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Amtsblatt. Nr. 238. Sonntag, den 12 Oktober 1913. Zweites Blatt. Me m Sem WlMes iikl We. Von Robert Saude k. IV. „Tida Appa". Was der Berliner „auch noch so" nennt, was die Herren vom Hausvoigteiplatz als „a Wichtigkeit" bezeichnen, worüber der Russe mit einem „Nitschewo" quittiert, was der Chinese, der Freihäfen mit „meskee" bezeichnet, dafür hat der Malaye das Wort: „Tida appa". Tida ist die Verneinung, nein, kein nicht, appa heißt etwas; tida appa heißt also „nichts", wörtlich dasselbe wie das russische „Nitschewo". Aber es bezeichnet viel mehr als das. Es malt die ganze Seelenstimmung des Orientalen, den „Wurstigkeits-Standpunkt" gegenüber jeder Tü-. tigkeit, jeder Bewegung, jeder Reform, die Langeweile über die wechselnden Lebensformen, die uns andere in ewiger Spannung erhalten. Man wollte ausfahren, es ist kein Wagen da — tida appa — schön, man wird zu Hause bleiben. Man reiste 50 Meilen über Land, um einen Freund zu besuchen; er ist eine halbe Stunde vorher für einen Monat verreist. Tida appa, wer weiß, wozu es gut ist. Man hat monatelang unter schwersten Entbehrungen und täglicher Gefahr drinnen im Binnenlande seine Plantage besorgt, nun bringt man seine Ernte wie bei uns daheim der Kleinbauer zur Stadt, will das Erträgnis zur Bank tragen. Da be gegnet man Freunden aus den Klubs. „Hallo, wieder da! — Was, zur Bank, hat bis mor gen Zeit, heute wird gefeiert." Und am nächsten Morgen laden sie den Farmer schwer betrunken auf den Wagen, auf dem es in wilder Jagd über holprige Straßen hinaus zu den Plantagen geht, wo ein neues halbes Jahr schwerer Ar beit den Mann erwartet. Tida appa, was liegt daran. Zum Teufel ! soll man sich nicht einmal nach sechsmonatlicher schwerer Arbeit einen vergnügten Tag verschaffen? Man läßt hier vieles gehen, wie es will, man wehrt sich gegen nichts, die hemmenden Kräfte im Menschen schalten allmählich aus, die schwerste der Tropenkrankheiten, die mora lische Widerstandslosigkeit, nistet sich ein und wuchert fort. Tida appa ist eine Krankheit. Die Euro päer leiden schwerer unter ihr als unter Ma laria und gelbem Fieber. Tausend Weise le ben hier draußen, verdienen, so lange sie An gestellte sind, ein Vielfaches dessen, was ihre Mters- und Standesgenossen daheim erwerben, selbständige Unternehmer erarbeiten Reichtümer und doch find es nur Duyende unter den Tau senden, die als wohlhabende Leute in die Heimat zurückkehren. Wo blieb das unter Entsagungen erworbene Geld ? Hat die gleiche Münze hier weniger Kaufkraft als daheim? Nein, im Gegenteil. Nur wohnen bürgerliche Leute daheim in Etagenwohnungen, hier aber bezieht jeder selbständige Europäer sein eigenes luxuriöses Haus, hier muß er von einem eige nen Park umgeben sein, hier ist es ihm Be dürfnis, zehn Bediente zu kommandieren. Die Hausfrauen denken nicht daran, ihre Küche zu betreten odet die Abrechnungen des Koches zu prüfen. Tida appa, wozu auch ? Man ist zu müde und zu schlaff, um kleinlich sein zu kön nen. Man ist mit allem einverstanden, wenn man nur seine Ruhe hat. Wo immer man in Indien reist, verfolgt einen ein sonderbarer, würziger, dumpfer, schwü ler, brenzlicher Geruch. In den ersten Tagen verschlägt es einem den Atem. Allmählig ge wöhnt man sich an ihn. Wenn man von Em ropa kommt, atmet man ihn zuerst in den Zimmtgärlen Colombos, dann auf dem Wege nach Mount Lavinia, in Candy, auf dem in dischen Festland, in den Strait Settlements, wo er in der engen Wasserstraße von Malakka oft vom Festlande oder von einer nahen Insel bis zum Schiff herübergeweht wird. Und auch hier auf Java nehmen wir ihn überall wahr. In Städten und Dörfern, auf dem flachen Lande