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02-Zweites-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 11.11.1913
- Titel
- 02-Zweites-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19131111027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913111102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913111102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-11
- Tag 1913-11-11
-
Monat
1913-11
-
Jahr
1913
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das Projekt auf den toten Punkt, und die Negie rung fühlte sich nicht mehr veranlagt, es »veiler zu verfolgen. Ans Anregung von Waldenburg aus griff nun Herr Abgeordneter Posern in die langsam dahinschleichende Angelegenheit ein, schrieb an das Finanzministerium erhielt den Bescheid, er solle da'ür sorgen,^ daß die Verhandlungen wieder ausgenommen würden. Das geschah und zeiiigie als Erfolg: Walden burg oaut die Halle in der Hoffnung auf Unter stützung seitens der beteiligten Gemeinden, Lim bach gibr 8000 Marl dazu. In dieser neuen Gestalt ist das Projekt nun wieder in Dresden anhängig gemaän worden, und es ist begrün dete Hoffnung vorhanden, daß die Eröffnung der Linie in nickt allznlanger Zeit dem Stadium des Harrens und Hoffens für immer entrissen wird. Amekes vom Lage. * Betrogene Auswanderer. Eine ganz nene Art von Schwindel hatten sich ein Gastwirt, ein Schlächter und ein Musiker in Hainburg cmsgcdacht, die dort verhaftet wurden. In der Nähe des Seemannshauses und der Aus gabestelle für überseeische Fahrllarten hielt sich stets einer von ihnen auf und machte sich an die Auswanderer heran, namentlich an solche, die nach Argentinien wollten. Der Betrüger erbot sich, ihnen die Uebersahrt wesentlich billiger zu verschaffen, als es die einzelnen Bureaus zu tun imstande wären. Natürlich ivollten sich das die meisten Auswanderer zunutze machen und wur den dann gewöhnlich in die Gastwirtschaft des Komplicen geführt. Hier wurde mit ihnen ein Preis von 120 Mark pro Person, sofort zahl bar, für die Uebersahrt vereinbart. In Beglei tung eines der Betrüger wurden dis Auswanderer dann, selbstverständlich auf eigene Kosten, nach Rotterdam gebracht und dort einem angeblichen Heuerbas zugeführt. Dieser vercharterte die Leute dann an ausländische Schiffe, die sich auf „wil der" Fahrt befanden. Einige der Betrogenen, die noch Geld harten, depeschierren nach Ham burg, wodurch der Schwindel aufgedeckt und ein gehende Ermittlungen angestellt wurden, die zur Verhaftung der drei Schwindler? führten. Bisher hat man ihnen 25 Fälle nachweisen können, doch ist anzunehmen, bas; die Anzahl ihrer!-Opfer weit' größer ist. * Das d r e i tz i g st e Kind ist den Oberpostschaffner Schmidtschen Eheleuten in Brie ten (Westpreußen) geboren worden. Das Kind, ein gesunder Knabe, befindet sich ebenso wie die Murrer wohl. Freilich ist es nicht leicht, eine so zahlreiche Schar von Söhnen und Töchtern groß zu ziehen. * Ein Dampfer mit 9 0 0 Pil - g e r n g e sr r a n d e r. Der englische Dampfer „Alfred" rsr mir 900 indiicken Melka-Pilgern an Bord unwcn Hamawars im Golf von Aden auf Grund geralm. Die Lage des Schiffes soll verzwei'clr ein. Ter Dampfer „Koweit" ist zur f Hilfeleistung an die Unglücksstelle abgegangen. Nähere Einzelheiten stehen zur Stunde noch aus. * S ch i s f b r u ch a n d e r mecklen burgischen Küste. Der