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Mittwoch, den 5 November 1913. Zweites Blatt. Nr. 257. Hohenstein-brnstthaler Tageblatt Amtsblatt Lächlilchts Hohenstein Ernstthal, 4 November 1913 —o. Die elektrische Energie wurde gestern erstmalig für den städtischen Be darf aus den neuen U m f o r m e r h ä u s- chen entnommen. Bis jetzt sind die Häuschen an der Ost-, Lungwitzer, Schul- und Bismarck- straße und am Kunzegäßchcn im Betrieb, in kur zer Zeit weiden auch die an Lotzens Fabrik, am Bahnhof und an der Schönburgstraße an geschlossen sein. Die bisherige 3090 Volt füh rende Starkstromleitung — auf den Masten mon tiert — ist damit außer Dienst gestellt und da für die 10 000 Volt haltende Kabelleitung in Benutzung genommen worden. Die alten blecher nen Häuschen sollen bald nach der Außerdienst stellung abgebrochen werden. In jedes der Häuschen wurden zwei Transformatoren ein montiert. Bei Tagesbedarf ist einer im Be trieb, während vor Eintritt der Dunkelheit der zweite eingeschaltet wird, um den vermehrten Bedarf der Abendstunden befriedigen zu können — Qclsnitz (Erzg.), 3. Nov. Im „Volks boten" lesen wir folgendes: „Gegen das Ber liner Tageblatt kämpft man auch in unserem Orte. Herr Schmerbach, „Hotel Braunes Roß", hat jetzt in seinem Restaurationslokal ün dem Zeitungshalter eine leere Zeitungsmappe mit aufhängen lassen, die die Worte trägt: „In die ser Mappe hing früher das „Berliner Tage blatt". Jeder Gast, der nach den Zeuungen greift, wird zuerst auf die graue leere Mappe aufmerksam gemacht. Dies kann den Herren Gastwirten zur Nachahmung nur empfohlen wer den." — Glauchau, 3. Nov. Viel besprochen wird hier die Verhaftung des 34 Iahte alten, verheirateten Betriebsleiters Ludwig der Hut fabrik Felix Weißbach hier, der das Vertrauen seines Chefs in gröblichster Weise mißbraucht hat. L. hat seine Laufbahn als Hutmacherlehr ling begonnen und es im Laufe der 20 Jahre zum Betriebsleiter bei der betreffenden Firma mit einem Gehalt von 7200 Mark gebracht. In den letzten 2 Jahren hat nun der ungetreues Beamte Diebstähle von Atlasstoffen, Seide»! Garn, Modellen usw. begangen. Auch eignete er sich durch Abzeichnen und photographische Aufnahmen von Maschinen alle Betriebsgeheim nisse an und verging sich so auch noch gegen das Gesetz über unlauteren Wettbewern Der Firmeninhaber ließ, nachdem er von diesen Diebstählen Kenntnis erlangt hatte, Ermittlun gen anstellen, wohin die gestohlenen Sachen ge bracht wurden, und es ergab sich, daß in Meerane 2 große Kisten lagerten, die Roh materialien im Werte von über 1000 Mk. ent hielten. Auf Grund dieses erdrückenden Beweis materials erfolgte die Verhaftung L.'s von der Arbeitsstelle weg. Eine Haussuchung förderte noch weiteres Belastungsmaterial zutage. — Glauchau, 3. Nov. Hier sand unter Vorsitz des Fach- und Fortbildungsschpl-Direk- tors Göpfert-Chemnitz die 12. Tagung des Sächsischen Fortbildungsschul-Vereins statt, an der u. a. Geheimer Schulrat Dr. Kühn als Regierungsvertreter teilnahm. Zunächst wurde über „Grundsätzliches zu den Forbildungsschul- Lehrplänen" verhandelt, worüber Direktor Bie brach-Dresden, Direktor Jochen-Werdau und Direktor Kälttr-Großröhrsdorf referierten. Da bei wurde als Grundsatz für alle Schulen festge stellt, daß die Fortbildungsschule Erziehungs- und Berufsschule ist, und daß der Beruf im Mittelpunkt des erziehenden Unterrichts steht. Sodann wurden noch vereinsorganisabarffche Fragen verhandelt. Gegen wenige Stimmen wurde schließlich folgender Anttag des Zweig vereins Leipzig angenommen: „Der Vorstand des Sächsischen Fortbildungsschul-Vereins wolle beim Königlichen Ministerium des Kulttis und öffentlichen Unterrichts unverzüglich Schritte tun, daß die Regierung dem Landtage bei fei nem Wiederzusammentritt die in dem abgelehn ten Volksschulgesetz eingeflochtenen Bestimmun gen über die Fortbildungsschule als ein selbst ständiges, von dem Vülksschulgesetz völlig abge sondertes Fortbildungsschulgesetz Mr Annahme vorlege." Bemerkt sei noch, daß aus Anlaß der Tagung die städtische Friedrich August-Gewerbe schule zu