oder im Gebirge, auf.der Eisen bahnfahrt und während man durch die Urwäl der reitet. Uebemll derselbe Geruch und über all dieselben rußigen, blakenden Feuer, deren Rauch sich in der leichten heißen Luft nicht er heben kann und an der Erdscholle wetterkriecht. Jede Sondermühe scheuend, jeden nicht dringenden Transport vermeidend, schäften so die Malayen und Singhalesen und Javanen welke Blätter und Stroh und Wurzelwerk und Abfälle jeder Art aus der Welt. Man scharrt alles lose auf einen Haufen zusammen, zündet es an und läßt es blaken, qualmen und bren nen, bis es sich in ein Häufchen Asche ver wandelt hat und als natürlicher Dung bis zum nächsten Regen liegen bleibt. i Gemähte Reisfelder, beschnittene Zucker- vohrfelder, große Flächen voller Maisstauden werden so abgebrannt. Manches wertvolle Ma terial geht verloren. Hier und dort brennt auch etwas mit, was stehen bleiben sollte. Die Luft wird verpestet, aber — tida appa. Aber es kommt nicht darauf an, was im Wege stand, ist aus der Welt geschafft. Was liegt daran, daß dabei manches verloren geht. Uns Fremden, die wir zwar wiederholt nach Indien kommen und dennoch immer wie der über Indien staunen können, uns scheint es manchmal, als ob der ganze Sinn dieses öst lichen Lebens, die Hemmungslosigkeit, die Bequemlichkeit, die Sorglosigkeit, 'die Gleichgül tigkeit, das Sichgehenlassen, als ob dies ganze tida appa in diesem ewigen brenzlichen, rußigen Rauch Indiens versinnbildlicht wäre. Träge und müde wälzt er sich, dem langsamen und trägen Leben der Eingeborenen und der hier lebenden Europäer vergleichbar, dahin. Ein Feuer, das nichts neues schafft, einen Teil dessen, was die Natur so reichlich bietet, sinnlos verzehrt, dessen Oualm und Flammen sich nicht einnial als Wahrzeichen zum Himmel emporheben können. Wohl wechselt in Indien jeder Euro päer seine Weltanschauung allmählich, wohl bleibt von einer flammenden, tatkräftigen Ener gie bestenfalls ein Stück zäher Beharrlichkeit be stehen; dennoch aber wirkt die tida appa-Stim- mung auf die einzelnen europäischen Nationen grundverschieden. Der Engländer legt daheim auf die äußere Korrektheit seines Mitmenschen !mehr Wert als auf seine innere Bildung und kehrt sich nicht im Geringsten an das Glaubens bekenntnis eines Menschen mit Gentlemenallü- ren. Als Kolonisator hat er diese für den ge sellschaftlichen Verkehr glänzende Eigenschaft, die dem deutschen Gemüt so sehr widersteht, zur vollsten Entfaltung gebracht. Wenn je ein Volk auf der Erde jedes andere Volk nach sei ner Fasson selig werden ließ, so waren und sind es die Engländer. Bis aus Sklavenhaltung, Witwenverbrennung, etliche sanitären Verhält nisse haben die Engländer keine wesentlichen Veränderungen der Urbedingungen des Einge borenenlebens geschaffen. Sie fetzen den indi schen Kasten nicht die eigene Rangordnung gegen über, hemmen niemanden in seiner religiösen Betätigung und lassen die Inder, da sie nun mal aus diese Weise die Seligkeit zu erlangen überzeugt sind, unentwegt im Pestwasser des Ganges baden; tida appa, was liegt an ein paar Eingeborenen. Solange dieser treuer Unter tan bleibt, darf er tun, was er will. Der Eng länder läßt alles geschehen, denn auch fein Leben kennt keine Schranke bis auf eine: die Unan tastbarkeit seiner eigenen Rasse ist ihm oberstes Gesetz. Kein Maharadschah mit seinen mätchen- hasten Kronschätzen ist dem ärmsten Engländer ebenbürtig. Wer von den Eingeborenen sich Verdienste u!m die Kolonie erwarb, wird an einem Tage des Jahres zum Empfang des Gouverneurs geladen. Zwei Stunden lang ist er dem Engländer gesellschaftlich ebenbürtig, hat er die Tore des Gouverneurpalastes hinter sich gelassen, so versinkt seine