Volltext Seite (XML)
Pulsnitzer Tageblatt Montag, 13. Juli 1931 ^Beilage zu Nr. 16V 83. Jahrgang ' 5P0KI . zpici. Aus dem Lausitzer Rad- und Kraftfahrer-Bund LRD. - Meisterschaft im Vierer - Dereinsmannschaftsfahren. 2m sportlichen Programm war Wohl die Austragung dieser Meisterschaft am Sonntag mit Start und Ziel in Bischofswerda eine besonders schwere Prüfung für die Strahenfahrer. Die 62 Kilometer lange Strecke führte von Bischofswerda über Bautzen, Großpostwitz, Kirschau, Sohland, Wehrsdorf, Steinigt wolmsdorf, Neukirch wieder nach Bischofswerda zurück, war sehr bergig und stellte somit an Bewerber und Maschinen hohe Anforderungen. Bei idealem Rennwetter sowie vor zahl reichen Zuschauern auf dem Wege und am Ziele lieferten sich die Amateure einen erbitterten Kampf um den Titel, der mit einer glänzend herausgeholten Zeit endete. Der Verteidiger Opel Bischofswerda hatte diesmal in Blitz Görlitz seinen ge fährlichsten Gegner. Obwohl die Görlitzer bis zür Hälfte der Fahrt einen Vorsprung besaßen, holte die Titelinhabermastn- schast in den Bergen dann auf, so daß es ihr gelang, in gemeinsamer Fahrt mit der etwa nach 25 Kilometer erreichten Görlitzer Opel-Mannschaft eine neue Bestätigung des letzten Meisterschaftssieges zu erbringen. Neben der Erringung der Bundesmeisterschaft kam gleichzeitig der von Fritz Einert ge stiftete Wanderpreis in den Besitz des Vereins. Durch Miß geschicke an Bahnübergängen find leider die drei besten Mann schaften aufgehalten worden, was natürlich beim Endergebnis Bedenken auslöste. Nach Abzug der verlorenen Zeit wäre aber trotzdem keine Aenderung in der Reihenfolge der Mann schaften eingetreten. Bewundernswert war ebenso der aus gezeichnete Mannschaftsgeist von den übrigen Vereinen, die fast ausnahmslos hervorragende Zeiten erzielten. Diamant Zittau hielt nicht nur bis zum Schluß die Spitze, sondern hatte bis Sohland noch immer ein Plus gegen den hinterrhert eilenden Blitz Görlitz, dagegen enttäuschte Mifa Bautzen, das bestimmt auf das Fehlen ihres besten Fahrers Erich Schwager zurückzuführen ist, der noch immer durch Krankheit verhindert ist, seine bishergie gute Fahrweise erneut unter Beweis zu stellen. Ein noch weniger erfreuliches Ende hatten die Ver treter von Großröhrsdorf, die sich schon in Bautzen irrtümlich verfahren haben sollten, wo sie von einem Posten einen falschen Weg angezeigt erhielten. Im übrigen verlief das Rennen bis auf einige weniger gut besetzte Stellen ohne Zwischenfälle. Preisverteilung und Siegerehrung im Schützen hause schlossen sich an. Die genauen Zeiten sind: I. Opel Bi schofswerda (Alwin und Erich Hübner, Alfred Kriese, Martin Stellmacher und Erich Hartmann) l: 37 :44,5 Std. 2. Blitz Görlitz (Wilhelm Kalwack, Richard Jakob, Martin Huhnholz, Willi Schmidt und Alfred Mirschwa) l : 38 :40 Std. 3. Opel Görlitz (Erich Allmann, Erich Laubner, Kurt Kreusch und Os wald Fiedler) 1 :40 : 44,5 Std. 4. Diamant Zittau 1 :40 :58 Std. 5. Lusatia Ebersbachs Sa.) 1:43:40 Std. 6. Mifa Bautzen 1: 45 :58 Std. Die Verbands-Leichtathletikmeisterschaften begannen am Sonnabend. In Berlin gewann Krause-Teutonia die 1500 m in 4:01, sein Klubkamerad Kohn die 5000 IN in 15 :18,6; Körnig-SCC. die 200 m in 22,2 Sek.; Frl. Pirch- SCC. das 80-m-Hürdenlaufen in 12,6; Frl. Braumüller-SCC. das Kugelstoßen mit 12,48 m und das Speerwerfen mit 40,21 m. — In Süddeutschland (Darmstadt) siegte Welscher- Franksurt in den 110 m Hürden in 