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Nr. 250. Pulsnitzer Tageblatt. — Montag, den 26. Oktober 1931. Seite 3. Oie Gerüchte über ein Demonstrations- und Ltniformverbot. Eine Erklärung des Reichsinnenministers Groener. Zu den Gerüchten, daß die Reichsregierung die Absicht habe, ein allgemeines Demonstrations- und Uni- formverbot durchzuführen, hat der Reichsinnenminisier Groener eine Erklärung abgegeben, in der es u. a. heißt: „In einem Teil der Presse sind Meldungen verbreitet, wonach das Reichsministerium des Innern beabsichtigt, ein allgemeines Demonstrations- und Uniformverbot zu erlassen. Der Reichsinnenminister läßt hierzu erklären: Diese Nach richten beruhen lediglich auf Ko nib i n ati o n en. Der Minister steht auf dem Standpunkt, daß den Ländern bereits in den Notverordnungen weitgehende Handhaben gegeben sind, um Terrorakten und blu tigen Auseinandersetzungen wirksam zu begegnen. Er wird deshalb, bevor er weitere Maßnahmen ergreift, ihre Not wendigkeit und ihren Umfang eingehend selbst prüfen. Er wird sich dabei weder durch falsche Nachrichten noch durch Angriffe der Presse irgendwie in seinen Beschlüssen beein- flusscn lassen. Die Verbreitung der verschiedensten Gerüchte hat lediglich eine Beunruhigung der Oeffentlichkeit und un nötige Pressefehden zur Folge." Der ziemlich scharfe Ton dieser Erklärung richtet sich gegen eine Reihe von Zeitungen, die die Gerüchte über ein Demonstrationsverbot verbreitet haben. Trotzdem enthält die Erklärung des Reichsinnenministers kein vollständi ges Dementi der Gerüchte über ein Demonstrations verbot. Ab 9. November neue Bestimmungen der Krisensürsorge. Amtlich wird mitgeteilt: Die Höchstdauer der Versicherungs mäßigen Arbeitslosenunterstützung ist bekanntlich mit Wirkung vom 3. Oktober 1931 ab auf 20 Wochen, bei berufs- üblich Arbeitslosen auf 16 Wochen herabgesetzt worden. Zum Ausgleich hierfür hat der Reichsarbeitsminister nunmehr die Dauer der Krisenfürsorge entsprechend verlän gert, und zwar in der Weise, daß die Gesamthöchstdauer der rerstcherungsmäßigen Arbeitslosenunterstützung und der Krisenunterstützung wie bisher 88 Wochen, bei über 40 Jahre alten Arbeitslosen 71 Wochen betragen kann. Bei der finanziellen Notlage des Reiches, der Gemeinden und Gcmeindcverbände mußte sichergestellt werden, daß nur wirklich Bedürftige die Krisenfürsorge erhalten. Es war daher notwendig, die Bestimmungen über die Prüfung der Bedürftigkeit noch mehr als bisher der Regelung anzupas» sen, die in der öffentlichen Fürsorge gilt. Nachklänge zu einer Treviranus-Re-e. Die Rede des Reichsverkehrsministers Treviranu s vor der Deutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft, in der der Minister u. a. erklärte, es bestehe keine Hoffnung, daß Deutschland nach Ablauf des Stillhalte abkommens im Februar die fälligen Beträge zahlen könne, Deutschland müsse deshalb der Welt einen ehrlichen und sauberen Tilgungsplan vorlegen mit einer Jahresleistung von nicht viel über einer Milliarde Mark, unter der Voraussetzung, daß man Deutschland gestatte, diesen Betrag durch Ausfuhr überschüsse abzudecken, hat einiges Aufsehen erregt. An zuständiger Stelle wird erklärt, daß das Stillhalte abkommen am 1. März 1932 abläuft und man sich in der Zwischenzeit überlegen müsse, wie die