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Nr. 157. Pulsnitzer Tageblatt. — Donnerstag, dm 9. Juli 1931 Sette 3. Englischer Mannebesuch in Hamburg. Hamburg. Am Mittwoch nachmittag gegen 1 Uhr trafen 6 Offiziere un-d 60 Mann der gegenwärtig im Kieler Hafen liegenden englischen Kreuzer „Norfol k" und „D o r- setshire" zu einem Besuch in Hamburg ein. Die Gäste wurden zunächst in der Empfangshalle des Rathauses emp fangen rind anschließend in den großen Saal geführt, wo Bür germeister Or. Petersen im Namen des Hamburgischen Senats die Gäste willkommen hieß. Nachdem Kapitän Steel im Namen der englischen Gäste für den Willkommen in Ham burg in kurzen Worten gedankt hatte, besichtigten die Eng länder das Rathaus. Trotz des strömenden Regens fuhren die englischen Gäste dann zu einem Besuch desHagen- beckschen Tierparks nach Stellingen. Bon dort traten sie die Rückfahrt nach Kiel in Autobussen an. Das panzerglas besteht seine Feuerprobe. Berlin. In Gegenwart von zahlreichen Vertretern der Reichs- und Staatsbehörden nahm Major a. D. K oI von der Deutschen Versuchsanstalt für Handfeuerwaffen in Berlin- Wannsee auf den Kleinkaliberständen dieser Anstalt Ver suchsbeschüsse auf Roosens „Panzerglas" vor, um dessen Kugelfestigkeit praktisch zu erproben. Das dabei beschossene kugelsichere Panzerglas besteht aus drei Spiegelglasscheiben, die mit einer völlig durchsichtigen chemischen Fangschicht innig und fest verbunden sind. Diese nach einem Geheimverfahren zusammengesetzte Fangschicht besitzt eine außerordentlich starke Zähigkeit und Bindefähig keit, die den Glasscheiben eine überaus hohe Widerstandskraft gegen Zertrümmerungen verleihen. Nach dem Urteil der Sachverständigen des Polizeipräsidiums und der Versuchsanstalt haben die Veschußergebnisse des Panzergla ses den Anforderungen auf seine Kugelsestigkeit in jeder Hinsicht voll und ganz entsprochen. Die auf drei bis vier Meter daraus verfeuerten Geschosse vermochten sämlich nicht einmal die erste Scheibe zu durchschlagen. Kin-ermör-er Künne zum Tobe verurteilt. Wesermünde. Unter großer Spannung verkündete das Schwurgericht im Prozeß gegen dem Maurer Herm. Künne, der des Mordes an der siebenjährigen Ingeborg Bopp ange klagt war, dem Anträge entsprechend die Todesstrafe. In der Begründung wurde ausgeführt, daß kein Zweifel darüber bestehen könne, daß der Angeklagte die Ingeborg Bopp ermordet wurde. Sein Alibibeweis sei kläglich geschei tert. Verschiedene Zeugen hätten mit Bestimmtheit den An geklagten als den Begleiter der Ingeborg Bopp am fraglichen Tage erkannt. Es müsse dahingestellt bleiben, ob Künne auch als Täter im Falle der Anni von der Heyden in Frage komme. Das Schwurgericht sei aber fest davon überzeugt, daß er als Schreiber des anonymen Briefes in Frage komme. Oeichbruch an -er Schelde. El« Dorf durch völlige lleberschwemmung schwer beschädigt. Brüssel. Anläßlich des Baues eines neuen Hafen-Bassins im Norden vom Antwerpen auf dem rechten Scheldeufer ereignete sich ein Deichbruch, der zu Ueberschwem- mungen des Dorfes Austruweet führte. Man hatte, um die Festigkeit und Undurchlässigkeit des Deiches des neuen Hafenbassins auszuprobieren, den Wasserspiegel um etwa 5 Meter über das Normal-Niveau erhöht. Plötzlich setzte gestern nachmittag ein mehrstündiger Wolkenbruch ein. Der Deich gab an drei Stellen nach, wahrscheinlich infolge der Unterspülung der Außenseite in folge des anhaltenden heftigen Regens. Eine mehrere Meter hohe Wasserwelle ergoß sich über das Dorf, alles mitreißend, was im Wege stand. Telegraphenmasten und Straßenlater