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02-Zweites-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 20.09.1913
- Titel
- 02-Zweites-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19130920022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913092002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-09
- Tag 1913-09-20
-
Monat
1913-09
-
Jahr
1913
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7 Uhr 17 Mm. Vorm, von Chemnitz Hbf. ab- Kirchensteuergesetz im sächsische zug wird künftig entfallen. ern wird. Für 1915 ist die sächsische Landest- Festtagszüge zwischen Limbach Am 1. Oktober d der Scheune den Folgen Hebung oder Abschwächung des s u i t e n g e s e tz e s. Zur Wahrung des sessivnellon Friedens und der nationalen meinbllrgerschaft bittet sie den Bundesrat, Personenzug 6 nitz Hbf. nach Lage, er fährt Hbf. Chemnitz Sept. Schule fehlen vom E v a n- sviner 25. Die Sonn- und und Wüsten- Uhr 26 Min. nachm. ab Chem- St. Egidien erhält eine spätere künftig erst 6 Uhr 44 Min. vom ab und kommt 7 Uhr 36 Min. eine Riesendummheit gewesen. Man hätte sich auslachen lassen müssen, daß man die Interessen der Arbeiterklasse so schlecht tvahrgenommen hätte. bürgerlichen Fraktionen, besonders der Zweiten Ständekammer, warmen Dank aus. 2. Die vom letzten Katholikentage gesorderte vollständige Be wegungsfreiheit der Jesuiten ist eine Kampf ansage an den deutschen Protestantismus. Die Jahresversammlung des Sächsischen Landesver eins des Evangelischen Bundes erhebt deshalb erneut entschiedenen Einspruch gegen die A u f- abends (statt jetzt 7 Uhr 18. Min.) in St Egi dien an. Die Eilzüge abends 10 Uhr 55 Min. von Dresden Hbf. und 12 Uhr 40 Min. nachts von Chemnitz Hbf. nach Reichenbach (Vogtl.), sowie 1 Uhr 55 Min. nachm. von Reichenbach Urknn- Jaftre Jahre Zustimmung zum Neichstagsbeschlutz auf Auf hebung des Jesuitengesetzes zu versagen. — Die erstgenannte Entschließung wird dem bevorste henden sächsischen Landtage, dis letztere dem Bundesrate zugestellt werden. Aus den weiteren Verhandlungen ist noch mitzuteilen, das; der Landesverein im kommenden Jahre sein 25- jähriges Bestehen wahrscheinlich in Dresden fei- — Der sächsische Landesverein gelischen Bund nahm M gehenden Schnellzug nach Reichenbach (Vogtl.)— Hof usw. benutzen wollen, erreichen den An schluß mit dem 4 Uhr 10 Min. srüh von Dres den Hbf. nach Chemnitz—Glauchau vorgesehenen Personenzug. Der von Dresden Hbf. früh 1 Uhr 50 Min. abfahrende nnd in Chemnitz Hbf. 4 Uhr 15 Min. ankommende Personenzug hält künftig auch in Chemnitz-Hilbersdorf. Der für den Ausflugsverkehr an Sonn- und Festtagen 2 Uhr 55 Min. nachm. von Chemnitz Hbf. nach Glauchau verkehrende Personenzug kommt künf tig in Wegfall. Der gegenwärtig von Chemnitz Hbf. 4 Uhr 20 Min. nachm. abfahrende und in Glauchau 5 Uhr 18 Min. ankommende Perfo- nenzug wird später gelegt; er verläßt künftig den Hbf. Chemnitz erst 4 Uhr 28 Min. und trifft' in Glauchau 5 Uhr 26 Min. ein. Auch der auch Selbstmordgedanken äußerte, nimmt man an, daß er mit deni Mädchen in den Tod ge- I e - kon- Ge- seine Zöphel, stürzte beim Slrohholen oon aus die Tenne herab und starb an des Unglücks. — Klingenthal i. V., 18 der vergangenen Nacht wurden hier den—Münchner Schnellzüge dienen, werden auch im Winter beibehalten. Der Schnellzug 2 Uhr 42 Min. früh von Reichenbach (Vogtl.