Volltext Seite (XML)
RickMk Mihriljilm. Monatliche Dekgave Mm „Tageblatt". Redigiert von Pfarrer B. Albrecht in Hohenstein-Ernstthal, an den alle diesbezüglichen Sendungen zu richten find. Nr. 10. Oktober-Ausgabe 1913. 21. Jahrgang. Abschiedswort Melanchthons an ü Luthers Sohn Martin. Tie arme Kirche Jesu war in Finsternis getaucht, der Glaube hatte ganz und gar sein Leben ausgehaucht. Damit das menschliche Geschlecht dem Jammer sich entwand, zu seinem Heil ein Gottesknecht, Tein Vater, ihm erstand. Tem ist die Kraft zu mut'ger Cat von oben stets erneut, der hat beständig gute Saat als Sämann ausgestreut. Nicht rasten könnt' er und nicht ruhn, die Schrift ward übersetzt, und dadurch hat er seinem Tun die Krone aufgesetzt. Tann über alle Naßen hell das Licht der Wahrheit brennt und unerschöpflich strömt ihr Duell im Toppeltestament. Ter reich beschenkten Nachwelt ziemt, daß sie im Herzen -hegt und dankbar auf den Knien rühmt den Herrn und seinen Knecht! Dich aber geht's vor Allem an, daß Tu als Kind bedenkst, was uns Tein Vater wohlgetan und tief hinein Tich senkst! Tiefes Gedicht hat PH. Melanchthon dem jungen Luther als Widmung in die deutsche Bibel geschrieben, die er ihm zum Abschied schenkte. ' Zuerst den müden Arbeiter, der mit seinen von der Erde geschaffenen Werkzeugen die Erde besiegt und sie zum Eigentum des Menschen macht. Ehrwürdig ist mir die harte, gekrümmte, rauhe Hand, in der nichtsdestoweniger eine selbst bewußte, unauslöschlich-königliche Tugend und Kraft liegt; denn sie führt das Szepter dieses Planeten. Ehrwürdig ist mir auch das rauhe, wettergebräunle, beschmutzte Gesicht mit seiner schlichten Intelligenz; denn es ist das Antlitz eines Menschen, der eines Menschen würdig lebt. Ja, um so ehrwürdiger bist Tu mir mit Teiner Rauhheit; gerade deshalb, weil wir Tich sowohl bemitleiden als lieben müssen. Hart be handelter Bruder! Kür uns ward Tein Nacken so gekrümmt, Teine Glieder und Kinger so ent stellt! Arbeite zu, arbeite zu! Tu befindest Dich in Teiner Pflicht: möge außerhalb derselben sein, wer da wolle. Tu arbeitest um das durchaus Unentbehrliche: um das tägliche Brot. Einen zweiten Mann ehre ich, und zwar noch höher — den, der für das geistlich Unent behrliche arbeitet; nicht für das tägliche Brot, sondern für das Brot des Lebens. Tut nicht auch er feine Pflicht, indem er nach wahrer in nerer Harmonie strebt? Am höchsten steht er, wenn sein äußeres und inneres Streben eins ist, wenn wir ihn einen Künstler nennen können; nicht blos einen irdischen Handwerker, sondern einen begeisterten Denker, der mit Werkzeugen, die im Himmel verfertigt wurden, uns den Himmel erobert. Diese zwei in allen ihren Ab stufungen ehre ich. Alles Andere ist Spreu und Staub, den der Wind wehen kann, wohin er will Unaussprechlich rührend ist es jedoch, wenn ich beide Würden vereinigt finde, und wenn der, der äußerlich für die niedrigsten der menschlichen Bedürfnisse zu arbeiten hat, zugleich innerlich für die höchsten arbeitet. Etwas Lrhabeneres auf dieser Welt kenne ich nicht, als einen Bauern- Heiligen, wenn jetzt irgendwo noch ein solcher anzulreffen sein sollte. Ein solcher würde dich bis nach Nazareth zurückversetzen, und du wür dest den Glanz des Himmels aus den bescheiden sten Tiefen der Erde aufsteigen sehen, wie ein Licht, das in großer Kinsternis scheint. Thomas Carlyle. Zwei Menschen ehre ich, und keinen dritten. l Die Htuttgarter Jubiläumsbibrl mit erklärende« Anmerknnge» Das beste Buch ist und bleibt doch die Bibel, das Luch der Bücher! In jedem Hause, in jeder christlichen Kamilie ist sie zu finden, denn unsere Kinder brauchen