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Die letzten Verhandlungen Wieder eine Hoover-Rote an Krankreich Präsident Hooverhat ferner eine neue Note an Frank reich gerichtet, in der er das Bestehen Frankreichs darauf, daß eine Sachverständigenkommission freie Hand habe solle, um die Einzelheiten der Ucbereinkunft zwischen Frankreich und Amerika zu klären und zu regeln, zurückweist. Hoover fordert eindeutig, daß das Komitee instruiert werde, daß alle seine Entscheidungen unbedingt mit dem Geist des ursprünglichen Hoover-Planes über- einftimmen müssen. Frankreichs Vorschläge betreffs der deutschen Sach lieferungen wiederspächen nach seiner Ansicht dem Geiste seines Moratoriumsvorfchlages. Der amerikanische Sachlieferungsvorschlag war Montag nachmittag Gegenstand interner Besprechungen der inter essierten französischen Minister und am Abend Gegenstand einer neuen Verhandlung zwischen der französischen Regie rung und dem Schatzkanzler Mellon. Brünings Erklärungen in Washington Wie die Reichsregierung die Moratoriumsgelder verwenden will. Die Erklärung des deutschen Reichskanzlers an die amerikanische Regierung, daß die eventuell Deutschland zu stundenden Zahlungen nicht zu Rüstungszwecken verwandt werden, lautet folgendermaßen: „Im Hinblick auf die in einigen Kreisen aufgetauchte Besorgnis, die im deutschen Haushalt durch den Erlaß der Reparationszahlungen freiwerdenden Summen könnten für eine Vermehrung der -Rüstungen Verwendung finden, stelle ich fest, daß eine Erhöhung für Heer und Flotte während des Feierjahres weder beabsich- tigtwar noch st attfinden wird. Die gesamte Er leichterung, die der Hoover-Plan Deutschland bringen wird, wird zur Deckung der zu erwartenden Ein nah meausfälle, zur Konsolidierung der finanziellen Verhältnisse und zur Rettung der deutschen Wirt- schäft restlos benötigt und verwendet werden." Der französische Wunsch/ wieder politische Erpressungen an Deutschland zu verüben, kommt in allen möglichen Mel dungen zum Ausdruck, nach denen bald der englische Bot schafter, bald der französische Botschafter in Berlin der deut schen Regierung ausgesprochen politische Forderungen als Vorbedingung für Frankreichs Zustimmung zum Hoover- Plan vorgetragen hätten.. So die nach Fallenlassen der Zollunion mit Oesterreich, so die nach einer deutschen Verpflichtung, keine Panzerschiffe mehr zu bauen, und der gleichen mehr. Von zuständiger Stelle wird auf das be stimmteste versichert, daß keinerlei derartige For derungen an die Reichsregierung herangetragen worden wären. Die Berliner Presse zu der Einigung in Paris Berlin, 7. Juli. Nur einige Berliner Morgenblätter nehmen, da die französisch-amerikanischen Abmachungen erst um die Mitternachtsstunde in Berlin bekannt wurden, nur in kurzen redaktionellen Auslassungen zu dem Ergebnis Stellung. Die „Germania" sagt, Amerika und Frank reich dürfen behaupten, daß es in diesem zähen Kampf zweier Prinzipienwelten weder Sieger noch Besiegte gibt, wir selbst aber müssen mit Dankbarkeit aber auch mit Wehmut fest stellen, daß Hoover und feine Bevollmächtigten hartnäckig und folgerichtig um ihr Ziel gekämpft und um dieses Zieles willen auch Unerwünschtes in Kauf genommen haben. Die Anerkennung des französischen Anspruchs des Prinzips der ungeschützten deutschen Annuitäten wird von uns in der Ueberzeugung zur Kenntnis genommen werden, daß trotz dieses grundsätzlichen Festhaltens Frankreichs an dem Haager Prinzip noch nicht das letzte Wort über die deutsche Zahlungsfähigkeit in den kommenden Jahren gesprochen sein kann. Die „Vossische Zeitung" meint, der Vorbehalt, der Garantiesonds und Nachlieferungen be trifft, mindert den Wert der nun erfolgenden formellen In kraftsetzung des Hooverplanes nicht. Die in Paris erzielte Verständigung ist die Voraussetzung dafür, die große inter nationale Aktion zugunsten der deutschen Wirtschaft sofort in Gang zu setzen. Amerika kann jetzt wieder das Tempo an geben. Das „Berliner Tageblatt" sagt, an der Art, wie die Nachricht über die Einigung überall dort, wohin sie drang, begrüßt