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Oktober Ebersbach, welcher meint, daß man sich doch visorium gedachte Schuppengebäude nach der Straße Den einem Fall festgestellt, lnngwi tz. nämlieb in ncn nende —: Unsre schon des öfteren ausgesproche- Bitten, die für die nachmittags eftchei- 5. vamhoffchuppe«. Wie aus dem durch Herrn Vorst. Lohse aus den Akten erstatteten Sachvortrag zu entnehmen ist, haben die städtischen Kollegien szt. bei Abbruch des Lampertusschachtes beschlossen, einen vor dem Maschinenhaus stehenden Schuppen später als Unter- kunstSraum für Arbeiter auf dem städtischen Bau hof zu verwenden. Der damals hier tätige Straßen- meister hat in Unkenntnis der Verhältnisse den Schuppen auf dem Bauhofe aufbauen lassen, ohne daß diese Arbeit bereits beschlossene Sache war. Es find nun 600 Mk. Kosten entstanden, um deren Nachverwilligung es sich heute handelt. Der Herr Vorsteher meint hierzu, daß, nachdem die Arbeit einmal ausgefilhrt sei, das Kollegium vor der Tat sache stehe, wieder einmal einen Betrag für etwas bewilligen zu müssen, was schon fertig sei. Im übrigen hält er die Anlage nicht für praktisch. Herr Stadtv. Wächler wundert sich, daß der Straßenmeister, der doch nur einige Tage h er tätig war, so schnell gearbeitet habe. Es hätte schließlich statt des Schuppens für 600 Mk. auch ein alter Güterwagen genügt, den man für billigeres Geld haben könne. Herr Stadtv. Ebersbach, der die vorzeitige Ausführung des beschlossenen Baues als entschuldbar hinstellt, meint, daß für dasselbe Geld schließlich ein größerer Raum und eine bessere Wirkung hätte er zielt werden können. Der Herr Bürgermeister stellt zunächst fest, daß der Straßenmeister länger als ein paar Lage hier gewesen sei, weiter sei die Wiederauf stellung des abgetragenen Schuppens seitens der Stadtverordneten mitbeschlossen worden. Das Gerüst lag wüst da, es mußte Ordnung geschaffen und ge baut werden Redner ist zu jener Zeit auf Urlaub gewesen und konnte diese Arbeiten nicht kontrollieren. Die Aufstellung des Schuppens sei aber nach Ansicht des Rates richtig und praktisch. Jedenfalls sei es richtiger, vorn den Lagerplatz und hinten den Schuppen anzulegen. Die Anlage sei sehr nett gebaut, sie sei brauchbar und biete einen ganz vorzüglichen Unter schlupf für alle, die dort arbeiten; auch die Ausloh nung der städtischen Straßenarbeiter lasse sich gut dort vornehmen. Was könne man denn für 600 Mk Schönes Herstellen? Auch Herrn Ebersbach sei es nicht möglich, auf dem Berge sür 600 Mk. Besseres zu bauen. Es sei eben etwas Notwendiges geschaffen worden, das für lange Jahre ausreiche. Im übrigen sei der Schuppen ja noch gar nicht voll ausgebaut man stehe darum auch nicht vor einer vollendeten Tatsache. Herr Stadtv. Wächter wendet sich gegen eine Bemerkung des Herrn Bürgermeisters, wonach er sich spitzer Bemerkungen bedient habe. Er weist abermals auf die Möglichkeit der Beschaffung eines alten Bahnwagens hin, den man für 200 Mk haben könne, der aber auch transportabel sei. Letzterer Ansicht widerspricht Herr Stadtv. zu ausgebaut würde und ein schöneres Ansehen er halte, auch mehr Raum bieten würde. Nach Herrn Vorst. Lohses Meinung mußte vor der Bauausführung dem Bauausschuß eine diesbezügliche Vorlage gemacht werden. Herr Bürgermeister l)r. Patz meint, daß sich die hierfiir verantwortlichen Personen durchaus nicht reinwaschen