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Nr. 176. Pulsnitzer Tageblatt. — Freitag, den 31. Juli 1931. Seite 3 die eine ständige Bedrohung des Friedens darstelle und die gesamte Wirtschaft gefährde, ein Appell an die öffentliche Meinung aller Nationen gerichtet wird, durch eine nmfassende Aktion des für die wirtschaftliche Wohl fahrt unentbehrliche Vertrauen der Welt wieder herzu stellen. International. Sozialistenkongretz Entschließungen über Abrüstung, Faschismus und die Lage in Deutschland Wie«, 30. Juli. Zu Beginn der Donnrrstagsitzung des Internationalen Sozialistenkongresses überbrachte Wels- Deutschland dem Kongreß die Glückwünsche der beiden eng lischen Minister Macdonald und Henderson sowie diejenigen der preußischen Minister Braun und Severing. Es wurde dann ein neuer Entschließungsentwurf des Abrüstungsaus schusses gegen vier Stimmen angenommen. Diese Entschlie ßung beschränkt sich auf die Feststellung, daß alle Parteien der sozialistischen Internationale einig sind in dem geschlos senen Willen, alle Mittel, die im Bereiche ihrer Macht liegen, gegen Friedensstörer anzuwenden. Ferner wird auf den Beschluß des Brüsseler Kongresses hingewiesen, nach dem darunter auch revolutionäre Mittel zu verstehen seien. Die Unabhängige englische Arbeiterpartei und die Unabhängige sozialistische Partei Polens hatten einen Minderheitsentwurs eingebracht, der u. a. besagt, die konstante Kriegsgefahr werde vergrößert durch die Lage in Deutschland, wo die durch die Finanzkrise und die propagandistische Ausnutzung des durch die Friedensverträge aufgezwungenen Unrechts bedingte Stär kung der nationalistischen Parteien den Frieden Europas bedrohe. Weiter sollte nach der Entschließung der Kongreß die sozialistischen Parteien sich verpflichten, in einem Kriegsfälle die Massen unter der Losung „Beendigung des Krieges durch Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung" zu organi sirren. Dann sprach Turati als Vertreter der italienischen Emigration, der den Faschismus als Vater und Sohn des Krieges bezeichnete. In tiefer Besorgnis rief er dem Kon greß zu, man ^önne nicht für den Frieden sein, wenn man dem Faschismus diene. Man dürfe nicht glauben, daß der Faschismus eine innerpolitische Angelegenheit sei, denn der Faschismus sei der Femd des internationalen Zusammenar beitens und die Internationale müsse sich strecken, wenn sie siegen wolle. In der Nachmittagssitzung des Kongresses folgte dann der Bericht über den zweiten Punkt der Tagung, „Die Lage in Deutschland und Zentraleuropa und der Kamps der Ar beiterklassen um die Demokratie", worüber der geistige Füh rer der österreichischen Sozialdemokratie, Otto Bauer, refe rierte. Zu diesem Bericht hat der Ausschuß eine umfang reiche Entschließung vorgeiegt, die vor allem feststellt, wenn es n cht gelinge, durch eine schnelle und großzügige Aktion internationaler Solidarität die Kreditkrise Deutschlands zu überwinden, so werde sie unabwendbar eine ungeheure Stei gerung der Arbeitslosigkeit in Deutschland einen furchtbaren Druck aus die Löhne der deutschen Arbeiter und eine maß lose Verelendung der deutschen Volksmassen herbeiführen. Durch eine solche Verschärfung würde auch die Arbeitslosig keit und der Lohndruck in der Welt vergrößert werden. Das würde Europa einem neuen Kriege entgegensühren. Aus diesem Grunde werde eine großzügige internationale Kredit aktion für die deutsche Volkswirtschaft gefordert. Diese Kre dithilfe müsse ohne Aufschub erfolgen und dürfe nicht an Politische Bedingungen geknüpft sein. Der zweite Teil der Entschließung wendet sich gegen den Faschismus und es wird gesagt, der Kongreß habe volles Vertrauen zu den deutschen Arbeitern, daß sie den deutschen Faschismus schlagen werden. Die Welt habe keine andere Wahl mehr als die: Entweder eine sofortige und großzügige internationale Aktion zur Ret tung der Wirtschaft, der Demokratie und des Friedens oder die Katastrophe und den Bürgerkrieg. Professor Samoilowitschs