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* Ein rumänisches Petro leum- feId in Flamme n. Man schreibt aus Bu karest, 3. November: Gestern brach ein Brand in dem Petroleumbezirk von Moreni aus der Grube der Gesellschaft Romano-Amerikana aus. Das Feuer griff reißend schnell um sich und entzündete rasch nacheinander 16 Petroleum- Bohrlöcher, darunter die große Colombia-Quelle, die eine durchschnittliche Produktion von fünfzig Waggons täglich Hat. Das ganze Tal, wo die Quellen liegen, bildet ein einziges Flammenmeer. Die Löscharbeiten gestalteten sich überaus schwie rig. Die Ursache des Brandes ist unbekai.nr, der Schaden schon jetzt sehr groß. * Ein Mord ist in Dortmund verübt worden In einem übel beleumdeten Absteige quartier kam es zwischen einem Fremden aus Gelsenkirchen, dessen Personalien noch nicht er mittelt sind, und einem Mädchen zu Zwistigkei ten, in die sich der Gelegenheitsarbeiter Wendel einmischte. Dieser nahm dem Fremden das Portemonnaie ab und versetzte ihm einen Mes serstich in den Kopf. Dann packte er ihn und warf ihn aus der dritten Etage in den asphal tierten Hof hinab. Der Unglückliche brach beide Beine und Arme und zog sich so schwere innere Verletzungen zu, daß er starb. Wendel wurde wurde verhaftet. * Brand einer Saline. Die „Braunschw. Landesztg." meldet aus Salzgitter im Kreise Goslar: Die herzoglich Cumberland- sche Saline Salzgitter ist nachts durch Großseuer zerstört worden. Mit Ausnahme des Verwal tungsgebäudes und des neuerbauten Kurhauses sind sämtliche Gebäude niedergebrannt. Viele raufend Zentner Salz und die ganzen Maschi- ueneiurichtungen sind dem Feuer zum Qpfer ge fallen, das einen Schaden von mehreren hun derttausend Mark anrichtete. Der Brand des 40 bis 50 Meter hohen Salinenturmes war meh rere Kilometer weit zu sehen. Das Feuer soll durch Explosion einer Lampe entstanden sein. * F a! l s ch i r m v e r s u ch e m i t T i e- r e n. Auf dem Manöverseloe von Jssy les Mou- liucaux wurde wieder einmal ein Fallschirm system erprobt. Der Erfinder bestieg die Gon del eines Fesselballons, die ein Schwein, ein Hammel, einige Hasen und mehrere Hühner mit ihm teilen mußten. Nachdem der Ballon die Höhe von 200 Meter erreicht hatte, flogen nach einander das Schwein und der Hammel über Bord. Leider „vergaß" der Fallschirm, sich zu öffnen, und die armen Tiere langten in kläg lichem Zustande auf dem Boden an. Den Hasen erging cs übrigens nicht besser. Nur^ die Hüh ner blieben unversehrt, well sie ihre Flügel ent falteten. (Man sieht den Grund dieser abscheu lichen Tierquälerei um so weniger ein, als sich diese Experimente ebenso deutlich mit Puppen bisher vorführen ließen.) * Eine ganze Familie v e r g i s- t e t. Der Kaufmann Leifel, Inhaber der Firma Rud. Leisel u. Co. in Elberfeld, hat nachts seine Frau, zwei Kinder von zwölf und zehn Jahren und schließlich sich selbst mir Strychnin ums Leben gebracht. Aus zurückgela,'jenen Briefen geht hervor, daß die Familienmitglieder frei willig aus dem Leben geschieden sind, da der geschäftliche Ruin des Hauses vor der Tür stand. Schon heute waren größere Zahlungen fällig, die nicht geleistet werden konnten. Der neue Roman mit dessen Abdruck wir in der nächsten Nummer de« „Hcbenstein-Ernsttbaler Tageblattes" beginnen, zeichnet sich, wie bisher selten einer, durch fesselnde Darstellung u> d gewandte ErzLhlungstunst aus- „MM Ms MMl" ist sein Titel, er führt uns in das Hofleben eines Kleinstaates ein und entrollt außer- ordentlich anmutige Bilder Das Werk stammt aus der Feder einer lieben Freundin der „Tageblatt"-Leser, der erfolgreichen Schriftstellerin Helene Courths-Mahler Im VeisterLal. Ein Roman von der Insel Mallorka von Anny Wothe. (Schluß.) Machdruck verboten.) Lnpxnxkt 1911 ky ^Votks, l-vlprix, Antionio fuhr sich mit der braunen Hand über die feuchten Augen. „Das habe ich nicht gewollt", murmelte er, „bei Gott, das habe ich nicht gewollt." Frater Tamadeus aber hob das Kreuz und berührte zum Segen damit die bleiche Stirn der Toten. „Die mit Tränen säen, werden mit Freu den ernten", sprach er feierlich, „gönnt ihr den Frieden, die eine Rose war im Tal des Le bens." Manuel Roca neigte sich tief über fein stil les Kind. Seine Nutzen wurden groß und weit. Starr blickten sie aus ein feingemaltes Muttergottes bild, das auf Simonetas Brust ruhte. Mit wirrem Blick streckte er die Hand da- nach aus. „Wie kommt sie", stöhnte er aus, „wie kommt sie zu deni Bilde?" „Ich gab es ihr einst", entgegnete Jamos leise, „meine Mutter