wollten. Man dürfe doch nicht ver- kennen, daß der erste Schritt in dieser Angelegenheit von den Stadtverordneten vorgezeichnet worden sei, als diese die Aufstellung des Schuppens beschlossen. Nicht der Straßenmeister trage die Hauptschuld au der ganzen Sache, sondern alle Beteiligten hätten etwas übersehen. Der Schuppen sei doch auch gar nicht so schlecht als man ihn hinstelle. Die Haupt sache sei doch, daß man mit dem geringen Betrag einen Unterschlupf sür die Arbeiter schaffen tonnte. Herr Wächler ergehe sich in spitzen Bemerkungen, ohne das Objekt überhaupt zu kennen. Danach erfolgt die einstimmige Annahme der Vorlage. 6 Abbruch des Pulverhäuschens auf Parzelle 704. Im Jahre 1874 oder 1875 ist auf der Halde des zweiten Anna-Schackts ein Pulverhäuschen er richtet worden, das 143 Taler Baukosten verursachte; später ist ein massiver Turm errichtet worden, der aber jetzt für den Abbruch reif ist, da er baufällig und überhaupt nicht mehr zweckmäßig ist. Nachdem Herr Stadtv. Bohne den Abbruch empfohlen, wird dieser einstimmig gutgeheitzen. Damit ist die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung erleoigt und das Kollegium tritt in die geheime Beratung ein. 1912. Der Durchschnittspreis per Ausgabe des „Hohenstein-Ernftthaler Tageblattes" bestimmten Anzeigen uns bis s p ä t e st e n s vormittags 1 0 Uhr z u- z u st e l l e n, haben leider wenig Erfolg gehabt. Mancher Auftraggeber glaubt, gerade bei ihm könnten wir eine Ausnahme machen und auch sein uin 11 Uhr oder gar 12 Uhr aufgegebe nes Inserat noch mit aufnehmen. Um eine rechtzeitige Herstellung unsres Blattes zu er möglichen, sind wir gezwungen, alle nach 10 Uhr eingehenden Anzeigen mr die nächste Num mer zurückzu st eilen. Private wie Behörden bitten wir, dieser Bitte zu ent sprechen, damit wir im Hinblick auf die Tau sende unsrer Leser, die ihr „Tageblatt" so zei- Dutzend ist aber niedriger als seit drei Mona ten, nämlich 1,40 Dollar (September 1913: 1,67, Oktober 1912: 1,33 Dollar). Augenschein lich hat das neue amerikanische Tarifgesetz die Bestellung wesentlich belebt. Obgleich weni ger stark als in den zwei vorhergehenden Mona ten, bleibt die Ausfuhr von baumwollenen Hand schuhen immerhin bedeutend. Dem Werte nach steht sie dem Stvumpfexport noch voran. Sie beträgt 149 000 Dutzend gegen 149 000 Dutzend im September und 94 000 Dutzend im Oktober 1912. Der Durchschnittspreis ist 1,53 Dollar (Septen,der 1913: 1,61, Oktober 1912: 1,43 Dollar). Die Ausfuhr von großen Cotton-Wirk- schon oft genug darüber geärgert habe, wenn der>Ug wie möglich leien mochten, nicht gezwungen Staat solche Wagen an den Straßen aufstelle, chnd, l^de Rücksichtnahme gegenüber säumigen Redner ist der Annahme gewesen, daß das als Proft Inserenten fallen zu lassen. Pflegt, wie dies in allen Kreisen unsrer Stadt bekannt ist, das „Hohenstein- E r n st t h a l e r Tageblatt" in einer Weise, wie das kein anderes Blatt in unsern, Bezirke von sich behaupten kann. Außer in der ziveimal wöchentlich erscheinenden, stets freudig begrüßten Unterhaltungsbeilage bringen wir im Feuilleton des „Tageblattes" Romane von ersten Schriftstellern, die stets den ungeteilten Beifall der Leserschaft finden. Abermals haben wir eine Arbeit erworben, die sich ganz beson ders vorteilhaft abhebt von der sog. Durch schnittsware, und von der wir sagen können, daß sie infolge ihrer