Glauchau eine interessante Ausstellung veranstaltet hatte, welche die Leistungen de«- Schüler in bestem Lichte zeigte. — Klingenthal, 3. Nov. In der Nacht zuni Montag brannte das den Dr. Schönman schen Erben gehörige Haus am Rösselberg, das schon über 150 Jahre steht, vollständig nieder Die Bewohner mußten zum Teil von der Feuer- !wehr auf Leitern durch die Fenster gerettet werden. Der Materialschaden ist bedeutend, da nichts gerettet werden konnte. Auch eine benach barte Vorratsscheune brannte mit ab. 3 Fami lien haben nicht versichert und sind obdachlos. Als Ursache des Brandes wird bestimmt Brand stiftung angenommen. — Auerswalde, 3. Nov. Als ein hiesi ger Fabrikant abends in seinem Auto von Leip zig nach Chemnitz fuhr, wären er und die übri gen Jnfassen des Kraftwagens beinahe Opfer eines schändlichen Bubenstückes geworden. In der Nähe von Göhren waren 22 große, schwer wiegende Steine von einem an der Straßen seite gelegenen Steinhaufen über die Straße ge legt. Das Hindernis konnte bei der herrschen den Dunkelheit und dem Nebel nicht sofort be merkt werden. Infolgedessen fuhr das Auto au' die Steine auf, wurde in die Höhe und bei seite geschleudert, überschlug sich aber glücklicher weise nicht. Die Insassen kamen mit dem Schrecken davon, jedoch ist das Auto stark be schädigt worden. Da aus dieser Strecke schon mehrmals solcher Unfug getrieben worden ist, wird diesmal die Untersuchung des Vorfalls mit allen Mitteln verfolgt. Es ist eine Belohnung von 50 Mark für die Ermittlung der Attentäter ausgesetzt worden. In Verdacht stehen drei Radfahrer, die den Automobilisten kurz vor dem Unfall begegnet waren. — Leipzig, 3. Nov. Wolffs Landesdienst meldet: Gegenüber den unzutreffenden Meldun gen verschiedener Tagesblötter sind wir zu der Mitteilung ermächtigt, daß die Verleihung preu ßischer Ordensauszeichnungen an die Herren Oberbürgermeister Dr. Dittrich und Geheimen Hofrat Clemens Thieme anläßlich der Ein weihung des Völkerschlachtdenkmals nach den Vorschlägen der Sächsischen Regierung erfolgt ist- — Dresden, 3. Nov. Wfie die „Dr. Nachr." hören, ist in dem Staatshaushaltsetat der nächsten Finanzperiode eine Summe von 500 000 Mark als erste Rate für den Nerchau .der Tierärztlichen Hochschule in Leipzig einge stellt. Damit hält die königliche Staatsregie rung trotz aller von Dresden angebotenen Opfer für Erhaltung dieser Hochschule an ihrem Plane der Vereinigung der Tierärztlichen Hoch schule mit der Universität Leipzig fest und gibt mittelbar erneut zu erkennen, daß sie auch die Errichtung einer zweiten Universittt in Dresden nach wie vor ablehnt. — Bodenbach, 3. Nov. Der wegen des Raubinordversuchs auf den Kassierer Wnrm in der Edmundsklamm oerhaftete Uhrmacheü Zvh. Sonntag aus Schkeibar bei Merseburg, der schon vüher in Ebersbach bei Wurzen einen Mordver such verübt hat, ist der böhmischen Landesirren anstalt übergeben worden. Aeukltes vom Lage- * Die fanatischen Wahlwer ber. Zu dem schon gemeldeten Ueberfall auf den Premierminister Asguith auf der Fahrt nach Birmingham wird bekannt, daß eine der angrei- senden Suffragetten sich direkt vor das Auto des Premierministers geworfen hatte, um es zum Halten zu bringen. Die Tochter des Ministers war die erste, die das Manöver bemerkte, und ihre lauten Schreie veranlaßten den Chauffeur, das Auto noch im letzten Moment hart vor dem Körper der liegenden Susfrqgette zum Halten zu bringen. * Ein Schulmädchen in Ham burg e r m o r d e t. In den Anlagen beim Stadtgraben in Hamburg wurde die Leiche des achtjährigen Schulmädchens Gertrud Siefert, Tochter eines Briefträgers aus der Peterstraße, als Leiche gefunden. Das Kind ist das-Opfer eines grauenhaften Lustmordes geworden. An zeichen lassen erkennen, daß der Mord an einer anderen Stelle geschehen ist und daß der Täter sein Opfer vergraben wollte, doch dabei gestört wurde. Die Staatsanwaltschaft hat auf die Er- mittlung des Täters eins Belohnung von 1000 Mark ausgesetzt. Anscheinend ist er ein etwa 30 Jaihre alter Mann, der das Kind, nach Aus sagen von Freundinnen der Ermordeten, vom Spiel fortlockte.