Forschungsbericht an Kamenew Woska«, 31 Juli. Der Vorsitzende der Gesellschaft zur Erforschung des Polargebiets in der Sowjetunion, Käme new, erhielt von Professor Samoilowitsch einen Funlspruch über die Ergebnisse der Arktisfahrt des Gras Zeppelin. In diesem Telegramme heißt es, daß die Fahrt des Luftschiffes gute Ergebnisse gezeitigt und der Erforschung der Arkus wertvolle Dienste geleistet habe. Außer den b sonderen Be obachtungen der Weltwetterverhältnisse im Polargebiet des Professors Motschanow seien ferner die südliche und westliche Grenze des Nordpols festgestellt worden, die bisher noch nicht genau bekannt waren. Weiter sei eine neue Gebirgs kette entdeckt worden, über deren Vorhandensein man bisher noch gar nichts gewußt habe. Professor Samoilowitsch habe weiter auf die Bedeutung der Zusammenarbeit der deutschen und russischen Wissenschaft hingewiesen und die großen Ver dienste Dr. Eckeners auf diesem Gebiet gepriesen. Auch General Feng macht gegen Nanking mobil. Moska«, 30. Juli Nach einer russischen Meldung hat General Feng die Mobilmachung seiner Truppen für den Kampf gegen die Nanking Regierung angeordnet Fengs truppen sollen aus der Provinz Tschili gegen Peking mar- schiereE um die Stadt zu besetzen. Die Nanking Regierung hat darauf in Mulden um militärische Maßnahmen zum Schutze Pekings gebeten. Ungarn wieder Habsburger Monarchie? Die gegenwärtige Aussprache im ungarischen Parlament erstreckt sich darauf, die ungarische Regierung in dem Bersuch zu unterstützen, eine französische Ausländsanleihe in Höhe Ein 41 irtfchaftsplan der nationalen Selbsthilfe" Der Wirtschaftsausschuß des Reichskabinetts und das Reichskabinett selbst halten in diesen Tagen eine Reihe von wichtigen Beratungen ab. Die neue Verordnung über den Zahlungsverkehr wird für das Wochenende erwartet. Bei den Beratungen des Kabinetts wird auch über die Frage verhandelt, inwieweit starke Einschränkungen in den öffentlichen Ausgaben noch möglich sind, und wie eine Ankurbelung der Wirtschaft durch Senkung der besonderen Lasten der Wirtschaft zu erreichen ist. Weiter unterhält man sich über eine weitere Erhöhung des Rcichsbankdiskonts und über die Frage, ob eine engere Verbindung zwischen den Organisationen der Arbeitgeber und den Organisationen der Arbeitnehmer im Rahmen einer sogenannten Arbeitsgemeinschaft möglich ist. Aller Voraussicht nach wird es zu einer Art Wirt schaftsplan der Reichsregierung kommen, und zwar auf der Grundlage, daß man in der nächsten Zeit mit größeren Der Leiter der neuen Akzept- und Garantiebank. Exzellenz Bernhard Dernburg, der ehemalige Staatssekretär des Neichskolonialamts und Reichsfinanz minister a. D., wurde zum Leiter der neu gegründeten Akzept- und Garantiebank in Berlin ernannt. Die Bank hat die Aufgabe, die im Besitz der Großbanken befindlichen Handelswechsel an die Reichsbank zu übermitteln und den reibungslosen Verlauf des Zahlungsverkehrs zu erleichtern. langfristigen Krediten oder Anleihen aus dem Auslande nicht rechnet. Dieser Wirtschaftsplan wird auf der Grundlage der „nationalen Selbsthilfe" errichtet werden. Die Parole der nationalen Selbsthilfe war bereits schon vor der Pariser Reise des Reichskanzlers ausgegcben worden, und sie soll jetzt, nachdem die Besprechungen von Paris, London und Berlin nicht das von der Reichsregierung erwartete Er gebnis hatten, durchgeführt werden. Die Frage der Lockerung des Zahlungsverkehrs hängt im übrigen von dem Verlauf der Verhandlungen über die Stillhaltungskomitees ab. Die aus Basel verbreitete Meldung, daß die internatio nale Reparationsbank bereits ein zentrales Komitee für die Stillhaltekonsortien gebildet habe, wird von der Dank ab gestritten. Nach besonderen Informationen haben die Verhandlun gen mit den Engländern und Amerikanern über ein Stillhal ten der ausländischen Banken gewisse Fortschritte gemacht. Als bisheriges Verhandlungsergebnis dürfte ein prinzipielles Einverständnis der englischen und großen amerikanischen