. Sie haben nach den ersten noch unvollständigen Wahlergebnissen in dem bisher rein republikanischen Staat Michigan von fünf Sitzen wahrscheinlich drei gewonnen. Dieser Erfolg wäre deswegen um so bedeutender, weil sich dadurch die Einmann-Mehrheit der Republikaner im Re präsentantenhaus zugunsten der Demokraten neigen würde. Die Demokraten hätten dann 217 und die Republikaner 215 Sitze. Verschiedentlich will man in dem demokrati schen Erfolg im republikanischen Michigan eine deut liche Absage an die Politik der gegenwärti gen Regierung sehen. Tagungen in (Sachsen Deutscher Stratzcnbauverband. Der Deutsche Straßenbauverband, der die Staats straßenbauverwaltungen der deutschen Länder und die Straßenbauvcrwaltung der preußischen Provinzen umfaßt, hielt seine 32. Vorstandssitzung anläßlich seines zehnjähri gen Bestehens im Finanzministerium in Dresden ab, wo der Verband 1921 gegründet wurde. Finanzminister Dr. Hedrich würdigte die Arbeiten des Verbandes und die Be deutung des Straßenbaues für die deutsche Wirtschaft. Die Verhandlungen selbst, die unter Leitung des Präsiden ten Euting (Stuttgart) stattfanden, befaßten sich u. a. mit den neuzeitlichen Baumethoden, mit Verkehrsfragen und Niti dem Ausbauplän der Fernverkehrsstraßen sowie mit der neuen Karte der deutschen Verkehrszählung von 1928/29, die von der Staatlichen Sächsischen Straßenbau- direktion bearbeitet worden ist. Im Anschluß an die Sitzun gen fand unter Führung von Ministerialrat Dr.-Jng. Speck eine Besichtigungsfahrt statt, auf der einige der neueren Straßenbefestigungsarten und eine Anzahl größerer Straßenbauten, darunter die Muldentalbrücke bei Freiberg und die Umgehungsstraßen bei Wolkenstein und Penig, mit den bekannten Kreuzungsachten, besichtigt wurden. Der Erfinder des „Tank" gestorben. Der Maschinenbauer Friedrich Wilhelm Goebelist vor einigen Tagen in Berlin fast völlig mittellos gesto r ben. Goebel teilte das tragische Schicksal vieler Erfinde^ daß seine Projekte entweder nicht anerkannt wur- den oder undurchführbar waren. Er hat sich immer als der Erfinder der Tanks bezeichnet, die dann im Weltkrieg von den Engländern eingeführt wurden und große Erfolge erzielten. Kurz vor dem Kriege gelang es ihm in Pinne in Posen, einen drahtlos gesteuerten Wa gen, der nach dem Raupenschlepper-Prinzip konstruiert war, über eine 30 Meter hohe Pyramide fahren zu lassen. Eine Vorführung dieses interessan ten Versuches mißlang leider infolge eines Defekts, und Goe bel war damit der Lächerlichkeit preisgegeben. Trotzdem hatte er zahlreiche Finanziers, deren Gelder, insgesamt 800 000 Reichsmark, er aber nutzlos verwirtschaftete. Noch vor wenigen Jahren kam er mit einer neuen Erfin dung heraus: Einem Winddruck-Turbinen-Eis- schiff, mit dem er den Nordpol erreichen wollte. Auch diese Erfindung scheiterte daran, daß er keine Geld mittel mehr zur Verfügung hatte. Kirchen - Nachrichten Pulsnitz. Freitag, 6. November: 8 Ahr Mütterabend für Pulsnitz im Konfirmandenzimmer. — Sonntag, 8. November, 23. nach Trin.: — Kollekte für die Jungmännermission — 8.30 Ahr Abendmahl. 9 Ahr Predigtgottesdienst (Apostelgesch. 26. 24 bis 36). Pfarrer Grobe. Lieder: Nr. 406; 716; 412; 418,5; 10. Sprüche: Nr. 94; 97. 2 Ahr Taufen. — Montag, 9. Novem ber: 8 Ahr Vorbereitung für den Kinöergottesdienst. — Donnerstag, 12. November: 8 Ahr Dibeistunde im Konfir- mandcnzimmer (Schulze). Landeskirchliche Gemeinschaft Heute, Donnerstag: 8 Ahr Jugendbund für C. C. — Sonntag, 8. November: 1,30 Ahr Sonntagsschule. 7,30 Ahr Dortrag. Thema: Erlebte Weisheit. Ohorn. Donnerstag, 12. November: 8 Uhr Dibelstunde (Pfarrer Grobe). Friedersdors Sonntag, 8. November: 9 Uhr Kirchweihgottesdienst in der Schule (Pfarrer Schulze). Lichtenberg. Sonntag, 8. November, 23. nach Trin.: 9 Uhr Predigt gottesdienst. Pf. Helm-Grohnaundorf. 10,30 Uhr Kinder gottesdienst im Konfirmandenzimmer. Großnaundorf. Sonntag, 8. November, 23. nach Trin.: 9 Uhr Predigt- gottesdienst. 10,15 Uhr Kindergottesdienst (Herr Pf. Budra- Lichtenberg). 1 Ahr Jugendgottesdienst. Oberlichtenau. Sonntag, 8. November, 23. nach Trin.: 9 Ahr Predigt gottesdienst. 10,15 Ahr Kindergottesdienst (Pf. i. N. Kilian- Lomnitz). Reichenbach. Sonntag, 8. November, 23. nach Trin.: 9 Ahr Gottes dienst. ' Katholische Mission Der nächste Gottesdienst findet Sonntag, 8. November, früh 9,15 Ahr im Hotel „Grauer Wolf" statt.