Herrlichkeit und er ist wieder für 365 Tage Inbev. Der Engländer läßt sich in den Tropen viel Wetter gehen als irgend ein anderer Europäer. Solange er nicht gesehen wird, lebt er ganz so, als wäre tida appa sein Leitmotiv. Die Farmer draußen leben recht galant und bunt. Stammt doch auch aus diesem englischen Plantagenleben das kurze und deutliche Wort: „sleeping dictionary", die Bezeichnung für ein braunes, weibliches, leben des Wörterbuch der Eingeborenenspmche. Der Holländer läßt sich in seinem traum haft schönen Kolonialreich auf Java, Sumatra und Celebes lange nicht so gehen. Darin ist er, so sehr der gegenteilige Eindruck geweckt wivd/ lange nicht so schrankenlos, so tida appa-isch wie der Engländer. Aber ihm fehlt der Zwang des äußerlichen Lebens, und sonderbarerweise sind es gerade die Frauen, die die Form nicht zu wahren wußten und die Grenzen zwischen Europäerturn und Eingeborenen als erste zu verwischen begannen. In langgezogenen, nied- vigen Bambushäusern mit dünneu Strohwän den liegen draußen auf dem Lande die Hollän dischen Polizeikasernen; Eingeborenenmannschafk mit europäischen Unteroffizieren. Mann, Weib und Kind Haufen hier zusammen, und die weiße Frau des holländischen Feldwebels trägt die-, selbe Kleidung wie die Eingeborenen. Sie lust- wandelt barfuß und ist mit dem buntfarbigen Lendentuch, dem sogenannten Sarong um wickelt und einer dünnen weißen Nachtjacke be- kleidet. Die Vertreterinnen der Reformkleidung würden mit der Korsettlofigkeit, die Propaga- toren der Nacktkultur mit der Nacktfllßigkett der Soldatenfrauen und der vornehmen weißen Damen in den großstädtischen javanischen Hotels oder auf den Dampfern wohl zufrieden fein.. Wir andern aber sehen mit Bedauern, wie ver- schlatnpt das Wesen der weißen Frau auf Java wird und wie häßlich sie sich gehen lassen, treib bei der tropischen Hitze doch alles Ada appa ist.. Ja, ja, man hat sich hier im Osten die Gleichgültigkeit in allen Dingen angewöhnt und selbst der Posttag, der wichtigste der Woche, der Tag, an dem der geschäftliche und menschliche Zusammenhang mit der Heimat wieder aufge-, frischt wird, auch dieser Tag, nach dem sich der einzelne Europäer in seinem Privatleben, die Klubs in ihren Veranstaltungen, die Geschäfts-, Häuser in ihren Zeitdispositionen richten, auch der Posttag darf durch schwere Stürme oder andere Hindernisse hinausgeschoben werden, ohne daß man sich darüber aufregt. Tida appa — auch noch so. Man muß diese Verhältnisse kennen, um das große Erstaunen zu verstehen, das alle Europäer nicht deutscher Nation in den Häfen der Reichspostdampserlinie erfaßte, als man sei-, nerzeit zum erstenmal die stramme Pünktlichkeit und Zucht der deutschen Post im Osten ken nen lernte. Da kam es nicht nur auf den fahr planmäßigen Tag der Ankunft, sondern auf Stunden und Minuten der Ablieferung an- Pünktlichkeit, Disziplin und Zucht schienen den Deutschen selbst draußen im Osten noch Selbst zweck zu sein. Keine Bummelei, keine Gleich gültigkeit, kein tida appa. Die Deutschen, die sich fremder Umgebung sonst so gerne anpas sen, waren diesmal der gewissenhaften Gründ lichkeit ihrer Rasse treu geblieben. Das impo nierte. Und auch die Jahre seither, in denen in kurzen Intervallen die großen, deutschen stattlichen Lloyddampser in den Häfen des Ostens lagen, sind nicht spurlos vorübergegan gen. Direkt und indirekt haben sie das meiste zur Hebung des deutschen Ansehens beigetvagen. Und wenn heute der kleine chinesische oder ma- lahische Krämer außer englischem und hollän dischem Gelde nur noch deutsches in .Zahlung nimmt, so spricht diese unscheinbare Tatsache Binde. Das russische „Nitschewo", das fran zösische „je m'en siche" und