Bankgläubiger, ihre Kredite in Deutschland zu verlängern, zu buchen sein. Abzuwarten bleibt die Haltung der amerikani schen Kleingläubiger sowie der Schweizer und Hol länder. Ueber die Rückwirkungen des Kreditzwistes London — Paris auf Deutschland wegen des Stillhaltekonsortiums liegt eine Aeußerung der angesehenen englischen Finanzzeit schrift „Financial News" vor, die sagt, es liege kein Grund zu der Annahme vor, daß die französische Unterstützung not wendig sei, um den Londoner Markt in die Lage zu versetzen, die deutschen Kredite weiter zu halten. Tatsächlich müsse Lon don dies tun, ganz unabhängig von der Frage einer fran zösischen Unterstützung, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es unmöglichsei, dieKreditezukündigen. Zusammenkunft zwischen Mussolini und Laval? Die Reichsregierung will nach dem Abschluß der Ver handlungen über den Wirtschaftsplan die diplomatischen Be sprechungen fortsetzen, und zwar vorerst mit Rom und dann mit Paris. Die französische Regierung bemüht sich, noch vor der deutschen Regierung Verhandlungen mit Mussolini herbeizuführen. Ein Teil der Pariser Presse spricht von einer Zusammenkunft von Mussolini und Laval, in der besonders Abrüstungsfragen erörtert werden sollen, offensichtlich mit dem Ziel, eine Einigung zwischen Frankreich und Italien ohne die Möglichkeit eines Ein greifens Deutschlands zu erreichen. von 140 Millionen Mark zu erreichen. Dabei ist aufschluß reich, daß die ungarische Opposition die Regierung ermächtigt hat, eine Annäherung an Frankreich ohne Be seitigung der Freundschaft mit Italien anzustreben. Man hat im Parlament erklärt, die Gefühle der Sympathie, die Frankreich und Ungarn vor Jahrhunderten verbunden hätten, müßten wieder geweckt werden. Man hat ferner gesagt, daß das Gleichgewicht nn Donau becken nur durch die Wiederherstellung des un garischen Königtums und die Zusammenarbeit mit Oesterreich wiederhergestellt werden könnte Diese außen politische Umorientierung Ungarns nach Frankreich hin erhält noch größere Wahrscheinlichkeit, wenn sogar Graf A p p o n y i, der Jahre hindurch in Genf den stärksten Widerstand gegen Frankreich geleistet hat, jetzt ebenfalls für die Annäherung an Frankreich eintritt. Man rechnet in Budapest damit, daß die französische Regierung sich der Wiedereinsetzung der Habs burger Dynastie nicht widersetzen wird. Ungarn würde damit in politischen Gegensatz zu England, Italien und Deutschland geraten. Neue Diskonterhöhung in England. London. Nachdem die Bank von England erst kürzlich den Diskont um 1 Prozent heraufgesetzt hat, hat sie sich jetzt zu einer weiteren Erhöhung um 1 Prozent auf 4^ Prozent entschlossen. Es war vorauszusehen, daß England diesen Schritt unternehmen würde, nachdem die Kreditverhand lungen mit Frankreich abgebrochen worden sind. Englands Finanzminister Snowden ist unbedingt dagegen, daß sich England den Franzosen unterwirft und verzichtet lieber auf den französischen Kredit. Die jetzige Diskonterhöhung stellt also einen Akt englischer Selbsthilfe dar. Der Diskonterhöhung werden noch andere Maß nahmen gegen Frankreich folgen. Wie es heißt, wollen sich die Engländer dafür, daß Frankreich seine Kredite vom Londoner Markt zurückzieht, rächen, indem sie den fran zösischen Rohstoffhändlern die Kredite auf dem Londoner Markt entziehen. Ernste Haushaltlage Englands. Bei den Verhandlungen im Unterhaus kam Neville Chamberlain auf den Ernst der .Haushaltlage zu sprechen und betonte, daß es notwendig sei, Einsparungen im Haushalt vorzunehmen. Snowdon gab zu, daß die Aus sichten für den kommenden Haushalt ernst seien. Er müsse jedoch unbedingt die Behauptung ablehnen, daß England sich in einem hoffnungslosen Zustande befinde und dem Bankrott entgegengehe. Die Finanzierung des Haushalts würde schwierig sein, aber er würde jede nur mögliche Anstrengung machen, um sie zu erreichen. Völkerbund ohne Macht. Genf. Die polnische Regierung hat dem Generalsekretär des Völkerbundes eine