sie in der Schule, und in sehr vielen Gemeinden wird sie, oder doch wenigstens ein Neues Testament den Braut paaren am Traualtar überreicht als Geschenk der Kirche oder der Zweigbibelgcsellschaft oder der Eltern. Jeder kann sie billig haben, die ganze Bibel schon von s Mark, das neue Testa ment von sO Pfennig an. „Wo keine Bibel ist im Haus, da sieht's gar öd' und traurig aus, da kehrt der böse Keind gern ein, da mag der liebe Gott nicht sein!" Aber in wie vielen Häusern liegt die heilige Schrift ungebraucht und unbenutzt im Schrank und wird höchstens in Zeiten der Trauer oder anderer schwerer Not einmal aus ihrem vei steck hervorgeholt vielleicht auch in Krankheitsfällen als Zaubermittel unter das Kopfkissen gelegt. — warum lesen so viele nicht in ihrer Bibel? Bei den meisten ist es Trägheit und — Vergeßlichkeit. Sie haben ganz vergessen, daß sie eine Seele haben, die ebenso, wie der Leib, täglich Nahrung braucht, um gesund zu bleiben, Heilmittel, um gesund zu werden. Auch solche, die fleißig zur Kirche kom- Gute Bücher und Schriften. men, begnügen sich mit dem Hören des Wortes Gottes am Sonntag, lassen es aber nicht reich lich wohnen im eigenen Hause. Von denen, die die heilige Schrist verachten, ja verspotten, sie als ein Lügen- oder Märchenbuch betrachten oder im besten Kalle als ein Buch wie jedes andere, schweigen wir. Sie beweisen eben damit, daß sie sie nicht kennen, also davon reden, wie der Blinde von der Karbe, denn kennten sie sie, so würden sie anders davon denken, anders davon reden. Mancher entschuldigt auch seine Lrägheit damit, daß er so Vieles in dem Buche nicht verstehe. Za, wer nicht regelmäßig in seiner Bibel liest, dem bleibt sie ein Buch mit sieben Siegeln. Allein auch treue Bibelforscher müssen bisweilen auf die Krage: Verstehst du auch, was du liesest? antworten: wie kann ich, so mich nicht Jemand anleitet?" Ls giebt nicht wenig geheimnisvolle Stellen in der Schrist, die der Auslegung, der Liklärung bedürfen. Mit Rücksicht darauf hat Schreiber dieses vor Zähren in einer Sitzung des Vorstands der Sächsischen Hauptbibelgesellschaft beantragt, eine Bibel mit erklärenden Anmerkungen herauszugeben, und sich bereit erklärt, mit einigen Hreunden zunächst eine volkstümliche Erklärung des neuen Testa ments zu schreiben. Er fand jedoch, obwohl man die Notwendigkeit einer solchen Bibelaus gabe anerkannte, kein Entgegenkommen, weil dies nicht zu den Aufgaben der Bibelgesellschaft gehöre, was in Dresden nicht möglich war, ist in Stuttgart möglich gemacht worden. Die württembergische Libelanstalt hat aus Anlaß ihres sOOjährigen Zubiläums im vergangenen Zahre eine Bibel mit erklärenden Anmerkungen herausgegeben. Daß in wenig Monaten sOOOO Exemplare dieser neuen Bibelausgabe abgesetzt worden sind und bereits mit dem Druck einer neuen Auflage begonnen werden mußte, ist der beste Beweis dafür, daß diese Bibel einem drin genden Bedürfnis entspricht. Mag auch die Zahl der fleißigen Bibelleser in Würitemberg größer sein als bei uns, in allen evangelischen Ländem würde gewiß diese Zahl wachsen, wenn die Christen sich bei ihrer Bibellektüre einer erklären den Bibel bedienen könnten Schon darum wün schen wir der .Zubiläumsbibel" die weiteste Verbreitung, wir segnen dankbarst dewürttem- brrgische Bibelgesellschaft für diese „Tat" — dieses Mort im Sinne von „Großtat, epoche machende Cat" gefaßt - sie hat damit wahr lich eine „herrliche Tat getan! Wohl gibt es genug Bibelauslegungen und Bibelerklärungen, aber sie sind meist zu wissenscha tlich und gelehrt g-halten, auch die für Hans und Gretel ver ständlichen sind zu umfangreich und darum zu