- nach Dresden wird ab 1. Oktober nur bis Chemnitz abgelassen. (Ankunst 4 Uhr 8 Min. srüh.) Rei sende in der Richtung nach Dresden, die diksen Zug benutzen, können aus den 4 Uhr 17 Min. früh von Chemnitz Hbf. nach Dresden vorgese henen Personenzug übergehen. Der nur Sonn abends 12 Uhr 7 Min- nachm. abfahrende und in Chemnitz Hbf. 1 Uhr 45 Min. nachm. fäl lige Personenzug nach Dresden, der hauptsäch lich zur Entlastung des etwa 10 Minuten später verkehrenden Reichenbach—Dresdner Personen zuges Nr. 1009 vorgesehen ist, kommt während der Dauer des Winterfahrplans iw Wegfall. Auch der an Sonn- und Festtagen 10 Uhr abends von Glauchau absahreude und in Chemnitz Hbf 11 Uhr 10 Min. abends ankommende Personen- Hauptstraße gelegene Gebäude durch ein Groß feuer zer'tört. Die Entstehungsursache ist unbe kannt. — Rodewisch, 17. Sept. Ein seltener Fall spielte sich im benachbarten Ort Wernes grün ab, wo Verwandte und Berater eines hie sigen Einwohners, des Stickers Knrt Liepold, der sich beim Sturz vom Rade am «sonntag verletzt hatw, es nicht zuließen, daß dieser sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nahm, sondern den Verunglückten durch alle möglichen rind unmög lichen Quacksalbereien selbst zu kurieren versuch ten, natürlich mit vollständigem Mißerfolg. Dcnn wie sich jetzt herausstellt, kommt die nun endlich zu Rate gezogene ävztlnhe Hilfe zu spät. Es hat sich ein Brand eingestellt, der die Ein lieferung ins Zwickauer Krankennift notwendig machte. Jedoch die Hilfe kam zu spät, denn der Hauptversammlung in Lommatzsch folgende zwei Resolutionen einstimmig an: 1. Die Jahresversammlung des Sächsischen Lan- desversinÄ des Evangelischen Bundes nimmt mit Befriedigung davon Kenntnis, daß es ge lungen ist, wenigstens die stärksten Bedenken ge gen die Regierungsvorlage für das neue — Am 1. Oktober d. I. tritt bekanntlich! der ganzen Dauer des Winterfahrplanes beibe- derWinterfahrplajn der Kgl. Sächsischen halten werden. — Der am Werktage vor Sonn- Staatseisenbahnen in Kraft, der von und Festtagen 5 Uhr 35 Min. nachm. von Wll- Mitte September an in Buchform zum Preise stenbrand nach Neuölsnitz fällige Personenzug, von 10 Pf7g. und gegen Ende dieses Mo-jder jetzt in Lugau nur zum Aussteigen von Rei- Sept. In zwei in der sitzenden des Stadtverordnetenkollegiums geöff net. In dem Turmknopf fand man eine zum Teil verrostete Blechkapsel, welche drei den enthielt, von denen zwei aus dem 1758 stammen. Eine rührt aus dem 1864 her. — Dorfchemnitz bei Sahda, 18. Hier ist wegen einer Masernepidemie die geschlossen worden. In einigen Klassen gangen ist. — Grimma, 18. Sept. Bei einem über die hiesige Gegend ziehenden schweren Gewitter schlug der Blitz in Wermsdorf in die Pinkertsche Scheune, die sofort in Flammen stand und mit allem Inhalt niederbrannte. Ein zweiter Blitz schlag setzte in Wagelwitz einen Feimen in Brand. Auch er wurde ein Raub der Flammen. — Großenhain, 18. Sept. Ein heftiges Gewitter mit ungemein starken Regengüssen trat heute nachmittag über unserer Stadt aus. Gegen 4 Uhr schlug ein Blitzstrahl in die Scheune des Gärtners Rothe hier, Dresdner Straße. Die Scheune war mit Erntevorräten reichlich gefüllt und brannte bis auf die Umfassungsmauern nie der. Auch das rechts neben der Scheune lie gende Swll- und Seitengebäude wurde durch den Brand stark in Mitleidenschaft gezogen. Das Vieh tonnte sämtlich gerettet werden. Der vom Brande Betroffene hat versichert. — Tharandt, 18. Sept. Beim Rangieren auf dem hiesigen