Note übermittelt, die im Zusammenhang mit der vom Völkerbundsrat auf der Mai tagung an sämtliche Mächte gerichteten Aufforderung zur Bekanntgabe des Rüstungsstandes steht. Die polnische Note geht jedoch dieser Aufforderung aus dem Wege, indem geltend gemacht wird, daß das militärische Jahrbuch des Völker bundes, das eine zusammenfassende Veröffentlichung der Rüstungsziffern aller Länder bieten soll, unvollständig sei, da die Rüstungsziffern Sowjetrußlands fehlen. Die polnische Negierung betont in ihrer Note, daß damit eine ungleiche Be handlung der Staaten vorliege, und lehnt es ab, den polnischen Nüstungsstand anzugeben. Rangierlokomotive fährt a«f eine« Perfo«e«z»g 40 Verletzte Am DonnerStagmittag stieß eine Rangierlokomotive auf den im Bahnhof Kirchhundem (Westfalen) stehenden Frankfurter Personenzug Durch den heftigen Anprall fielen die Koffer und Pakete der Reisenden aus den Gepäcknetzen, wodurch etwa 40 Personen leichtere Verletzungen erlitten und Inehrere Schei ben der Personenwagen zertrümmert wurden. Mundfunk Rundfunk-Programm Leipzig (2SS,3). Zwischensender: Dresden (319) Eieichbleibender Werktags-Programm. 6.30: Turnstunde. » 10.00» 15.40, 17.55: Wirtschaftsnachr. <So. nur 10. u. 15.45). » 10.05» Wetter, Verkehr, Tagespr. * 10.10: Was die Zeitung bringt. 0 11: Werbenachrichlen. » 12: Wetter, Wasserstände. » 12X15: Schall vlatten. » 12.55: Nauener Zeit. O ca. 13: Wetter, Presse, Börse, Echallplatten. » 17L0: Wetter, Zeit. » ca. 22 bis 22.30: Z»it, Nachrichten, Wetter. Sonnabend, 1. August. 14.15: Kinderspielstunde mit Susanne Bach. 14.45: Die Tierschule im Schlaraffenland. 1505: Susanne Bach: Hörbericht a. d. Bastelausstellung sm Leipziger Zoo 15.20: Funkschach. 16 00: Entscheidungen für die Meisterschaften des deutschen Schwimm verbandes im Stadion-Kupferteich zu Königsberg. 16.30: Nachmittagskonzert des Leipziger Sinfonieorchesters. 18.00: Funkbastelstunde. 18.15: Deutsch: Prof. Dr. Karg: Die Sprache der Landstraße. 18.35: F LH. Böhme liest: „Der Begleiter"; Erzählung von H. v. Hesseler. 19.15: Mandolinenkonzert des 1. Halleschen Mandolinenorchesters. 19.45: Fußballspiel der Kreise Sachsen gegen Thüringen (Arbeiter- Turn- und Sportbund, Altenburg). 20.00: Wochenende: Bunte Bilder in Wort und Musik v. W. Hagen. A. Müller-Förster; Mitw.: Gertrud Meinz, Else Zill- mer. Erna Mühlau, E. Boit, H. Marlen. A. Risch. Das Norag- Herren-Quartett und das Scarpa-Orchester. ca. 22.45: Tanzmusik. Rundfunk-Programm Deutschc Welle (1«3S). Well«: Eieichbleibendes Werltags-Programm: 5.45 7.00. 18.55: Zeit, Wetter für den Landwirt. » 6.30: Gymnastik. — anschl. Frühkonzett. » 10.35, 13.30: Nachrichten. » 12: Wetter für den Landwirt. » 12.05: Schallvlatten bzw. Schulfunk. » 12.55r Nauener Zeit. » 14.00: Cchallplatten. » 15.30: Wetter, Börse. Deutsche Welle: Sonnabend. 1. August. 15-00: Jugendbastelstunde: W. Mayer: Bau von Flugzeugmodellen, Gleit- und Segelsliegern. 15^0: Wetter- und Börsenberichte. 15.45: Dr. Else Möbus: Vergiftungen im Haushalt. 16.00: Hamburg: Nachmittagskonzert. 17.00: Erna Arnhold: Blumen und Menschen in Hawar. 17.30: Dr. Arndt: Viertelstunde für die Gesundheit. 18.00: Französisch für Fortgeschrittene. 18Z0: Dr. Hosfmann-Harnssch: Veraltete Wahrheiten. 18.55: Wetter für die Landwirtschaft. 19.00: Deutsche Städtebilder: Dr. Arno Schirokauer: Leipzig. 19.30: Stille Stunde. Herzschlag der Welt. 19.55: Wetter für die Landwirtschaft. 20.00: Wochenende. Bunte Bilder in Wort und Musik von Will» Hagen u. A. Müller-Förster. Mitw.: Gertrud Mein), Else Zill mer, Erna Mühlau, E. Boltz, H. Marten. A. Risch. Norag-i Herrcn-Ouartett, Scarpa-Orchester. 22.15: Wetter- Tages- und Sportnachrichten. Danach: Tanzmusik. Kapelle Sam Baskini. Refrain: W. Veiler. Landeswetterwarte Dresden. (Nachdruck verboten.) Nur vorübergehend auffuschende Winde aus veränderlicher Richtung meist schwach bewölkt, Tcmpiraiurverhältnjsse w^nig geändert, Gewitter neigung, sonst höchstens unerhebliche Niederschläge.