deutschen Schulden verpflichtungen insgesamt weiterhin gehandhabt werden sollen. Im Augenblick sei es jedoch nochnichtmög- lich, sich ein genau er esBilddarüberzumachen. Zusammenstöße bei einem Reichsbannertreffen Bremervörde. Am Sonnabend und Sonntag fand hier ein Reichsbannertreffen statt, an dem schätzungsweise 3500 Per» sonen teilnahmen. Es kam zu verschiedenen Zusammenstößen Mit Stahlhetmleuten und Nationalsozialisten, bei denen eine Anzahl von Personen verletzt wurde. In der Geschäftsstelle der Nationalsozialisten wurde eine Fensterscheibe eingeschlagen. Da die Ortspolizisten und die anwesenden Landjäger den Ausschreitungen gegenüber machtlos waren, wurde ein Lieber» fallkommando aus Wesermünde herbeigerufen, das die Nuhe wieder herstellte. Ein Polizeibericht liegt noch nicht vor. Kriegsopfer fordern Aufhebung der Notverordnung. Im Landeshause der Provinz Brandenburg zu Berlin fand eine Reichskonferenz des Reichsbundes der Kriegs beschädigten und Kriegerhinterbliebenen statt. Der Vor sitzende Psändner wies darauf hin, daß der Glaube der Kriegsopfer an die Treue von Land und Volk, ihrGlaube an die Gesetzgebung erschüttert sei. Der Vor sitzende des Kriegsbeschüdigtenausschusses des Reichstages, Abg. v. Mumm, betonte, daß gegenüber den Kriegsopfern jede Parteipolitik zurück treten müsse. Der Kampf gegen die Tribute, so fügte der Redner hinzu, sei eine der größten Aufgaben, die unserem Volke gegenwärtig gestellt sind. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand ein Dortrag des zweiten Bundesvorsitzenden Noa über die Versorgung und Fürsorge der Kriegsopfer im Zeichen der Notverordnun gen und Sparmaßnahmen. die unorganischen Kürzungen in den Notverordnungen, die z. B. die Kriegsopfer in den ländlichen Gebieten und die verheirateten Leichtbeschädigten besonders schwer schädigten, habe die Bürokratie eine völlige Verwirrung in der Nenten- staffelung herbeigeführt. Der Redner forderte schließ lich Aufhebung der Notverordnungen, Wieder herstellung des alten Rechtszustandes und Erfüllung der den Kriegsopfern seit Jahren zugesagten Verbesserung der allge- meinen Versorgung. Ein Kautionsschwindler verhaftet. Leipzig. Der Leipziger Kriminalpolizei ist es gelungen, einen auch von Berlin gesuchten Betrüger unschädlich zu machen. Er hatte in Berlin mehrere Angestellte um Kautionen im Betrage von insgesamt 3000 RM beschwindelt. In Neukölln hatte er ein Photogeschäft mit zwei Filialen errichtet und 13 Personen als Filialleiter, Kassierer usw. eingestellt. Ihr Engagement erfolgte nur, wenn sie Kautionen bis zu 500 RM stellen konnten. Schon die ersten Gehälter hatte er nicht ausgezahlt. Der „Firmeninhaber" berief sich auf die B a n k- krise. Aber auch nach Beendigung der Bankfeiertage kam der Betrüger seinen Verpflichtungen nicht nach. Er stellte als Gegenwert faule Wechsel aus. Als ihm dann der Boden zu heiß wurde, verschwand er spurlos aus Berlin. Sensationelle Sprengstofsunde in Berlin. Die Zentrale der Sprengstoff-Diebe entdeckt? Berlin. Am Sonnabendnachmittag erschienen unver mutet vor dem Karl-Liebknecht-Haus am BUlow- platz mehrere Polizeiautos. Die Polizei sperrte den Eingang des Hauses, während die Masse der uniformierten Beamten und ein großes Aufgebot der politischen Polizei in das Ge bäude eindrang. Es wurden