Hauptbahnhos wurde dem Ran gierer Kurt Arnold der rechte Unterschenkel ab gefahren. Außerdem erlitt der Verunglückte noch schwere Kopfverletzungen. — Leipzig, 17. Sept. Am 19. Oktober wird das Zeppelinluftschiff „Sachftn" eine Fahrt in das Erzgebirge unternehmen. Dec Weg des Luftschiffes dürste über Zwickau und Aue nach Schwarzenberg führen. Von dorr aus ist eine Rundfahrt in die Nachbarschaft geplant. Wenn es die Witterungsverhältnisse zulassen, soll in Annaberg eine Landung mit Passagierwechsel vorgcnommen werden. Die RüUahrt erfolgt über Zschopau, Chemnitz und Rochlitz. — Leipzig, 17. Sept. Um seiner ganz besonders großen Begeisterung sür den Grasen Zeppelin Ausdruck zu geben, hat ein in der Nürnberger Straße wohnender Friseur mit Er laubnis des Grafen seinen Jungen aus den Vor namen Zeppelin taufen lassen. — Dresden, 17. Sept. Vor dem Schwur gericht hatte sich der 24jährige Kupferschmied Paul Otto Winzheimer wegen versucyten Tot schlags zu verantworten. Er ist jener Verbre- nats in Aushangform zum Preise von 50Psg- senden hält, wird künftig daselbst auch Reisende Verletzte starb auf dem Transporte nach dort, bei allen sächsischen Eisenbahnstationen käuflich zur Mitfahrt ausnehmen entnommen werden kann. Von der Linie Dies-> den—Reichenbach ist folgendes mitzuteilen: Der Versammlung nach Schneeberg und nach Plauen brand, die früher nur bis Mitte November und i. Vogtl. eingeladen worden. Ivon Ende März an verkehrten, werden während Sächlikches Hohenstein Ernstthal, 19 Sept. 1913 — Der Verkehr bei den Sparkassen in der Amtshauptmannschaft Glauchau gestaltete sich im Monat Juli 1913 wie folgt: (Vogtl.) und 3 Uhr 20 Min. von Chemnitz Landtage zu beseitigen. Sie spricht dafür den: Hbf. nach Dresden, die zur Entlastung der Dres.- über zwei Drittel der Kinder. — Plauen, 18. Sept. Auf einem Neu bau an der Pausaer Straße stürzte das Gerüst ein, auf dem sich drei Arbeiter befanden, die mit in die Tiefe gerissen wurden. Auch beim Brückenbau im Ortsteile Chrieschwitz ereignete sich ein Unglück. Dort wurde ein Arbeiter schwer verletzt. — Ellefeld i. V., 18. Sept. Hier sind drei 16jährige Burschen ihren Eltern entlaufen. Sie sollen sich auf ein Schiff begeben haben. — Brambach, 18. Sepl. Der einzige Veteran von 1870 71 in dem benachbarten Hohendorf, der 69jährige Landwirt August .Die ganze Gemeinde sowie die umliegenden Orl- f schäften sind über den Fall von „Gesundbeterei", — Ehemnitz, 18. Sept. Auswärts war die an religiösen Wahnsinn Frenzt und nicht erste Frühschnellzug von Dresden nach Reichenbach das Gerücht verbreitet, daß in Chemnitz zwei scharf genug verurteilt werden kann, natürlich (Vogtl.>, der jetzt 5 Uhr 40 Min. vorm. von Chvlevafälle vvrgekommen sein sollten. Es hieß, empörft und alkgemein hofft man auf ein nun- Dresden Hbf. abfährt, wird künftig aus der daß der Elektrotechniker August Müller, der aus .mehriges Eingreifen der maßgebenden Behörden. Strecke Dresden—Chemnitz entfallen und — wie! Rumänien zugereist sein sollte, sowie eine Frau — Grimma, 18. Sept. Seit gestern wird früher — während der Dauer des Winterfahr-an Cholera erkrankt und bereits in der Isolier- hier ein junges Paar vermißt: Der 21jährige planes erst von Chemnitz aus abgesertigt wer-.barocke untergebracht seien. Demgegenüber wird Uhrmachergehilfe Max Zwiebel aus Heldrungen, den. Reisende von Dresden, die alsdann diesen von zuständiger amtlicher Seite erklärt, daß der schon