nen knickten wie Strohhalme um. Die entfesselten Wasser mengen fanden dann einen Ausweg in den das Dorf um gebenden Feldern, die im Geviert von etwa drei Quadrat kilometern überfluteten. Im Dorfe selbst, das ein trauriges Bild bietet, blieb das Wasser in Höhe von 60 bis 100 Zentimeter über den Straßen zurück. Alle Keller sind voll gelaufen, das gesamte Kleinvieh der Bewohner ist er trunken. Der Schaden ist beträchtlich. Die Hafenverwaltung hat sofort den Hilfsdienst eingesetzt. Man hat einen Durchstich zu einem Festungswall, der mit der Schelde in Verbindung steht, graben müssen, um das Wasser abzuleiten. 4000 Todesopfer der chinesischen Hochwafferkatastrophe, London. Einer „Times"-Meldung aus Hongkong zu folge beginnt das Hochwasser in der Provinz Kwantung, Vas sich bis nach Kanton erstreckt, allmählich nachzulassen. Mau schätzt, daß dem Hochwasser 4VVV Meuschen- leben zum Opfer gefallen sind. Einzelheiten aus dem Ueberschwemmungsgediet stehen noch aus. Aus aller Wett Massenbrandstister an Ser Arbeit. Nachdem in Warnsdorf erst vor zwei Tagen die Serie von Brandlegungen um zwei Fälle vermehrt worder ist, setzte der unheimliche Brandstifter jetzt seine Tätigten fort, indem er das Schloßmühlhäuschen im Innern der Stadt in Brand steckte. Eine Bewohnerin hörte nachts plötzlich zwei Erschütterungen, und als sie auf die Straße eilte, stand bereits der Dachstuhl in Flammen. Das Hans wurde vollständig eingeäschert. — Der Täter bedient sich offenbar Sauerstoffbomben, die beim Aufprallen auf die Häuser in Brand geraten. Nach ihm wurde bisher er folglos geforscht. Berlin. Selbstmord im Reichsverkehrsmi nisterium. In seinem Amtszimmer im Reichsverkehrs- ministerium hat sich der 40jährige Ministerialamtmann Karl Kagel aus Potsdam erschossen. Ministerialamtmann Kagel Reue Ueberschwemmungen im Erzgebirge Bisher L0 Millionen Mark Schaden So wütete das Hochwasser im Erzgebirge. Mit derart unglaublicher Kraft rasten die Wassermengen im Erzgebirge zu Tal, daß nichts, was ihnen im Wege war, standhalten konnte. Im gan zen wurden durch das Hoch wasser sechs Brücken zerstört. Der Bahnhof von Erla, den das Bild zeigt, wurde vom Hochwasser stark beschädigt. Die Tecknische Nothil e im Schwarzenberger llnweiiergebiet. Auf Anforderung der Amtshauplmannschaft Schwar zenberg wurde im Einverständnis mit dem Wirtschafts- Ministerium die Technische Notbilfe zur Hilfeleistung für das Unwcttergebiet im oberen Erzgebirge alarmiert. Die Landesbezirkslettung in Dresden setzte zunächst die Be- reitschaftstruppe Chemnitz und Zwickau ein. Von Dresden aus wurde mittels Schnellastkraftwagens ein großer Transport von Schanzzeug und anderem Gerät abgesandt. Eine Anzahl Dresdner Nothelfer begleitete diesen Trans port. Die Technische Nothilfe ist zunächst u. a. in Antons tal, Wittigtal und Schwarzenberg eingesetzt worden. Reue schwere Llnweiier über Sachsen. Abermals wurde unser schwergeprüftes Sachsenlanv durch schwere Unwetter, die mit Wolkenbrüchen und teil weise hühnercigroßem Hagelschlag verbunden waren, heimgcsucht. In weiten Landstrichen wurden die Ernte, das Obst und die Gärten zum Teil völlig vernichtet. Uner- rechenbnr ist die Zahl der zerschlagenen Fensterscheiben und Dächer. Auch die Bogelwelt hatte schwer zu leiden, überall sieht man vom Hagel erschlagene Vögelchen auf den Straßen liegen. Im einzelnen liegen folgende Mel dungen vor: Hagelschlag über Dresden. Dauer-Alarm der Feuerwehr. über Dresden ging ein außerordentlich heftiges Ge witter nieder, das mit wolkenbrnchartigem Regen und starkem Hagelschlag verbunden