das von den nicht deutschen Europäern angenommene „tida appa" >es Gebarens, dies alles spiegelt sich in die- er kleinen Tatsache. Es ist unverkennbar, daß ias Deutschtum im Osten (ich meine außerhalb des deutschen Kolonialbesitzes) an Boden ge winnt und es ist kaum zu bezweifeln, daß dar an der Umstand schuld ist, daß die Deutschen tärker und länger als andere Nationen der be quemen Resignationsstimmung des „Tida appa" Widerstand leisten. Sie Serben in Manien. Ein Beitrag zur österreichischen Politik Ver versäumten Gelegenheit Von E Baron Binder-Kriegel ft ein. *) Vor vier Wochen sprach ich in Kroja, der ehemaligen sagenumwobenen Skanderbeg, mit dem Kaimakam Djemel Aga, dem einzigen Al baner, der seine Verwandtschaft mit diesem größten und einzigen Fürsten Albaniens nach weisen kann. Nachdem er keine Zweifel mehr darüber haben konnte, daß ich weder Serbe noch Grieche sei, führte er mich an den steilsten Absturz der 1200 Meter hoch oben zwischen Felsen und Wolken klebenden Raubburg. „Sieh hinab, Herr, und sage mir, was siehst Du dort unten auf jener grauen Halde neben dem Oli venbaum ?" Da ich nicht die Falkenaugen eines Skip taren habe, nahm ich das Fernrohr zu Hilke. Endlich fand ich den Stamm : ringsumher sah es aus, als habe man Scharpie gezupft und einige Schachteln zerbrochener Streichhölzchen seien darüber geschüttet worden. . . . „Das sind menschliche Gerippe !" sagte ich „und Kleiderfetzen und Opanken und dann Felle und Tierfchädel. . ." „So ist's!" entgegnete Djemel Mga. „Und?" fragte ich. Mit dem ruhigen Tonfall der Orientalen sagte er : „Hier haben die Serben während der Okkupation vor vier Monaten 117 Arnauten, heruntergeftürzt, darunter 39 Weiber. Dann ha ben sie den Leichen geschlachtete Schweine nachgeworfen." Schweigend wendete ich mich ab. Er führte mich weiter, hinauf auf eine Felsspitze von zehn Meter Länge und drei Meter Breite, welche die Feste, das Tal, die. Ebene überragte und von Durazzo aus gesehen, werden kann. Dort standen zwei Pfähle, die durch einen dritten übergelegten verbunden wa ren. „Hiers, angesichts ganz Albaniens, haben sie unsere Brüder schimpflich gehängt. Das hat. der Türke nie getan. Der Türke schoß auf uns — nahm er uns gefangen, kamen wir für einige Jahre in Verbannung!" Wir stiegen herunter zu einem zerfallenen Turme; zwischen dem Geröll der Ruinen sah man vierzehn Gräber. „Hier liegen Frauen aus Komsa und Jesa. Angeblich waren Schüsse *) Der Verkäster dieses Artikels, den wir den „Innsbrucker Nachrichten* entnehmen, ist ein bekannter Kriegsberichterstatter, der durch seine Berich'e vom tripolitonischen Feldzüge und zu letzt durch seine Artikel über den Bal ankrieg überall Austehen sand. Herr v. Binder hat als ebemoltgcr tzsterreichticher Offi zier ^abrzehnte in den Balkan Ändern ?t dien gemacht und dürste heute e ner der Berufensten sein die si - über die Lage der Ration« itäten auf dem Balkan auslassen können. aus den Dörfern gefallen. Dio Serben drangen ein, brannten die Orte nieder, führten die Wei ber, welche nicht entkommen konnten, hiev herauf und haben sie getötet." „Wie getötet?" „Zwei gehängt und zwölf an Pfähle ge bunden und gleichzeitig von allen Seiten mit dem Bajonett durchstoßen!" „Und Ihr seid Skiptaren — Adlersöhn« und habt es geduldet — so vor Euren Augen?" Wir Krieger waren im Gebirge. Den an deren hatte man die Waffen abgenvmmeiy, nach« dem sie die Serben friedlich empfangen und, Urfehde geschworen hatten!" Und als ich von Kroja fottvitt, sah ich auf dem Wege von Elbassan nach Tirana und Alessio die zerstörten Dörfer, die verwilderten, von Menschenflei'ch fett und räudig geworde nen Hunde, die abgeholzten Olivenwälder, die bestialische