russische Segler „Alexander", der von Libau nach Rostock mit Oelkuchen unterwegs war, ist bei stark unsichti gem Wetter bei Bad Müritz gestrandet. Die Mann schaft konnte gerettet werden. * Räuberischer Ueberfallbei Lodz. Bei Noworadomsk in der Nähe von Lodz überfiel eine Räuberbande 14 Fuhrwerke mit Passagieren. Bei dem Zusammenstoß wur den sieben Passagiere ernstlich verletzt. Den Ban diten fielen 40 000 Mark und eine Menge Wert gegenstände zur Beute. * Guilleaux disgualifiziert. Den französischen Piloten Guilleaux, der ein we llig „corrigcr la fortune" spielte, als er angab, bei einem seiner großen Fliige in Brockel (statt in Brakel) gelandet zu sein, hat ein schnelles Schicksal ereilt. Ein Telegramm aus Paris mel det uns: Der Sportausschuß für Luftschiffahrt und Flugwesen hat verfügt, daß der Flieger Guilleaux, der bei seinem Fluge um den Pom- mery-Pokal anstatt der Ortschaft Brakel das um 50 Kilometer weiter gelegene Brockel als Lan- üungspunkt angegeben hatte, zehn Jahre lang an keinem Wettfluge teilnehmen dürfe. * Ein vergeßlicher Stan desbeamter. Als sich ein Hochzeitspaar in der Gemeindekanzlei zu Enkenbach i. d. Pfalz zur Trauung einfand, wurde ihm mitgeteilt, daß der Gemeindesekretär verreist sei. Der Beamte, der die wichtige Angelegenheit scheinbar verges sen hatte, hatte auch den Schlüssel zum Akten schvank mitgenommen, sodaß die erforderlichen Papiere für das Brawtpaar nicht zu beschaffen waren. Wohl oder übel mußten sich daher die Brautleute und die Gäste mit einer Verschiebung der Trauung abfinden. * F ü n f N a d e l n v e r s ch l u ck t u n d g e st o r b e n. Aus Graslitz in Böhmen wird gemeldet: Die iible Gewohnheit vieler Frauen lind Mädchen, Nadeln in den Mund zu nehmen, hat hier einen bedauerlichen Unfall herbeigeftihrt. Die 14jährige Tochter des Hausbesitzers Berg- mann hatte mehrere Stecknadeln in den Mund genommen, mit denen sie ihrer jüngeren Schwe ster das Kleid znstccken sollte. Plötzlich muhte das Mädchen hnsten, verschluckte fünf Nadeln und fiel ohnmächtig nieder. Auf das Geschrei des jüngeren Mädchens eilte die Mutter rasch herbei, doch konnte sie nicht mehr helfen, denn das bedauernswerte Mädchen starb, noch bevor ärztliche Hilse herbeigeholt werden konnte. Be merkenswert ist, daß genau vor einem Jahre gleichfalls eine Tochter der Frau Bergmann in folge Verschluckens von Nadeln plötzlich starb. * L ö w e n b e i d e r F i l m h e r st e l- i n n g. Ter bekannte Löwen-Dompteur Capi- tain Allred Schneider äußer: sich in einer Zu schrift an die „L. N. N." zu der Löwenjagd. Von allgemeinem Interesse ist, was Eapiiain Schneider bei dieser Gelegenheit über die Mit wirkung wilder Tiere bei der Filmherstel- mng sagt. Er erzählt: „Seit vielen Jähren wirke ich mit meinen Löwen -im Kino für Filmaufnahmen. Fast alle großen Löwensilms sind von mir, unter anderen „Ouo vadis", „Die letzten Tage von Pompeji", „Das Löwenschiff", „Nelly die Dompteuse", „Die Löwenjagd" und 50 andere Films verdanken ihr Entstehen der Mitwirkung von mir und meinen Löwen. Nach stehend einige .aufregende Szenen. Bei der Quo vadis-Aufführung (die unsre Leser im Elektro-Biograph gesehen hoben. D. Red.) wur den 150 als Christen verkleidete Schauspieler in die Arena getrieben, von der anderen Seite stür zen 25 Löwen in die Arena, die Löwen sind bis auf fünf Meter an die Christen