wurde, ließ sich leicht konstatieren, daß ein Alpdruck von den Gemütern genommen war. Die „Deutsche Allgemeine Zeitung" fragt, ob es kein Gegenmittel gegen die perfiden Pariser Manöver gibt. Es ist ein infames und in seiner Zähigkeit und Schlauheit doch auch bewunderungswürdiges Spiel, das mit den Interessen der Welt und Deutschlands in Paris getrieben wurde. Es ist nicht mehr zu bestreiten: Die Franzosen wollen uns ausbluten lassen, um' uns dann diktieren zu können, nicht hinsichtlich der ungeschützten Annuitäten oder der Sachliefervngen, sondern hinsichtlich politischer Le bensfragen ersten Ranges. Auch nach der Eini gung in Paris müssen wir vermeiden, daß die französische Politik uns ihre Bedingungen diktiert. Es kann keine Re gierung mehr wagen, jene politischen Verzichte auszusprechen, die elwa in der französischen Kammerdebatle gefordert wur den. Sie wäre im gleichen Augenblick gestürzt Konstruktive aufbaurnde Gesinnung, die endlich auf das Ganze geht, ist das Gebot der Stunde. Am Wochenanfang traf in Paris aus Washington die Nachricht ein, daß Präsident Hooverdie französischen Vor- schlage hinsichtlich der Sachliefernngen ablehnt. Für ihre Haltung gibt die amerikanische Regierung besonders zwei Punkte an. Einmal stellt sie sich auf den Standpunkt, daß die Ausnahme, die Frankreich bei den Sachlieferungen ge- »acht zu haben wünscht, auch auf die übrigen Gläubigerstaaten ausgedehnt werden müßte, so daß die Hilfe, die man Deutsch land bringen wolle, in diesem Falle vollkommenunge nügend sei. Ferner stellten die Sachliefernngen eine mittelbare Zahlung der R ei chs r e g i e ru n g dar. DieWashingtonerRegierunghat nichts gegen den französischen Standpunkt einzuwenden, die Sachliefe rungen im Interesse der französischen Privatwirtschaft auf rechtzuerhalten, vertritt aber die Auffassung, daß die Beträge für diese Sachlieferungen inHöhe von etwa 25 Mil lionen Dollar Deutschland ebenfalls in Form eines Kredits wieder zur Verfügung gestellt werden müßten. Reichsbank nimmt weiteren MO-Mitlionen-Kredit in Anspruch. Wieder starke Devisenansorderungen. Frankreichs Krieg im Dunkeln. Die erste Folge der Beschlüsse des Generalrats der Reichsbank ist die Inanspruchnahme eines Rediskontkredits in Höhe von 50 Millionen Dollar (200 Millionen Mark) bei der Golddiskontbank. Die Reichsbank will diesen Kredit, der ihr immer zur Verfügung stand, benutzen, um eine Erleichterung der Lage herbeizuführen. Im übrigen werden die Kreditdrosseluugen in nächster Zeit noch fühlbarer werden. Weitere Schritte scheint die Reichsbank vorerst nicht unternehmen zu wollen, um keine un nütze Beunruhigung hervorzurufen. Die Kreditein schnürungen werden allerdings um so notwendiger sein, da der Generalrat der Reichsbank vorläufig von einer Sen kung der Notendeckungsgrenze, die bisher 40 Prozent beträgt, absehen zu können glaubte. Allgemein hat es überrascht, daß der Generalrat der Reichsbank keine Beschlüsse über die Rückzahlung des am 16. Juli fällig werdenden 100 Milli onen- Dollarkredites gefaßt hat, der ihr von vier ausländi schen Notenbanken zur Ueberwindung des Juni-Ultimo zur Verfügung gestellt war. Man wird sich um eine Verlängerung des Kredites bemühen, und es ist zu erwarten, daß diese Be mühungen erfolgreich sein werden. Ganz entgegen den Erwartungen, die man auch augen scheinlich innerhalb der Kreise der Reichsbank hegte, find die Devisenanforderungen am Montag wieder außer- ordentlich gewachsen. Man schätzt sie auf über 80 Millionen RM. In deutschen Bankkreisen setzt sich immer mehr die Ueberzeugung durch, daß die fortgesetzten Kredit kündigungen und -Zurückziehungen nichts mehr mit Ver- trauen oder Mißtrauen gegenüber Deutschland zu tun haben, sondern daß es sich hier um einen auf direktem und in direktem Wege ausgeübtrn Druck aus politischen Motiven handelt, um die finanzielle Lage Deutschlands so zuzuspitzen, daß es gezwungen ist, Frankreich alle poli tischen Zugeständnisse zu machen, die es verlangt. Ein Volksentscheid über penfionskürzungen? I» seiner Rede in Hamm erklärte Reichsarbeitsminister