seit 1^ Jahren bei einem hiesigen weder Cholera noch choleraverdächtige Fälle in Uhrmachermeister beschäftigt war, und das 24- Chemnitz vorgekommen sind. Ueberhaupt sei in jährige Dienstmädchen Anna Puls, das ebenfalls den letzten Wochen aus Niumänien oder über- hier in Diensten stand und aus dem Mecklen- haupt aus den Balkanstaaten keine einzige Per-f burgischen stammt. Der junge Mann hatte sich son in Chemnitz zugereist, die die Cholera gestern vormittag von seiner Arbeitsstelle ent- eingeschleppt haben könnte. ifernt und war nicht wieder zurückgekehrt. In — Werdau, 18. Sept. Der Abbruch des der gestrigen Nacht fand man am Muldenufer alten Rathauses bildet die Sensation des Tages, die Hüte des Paares und das Handtäschchen Den ganzen Tag über umlagern viele Neugie- des Mädchens. Da der junge Mann schon seit rige die Abbruchsstelle. Der Turmknopf wurde peinigen Wochen ein gedrücktes Wesen zeigte und im Beisein der Natsntitglieder und des Vor- änLnrt,- nirnant rnnn Urrwaltung»- brftrk Kitz -er Kasse Einzahlungen Rückzahlungen <an SiMagen und Zinsen» -Einlagen- ° Zinssatz Anzahl Belrag Mark Anzahl Betrag Mark Callnberg . . 59l V14L2 2,3 82464 3'/, St. Egidten 3^5 5099 t 97 22762 3'/, GerSdors . . 276 L35I5 104 30080 Glauchau . . Hohenstein- 2,82 172668 1326 246954 3 Ernstrhal. I5S2 251960 711 266183 3V Hohndorf . . Lichtenstein 220 15657 63 20201 3/, »/. 1423 242119 617 192869 Meerane 1494 211055 930 236028 3V« Mülsen St. Jakob 16: 2I9S0 73 14173 3'/, Oberlungwitz . Waldenburg 327 55250 143 61921 S7. (Stadtsparkasse) 622 II9502 229 65043 3'/, s> Km Gristertal. Ein Roman von der Insel Mallorka von Anny Wothe. t1s (Nachdruck verboten). Das Meer wütete. Wie wilde Eroberer stürmten die Wellen ge gen die Felsen. Sa Roqueta (die kleine Klippe), wie die Mallorkiner ihre Insel nennen, war ganz um braust von den wilden Wassern, und der Sturm heulte sein schauriges Lied. In der Casa des Manuel Roca in Valde- mosa horchte man auf das wilde Lied, das der Nordost so grimmig anstimmte. Ein feiner, kalter Sprühregen schlug hier und da durch die klaffenden Fenster. Die Herdflamme glühte dunkelrot in der langgestrecklen Küche, in der sich das ganze häusliche Leben der Mallorkiner abspielt. Die Missatjes (Fsldknechte) waren schon mit tags heimgekehrt, gerade als der Sturm ein setzte. Das Vieh war gut versorgt, und die Knechte saßen bei dem glühenden Baumstumpf eifrig mit dem Einschneiden der Saubohnen (tür kische Bohnen), dem mallorkinischen National gericht, für den nächsten Tag beschäftigt. Der Patron, Manuel Roca, und der Mis- satje Mayor bedienten wie jeden Abend, wie es Brauch und Sitte ist auf den Balearen, den Rosenkranz. Sie taten es in einer ungemein feierlichen Art. In tief ernster Haltung gingen sie mit lan gen Schritten durch den tiefen Raum, so das Amt der Vorbeter ausübend. „Heilige Mutter, Gottes Sohn, gesegne es Gott", klang es murmelnd von ihren Lippen, und der Chor gab andächtig die Worte zurück, bis dann tief und feierlich das „Salioe Regina" durch die Küche klang: „Sei gegrüßt, o Königin, Mutter der Barmherzigkeit, Du, unser Leben, unsere Süßigkeit, Unsere Hoffnung, sei gegrüßt!" Von der Klosterkirche der Kalthäuser, ober halb der Casa Roca, klang die Betglocke durch das Sturmestobcn wie ein Wimmern hernieder. Die Madonna, Rocas Frau, rührte eisrig am Herde die „Escudella". Ihre schwarzen Au gen funkelten, und von Zeit zu Zeit horchte sie, während