heran. Natürlich bricht hier der Film ab. Meine Domp teuse, Miß Marcella, ich und zwei meiner Tier- wärter sind als Christen verkleidet in der vor deren Reihe. Durch Zuruse und mit Hilfe der Peitsche treiben wir die Löwen zurück. Aber ein Löwe durchbricht die Schranken, stürzt zwi schen die Artisten, ohne jemand verletzt zu haben, und verkriecht sich in eine Ecke. Nach dem kommen Puppen in die Arena. Die Löwen zerreißen dieselben. Da war es auch mir zwei Tage lang unmöglich, die Arena zu betreten, weil die Löwen zu gereizt waren. So könnte ich viele Beispiele anführen, daß der Löwe in Freiheit den Menschen nur angreift, wenn das Tier gereizt wird." Max Alfred Welse in Obercallenberg, 2 M. 19 T. Marie Martha Wurdinger geb. Bogel, des Handarbeiters Paul Linus Wurdinger in C. Ehefrau, d7 I. 4 M. Wella Sabine. T. deS MalerS Max Ewald Eisert in R. 2 M. 7 T. Erna Gertrud, unehel. T. der Milda Klara Plötner in C, 2 M. ! IS L. Toigeb. Sohn des OberschweizeiS Rudolf Müller in C. Donnerstag abends 8 Uhr Frauenveretn in Reichenbach »üftenbrand. Mittwoch den 12 November, abends '/«9 Uhr Versamm. lung deS ev. JüngltngSvereinS im Psarrhause. Donnerstag, den 18 November, abends >/.9 Uhr Bibel, stuu!« der landeSktrchl. Gemeinschaft im Psarrhause. Handel und Gewerbe. Oanmwoll». 6 November. Upland middling loko öS'/, Pfg Ruh'« ztverpo-I, 8 November. Tagesumsav 6000 Ballen, Lieferungen stetig. November 7,21, November Dezember 7,12, tanuar-Feknuar 7,09, März- Avril 7,lv, Mat Ium 7,10, Juli August 7,OS. Kretin, 8 November Produktenbörse. Weizen De- ember 187.—, Mai 195 75, Juli Roggen Dezember lbb bO, Mat I >2,—, Juli —,— Hafer Dezember 155, — , Mai IbS,25, Juli —.—. MaiS amerikan. 'mixed Dezember , Nat —. Rüböl November — — Dezember 84.60, Mai 64 30. Zahlungseinstellungen: Bauunternehmer H 'ist Theodor Richard Funke in Bergen bet Falkenstein. Sattler und kqpez'erer Robert Niegel in Fro -bürg. Gasthossbesiper Max Arno Emmrich in Gelenau. Gutsbesitzer Louis Hermann Schlünzig in Jüdenhain bet Zwickau. — Aufgehoben: Materialwarcnbändler Friedrich Emil B echschmidt in Eibellt ock. Hande Smann Karl Max Gläß in Sosa bei Etbenstock. Roh produkten. und Kohlenhändler Ernst Gustav Sauer in Rath mannSdorf bei Schandau. Kirchliche Kachrichtm. St. Christophori-Parochie Hohenstein- Ernstthal. Donnerstag, den 13. November abends halb 9 Uhr Bibel stunde im Waisenhaus- und Hüttengrundbehaate. Gersdorf. Dienstag, den 11. November, abends 8 Ubr Bibelstund, in der Ktrchschule. Donnerstag, den 13. November, vormittags S Uhr Wochrnkommunion. Callenberg mit Reichenbach. Oktober 1S13. Getaufte: Fritz Gerhaid, S des Fabrikarbeiters Richard Böhme in C. Martha Elfriede. T der led. Kamilla Martha Flämig tn C Bruno Martin, S. des Fabrikarbeiters Hermann Arthur Katzschbach in R. Martha Hertha, T. Les Fabrik- arbeiteiS Otto Max Führer in C. Elsa Johanna, T des Fabrikarbeiters Robert Paul Flämig in R. Martha Ilse, T. d,s Fabrikarbeiters Max Emil Reimann in R. P-ut Willy, S des Fabrikarbeiters Paul Gerhard Louis Meyer in R. Paul Johannes, S des Stellmacherme sterS Reinhard Richard Floß in R. Richard Martin, S. deS Fabrikarbeiters Pau Richard Barthel in R. Geiraute: Friedrich Gustav Schmidt, Gutsbesitzer in Bräunsoors, mit Frieda Ella Vogel in R. Max Otto Köthe, Former in Rüßdorf, mit Hulda Frieda Mittenzwei in C. Paul Otto Sittner, Klempner in Pen g, mir Frieda Minna Lehmann in C. Friedrich Ernst Kühnert. Wtrtschastsgehilse in C., mit Milda Martha Medicke das Beerdigte: Johanne Christiane verw. Meyer, verw. gew Lenk, verw. gew Kothmann geb Haberkorn, des weiland Jo Hann Friedrich Meyer, gew Handarbeiters in C hinterlassene Witwe, 80 I. 21 T. Emmy Hanna, ehel. T. de» Sirumpsw. Marktpreise. Themnitz, 8. November 1913. pro bv Kilo Weizen, fremde Sotten 10 M. 60 Pf. bt« 11 M. 50 Pf . sächsischer 8 . 