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Wßck-Wlhckk UM Amtsblatt für W Achl. Amtsgericht mü i>e» Stiitnt zu Hohenstein-Krustthul. Organ aller Gemeindeverwaltungen der umliegenden Ortschaften. Anzeiger für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf Meinsdsrf, Langenberg, Falken, Reichenbach, Callenberg, Langenchursdorf, Grumbach, Tirsch. heim, Kuhschnappel, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Lngau, Erlbach, Pleißa, Nußdorf, St. Egidien, Hiittengrund u. s. w. Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und tostet durch die Austräger das Vierteljahr Mk. 1.55, durch die Post bezogen Mk. 1.92 frei ins Haus. Fernsprecher Nr. 11. Inserate nehmen außer der Geschäftsstelle auch die Austräger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen-Expeditionen solche zu Originalpreisen. Nr. 255.Sonntag, 2 November 1913. 63. Jahrg Montag, den 3. November 1913, nachm ff,4 Uhr sollen im Versteigerungsraume des Kgl. Amtsgerichts hier 1 Diplomatenschreibtisch, 1 Sofatisch, 1 Nähtisch und 3 Rohrstühle versteigert werden. Der Gerichtsvollzieher des Kgl. Amtsgerichts Hohenstein Ernstthal, am 1. November 1913. Wmckit in MlWn Mckil. Mit Rücksicht auf die in letzter Zeit vorgekommenen häufigen Uebertretungen werden hier» mit die hauptsächlichsten Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 30. März 1903 über die Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben zur öffentlichen Kenntnis gebracht: 1: Die Beschäftigung fremder und eigener Kinder ist nur unter bestimmten Beschränkungen zulässig. 2. Als Kinder im Sinne des Gesetzes gelten Knaben und Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche Knaben und Mädchen Uber 13 Jahre, welche noch zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind. 3. Als eigene Kinder gelten: » Kinder, die mit demjenigen, welcher sie beschäftigt, oder mfl dessen Ehegatten bis zum drit ten Grade verwandt sind, b. Kinder, die von demjenigen, welcher sie beschäftigt oder dessen Ehegatten an Kind sstatt angenommen oder bevormundet sind, a Kinder, die demjenigen, welcher sie zugleich mit Kindern der unter a oder b bezeichneten Art beschäftigt, zur gesetzlichen Zwangserziehung (Fürsorgeerziehung) überwiesen sind, sofern die Kinder zu dem Hausstaude desjenigen gehören, welcher sie beschäftigt. Kinder, welche hiernach nicht als eigene Kinder anzusehen sind, gelten als fremde Kinder. 4. Die Beschäftigung von Kindern über 12 bez. 10 Jahren darf nicht stattfinden in de Zeit zwischen 8 Uhr abends und 8 Uhr morgens und nicht vor dem Vormittagsunterrichte. Am Mittag ist den Kindern eine mindestens zweistündige Pause zu gewähren. Am Nachmittag darf die Beschäf tigung erst eine Slunde nach beendetem Unterrichte beginnen. Fremde Kinder dürfen nicht länger als 3 Stunden und während der Schulferien nicht länger als 4 Stunden beschäftigt werden. 5. Bei öffentlichen theatralischen Vorstellungen und anderen öffentlichen Schaustellungen dür fen weder fremde noch eigene Kinder beschäftigt werden. 6. Im Betriebe von Gast- und Schankwirtschaften dürfen Kinder unter 12 Jahren überhaupt nicht und schulpflichtige Mädchen nicht bei Bedienung der Gäste beschäftigt werden. 