sie den großen „Cuerat" noch heftiger in die kochenden Saubohnen stieß, hinaus in die Nacht. Dann servierte sie stumm den Män nern das karge Mahl. Schmale Mauerbänke zogen sich in dem Küchenraum an den Wänden entlang. Lässig warfen die Knechte ihre Schaffelle darüber hin und sich dazu. Eine Weile war es still, dann aber wurde es langsam lebendig unter den Missatjes. In leisem Flüstertöne begann es, erst ganz scheu, dann immer lauter wachsend, und zuletzt jedes Herz mit Schauer und Andacht erfüllend, ihr beliebtes Märchenerzählen. Die „Rondayes" sind ihre Welt. Die Hunde am Feuer knurren, leise und , blinzeln verstohlen ins Licht. Hellauf lodern die I Flammen. Und die Missatjes erzählen das „Ron dayes" des Falistronoos und das vom „Castel de ses Roses" oder gar das vom „Po des Con bas", und durch das Brausen des Sturmes fliegt es wie Geisterwehen und macht die Herzen empfänglich für den geheimnisvollen Zauber der Sagen. Nur der alte Manuel Roca ist heute nicht bei der Sache. Immer wieder tritt er ans Fenster und lugt hinaus. Aber draußen ist finstere Nacht, das Heulen des Sturmes nur klingt lachend an sein lau schendes Ohr. „Sie kommt nicht mehr", sprach er leise und bekümmert zu seiner Frau, die mit dunklen Au gen in die Glut starrt. „Finster ist der Weg, und der Sturm rast wie wahnsinnig durch das Tal. Wehe, wenn er Simoneta noch im Geister tal erfaßt." „Sie wird bei dem frommen Vater Tama deus geblieben sein", entgegnete die Madonna, eine große, harte Frau, mit zusammengekniffe nen Lippen und nachtdunklen Augen. „Ich weiß nicht, warum Du Dich um das Mädchen sorgst? Sie ist doch wahrhaftig groß genug, um sich irgendwo eine Zuflucht vor dem Wöller zu suchen. Am Schloß muß sie ja auch vorüber, da hat's keine Not!" „Schweig, Weib. Was weißt Du, warum mir um Simoneta bangt?!" Die Madonna kniff die schmalen Lippen noch fester zusammen, und ein böser Blick traf Manuel Roca, der seine braunen, arbeitsharten Hände in den leicht ergrauten Bart wühlte. Wieder lauschte er hinaus. Jetzt glühten plötzlich seine dunklen Augen auf, denn er ver meinte Schöttke vor der Casa zu vernehmen, über deren altem, verwittertem Tor seit Menschenge denken das arabische „Hamse" stand. Ungestüm riß er die Tür aus, sodaß der niederstürzende Regen, vom Sturm hineinge-: peitscht, in breiten Lachen in die Küche floß. s „Simoneta!" rief er in die Nacht hinaus. „Nein, Vater, ich bin's nur, Antionio. Ich habe sie nicht gesunden." Triefend vor Nässe trat der Sohn des Haufes in die Küche. Fluchend warf er sein „Capoc", den üblichen Kapuzenmantel, von dem das Wasser in kleinen Rinnen hernied'erfloß, weit hin in die Küche, und rief unwirfch: „Ich habe es nun aber satt, mich die ganze Nacht auf der Landstraße herumzutreiben, bloß, weil die Simoneta, das dumme Ding, nicht rechtzeitig heimkommt. Bei dem Wetter kann sie doch gar nicht unterwegs sein. Wer weiß, ob sie nicht bei ihrem Liebsten auf dein „Schloß der Rosen" eine Zuflucht gefunden hat." Die Madonna nickte ihren: Sohn, der sich in den weiten Pumphosen, mit der feuerroten Faxa (Schärpe) um den Leib sehr stattlich aus nahm, triumphierend zu. „Ja, das habe ich auch gesagt, der Vater glaubt es ja nicht." „Was willst Du damit sagen?" brüllte Roca seinen Sohn an. „Was weißt Du von einem Liebsten Simonetas im weißen Schloß? Auf der Stelle antworte und beweise, was Du ge sagt!" Die Märchenerzählungen der Knechte waren längst