15,3; während Helber I- Suttg. den 10 000-in-Lauf in 33 :58 gewann. — In Südost- dentschland (Breslau) gewann Schneider-Hirschberg die 5000 m in 16 :17,4; Frau Radtke-Breslau die 200 m in 27,4. — Zn Mitteldeutschland (Leipzig): 10 000 m Kraft-Leipzig 32 : 42:2. — In Westdeutschland (Kussel): 10 000 m Kilp- Düffeldorf 32 : 24,8. — In Norddeutschland (Hamburg): 10 000 m Hotthuis-Wehner 32 :04,7 vor Petri 32:19,1; Weitsprung;: Frl. Grieme-Bremen 5,67 in. — Im Balten- l vervano (Königsberg) Diskus: Fritsch-Darkehmen 40,14 m; 5000 m Kirstein-Königsberg 16 r06,7. Die Brandenburgischen Leichtathletik-Meisterschaften brachten am zweiten Tag einen neuen Fünfkampf-Rekord der Damen. Frl. Ellen Braumüller verbesserte die Bestleistung von 340 P. auf 371 P. Resultate: 100 m Körnig 10,8. — 400 m vr. Peltzer 40,6. — 800 m Danz-SCC. 1:55,4. — 110 m Hürden Beschetznik-DSC. 14,9. — Zehnkampf Eberle-BSC. 7174H1 P. — Hochsprung der Damen: Haase-SCC. 1,52 m. Süddeutschlands zweiter Teil in Darmstadt stand im Zeichen der Leistungssteigerungen und Rekorde. Frl. Dol linger lief die 200 m in 25,6 (Rekord). Die Frankfurter Ein tracht stellte in der 10X100-m-Staffel mit 1:46,9 einen neuen deutschen Rekord auf. Weitere Leistungen: 400 m Metzner- Frankfurt 48,6, 100 m und 200 m Geerling-Frankfurt in 11 bzw. 21,9. — 1500 m Schilgen-Darmstadt 4 :01,9. — Frauen: WO m Kellner-München 12,4. — 4X100 m München 60 50,4. Westdeutschlands Leichtathletik-Meisterschaften wurden in Kassel beendet. Ionath gewann 100 und 200 m in 10,4 bzw. 21,4 und für TuS. Bochum die 4 X 100 m in 41P. WO m Nöller-Köln 48,8; 1500 m Schaumburg-Oberhausen 3 :58,8; Zehnkampf Lemperle-Marienburg. Westdeutschlands Frauen-Meisterschaften brachten einen Weltrekord von Frl. Heublein-Barmen im Kugelstoßen mit 13,105 m. Im Diskuswerfen triumphierte die Barmerin mit 36,45 m. Ebenfalls Doppelmeisterin wurde Frl. Erfling- Duisburg über 100 und 200 in. Am zweiten Tag der mitteldeutschen Leichtathletik-Mei sterschaften in Leipzig gab es keine besonders hervorstechen den Resultate. 100-m-Meister wurde Kreher-Dresden in 11 Sek. Büchner-Leipzig siegte im 400-m-Lauf in 49,5. Me süddeutschen Volksturn-Meistcrschaften in Nürn berg brachten schöne Kämpfe. Möller-Rottenburg stellte mit 3;88 m eine neue Stabhochsprung-DT.-Höchstlelstung aus. Einige Ergebnisse: 400 m Single-Eßlingen 50,6, 4X100 m TV. 73-Würzburg 43,1, Weitsprung Wittmann-Würzburg 7,19 in, Hochsprung Haag-Göppingen 1,875 m, Speerwerfen Dinkler-Heidelberg 60,88 m; Frauen: Frl. Windsheimer- Würzburg im Kugelstoßen mit 12,65 m, im Diskuswerfen mit 34,21 in. Einen neuen Weltrekord lief der Franzose Lavoumsgue in Stockholm, und zwar mit 4:52 für die 2000 Parbs. Der Tenniskampf Rot-Weiß-Verlin—Südafrika endete mit einem hohen 8:2-Siege der Berliner, die damit schla gend unter Beweis stellten, daß mit ihnen das Ergebnis des Davis-Pokalspiels Deutschland—Südafrika ein anderes ge worben wäre. Die Ergebnisse des letzten Tages: vr. Land mann—Farquharson 6:4, 6:4, 4:6, 9:7; v. Cramm— Raymond 1:6, 6 :3, 6 :4, 6 :3; Henkel—Harris 6:4, 6:4, 6 :4; Prenn—Kirby 6:3, 6:2, 1:6, 7:5. Deutscher Hochschul-Fußballmeister wurde in Braun schweig die Universität Köln durch einen 3:1- Sieg gegen die Universität Berlin. Die brandenburgischen Schwimm-Meisterschaften in Frankfurt/Oder waren ein Erfolg des Nachwuchses. So siegte im 200-m-KrauI Block-Spandau in 2:30, 100-m-Kraul Schmidt in 1:04. Das Kunstspringen