7. Die Beschäftigung fremder Kinder über 12 Jahre beim Austragen von Waren und bei sonstigen Botengängen in gewerblichen Betrieben ist zugelassen, jedoch gelten für diese Kinder die Be stimmungen über die Tageszeit, Dauer, Beschäftigung und Ruhepausen unter Punkt 4. An Sonn-und Festtagen darf die Beschäftigung die Dauer von zwei Stunden nicht überschreiten und sich nicht über 1 Uhr nachmittags erstrecken, auch darf sie nicht in der letzten halben Slunde vor Beginn des Haupt- gottesdiensteS und richt während desselben stattfinden. 8. Sollen Kinder beschäftigt werden, so hat der Arbeitgeber vor dem Beginn der Beschäftigung den: Stadtrate schriftliche Anzeige zu erstatten. In der Anzeige sind die Betriebsstätte des Arbeit gebers, sowie die Art des Betriebes anzugeben. Auf eine bloß gelegentliche Beschäftigung mit einzel nen Dienstleistungen findet diese Bestimmung keine Anwendung. 9. Die Beschäftigung eines Kindes ist nicht gestattet, wenn dem Arbeitgeber nicht zuvor für dasselbe eine Arbeitskarte eingehändigt ist. Auf eine bloß gelegentliche Beschäftigung mit einzelnen Dienstleistungen findet diese Bestimmung keine Anwendung Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters kosten frei vom Stadtrate ausgestellt. Der Arbeitgeber hat die Karte zu verwahren, auf amtliches Verlangen voczulegen und nach rechtsmäßiger Lösung des Arbeitsverhältnisses dem gesetzlichen Vertreter wieder auszuhändigen. Zur Beschäftigung eigener Kinder bedarfes einer Anzeige und Arbeitskarte nicht. 10. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen werden nach 88 23 bis 29 de« Kinderschutzgesetzes bestraft. Hohenstein Ernstthal, am 30. Oktober 1913. Der Stadtrat. 16. öffentliche Stadtverordnete«fttznng Dienstag, den 4. November 1913, abends '^9 Uhr im Sitzungssaale des Rathauses. Hohenstein-Ernstthal, am 1 November 1913. E. Lohse, Stadtverordneten-Vorsteher Tagesordnung: 1 Wahl von drei Ratsmitgliedern. 2. Festsetzung der Ortspreise für die Berechnung deS Wertes von Sachbezügen (8 2 des Versicherungsgesetzes für Angestellte). 3. 7. Nachtrag zur Spar- kafsenordnung. 4. Auderweile Mittelverwendung bei der Stadlkaffe (Ausg.-Ans. 5a) 5. Bauhofschuppen. 6. Abbruch des Pulverhäuschens auf Parzelle 704. Hierauf geheime Sitzung. Sss Wichtigste vom Lage. Der Gesetzentwurf betreffend Ermächtigung des Prinzregenteu zur Aushebung der R e g e n t s ch a f t in Bayern wurde in der Kammer der Abgeordneten mit 122 gegen 27 Stimmen angenommen Nach herzlicher Verabschiedung von den Braunschweigern verließ gestern das Her - zogregentenpaar Johann Albrecht zu Mecklenburg die Residenz Braunschweig. Pegoud führte auf dem neuen Flugplatz in Dresden gestern vor etwa 200 000 Men schen seine „Looping the Loop"-FIüge aus. Ernst Stöffler ist in der Nähe von Versailles a b g e st ii r z t. Das Flugzeug wurde zertrümmert, der Flieger erlitt nur belanglose Verletzungen. In Leipzig sand gestern die offizielle Schlußfeier der „Iba" statt. Staatssekretär Dr. Svlf ist in Lon don angekommen. Oe st erreich und Italien sollen sich un Hinblick auf die Schwierigkeiten, die von den Griechen der albanischen Abgrenzungskommission in den Weg gelegt werden, dazu entschlossen ha ben, eine energische Demarche in Athen ins Werk zu setzen. KW MW »l Die bayrische Abgeordneten kammer hat am Donnerstag eine geschicht lich denkwürdige Sitzung abgchchten, indem sie den V e r f a s s