reizvollen Eigenart Veranlas sung sein wird, daß die Leser das Erscheinen des „Tageblatts" kaum erwarten können. .,P r i n- zeß L o l o s V e r z i ch t" nennt Frau Helene Courths Mahler, die sich die Gunst unsrer Leier in so außerordentlich reichem Maße durch ihre bisherigen Veröffentlichungen erworben hat, ihr neuestes Werk. Mit dieser Veröffentlichung glau ben wir unsern Lesern eine recht angenehme Lektüre zu bieten. — Schweineseu ch e mit S ch wein e- p e st wurde nach dem amtlichen Bericht oes Königlichen Landes-Ge'undheitsamtes über den Stand von Viehseuchen am 31. Oktober 1913 in, Königreiche Lachsen im Bezirk Glauchau in — Im Mona, November ist in Sach sen die Jagd auf alle Wildarten mit Aus nabme der Rehkälber, Ziemer und Drosseln offen. Die Jagd auf Ziemer veginnt mit den, 16. November. Die Jagd aut Rebhühner endet mir dem 30. November. — Die A u s f u h r aus dem C h e m- n i tz e r Konsulatsbezirk nach den Vereinigten Staaken von A in e r i k a betrug im vergange nen Monat Oktober 3 923 000 Mark gegen 4 535 197 Mark in, vorhergehenden Monat Sep teniber und 3 001 595 Mark im Monat Oktober 1912. Tie Ausfuhr von baumwollenen Stümp fen hat wesentlich zugenommen und ist viel stär ker a s in irgend einem Monat Alt April 1913. Sie beträgt jetzt 158 000 Dutzend gegen 102 000 Dutzend im September und 155 050 Dutzend im Maschinen hat wieder statt zugenommen. Im Unterhaltungsteil Laufe des Monats sind 32 Stück exportiert wor- SschMckes Hohenstein-Ernstthal, 5. November 1913. den. Handschuhmaschinen werden auch viel be gehrt, im Monat 9 Stück. Die Ausfuhr von seidenen Posamenten hat sich plötzlich aus sehr geringe Quantitäten beschränkt; auch die von Perlenbesätzen usw. ist merklich zurückgegangen,. Dasselbe gilt auch von wollenen Kleiderstoffen. Die Ausfuhr von Perlentaschen hat sehr stark abgenommen, die von Wandtaschen dagegen in noch stärkeren, Maße zugenommen. —: Der Chemnitzer Jahrmarkt hat — sehr zum Schaden der hiesigen Geschäfts leute — eine ganz besondere Anziehungskraft auf die Käufer auch aus unserer Stadt. Einen Maß stab für den „Zug nach Chemnitz" gibt der amt liche Ausweis über den Fahrkartenverkaus aus den Chemnitzer Bahnhöfen; auf diesen wurden am Sonntag und Montag nicht weniger als 2472 Karten nach Hohenstein-Ernstthal verkauft. — Leipzig, 4. Nov. Die Straße des 18. Oktober, die große Prachtstraße, die vom Stadt innern zum Völkerschlachtdenkmal führen soll, wird nun endlich ausgebwut werden. Der Rat teilt hierüber folgendes mit: „Bereits vor Er öfinnng der dies ährigen Baufachausstellung be stand der Wunsch, die Straße des 18. Oktober vom Baprischen Bahnhof bis zur Ausstellung anszubauen, um eine breite und allen Vettehrs- ansprüchen genügende Zugangsstraße zur Aus stellung zu erhalten. Leider scheiterten seine^eit die dahingehenden Bemühungen an den Forderun gen, die einzelne Grundstücksbesitzer für das zum Straßenbau benötigte Gelände stellten. Die Ver- bandlungen mit diesen Grundstücksbesitzern sind in diesen, Jahre wieder ausgenommen worden und nunmehr so weit gediehen, daß der Aus bau der Straße des 18. Oktober in Aussicht genommen werden kann. Es erscheint erwünscht, den Straßenbau, falls die Witterung es er laubt, so zu fördern, daß die Straße bei Er öffnung der nächstjährigen Ausstellung sür Buch gewerbe und Graphik dem Verkehr übergeben werden kann." Mehltcuer, 