25 8 - 80 . Roggen, 8 . — 8 . 25 . » Vreutz. 8 . 25 , r 8 . 40 , ^8 - fremder 8 . 90 8 bO - TZ Berste, Brau-, fremde 9 - 25 10 . 50 - . - sächsisch- 8 . 25 9 . 25 . . Futter. 6 . 55 6 . 85 - 2. n Hafer, sächsischer 8 . — 8 - 50 . § 8 » preußischer 8 . 30 8 . 60 - ? O' » ausländischer — « — , — * er Z Erbsen, Koch- 10 . 50 11 - , Z - Mahl- u. Futter - 9 . — 9 . 50 . Heu, neu 3 ° 40 , » 3 . 80 . - gebündelt 4 . — 4 . 40 . Stroh, Flcgeldrusch 2 . 10 , - 2 , 30 - ZT , Maschtnendrusch IM 2 1 . 40 1 . 70 . L trotz,^Maschinendrusch Krummstroh 1 . — I . 30 . Kartoffeln, inländische 2 . 50 3 . — . . ausländische — » — — , « Butter, 1 Kilo 2 . 70 » - 2 . 90 . WM LASS MMk. Roman von H. C o n r t h s - M a h l e r. 4 Nachdruck verboten. Fräulein von Sassenheini kam selten einmal aus ihrem freundlichen, fonnigen Zimmer, aber die Prinzessin besuchte sie gewissenhaft jeden Tag einmal, und wenn sie nicht bei Tisch erscheinen tonme, dann tam die Prinzessin zu einem Plau derstündchen zu ihr. Der Haushofmeister und die spärliche Dienerschaft sorgten für den ein fachen Haushalt, der sich nicht von dem alter Bürgersleute unterschied. Prinzessin Sibylles Vertraute uud rechte Hand war ihre Kammerfrau, die sie schon von Wien mitgebracht hatte. Diese hieß Frau Bro- schinger. Die Prinzessin nannte sie jedoch nicht anders als „Bröschchen". Bröschchen war sehr stolz aus diesen „Kose namen", und ihr rundes, freundliches Gesicht strahlte, wenn auch Prinz Joachim sie so an redete. Zu derselben Zeit, als Prinz Joachim über den Marktplatz ging, stand Frau Broschinger am Fenster im traulichen Wohnzimmer ihrer Herrin und zupfte die wellen Blätter von den blühen den Geranien. Prinzeß Sibylle saß in einem schlichten, grauen Seidenkleide in einem beque men Lehnsessel und blätterte in neuen Jour nalen. „Also die arme Taffcnheim hat wieder eine schlimme Nacht gehabt? Hast Du dafür gesorgt, daß fis eine kräftige Bouillon zum Frühstück be kommt, Bröschchen?" Die Kammerfrau legte sorgsam die welken Blätter in ein Körbchen. „Eure Durchlaucht können ganz unbesorgt sein, Fräulein von Sassenheim wird bestens ge pflegt." „Ist doch ein armes Hascherl, gelt, Brösch chen? Da sind wir zwei doch gottlob ganz an ders auf den Füßen." „Gott sei Dank. Eure Durchlaucht nehmen es noch mit den Jüngsten auf." „Na — und Du etwa nit?" Bröschchen lächelte zufrieden. „O ich — Durchlaucht wissen ja — ich bin von zähem Holz." ^"tt, nehmen wir auch uoch ein aus die Schultern, gelt, Brochchen. 