u n g s z u s a tz der Regierung . annahm, der die Beendigung einer Regentschaft nach zehnjähriger Dauer vorsieht. Von 163 Abgeordneten waren 152 anwesend. Die drei Demokraten, darunter Pro fessor Quidde, entfernten sich vor der Abstim mung. Sämtliche Minister waren zugegen, die Tribünen überfüllt, das Haus trug die Phy siognomie eines großen Tages. Nach Ausruf der Vorlage ergriff sofort Ministerpräsident Frei herr v. Hertling das Wort. Er erklärte, daß die Regentschaft in einen, monarchi- jähen Staate, wenn sie zur dauernden Einrich tung zu werden drohe, ein U n g l ü ck für das Land bedeute. Nach allgemeiner wissen schaftlicher Ueberzeugung könne auch unter einer Regentschaft die Verfassung geändert werden. Das monarchische Prinzip sei mit der Vorlage nicht verletzt; denn der Regent könne, er müsse aber nicht die Regentschaft beendi gen nach dem neuen Verfassungszusatz. Es fft seinem Ermessen anheimgestellt, ob er den Zeit- Momentes und sprach die Hoffnung aus, daß dieser Beschluss dem bayrischen Königshause dauernd zum Segen gereichen möge. Darauf wurde die Sitzung geschlossen. — Nicht allein in Bayern, sondern im ganzen Deutschen Reich hat die Meldung, daß die Re- gentsck-aft im Königreich der weißblauen Far ben nunmehr ihr Ende gefunden, lebhafte Ge nugtuung hervorgerufen. Der Regent Prinz Ludwig, der nunmehrige König Ludwig der Dritte, der vor einem Jahre seinem hochbetagten Vater Luitpold folgte, ist seit Jahren einer der populärsten Männer in seiner engeren Heimat wie im Reiche überhaupt; er verbindet ein hohes Wissen mit ebensolcher Of fenheit und Wahrheitsliebe, und sein volkstüm- liches Wesen hat ihm viele Herzen gewonnen. Die Regentschaft in Bayern begann am 10. Juni 1886; sie ist um zwei Jahre jünger gewe sen wie die jetzt ebenfalls beendete Braunschwei ger Staatsverwaltung, hat indessen weit mehr Erfahrungen gefammelt. Der hochgesinnte Kö nig Ludwig der Zweite war derartig seinen, Hang nach Einsamkeit verfallen, daß daraus Menschenscheu wurde. Die Zustände gestalteten sich unhaltbar, und am 7. Juni des genannten Jahres ward in München der Beschluß auf Ev- Achtung einer Staatsiverweserschaft gefaßt. Der König befand sich damals in dem romantischen Schlosse Neuschwanstein; als die Staatskommis sion bei ihm eintras, die ihn ersuchen sollte, sich nach Schloß Berg am Starnberger See zu be geben, ließ der König sie gefangen setzen. Es machten sich auch Zeichen einer starken Erregung unter der Gebirgsbevölkerung, unter der der Kö nig seit Jahren fast ausschließlich lebte, bemerk bar, wenngleich es wohl zweifellos ist, daß eine damals veröffentlichte Proklamation des Königs eine Fälschung bedeutete. Der beste Beweis für die Krankheit des Kö- nigs war, daß er sich zu keinem Entschluß aus- raffen konnte und nunmehr der Kommission, die er in seinem ersten Zorn zum Tode verdammt hatte, willig nach dem einfachen Schloß Berg folgte, von den, die Aerzte einen heilsamen Ein fluß auf sein Gemüt erwarteten. Da sich der Professor v. Gudden, dem die Leitung der Be- Handlung des Königs anvertraut war, auf das günstigste äußerte, so nahm man an, daß keine Zwischenfälle in diesem Königsdrama mehr zu erwarten wären. Aber gerade in den Psingst- seiertagen 1886 ging die erschütternde Kunde durch die Welt, daß König Ludwig der Zweite