4. Nov. Beim Ueber schreiten der Gleise wurde der Streckenrevisions beamte Schiller tödlich überfahren. Sch. war vevheiratet und Vater von 4 Kindern. — Leipzig, 4. November. Ein dreister Wohnungs diebstahl ist dieser Tage hier verübt worden. Während die Wohnungsinhaber der Beerdigung des Familien hauptes beiwohnten, drang ein Dieb mit einem Nach schlüssel in die Wohnung ein und stahl eine Menge Schmucksachen und Bargeld. Ohne das; ein ungünstiger Einflntz sich geltend machte, konnte Herz- und Nervenleidendcn Kaffee Hag, der cos- seinfreie Bohnenkaffee, monatelang in starken Ausgüssen verabreicht werden, vr ui««!, v. Boltenstern (Deutsche Ärztezeitung 1SO8, Heft » WM AlU MMk. Roman von H. Courths-Mahler. 1) jNachdruck verboten. Fürst Egon entließ den Administrator Selt mann mit einem gnädigen Händedruck. „Ich danke Ihnen, lieber Selitmann. Sie haben mir und meinem Haufe einen großen Beweis Ihrer Anhänglichkeit gegeben und mir Ihre Treue bewiesen. Das weiß ich zu schätzen — und an meiner Dankbarkeit soll es seinerzeit nicht fehlen." Seltmann verneigte sich tief und verließ das Audienzzimmer in dem erhebenden Bewußtsein, sür einen Dienst die Anerkennung seines Lan desherrn gefunden zu haben. — Fürst Egon von Schwarzenfels blieb, als er allein war, mitten im Zimmer stehen und sah nachdenklich auf das etwas verblichene Tep pichmuster zu seinen Füßen herab. Dann machte er eine kleine Promenade durch das Zimmer. Endlich blieb er an, Fenster ste hen. Genau so sinnend wie vorhin auf das Teppichmuster, blickte er jetzt auf den Schwar- zenfelser Marktplatz hinab. Da wurde gerade Wochenmarkt abgehalten, denn es war Sonnabend. Unter den Augen ih res Landesherrn kauften hier die Schwarzenfel- ser Hausfrauen und Köchinnen ihren Wochen bedarf ein. Fürst Egon schaute gewöhnlich sehr ernst drein. Aber heute lag ein froher Glanz auf feinen hageren, aristokratischen Zügen, und um seinen Mund, dessen charakteristische Linien durch keinen Bart verdeckt wurden, spielte sogar zuwei len ein Lächeln. Nachdem er eine Weile auf das Leben und Treiben da unten geschaut, schritt Serenissimus, sorgsam über sein spärliches graues Haar strei. chend, nach dem Schreibtisch hinüber und setzte die Zimmerglocke in Bewegung. Wittmann, der Kammerdiener des Fürsten, trat geräuschlos ein und blieb neben der Tür straft und aufrecht stehen, das unbewegliche glatt rasierte Gesicht seinem Herrn zugewandt. Fast sah Wittmann würdevoller und erha bener über den Nasenrücken herab, als Serenis simus. Lakaien pflegen meist sehr viel Wert auf eine vornehme Miene und Haltung zu legen. „Wittmann!" „Eure Hopeit?" „Seine Durchlaucht, Prinz Joachim im Vorzimmer?" „Zu Befehl, Eure Hoheit!" „Vorlafsen!" Wittmann verschwand mit einer tadellosen Rechtsschwenkung und ließ Prinz Joachim, den zweiten und jüngsten Sohn des Fürsten, ein treten Da war es, a^s ob es plötzlich Heller wurde in dem düsteren Gemach, als ob ein Sonnen strahl verklärend über die etwas verblichene Pracht der Barockmödel glitt. Und auch das Gesicht des Fürsten klärte sich noch mehr. Lächelnd und wohlgefällig betrachtete er die schlanke, kräftige Gestalt des Prinzen, der die Uniform des Leib regimentes seines Vaters trug, dem er als Leut nant angehörte. Vater und Sohn waren ein ander gar nicht ähnlich. Während der Erbprinz Alexander das verjüngte Ebenbild des Vaters war, glich Prinz Joachim