alle Treppenaufgänge und Korridore innerhalb des Hauses besetzt, so daß niemand von dem dort beschäftigten Personal das Gebäude verlassen konnte. Es handelte sich um besondere Feststellungen in einer Strafsache. Allem Anschein nach glaubte die Polizei, damit den zahlreichen Sprengstoffdiebstählen, die in der letzten Zeit in allen Teilen des Reiches ausgeführt worden sind, auf die Spur zu kommen. Aus Breslau waren vor einigen Tagen von kommunistischer Seite zweiKoffer mit Sprengstoffen durch mehrere besonders ver trauenswürdige Funktionäre nach Berlin gebracht worden. Hier wurden sie von ihrer Ankunft an polizeilich beobachtet, und es ergab sich, daß Funktionäre der Berliner KPD. diese Koffer mit den Sprengstoffen übernahmen und sie auf ein einsam gelegenes Laubengelände schafften. Die Polizei fand eine Laube, in der nicht nur der aus Breslau gelieferte Sprengstoff, sondern anch große Mengen Sprengstoffe anderer Herkunft lagerten. ' Das gesamte Lager ist beschlagnahmt worden. Gleichzeitig mit der Durchsuchung im Karl-Liebknecht- Haus haben Durchsuchungen bei zahlreichen verdächtigen kom munistischen Funktionären in ganz Groß-Berlin stattgefun den, von denen man annimmt, daß sie mit den Kreisen, die das Sprengstofflager und die Werkstatt im Laubengelände unterhielten, in engem Zusammenhang stehen. Bei diesen Durchsuchungen erfolgten ebenfalls mehrere Festnahmen. Die besonders gekennzeichneten Sprengstoff- Fabriken. Die Politische Polizei setzt die Ermittlungen über die auf sehenerregenden Sprengstofsunde bei Kommunisten auch Sonntag fort. In der Laube, die einem gewissen Ueberbrück gehört, wurden insgesamt zwei Zentner Dynamit und Ommonal, ein besonders brisanter Spreng st off, gefunden, der vornehmlich in mittel- und westdeutschen Fa briken hergestellt wird. In Kästen und Schränken in der Woh nung Ueberbrücks fanden sich erhebliche Alengen von Zün- dungsanlagen, Nebelbomben, Zündkapseln, Zündschnüren, Blechkanister zur Aufbewahrung von Sprengstoffen, Schwarz pulver, militärische Sprengvorschriften und Anweisungen für Brückensprengungen sowie Verzeichnisse der deut schen Sprengstoffabriken vor. Im Verzeichnis der Fabriken waren einige besonders durch Farbstiftzeichen kenntlich gemacht und zwar jene, in denen in der letzten Zeit besonders häufig Sprengstoffdieb stähle voraekommen sind. Daraus scheint hervorzugehen, daß Ueberbrück und seine kommunistischen Hintermänner mit die sen Sprengstoffdiebstählen in Verbindung zu bringen sind. Der verhaftete Agitator gab aber nur zu, was er nicht leu-, neu konnte. Falfchmünzerbande festgenommen. Für 26 000 RM falsche 20-Mark-Scheine. Frankfurt am Main. Der Kriminalpolizei gelang es, eine Falschgelddruckerei, in der für 2 6 0 0 0 RMFalsch- geld hergestellt worden war, auszuheben. Die vier- köpfige Fälscherbapde wurde festgenommen. Auch der Besitzer der Druckerei ist wegen Beihilfe verhaftet wor» den. Schon am vergangenen Dienstag wurden in Kaisers« lautern zwei Leute bei der Ausgabe von falschen Zwanzigmarkscheinen festgenommen. Die Kom plicen der Festgenommenen konnten in Frankfurt am Main verhaftet werden. Die Werkstätte der Falschmünzer wurde schließlich in der Altstadt entdeckt. Der Inhaber der Druckerei, ein gewisser Bartels, gestand, den Falsch münzern ein Zimmer seiner