und Professor v. Gudden tot in den Wellen des Starnberger Sees gefunden worden seien. Da keine Augenzeugen anwesend waren, so konnte nie festgestellt werden, wie sich der traurige Ab- w/? F-A/nv/'ev/' tE //ev^/z-N Zur Annahme der bayerischen Cassetmann erklärte, daß die Zustimmung der Liberalen zu der Vorlage kein Vertrauens- vvium für das Ministerium Hertling zu bedeu ten habe, daß man über der hohen Bedeu tung dieser Angelegenheit den Kampf gegen die Mehrheitspartei und ihr Ministerium in dieser Frage ^rückstellen wolle. Auch die kommenden finanziellen Mehrforderungen können die Libe ralen von der Zustimmung nicht abhallten. Er verlange aber von der Negierung eine Erklärung darüber, ob nun der Landtag bei Beendigung der Regentschaft dem Wortlaute des Verfassungs zusatzes lediglich zuzuftimmen habe, und was geschehe, wenn der Landtag verneine. Der Hin weis auf das Gattesgnadentum in der Begrün dung stehe im Widerspruch zum wahren mon archistischen Gedanken und sei eine überflüssige Konzession an lcgitimistische Kreise. Der Konservative Beckh und der altbay- rPche Bauernbündler Lutz erklärten ihre Zu stimmung ohne Vorbehalt. Königsvorlage. fassungsänderung. Unerhört sei der Umfall des Zentrums, nach dessen ursprünglicher Haltung in dieser Frage eine Aenderung in dieser Staats- orm das Richtige gewesen sei. Ministerpräsident Freiherr o. Hertling protestierte dagegen, daß eine kapital-feudalistische Vormacht in Bayern bestehe, oder sich in der vom Vorredner erwähnten Richtung bemerkbar gemacht habe. Abg. Süßheim (Soz.) erhob noch juri stische und verfassungslrechtliche Bedenken gegen die Regierungsvorlage, worauf Ministerpräsident Freiherr v. Hertling nochmals erwiderte. Dann wunde zur A b st i m in u n g ge schritten und das Ergebnis der namentlichen Aststimmung, das 12 2 Stimmen für und 27 Stimmen gegen die Vorlage ergab, im Hause mit Bravo ausgenommen. Präsident Dr. v. Orterer gedachte in einem patriotischen Hinweise des bistoEchen punkt für geeignet hält, und wenn ev ihn siir- geeignet hält, die Regentschaft für beendet zu er klären, so ist der Landtag unverzüglich einbe- rüfen. „Nun liegt es an Ihrem wohlbekann ten, ernsten Pflichtempfinden und Ihrer prakti schen Hingabe, den schweren, verantwortungs vollen Schritt, den die Regierung unternommen hat, zu einem guten Ende zu führen." (Bravo im Ztr.) Hierauf gaben die Führer aller bürgerlichen Parteien z u st i m m e n d e Erklärungen zu der Vorlage ab. Für das Zentrum sprach Abgeordneter v. L e r n o, der mitteilte, daß seine Partei erst nach reiflicher Ueberlegung ihren Standpunkt geändert habe. Der Liberale Dr. Der M i n i st e r p r ä s i d e n 1 gab hier-! auf sofort die von Dr. Casselmann gewünschte ! Interpretation, daß die Zustimmung des Land-! lages selbstverständlich ebenso wie beim Beginn s der Regentschaft, so auch bei ihrer Beendigung verweigert oder gegeben werden könne. Das Mitbestimmungsrecht des Landtages darin fei über allem Zjveifel erhaben. In langen Ausführungen wandte sich der Sozial.wmolrat Müller gegen die Vorlage. Er sprach von einer feudalen kapitalistischen Clique in Bayenr, die die Monarchie für ihre Zwecke W benutzen bemüht sei. Von dieser Seite sei jedenfalls auch die eilige Vorlage gekommen. Das Volk wolle nichts wissen von dieser Ver-