wurde von Neumann- Spandau gewonnen. Wittenberg verteidigte seinen Titel im 200-m-Brustschwimmen mit 3 :01,2 Mit Erfolg. Deutscher Fliegermeister der Amateure wurde in Chem nitz der Berliner Dasch vor dem Breslauer Frach. Bei den Bonner-Radrennen siegte Kvewer über Schön, Dederichs und Wißbröcker. Arminius - Berlin wieder Mannschafts-Meister. Das 48. Bundesfest des BDR. in Chemnitz begann mit der Aus tragung der 100-lcm-Mannschafts-Meisterschaft, die wiederan der Titelhalter Arminius-Berlin von 13 Mannschaften sicher gewinnen konnte. Die Berliner siegten in 2 :35 :34,1 vor dem Postsport-Verein Berlin 2 : 36 : 20. Das Solitude-Renuen wurde vor 70 000 Zuschauern ausgetragen und endete mit einem englischen Siege. Go- thrie, Birmingham, fuhr eirwn Stundendurchschnitt vor 111,5 Km und ließ damit alles hinter sich. Leider ereigneter sich einige Unfälle. Messerschmidt geriet aus der Kurve unt wurde vom Rad geschleudert. Seme BMW.-Maschine ex plodierte und flog, lichterloh bremsend, über die Zuschauer hinweg in den Wald, wobei noch zwei Personen verletzt wur den. Messerschmidt wurde mit Beinbrüchen und einer schwe ren Kopfverletzung in? Krankenhaus geschafft. Das Große Internationale Fliegerrenue», das in Hoppe, garten die Berliner Internationale Woche eröffnete, wurdr überraschend von Biadukt gewonnen, wofür der Toto A zahlte. Jockei Böhlke wurde stürmHch gefeiert. Norwegen okkupiert Teile von Ostgrönland. Dänemark will vor dem Haager Schiedsgericht klagen. Oslo. König Haakon hat in seinem Residenzschloß seine Unterschrift unter die Königliche Resolution gesetzt, wonach Norwegen gewisse Gebiete von Ostgrönland okku piert. Der dänische Gesandte war kurz vorher in das Außenministerium gebeten worden, wo ihm offiziell mit geteilt wurde, daß die norwegische Regierung den Noten ¬ austausch als abgeschlossen betrachte und die Okkupation vorgenommen habe. Die okkupierten Gebiete umfassen die Distrikte zwischen 71 Grad 30 Minuten und 75 Grad 40 Minuten NÜÄ- licher Breite. Das Gebiet entspricht ungefähr dem zwischen dem Carlberg-Fjord und dem Bessels-Fjord, die der Norweger Devold mit seinen Männern neulich »pri vat" okkupierte. Die norwegische Regierung ist demnach nicht dem Verlangen der norwegischen Aktivisten gefolgt, die die Okkupation von ganz Grönland, etwa von Angmagsalik bis zum Scoresby-Sund, gefordert hatten. Die Okkupation hat selbstverständlich in Dänemark großes Aufsehen hervorgerufen. Der dänische Außenminister erklärte, er bedaure es sehr, daß die norwegische Regierung aus diese Weise einen unbestreitbaren Uebergriff drangen habe. Dänemark müsse jetzt im Haag wegen des Rechts bruchs Klage führen. Kamps «m Losenburg Noma» a«r vberschlesl«» va» Johann«» Hollslek» M Fünftes Kapitel. Abend über Rosenburg. Ein stiller, warmer Abend. Kaum ein Lüftchen wehte. Willfried hatte bestimmt, daß vorläufig das ganze deutsche Personal im kleinen Saale mit ihm zusammen speisen solle. Er richtete vor dem Essen eine kleine Ansprache an sie. „Wir sind jetzt aufeinander angewiesen. Die nächsten Tage werden uns nicht leicht werden, denn wir sind ihrer wenige, die die Arbeit auf dem Gute schaffen sollen. Drum möchte ich, daß wir die Tage auch bei den Mahlzeiten zu sammen sind. Ganz gleich, ob Herr oder Knecht. Jeder, der seine Pflicht tut und Herr über sich ist, der ist ja im Grunde genommen überhaupt ein Herr. Wir werden jetzt die Mahl zeiten gemeinsam einnehmen. Aber es wird