verstummt. Neugierig drängten sie herzu, die einen voll geheimer Schadenfreude, die an deren voll Besorgnis, denn sie kannten die Hes- tigkei, ihres Herrn. Die dunklen Augen An- lionios flammten tückisch aus. „Denkst Du denn, ich habe es nicht längst gemerkt, wie Simoneta mit dem seinen Hestrn auf dem Schlosse liebäugelt?" rief er höhnisch dem Vater zu, indem er zum Feuer trat, seine nassen Kleider zu trocknen. „Wenn sie auch in letzter Zeit so furchtbar klug war und darauf bestand, daß ich selbst zum schlosse ging, wenn es not tat; ich weiß doch, was ich weiß! Kei nen Finger rühre ich mehr um das Geschöpf. Erst tat sie, als hätte sie keinen so lieb als mich, und nun läuft sie dem feinen Herrn da oben nach, als ob's brennt Ich tu's nicht mehr! Mag die Simoneta ersäufen da draußen in dem großen Wasser, ich will nichts mehr von ihr wissen!" Er preßte seine beiden braunen, arbeitshar- len Fäuste mit einer wilden Bewegung in seine Augen. Niemand wagte ein Wort zu sagen. Der Schmerz des Burschen hatte etwas Großes, Er- schüftsrndes, daß jeder Spotftaut verstummte. „Das inögt Ihr miteinander ausmachen", nahm Antionios Vater ernst das Wort. „Zur Liebe kann man keinen zwingen, aber ob Du sie magst oder nicht, wir müssen sie suchen. Ver standen? Macht Euch fertig", gebot er dann den Knechten. „Laternen angezündet und dann vorwärts! Du kannst daheim bleiben und am Feuer hocken", ries er seinem Sohne zu. „Die Simoneta wird sich wohl besonders sreuen, wenn sie hört, wie besorgt Du um sie gewesen bist. — Pfui, schäme Dich, Antionio!" „Er hat ganz recht", mischte sich nun zum erstenmal Antionios Mutter ins Gespräch. „Die Simoneta ist ein hochmütiges, naseweises Ding, das sich mehr dünkt als unsereins. Du mit Deiner Affenliebe für das Mädchen", fuhr sie ihren Mann an, „machst es immer schlimmer. Ich wollte, sie käme nicht wieder!" „Schweig!" donnerte Roca mit erhobener Faust. „Schämst Du Dich nicht, Weib, so sünd haft zn handeln? Hast Du es nicht der heiligen Jungfrau gelobt, das Mädchen zu schützen, als es, erst wenige Tage alt, in unser Haus kam, es zu lieben, als wäre es unser eigenes Kind?" Mutter Jatalineta stiebte verstockt ins Licht. In demselben Augenblick tönte es dreimal mit dumpfem Schlag gegen die Tür. Die Frau kreischte laut aus. Die Knechte, die langsam und schwerfällig ihre Laternen angezündet hatten, glotzten sich dumm au. Manuel Roca aber trat ohne weiteres zur Tür und riß sie auf. Ein Mann, triefend vor Näsfe, stand, hell vom Feuer beleuchtet, in dem Rahmen der nie deren Pforte und sah sich suchend im Kreise nm. Ein dunkler Bart umrahmte sein bleiches Gesicht, und von seinem großen, tief in die Stirne gedrückten schwarzen Filzhut rann das Wasser in Bächen hernieder. „Kann ich hier rasten?" fragte der Mann. „Das Unwetter hat mich überrascht. Mein Gaul steht draußen und will nicht von der Stelle." „Sei gesegnet!" antwortete Manuel Roca, und „Sei gesegnet", sprachen die anderen die Worte nach. Gastfreundschaft ist den Mallorkinern das höchste Gebot. „Macht's Euch bequem, Herr", ermunterte Roca, schon an der Tür stehend, den Fremden, während die Madonna schon wieder eisrig in ihrem Kessel rührte, das Mahl sür den späten Gast zu bereiten. Der Patron schritt, nachdem er dem Frem den einen kurzen Gruß zugenickt, mit den Knech ten stumm hinaus in die stürmische, schwarze Nacht. — (Fortsetzung folgt.)
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