war. Eine große Anzahl der Straßen der Stadt standen in kurzer Zeit völlig unter Wasser, viele Keller und tiefer gelegene Wohnungen wur den völlig überschwemmt. Die Feuerwehr wurde 137mal alarmiert. Der Hagelschlag hat an Bäumen und den An lagen der Stadt großen Schaden angerichtet. In einem Gute in der Vorstadt Leubnitz-Neuostra stand das Vieh bis zum Halse im Wasser. In Zschieren wurde eine Scheune durch Blitzschlag eingeäscher,. Die Vogelwiese, die in den letzten zwei Jahren von Wetterstürmen schwer heimgesucht worden war, ist diesmal glimpflich davonge kommen. Unwetterschäden auch im Elbegebiet. Hamburg. Ueber Hamburg und Uber dem Unterelbe gebiet ging ein schweres Unwetter nieder, das von wolken- bruchartigen Regenfällen begleitet war. In Hamburg wur den zahlreiche Straßenzüge überschwemmt. Der Straßen bahnverkehr mußte an einigen Stellen vorübergehend einge stellt werden. Die Feuerwehr wurde über WOmal alarmiert. Weitere Unwetiermeloungen. Freiberg. In Rechenberg-Bienenmühle wurde durch Hagel der größte Teil der Kartoffel- und Getreideernte vernichtet. Hunderte von Fensterscheiben wurden zer schlagen. Kaum ein Haus, an dem das Dach nicht be schädigt ist. Der Schlamm liegt in einem Schulzimmer 20 Zentimeter hoch. Auch in Holzau richtete das Ge witter großen Schaden an. Reichenbach. Tas Gewitter war hier mit wolten- bruchartigen Niederschlägen verbunden. Die Wasscrmassen drangen bei niedrig gelegenen Häusern in Keller und Wirt schaftsräume ein. Brände durch Blitzschläge. Mittclfrohna. Bei dem hier niedergegangenen schweren Gewitter schlug der Blitz in das Anwesen des Gutsbesitzers Butter. Scheune und Stallungen brannten vollständig nieder, nur das Wohnhaus konnte erhalten werden. Von einem Motorradfahrer wurde ein junges Mädchen, das sich unter den Neugierigen befand, ange fahren und schwer verletzt. Penig. Hier schlug ein Blitz in das Wohnhaus des Wirlschaflsbesitzers Riedel. Der Brand konnte in kurzer Zeit gelöscht werden. Rodewisch. Der Blitz schlug in Wildenau in die Scheune des Landwirtes Tiepmar und zündele. Die Scheune enthielt 400 Zentner Heu und ist vollständig niedergebrannt. Das Feuer äscherte auch Stallung und Schuppen, in denen sich landwirtschaftliche Maschinen, Wagen usw. befanden, ein. Oberwürschnitz. Hier wurde der auf dem Felde be findliche Gutsbesitzer Hofmann vom Blitze zu Boden ge worfen, seine beiden Pferde auf der Stelle getötet. Riemsdorf (Amtsb. Meißen). Das bei einem hiesigen Gutsbesitzer beschäftigte Dienstmädchen Peisker, das vom Felde heimkehrte, wurde vom Blitz tödlich ge troffen. Die etwa 30 Meter vor ihr gehende Wirt- schasisgehilfen wurden durch den Schlag zu Boden ge schleudert. Wasserschäden und Abschläge in der Lausitz. Schwere Gewitter gingen auch über die Lausitz nieder. In der Gegend St. Marsenstern, Crostwitz, Storcha rich teten Hagelschlag und Regen in den Feldern schweren Schaden an. Teilweise waren die austretenden Wasser massen so stark, daß sic sich in Häusern und Scheunen den Weg suchten und von den Feldern Landmassen weg spülten. In Nuckwitz schlug der Blitz in das Wirtschafts gebäude eines Gutsbesitzers, das in Flammen aufging. In Pieliy wurde durch Blitzschlag die Scheune des Ritter gutes mit allen Maschinen ein Raub der Flammen. Auch sonst waren noch mehrfach Einschläge von Blitzen zu ver zeichnen. Während in Löbau selbst kein größeres Unglück geschah, zündete der Blitz an mehreren Stellen der Um gebung. So äscherte er in Herwigsdorf das Grund stück des Gutsbesitzers Fiedler, bestehend aus Wohnhaus, Stall und Scheune völlig ein. Trotz