seiner verstorbenen Mutter, einer lebenslustigen Frau, die sich durch eine Erkältung auf den, Balle einen frühen Tod geholt hatte. Das Gesicht Prinz Joachims zeigte nicht die etwas dekadenten und dvch dabei aristokratisch feinen Züge des Fürsten. Er hatte ein gutge schnittenes, gebräuntes Soldatengesicht, mit klu gen, guten Augen, die lebensfroh strahlten und oft genug übermütig aufblitzten. Nur der von einem flotten, braunen Lippenbärtchen beschattete Mund verriet im Schnitt einige Ähnlichkeit mit dem des Fürsten. Dieser Mund gab Vater und Sohn ein charakteristisches Gepräge. „Tu hast warten müssen, Joachim", sagte der Fürst, seinem Sohne lächelnd einen Platz anwei send und sich ihm gegenübersetzend. Seine Au gen bekamen dabei einen fast zärtlichen Ausdruck. Joachim/war sein Lieblingssohn, vielleicht, weil er seiner Mutter glich, die der Fürst sehr ge liebt hatte. Prinz Joachim lachte und in seinen grauen Augen blitzte der Sck)alk. „Die Zeit ist mir nicht lang geworden, Pa pa. Ich habe am Fenster gestanden und zuge sehen, wie die mehr oder> minder hübschen Schwar- zenfelserinnen ihre Einkäuse auf den, Markte be sorgten. Das ist garnicht uninteressant." Serenissimus strich sich über das Kinn. „Du bist ein Lebenskünstler und weißt al lem die beste Seite abzugewinnen. Doch — wir haben jetzt Ernsteres zu besprechen." Prinz Joachim machte ein komisch betrete nes Gesicht. „O weh! Wird's schlimm, Papa?" Wieder lächelte der Vater. „Diesmal gibt es keine Strafpredigt." „Gott sei Dank", seufzte der Prinz erleich tert. „Nun — ein besonders reines Gewissen scheinst Du wieder einmal nicht zu haben." „Lieber Himmel, Papa — mein Gewissen ist meist nach meiner Ansicht so rein wie das eines neugeborenen Kinhes. Aber es gibt so wenig Menschen, die meiner Ansicht sind. In der Hofluft gibt es einen Bazillus, der jede Harmlosigkeit vergiftet und zu einem Verbrechen aufbauscht." - Eürft -Egon hob warnend die Hand. „Du bist entschieden Demokrat, Joachim — das weiß ich längst. Und mit Vorliebe übst Du Deinen Witz an unseren Hosbeamten." „Ich ein Demokrat, Papa? Das weiß ich nicht. Ich bin überzeugt, daß ich hier eftticken würde, wenn ich nicht ab und zu mal sür einen frischen Luftzug sorgte. Sei nicht böse, Papa, es ist niemals schlimm gemeint. Weißt Du, hier stagniert nur das Leben zu sehr. Draußen u, der Welt weht eine frischere, reinere Luft, die einem das Blut kräftiger durch die Adern treibt. Da ist es köstlich, zu leben, wenn man nichts ist als ein lebensfroher, junger Mensch. Wie danke ich's Dir, daß Du mir, trotz peku niärer Nöte, diese Reise ermöglicht bast. Das war ein Jahr, wert, gelebt zu werden. Und wenn ich noch ein wenig übermütiger und le bensfroher heimgekehrt bin, was schadet es? Gott sei Dank bin ich nicht Erbprinz! Alexander erfüllt in dieser Hinsicht die höchsten Ansprüche. Also schilt mich nicht und sei auch in Zukunft mein gütiger, verständnisvoller und nachsichtiger Vater — auch wenn ich einmal etwas über die Stränge schlage." Ein weicher Ausdruck lag in des Fürsten Augen. „Du bist Deiner Mutter Sohn, Joachim. Ihre Lebensfrische gab meinem Leben leider nur kurze Jahre Sonnenschein und Wärme. Du gleichst ihr so sehr, daß ich in der Erinnerung an sie zuweilen schwach gegen Dich bin. Ihre Art hat mich gelehrt, die Deine zu verstehen, obwohl sie der meinen fremd ist." Prinz Joachitn faßte impulsiv