nicht lange dauern, da kommt uns Hilfe. Die Reichswehrbrigade Breslau schickt uns vorläufig auf vier Wochen 40 bis SO Reichswehr- ioldaten, die in den landwirtschaftlichen Arbeiten erfahren sind. Dann wird's für euch alle besser. Nach und nach werde ich dann deutsche Landarbeiter heranziehen. Ich will, daß Rosenburg ein rein deutsches Gut ist, schon wett es so dicht an der Grenze liegt. Auf ein gedeihliches Zusammenarbeiten, meine Freunde!" Er hob sein Glas und trank ihnen zu. Sie taten ihm alle gern Bescheid. Sie achteten und liebten ihn als Herrn, denn er war gerecht und menschlich n allem. Nach dem Essen saß Wttlfried zusammen mit Schaffranz und dessen Tochter Else auf dem Man. Di« Männer rauchten Me Zigarre. StSl und friedlich saßen sie. Else hatte sich Me Haudarbett mitgebracht. „Die Mamsell ift wohl schon Wasen gegangen, Fräu lein Elfe?" fragte Willfried. „Ja! Sie ist nicht mehr die Jüngste. Sie wissen ja, wie sie heute beim Melken mitgeholfen hat." Anerkennend nickte Willfried. „Ich weiß es und werde es Frau Rosellen nicht vergessen. Aber ich werde auch daran denken, wie prachtvoll unser neuer Hausgeist die ganze Küche den Tag über allein versorgt hat." Else wurde rot, Schaffranz freute sich. „Es macht mir Freude, Herr von Kamerlingk!" sagte das Mädchen. „Und es ift ei« so schönes Schaffen. Es fehlt an nichts. Ich glaube, man wird selten eine so praktische Küche finden. Da lachte einem ja das Herz im Leibe. Zehnerlei Arbeiten kann man zu gleicher Zeit machen. Die Küchenmotoren arbeiten. Sie schälen Kartoffeln, sie wiegen das Gemüse, sie rollen die Nudeln. Eine elektrische Küche ist doch etwas vorzügliches. Haben Sie die eingerichtet, oder Ihr Herr Vater?" „Nein, die stammt noch von einem Vorgänger. Ich verstehe, daß sie Ihnen Freude macht. Die Mamsell hat sie auch gepflegt, daß es eine Lust ist, sich in der Küche umzu schauen." „Ja, Frau Rosellen ist mit Rosenburg richtig ver wachsen." „Ich wundere mich nur, Fräulein Else, daß es Ihnen so leicht fällt, sich umzustellen. Erst tagaus, tagein . . . tipp . . . tipp und jetzt . . . perfekte Mamsell!" „Na, na, mit dem perfekten ... Hapert ei» no«h ein bißchen." „Aber nur ein bißchen. Der Wann« her We einmal bekommt..." „Dem wird's nicht pafseni" „Was?" „Daß ich so verwöhnt bin. Der wird mir doch reine solch elektrische Küche einrichten können." „Warum denn nicht, wenn er vermögend ist." Da lachte Else hell auf. „Ich . . . einen vermögenden Mann heiraten. Nein, nein, Herr von Kamerlingk, da bin ich als Stadtmädel nun ohne Illusionen. Diese Prinzen . . . die gibt's nur in Romanen. " „Meinen Sie? Das Leben ist doch eigentlich der tollste Roman." „Das wohl ... ich meine nur! Der Idealismus, das wahrhaft Gute, das kommt nur in den Romanen vor." „Sie meinen also, der Egoismus regiert die Welt?" „Es ist wohl so!" Willfried dachte schweigend nach. „Ja, es ift so ... so hart es klingen mag ... es geht auch nicht ohne den Egoismus, er ist letzten Endes das welt erhaltende Prinzip. Nehmen wir die großen Leistungen cm . . . Ursache ist immer nur Egoismus. Selbst der Idealis mus ... er hat meist den Egoismus als Triebfeder. Der berühmte Dichter Ibsen . . . wissen Sie . . . wie der ein mal die Ideale genannt hat? Lügen!" „Das ist bitter!" entgegnete das Mädchen traurig. Dabei sahen sie sich an. Willfried mußte in dem Augenblicke wieder feststellen: „Hat das Mädel ein paar schöne Augen. Was ist's doch für ein hübscher Kerl."