großen Wassermangels gelang es, das gesamte Vieh zu retten. In Groß schweidnitz zündete der Blitz in der Feldscheune des Staatsgutes. Ferner brannte in Bernstadt eine dem Stadtgutbesitzer Ringer gehörende Scheune aus, wobei neben Maschinen und Geräten 20 Zentner Heu und 700 Zentner Stroh den Flammen zum Opfer fielen. war früher bei der Regierung in Potsdam und wurde dann > ins Reichsverkehrsministerium versetzt. In der letzten Zeit ! geriet Kagel in finanzielle Schwierigkeiten persönlicher Art. Seine Vorgesetzten hatten davon erfahren und bemühten sich, ihm zu helfen. Kagels Verpflichtungen müssen aber so groß gewesen sein, daß er nicht mehr aus noch ein wußte. Dienst- liche Verfehlungen liegen nicht vor. Köslin. Auf der Fahrt in die Ferien vom Tode ereilt. Ein folgenschweres Unglück, das ein Todes opfer forderte, hat sich auf der Fahrt von Körlin an der Per- sante nach Köslin in Pommern ereignet. Ein Auto, das sich ruf der Fahrt nach einem Ostseebad befand, geriet plötzlich ins schleudern und raste gegen einen Chausseebaum. Die auf ünem Hinteren Sitz befindliche Insassin erlitt so schwere Ver letzungen, daß sie auf der Stelle tot war. Die übrigen vier Znsassen sanden leichter verletzt Aufnahme im Kreiskranken- Mis von Köslin, während die Leiche dem Schauhaus zuge- fiihrt wurde. Jerxheim (Braunschweig). 300 Schafe im Stall serbrannt. Der Blitz schlug in den großen massiven vchafstall der Domäne Jerxheim ein. Der Stall, in dem viel leicht brennbares Material vorhanden war, ist vollständig rusgebrannt. Ungefähr 300 Schafe und größere Heu- und ötrohvorräte sind den Flammen zum Opfer gefallen. Königsberg. Einentsetzlicher Fall von Aber zlauben. In dem benachbarten Dorfe Alowe gebar die ^rau eines Landwirts einen besonders kräftigen Knaben. Einige Frauen waren der Meinung, daß das Kind von einem dösen Geist besessen sei. Sie überredeten die Mutter, den Knaben umrubrinaen. damit der nun einmal über das Dorf > gekommene Geist ein für allemal verbannt werde. Die Mutter ! mtschloß sich, das Kind mit einem Rosenkranz zu erdrosseln» * Oie Polizei, die Kenntnis von dieser ruchlosen Tat erhielt, - oerhaftete alle daran beteiligten Personen. Bochum. Einen fliehenden Straßenräuber erschossen. Ein Handwerksbursche versuchte in einer Wirtschaft in RecklinglMisen die Ladenkasse zu berauben. Der Räuber ergriff die Flucht, als die Wirtin und ihr Sohn er schien. Er schwang sich auf ein vor der Tür stehendes Fahr rad. Der Wirtssohn sandte dem Flüchtenden eine Kugel nach, die diesem den Kopf zertrümmerte. Brü««. Wettlauf mit dem Tode. Um rascher zum Ziele zu gelangen, wählten zwei Schwestern den Weg über die schmale Eisenbahnbrücke. Als sie mitten darauf an gelangt waren, entdeckten sie zu ihrem Entsetzen, daß hinter ihnen ein Personenzug herangebraust kam, dem sie der Enge der Brücke wegen nicht mehr ausweichen konnten. In ihrer Todesangst begannen sie vor dem immer näher kommenden Zuge davonzulaufen. Während eine von ihnen noch zur rechten Zeit das Ende der Brücke erreichen konnte, wurde die andere vom Zuge erfaßt und lebensgefährlich verletzt. Amsterdam. Massenvergiftungen durch ver dorbene Wurst waren. Aus dem Dorfe Erica in der Provinz Drente werden Erkrankungen zahlreicher Einwohner unter schweren Vergiftungserscheinungen gemeldet. Erst er krankte eine Familie nach dem Genuß von Wurstwaren. In den nächsten 24 Stunden nahm die Zahl der an Vergiftung Erkrankten ständig zu, so daß bereits 150 Personen unter den gleichen Vergiftungserscheinungen erkrankt sind. Die Zahl der Erkrankten nimmt immer weiter zu.