Zerstörungswut der Serben, welche desto grausamer und roher sind, je gebildeter und liebenswürdiger sie sich dem europäischen Auge zeigen wollen. Das ganze Gebiet von Ljuma (60 OM Seelen) wurde von ihnen in ein Massengrab verwandelt. Das haben sie selbst nie zu leug nen gewagt. Seit den letzten vier Jahren habe ich jedes Jahr drei bis vier Monate stets in einem an deren Teile Albaniens verbracht; vielleicht darf ich mir einige Kenntnis zumuten. Daß die Albaner die von den Serben be- setzten rein albanepschen Städte eingenommen haben, ist nicht verwunderlich; das Schreckens-- regiment, das die Serben dort angefangen hat-, ten, würden weder Kaffern noch Samojeden län ger als einige Monate ertragen können- Anders steht es mit der Wahrheit über die albanischen Streitkräfte und deren Bewaffnung, sowie über die Ziele des Ausstandes. Nicht die Albanesen griffen an, sondern di« Serben, welche vor Ernennung eines albanesi- schen Fürsten raubgierig und politisch disziplin los, wie es zu ihrem großen Schaden vorher die Bulgaren waren, noch vor der Absteckung der Grenzen durch die internationale Kommis sion um jeden Preis noch möglichst viel Land in ihren Besitz bekommen wollten, und denen es bis heute durch die Belgrader Depeschen glänzend gelungen ist, die europäisch Presse zu düpieren. „M 000 mit österreichischen Gewehren be waffnete, mit Schnellfeuergeschützen und Maschi nengewehren ausgerüstete Albanien dringen nach dem Amselfeld vor!" — So schreien die Serben in die Welt hinaus! Und wie steht es damit? Die Türken waren stets gezwungen, gegen Aufstände einzelner Stämme, die über 2°—3000 Gewehre verfügten, Brigaden zu mobilisieren und der Enderfolg war der, daß sie nach monatelanger Guerilla mit den Rebellen paktie ren und den Frieden gewissermaßen erkausen mußten. Die größte Kriegsmacht, welche Albanien jemals aufgestellt hat, war im Anrautenauf stande Mai—Juni 1912 nicht mehr als 15 000 Mann, von denen 8000 Gewehre und nur 5M genügend Patronen hatten und mit denen sie in Uesküb eindrangen. Größere Truppenmassen können sich in dem armen Lande überhaupt nicht an sammeln, ohne in Wochenfrist zu hun gern. Außerdem stehen die Malissoren, der krie gerischste Sramm, an der montenegrinischen Grenze vollzählig, ohne einen Mann abgegeben zu haben und sind jeden Tag eines Einfalles der Montenegriner gewärtig. Die Miriditen hal ten sich auch ruhig, die Südalbanesen, meist Orthodoxe und Kutzowallachen, stehen Schulter an Schulter init Serben und Griechen in treuen Waffenbrüderschaft. Für den Krieg gegen Ser bien sind nur verfügbar etwa ein Drittel der Waffenfähigen Nordalbaniens, da zwei Drittel Serbien und Montenegro einverleibt sind, und aus Mittelalbanien die Stämme östlich der Linie Alessio—Kroja—Tirana—Elbassan. Aus Süd albanien ist kein Mann verfügbar. Es können somit — Höchstzahlen gerechnet — niemals mehv als 8000, in Wirklichkeit wohl nur 5000 bis 6000 Albanesen in das von den Serben wider rechtlich noch besetzte Gebiet eingedrungen sein, und um diesen Einfall energisch zurückzuweisen,, brauchen die Serben tatsächlich 30 000 Mann/ wenn sie bis zur Grenze für immer Ordnung schaffen wollen — Ordnung — das heißt die Ruhe des Grabes, denn auf Pardon rechnen die im vorigen Herbst so schmählich verratenen Albanesen nicht mehr. Vom Standpunkte der Serben aus ist es für sie allerdings die einzige Möglichkeit, jene Gebiete durch Ausrottung der Ureinwohner ihrem Staate einzuverleiben und sie gehen ebe» genau so vor wie seinerzeit die Italiener in Tripolis. Sobald jedoch Serbien in albanisches Ge biet einrückt, kann es wqder mit 30 MO, noch 50 MO noch 80 OM Mann den Krieg führen/ sondern das Minimum der Truppen für einen