Stegerwald, was sehr aufgefallen ist, die Minister gehälter betrügen nach Abzug der Steuern nur noch 20 000 Reichsmark. Die hohen Pensionen seien nicht begründet. Für eine Pensionskürzung sei aber eine Zweidrittel mehrheit im Reichstag erforderlich. Wenn bis zum Herbst eine Kürzung nicht erfolge, dann wäre auch er für einen Volksentscheid. Er hoffe, daß das schlimmste Unwetter allmählich vorüber sei, wenn die Reparationssragg geregelt würde. Präsident Hoover gibt bekannt, daß nunmehr zwischen allen bete.stiften Nationen eine Einigung über seinen Moratvrnunsvorschlag erzielt worden sei. Oer Wortlaut des Abkommens. Das Abkommen zwischen Amerika und Frankreich über ven Hoover-Plan ist am Montag spät abends formuliert und ab- geschlossen worden. Sein wesentlicher Inhalt wird in einer gegen ein halb zwölf Uhr nachts veröffentlichten Verlaut barung solgendermaßen dargestellt: Bei Wiederaufnahme der Verhandlungen haben die amerikanischen Unterhändler den französischen Ministern die Zustimmung ihrer Regierung zu den im Ministerrat getroffenen Beschlüssen überbracht. Sie teilten mit, daß Präsident Hoover erklärt habe, daß das heute abgeschlossene Abkommen im Geiste des amerikanischen Vor schlages geklärt sei. Der Text der Verständigungsgrundlage hat folgenden Wortlaut: „Rach den Meinungsaustauschen, die erfolgt sind, stellt die französische Regierung seit, daß sie mit der Regierung der Ver einigten Staaten w bezug aus die Grundlagen des Vorschlages des amerikanischen Staatspräsidenten Hoover über folgende Punkte einig ist: l. Die Zahlung der interalliierten Schulden wird vom l. Juli lWI biö zum 30. Juni 1932 aufgehoben. 2. Tas Reich liefert die Summe der ungeschützten Jahresrate an die BIZ. ab. aber die kranzösiiche Regierung erklärt sich damit einverstanden, die vom Reiche geleisteten Zahlungen bei der BIZ in Bonds nnzulcgcn. die von der Deutschen Reichsbahn garantiert sind 3. Alle Zahlungen sind nerzinSbar nnlrr den Bedingungen, die von der amerikanischen Regierung angeregt worden sind, und sollen in i» Jahresraten vom l. Juli IM ab amortisiert werden. Dieselben Bedingungen sind für die von der Deutschen Reichsbahn auSgcgrbcnen Bonds anwendbar. In bezug aus drei wettere Punkte, dte nicht unmittelbar die amerikanischen Interessen und die amerikanische Regierung beiressen, gibt die französische Regierung folgende Erklärung ab: a) Eine gemeinsame Aktion der sührendcn Zentralbanken durch Vermittlung der BIZ. soll ins Leben gcrnseu werden znm Vorteil derjenigen europäischen Länder, die besonders durch die Aufhebung der Zahlungen, so wie sic vorgcschlagcn find, zu leiden haben. b) Ein vorläufige Verständigung soll zwischen Frankreich und der BIZ erzielt werden, damit Frankreich im Falle eines Moratoriums des Noung Planes den GaranliesondS nur durch Monatszahlungen, die den Bedürfnissen der BIZ. entsprechen, ergänzt. c) Die Regelung der Frage der Sachlieserungen und der verschiedenen technischen Anpassungen, die durch dir Anwendung deS amerikanischen Vorschlages und des gegenwärtigen Ab kommens notwendig werden, soll durch einen Sachvrrständiqen- ausschuß geprüft werden, der von den interessierten Regierun gen beschickt wird und der die tatsächlichen Notwendigkeiten an den Hoover Plan anglcichen soll. Frankreich behält sich das Recht vor. von der deutschen Regierung die unerläßlichen Zusiche rungen bezüglich ver Verwendung deS ihr zur Verfügung gestellten Kredites zu ausschließlich wirlschastlichen Zwecken Hoover gibt die Einigung bekannt Die Berliner Presse zur Einigung in Paris Nummer 155 83. Jahrgang Dienstag, den 7. Juli 1931 Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der DemeinVeräte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaft« de« P«l»nitzer Am»gerichtSbezirkS: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Oberstem«, Niedersteiua, Weißbach, Ober- und Niederftchtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: PulSnttz, Mbertstratz« Rr. » Druck und Verlag von E. L. Förster» Erben (Inh. I. 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