4mnn sind wir sreilich ein paar rechte alte Hutzelweiblein!" Plinzessin «Libhlle lachte bei dieser Aussicht so reckt von Herzen vergnügt in sich hinein Und auch Bröschchen strastte über das ganze runde Gesicht. Plötzlich suhr sie aber jäh vom Fenster zurück. „Eure Durchlaucht?" „Nun, nun — was gibt es denn da draußen so Erschreckliches zu schauen?" „Nichts Erschreckliches, Eure Durchlaucht. Im Gegenteil — Seine Durchlaucht Prinz Jo achim kommen über die Straße." Prinzeß Sibylle lachte. „Ah — der Joachim — nein — der ist ge wiß nichts Erschreckliches. Also geh, Br'öschchen, und laß ihn ein. Sorge dafür, daß eine Mosel kalt gestellt wird — weißt schon, welche Marke." Frau Broschinger verschwand mit ijhrem Blättertörbchcn so schnell, als es ihre runden Hüften gestatteten. Im Vorderzimmer wartete sie aus Prinz Joachim, der bald darauf ein trat. „Morgen, Bröschchen", ries er lustig. „Guten Morgen, Eure Durchlauckft", erwi derte die Kammerfrau und knipte,' elastisch wie ein Gummiball. „Ihre Durchlaucht zu sprechen?" „Enre Durchlaucht werden schon erwartet", antwortete Bröschchen strahlend und öffnete die Tür. Prinz Joachim eilte auf seine Tante zu und küßte ihr die Hand Diese zog aber seinen Kopf zu sich herab und küßte ihn auf den Mund. „Wie ist Dein Befinden, teure Tame?" Die dunklen, noch so jung blickenden Frau- enaugen schonten voll zärtlichen Stolzes in sein Gesicht. „Wenn ich Dich anschauen kann, Joachim, dann befinde ich mich immer ausgezeichnet. Und Du? Wo kommst denn Du her in so aller Frühe? Und gar in Paradeuniform — ja — das muß doch etwas bedeuten? Habe ich etwa gor Geburtstag heute? Aber neiu — bringst mir jo keinen Blumenstrauß. Na alsdann — Feiertag ist auch nit?" Prinz Joachim lachte. „Ach — laß uns mol ein wenig nachdenken, geliebtes Tantchen. Vielleicht fällt uns doch ir gend ein Kalendcrheiligcr ein, den wir feiern können!" Sie lächelte mit feinem Humor. „Hm — wir zwei sind schließlich imstande, dem unschuldigsten Werktag unversehens ein fest lich Gewand anzulegen. Gelt?" Er streichelte ihre Hand. „Wozu sind wir zwei denn auch Sonn tagskinder?" Sie nickte ihm verständnisinnig zu. „Nun, setze Dich erst daher — und dann er zähle. Was ist denn los, heute?" „Audienz bei Seiner' Hoheit — ich war be sohlen", meldete er feierlich. Prinzeß Sibylle hob wie im Schrecken ihre noch sehr schönen weißen Hände. „Oh tvch — da hat es was gegeben, gelt?" „Diesmal nicht!" „Na, na!" „Nein, wahrhaftig nicht, nicht die kleinste Strafpredigt." „Also, was gab es denn sonst?" Er seufzte tragikomifch „Auf die Brautschau soll ich gehen." Sie schlug die Hände zusammen. „Lieber Gott — so aus heiterem Himmel." „Nicht wahr — schrecklich." „Du uud heiraten — das geht doch gar nit!" „Warum denn nicht?" Es znckten tausend Sprüh-teufelchen in ihren Augen. „Ach geh — Du bist doch noch gar nit reif zum Heiraten. So ein Unband wie Du — der taugt doch uit für Ehefesseln. Aber nun erzähle doch endlich." Joachim machte ein geheimnisvoll wichtiges Gesicht. „Staatsgeheimnis", flüsterte ev, große Augen machend. Sie lachten beide. „Ach geh, unser Fürstentümle wird nit gleich aus den Fugen gehen, wenn so ein Prinzle auf die Brautschau geschickt wird. Man wird dvch wissen dürfen, wem das hohe Glück beschießen sein soll, Prinzessin Joachim zu werden", sagte die Prinzessin ein wenig spöttisch. „Du — hältst Du es vielleicht für ein Un glück, wenn jemand meine Gemahlin wird?" fragte der Prinz fcheinbar beleidigt. Sie zog bedenklich die Augenbrauen empor. „Da will ich mir lieber noch kein endgültiges Urteil erlauben. Wenn Du „sie" gern hast — und „sie" Dich, dann ist's ein Glück. Wenn aber nit — ach nein — das wollen wir uns lieber gar nit erst ausmalen. Ist es denn wirklich Ernst?" „Ganz