Druckerei zur Verfügung gestellt zu haben. Um das Falschgeld abzusetzen, begaben sie sich nach auswärts. Gleich bei der ersten Ausgabe in Kaisers lautern hatten die Falschmünzer das Pech, verhaftet zu werden. Sand in die Maschinen gestreut. Die meuternden Seeleute meutern nochmal«. Holtenau. In der Nacht vom Sonnabend zum Son» tag sanden vor dem Schnellgericht im Holtenauer Lotsenhau» wieder zwei Prozesse gegen meuternde Seeleute statt. Dar erste, gegen 6 Angeklagte von der Besatzung der „Ilse L. M. Ru ß", begann gegen 1-2 Uhr. Es handelte sich um einige der üblichen Liningrader Meutereien. Urteil: ein mal drei, zweimal zwei und dreimal einen Monat Gefäng nis. Bis in die Morgenstunden dauerte dann der Prozstz gegen die Meuterer von der „Dalelfe n". Neun Man«, einer wurde zu einem Monat Gefängnis verurteilt, d» anderen kamen mit 14 Tagen Gefängnis davon. Mit d« „Dalelfen" hätten noch drei Haupträbelsführer aus Leni» grad mitkommen müssen. Sie haben es aber vorgezoge^ dort zu bleiben. Von einem anderen Dampfer erhält sich das Gerücht die Mannschaft, die durch Nadiotelegramm von den Holt«» nauer Gerichtsverhandlungen erfahren habe, hätte dH Kapitän auf hoher See zur Rückkehr gezwungen und wä» dann in Leningrad von Bord gegangen. Die „Bollheim" kam hier auch mit ganz neuer Mannschaft an. In der Ankunft der Schiffe auf der Holtenauotz Reede trat am Sonnabend eine Verzögerung ein, die ma- sich zunächst mit dem schweren Sturm auf der Ostsee erklärt^ Das scheint aber doch nicht bei allen Schiffen der ausschlaH gebende Grund zu sein. Von der „Westfalia", die noch auf hoher See liegt, geht das Gerücht, die Mannschaft hätte wieder gemeutert, hätte vom Kapitän das Anlaufen eines russischen Hafen» verlangt, um sich der Verfolgung durch die deutschen B«-> Hörden zu entziehen. Als der Kapitän sich dem Ansinnen widersetzt habe, hätten die Meuternden des Schiffes Sand in die Maschinen gestreut. Das Schiff sei manöo, rierunfähig und liege hilflos in schwerer See. Schlepper stM zur Bergung aus Holtenau abgegangen. Deutscher Dampfer rammt russisches Lt-Booi. Kopenhagen. Der deutsche Dampfer „Gratia" stieß in der finnische» Bucht mit einem russichen V-Boot zusam men, das sofort sank. Die „Gratia" erhielt ein großes Leck, versuchte aber, mit eigener Kraft Lenningrad zu erreichen. Das Unglück ereignete sich bei dem Feuerschiff Briemny, 3S Seemeilen westlich von Leningrad. Es soll sich um ein V-Boot mit über 50 Mann Besatzung handeln. Zu dem Zusammenstoß werden folgende Einzelheiten be richtet: Am Sonnabend fing die Funkstation eines Wiborger Blattes 808-Rufe des deutschen Dampfers „Gratia" auf. der schnellste Hilfe erbat. Kurz darauf stellte der Telegraphist fest, daß eine russische Küstenstation dem deut schen Dampfer verbot, weitere Mitteilun gen zu machen. Paris. Noch immer unbegrabene Kriegs opfer in Frankreich. Auf Anordnung des französi schen Pensionsministeriums finden auf den ehemalige« Schlachtfeldern in Nordfrankreich schon seit Monaten Aus- grabungen statt, bei denen bisher insgesamt 230 Leichen ge fallener Soldaten freigelegt und auf die Ehrenfriedhöfe Lber- geführt wurden. 1 i A HI selten M gMWWMl! z lös Milde sieh und Nasche paare« 1 da gibt es einen guten »lang.... W darum 0ie"8Ll.k bMarken"wahren sich immer ihren ersten Kang.