des Vaters Hand mit einem Druck. „Und ich danke es Dir vom Herzensgründe, daß Du mich Mensch sein läßt — allem Hof brauch zum Trotz." Fürst Egon strich seufzend mit der Hand über seine Stirn. „Mensch sein! Das ist etwas, was ich mir nicht oft gestatten kann. Aber Dir will ich Dein Menschenrecht so wenig als möglich verkümmern, und ich wünsche nur, daß ich es nie zu tun brauchte. Und doch habe ich gerade heute e^- was mit Dir zu besprechen, eine Angelegenheit, die vielleicht einen Zwang für Dich im Gefolge haben könnte." „Einen Zwang?" fragte der Prinz unbe haglich. Fürst Egon legte seine Hand auf die des Sohnes. „Es ist nichts Unangenehmes, Joachim, vielmehr' das Gegenteil. Aber laß uns zur Sache kommen. Du sahst wohl eben den Admi nistrator von Falkenhausen, Seltmann, aus mei nem Zimmer treten?" „Allerdings, Papa. Er erinnerte mich an schöne Zeiten — an meinen besten, treuesten Freund, Georg Falkenhausen. Nun sind schon drei Jahre vergangen, seit er beini Jagdrennen verunglückte. Ich hätte Seltmann so gerne auf gehalten und mich nach Georgs unglücklichem Vater erkundigt, wenn ich nicht gewußt hätte, daß ich jeden Augenblick zu Dir gerufen wer den konnte. Hat er Dir über Gras Falkenhau sens Befinden Nachricht gebracht?" „Ja. Der Aermste geht seiner Auslösung mit immer schnelleren Schritten entgegen. Seit man ihm seinen einzigen Sohn und Erben tot nach Hause brachte, ist er ja nur noch ein Schatten seines einstigen Jchs gewesen. Aber jetzt müssen die Aerzte die schlimmsten Befürch tungen hegen. Und mit dem Acrmsten stirbt ein altes, herrliches Geschlecht aus. Er ist der letzte Falkenhaufen " Prinz Joachims Gesicht hatte sich ver düstert. „So ist es, Papa. Und man kann es ihm nicht verdenken, wenn er nach dem Schicksals- schlpge, der ihn getroffen hat, zum Einsiedler wurde. Wie gern hätte ich ihn oft besucht — aber niemand durfte zu ihm." „Du am wenigsten, Joachim. Seltmann hat mir gesagt, daß schon Dein Name genügte, einen neuen Verzweiflungsausbruch Hervorzu rusen, wenn er vor seinen Ohren genannt wurde. Du warst in seiner Erinnerung zu innig mit Georg verknüpft, ich kann ihm das nachsühlen." „Gewiß — es hat ihm immer so viel Freude gemacht, daß wir uns so viel waren, Georg und ich — ich kann es verstechen. Das Schlimmste für Graf Falken Hausen ist, daß mit seinem Sohne der letzte Erbe seines Namens und sei ner Güter ihm vorausgegangen ist." „Es eristieren auch keinerlei Verwandten mehr?" „Nein. Auch von der verstorbenen Gräfin Falkenhausen nicht. Sie war eine geborene Grä fin Oechtersloh und eine Waise, als sie Georgs Vater heiratete. Georg hat mir oft im Scherz versichert, daß er völlig onkel-, tauten- und vet terlos sei. Nur eine sogenannte „Nennrante" hatte er, eine Jugendfreundin seines Vaters, die an einen Fürsten Wengerstein verheiratet war. Fürst Wengerstein war General, jedoch ohne je des Vermögen. Ich glaube, Graf Falkenhausen hat diese Jugendfreundin geliebt, aber sie war ihm nur freundschaftlich zugetan. Sie wurde Fiirst Wengersteins zweite Frau. Und Gras Fal- kenshausen hat seiner Gattin keine allzu große Liebe entgegengebracht. Um so zärtlicher hing er an seinem Sohn und Erben. Mit ihm war sein ganzes Dasein vernichtet." „Und nun ist dieses Dasein im Begriffe, ganz auszulöschen. Mein Gott — ein fürstlicher Besitz und ein enortmes Vermögen wird her renlos." (Fortsetzung folgt.)