gewiß." „Aber wie kommt denn das so schnell? Man hat doch noch kein Wort davon gehört, daß es mit Deiner Heirat mit eins so pressiert. Und bei Dir kommt es doch zum Glück nit fß genau darauf an, wen Du heiratest." Prinz Joachim seufzte „Das habe ich mir auch immer gedacht. Aber ich mutz doch eine bedeutendere Persönlich keit sein, als ich mir in aller Bescheidenheit träu men lietz. Nun kommt es wirklich sehr darauf an." „Ach, geh — flecke doch nit ein so geheim nisvoll wichtiges Gesicht auf. Tu machst Spas- setreln, gelt?" Der Prinz schüttelte, ernster werdend, den Kopf. „Leider nicht, Tante Sibylle. Es ist wirk lich Ernst." Sie streichelte seine Hand und sah sehr be sorgt aus „Also wahr — wirklich wahr?" Nun lachte Joachim schon wieder, um ihre Sorge zu verscheuchen. „Gräme Dich nur nicht im voraus, Tant chen. Gar so schlimm wird es ha nicht wer den. Schließlich — warum soll ich etwas vor Alexander voraushaben? Der Aermste ist ja ohnehin schon mit ssinem künftigen Fürsten thron behaftet, der außerdem noch recht schäbig und wacklig ist. Und die Theodora? Na, weißt Du — schlimmer werde ich hoffentlich mit mei ner Zukünftigen auch nicht fahren." Prinzeß Sibylle wurde schon wieder lebhaft und hoffnungsvoll. „Du, die Theodora ist gar so übel nft — nur ein bisserl arg langweilig. So eins Holz puppen wird Dir doch Dein Herr Vater nit aus gesucht haben!" Prinz Joachim zuckte die Achseln- „Wer weiß." „Nein — das kitt' ich mir aus, bring' Du mir wenigstens eine Frau, die lebendig ist und nit mit offenen Angen schläft Du, lachen wird sie doch können? Meinetwegen auch mal herz haft weinen. Nur nit noch so einen Automa ten in die Familie, das wäre gefehlt. Aber nun sage doch endlich, wer die Auserkorene ist. Kenne ich sie denn?" „Ich glaube nicht, Tante Sibylle. Es ist eine Prinzessin Lokandia Wengerstein." „Nein — die kenne ich nit. Lokandia — Du, das klingt fad." „Sie soll noch sehr jung sein. Ueberdies wird sie nur „Lolo" gerufen. „Hm! Das gefällt mir schon eher. Also Lolo Wengerstein! Hm! Wengerstein? Warr' mal ein bisserl. Wengerstein? — Nattirlich — einen Fürsten Wengerstein habe ich mal am Hofe zu Liebenau kennen gelernt, als ich mit meinem Manne vor vielen Jahren da zu Besuch war. Ein schöner, interessanter Mann, aber wenig nett und liebenswürdig. Jetzt fällt mir auch mehr ein. Man fagte mir damals, er sei in zweiter Ehe mit einem armen Edelfräulein vermählt, die sehr schön und sehr anmutig sei. Diese Ehe bildete einigennaßen interessanten Ge sprächsstoff für die Liebenaner Gesellschaft — ich glaube, da war noch eine Tochter aus erfter Ehe des Fürsten, die der jungen Fürstin das Leben reckst schwer machen sollte. Mein Gott — das wird doch um Himmels willen nit Deine „Zu- lßinftige" sein?" „Nein, Tantchen — darüber kann ich Dich, glaube ich, beruhigen. Prinzeß Lolo ist eine Tochter aus der zweiten Ehe des Fürsten." „Ah, also hat sie die schöne, anmutige Für stin zur Mutter — das ist schon ein Trost. Aber wie kommt Dein Vater darauf, Dir gerade diese Prinzeß Lolo zur Gattin auszusuchen? Das ist doch keine besonders glänzende Verbindung. Viel Vermögen wird auch nicht vorhanden sein", sagte die Tante. „Sie ist sogar sehr arm und scheinbar teil weise auf die Gnade des Herzogs von Liebenan angewiesen." (Fortsetzung folgt.)
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