trug es als Braut, es sollte ein Andenken für Simoneta sein." Der Alte erhob sich hastig. Mit zitternder Hand griff er in die Brusttasche seiner Jacke. „Hier, hier", keuchte er, „hier ist das gleiche Bild. Ich wollte es ihr heute an ihrem Hoch zeitstage geben, wie ich es ihrer Mutter ge lobt, als diese für immer schlafen ging, und ihr sagen, daß sie dem nicht fluchen sollte, der ihr das Leben gab, und der ihre Mutter verlassen. Und nun sehe ich das gleiche Bild an ihrem Halse. Er hieß Baron Randau, der Simonetas Vater war. Simoneta rede doch, hilf mir dock)." Mit einem Wehlaut war Jamos an dem armseligen letzten Lager des braunen Kindes in die Knie gesunken. Mit zuckenden Händen bet rete er das dunkle Haupt der toten Schwester an seine Brust. „Nun weiß ich, warum wir uns immer so lieb gehabt, mein armes, kleines, süßes Schwe sterlein", flüsterte er, während ihm brennende Tränen über das braune Gesicht flossen. „Nun kann ich Dich küssen, meine arme Blume, nun bist Du doch noch im Tode mein." Ein Schluchzen erstickte seine Stimme. Mare war an seiner Seite auf die Knie gesunken. Auch ihre Tränen tauten über das stille, ver klärt lächelnde Gesicht der Toten. Da legte er still und ergrifsen fest seinen Arm um Mare und sagte leise: „Laß uns für sie beten." Frater Tamadeus aber stand, vom Feuer der zuckenden Blitze umloht, hoch aufgerichtet zu Häupten der stillen Schläferin und sagte feier lich: „Ich ivußte lauge, daß Simoneta Deine Schwester war, Ralph Randau, aber ich hatte kein Recht, das, Ivas mir unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses anvertraut wurde, zu verraten. Ich wachte über sie, weil mich ein stiller Mann, der tief seines Lebens Sünden bereute, darum gebeten." „Ihr sprecht von meinem Vater, hochehr würdiger Herr? Lebt er noch? Wo ist er? Kann ich ihn sehen, nur einmal ihn sprechen?" „Er ist tot für die Welt", sprach der Fran ziskaner mit tiefer Stimme. „Fern von hier, weit ab im fremden Lande, das ich einst durch zog, steht ein altes Kloster. Dort lebt Dein Vater, mein Sohn, voll Neue und Butze und be reitet sich vor zum seligen Sterben. Dir aber und dem Mägdlein dort, das der Heiland in milder, verzeihender Liebe aufnehmen wird in sein himmlisches Reich, soll ich seine letzten Se- gensworte bringen. Er gedenkt Euer in Liebe. Nicht rechten »vollen wir mit dem Kinde, dessen Mutter, wie Simoneta selbst so oft sang, Rose war, nichts als Rose, und das selbst nichts weiter sein sollte, um eine kurze Zeit zu blühen und andere zu entzücken. Nicht rechten wollen wir, datz diese arme, kleine Blume in ihres Herzens Not und Ver wirrung den rechten Weg verfehlte, datz sie in einer gewissen geistigen Umnachtung keinen an deren Ausweg sah als das weite, offene Meer, das schon so viele müde Seelen ausgenommen hat in seinem weiten Schoß. Die heilige Mut ter Gottes blicke voll Gnade herab auf dieses arme, verirrte, so geliebte .Kind und schenke ihm Frieden." „Amen!" klang es bewegt durch die Grotte, und während die flammenden Blitze da draußen verglühten, hoben die Männer die leichte Ge stalt Simonetas hoch empor und trugen sie still und behutsam durch den engen Felsengang, hin- aus ins Geislertal. Frater Tamadeus entzündete Fackeln. Zwei trug er selbst, zwei andere reichte er Mare und Jamos y Cole. So ordnete sich der seltsame Zug. Frater Tamadeus vorauf, die tote Braut von Manuel Roca und Antionio getragen, in der Mitte, und Jamos und Mare engumschlungen machten den Beschluß. Grell fiel das Licht der Fackeln auf Simo netas stilles Gesicht, als der kleine Zug im feierlichen Schweigen das Geistertal aufwärts schritt, deni Rosenschlosse zu. Das ganze Schloß strahlte in einem Meer von Licht, denn der Prinz wollte heute Freude im Schlosse sehen, an dem Tage, der ihm sein Glück gebracht. Aber jäh erloschen die Lichter, als Jamos y Cole sein totes Schwesterlein unter dem leise murrenden Donner in das „Schloß der Rosen" führte, wo sie ausruhen sollte, ehe man sie für immer der Erde übergab. Jamos Herz war voll Trailer und Heitzer Wehmut. Aber wenn sein Auge zu Mare her überstreifte, dann fühlte er, trotz Tod und Schmer zen, aus seiner Schwelle harrte das Glück, das ihm Mares unvergängliche, große, heilige Liebe gab. Von der kleinen Schlvßkapelle läuteten die Glocken weit über das Meer und durch das Gei stertal ging eiir Raunen und Flüstern. Und die Liebe ist die größte unter ihnen. In dieser Nacht starben die letzten Rosen auf Mallorka, und der Herbst zog mit goldenem Glanze über das Geistertal.