Volltext Seite (XML)
WMeiMiWkr TWU Amtsblatt Anzeiger Dienstag, 9. September 1913 63. Jahrg Nr. 209 Zijriiililüt in Lnhnßein-Lrnktljnl Umtag und Aieartag, de« 15. und 16. Seplenckr d. Z Hohenstein-Ernstthal, den 30. August 1913. Der Stadtrat. Die Motive der Schreckenstaten Ich bin aber kein König, sondern ein. rnng. armer Todeskandidat, und ich will nicht aus ¬ sen, daß die Bureaukratie dort eine soziale Polkes zu viel. Die Halste sollte man crn, sondern durch kluge Ausnutzung der natür Weise soll die Besörderung aller Beamten und der Tat in Zusammenhang stehe, schriftlich nie- ' ^habe das Urteil nicht vollzogen, weil ich ein Die offiziöse „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt mehr, da ich nichts mehr erhoffe. Aber es ist führt. chule wurde beobachtet, das; er recht erheblich« das des das Hin- Türkei verbleiben. Die Presse nimmt die Er klärung von einer zukünftigen bulgarisch-türki schen Entente kühl auf. In unterrichteten Krei sen glaubt man allgemein, die Pforte werde aus dem Besitz der Eisenbahn nach Adrianopel mit. haften, welcher namentlich in der Türkei Verständnis für die praktischen Bedürfnisse Volkes gebricht, müssen ausgerottet, und Räderwerk der Verwaltung muß in jeder stigt und der Landwirtschaft ein Aufschwung und rasche Entwicklung dadurch gegeben werden, daß man ihr durch besondere und finanzielle Ge setze Beistand gewährt und landwirtschaftliche Kassen und Hauptmagazine und Speicher in allen Teilen des Reiches einrichtet. Man mutz von den durch diese Mittel geschaffenen neuen Quellen Vorteil ziehen, um die Lage von Tau senden Familien zu verbessern, deren Häupter oder Stützen nach dem Siege der Jungtürken entlassen und fortgejagt worden sind, und um auch vielen Beamten und Offizieren zu Hilfe zu kommen, die heute durch die Machensä)asten Geschäftsstelle Schulstraße Nr. 31 Brief« und Telegramm-Adresse: Amtsblatt Hohenstein-Ernstthal. Fernsprecher Nr. 11. Wie wir bereits berichteten, hat der Haupt lehrer Ernst Wagner aus Degerloch, dessen der Jungtürken tatsächlich brotlos sind. Wer die Türkei kennt, wird zugestehen müs in Thrazien die schon früher aufgetretenen und mich bei meiner Arbeit und ängstigte mich in zunächst als rnbegründet erwiesenen Besorgnisse meinen Träumen. Wer hat so oft wie ich Am Sonntag, den 14. September 1913 ist das Auspacken und der Warenver kauf von 11 Uhr Vorm, an gestattet. werden. Die kommerziellen und industriellen^ Unternehmungen müssen erleichtert und begün- Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger das Vierteljahr Mk. 1.55, durch die Post bezogen Mk. l.9ll frei ins Haus. Sie ist nicht ehrlicher als die der anderen Leute. Zeiget vielmehr ehrliche Schaden-« s r e u d e. Sollte sich aber der eine oder der andere ein Gefühl der Trauer über meinen Hin gang abgewinnen können, so sei ihm dafür Herz- Inserate nehmen außer der Geschäftsstelle auch die Austräger auf dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen-Exgeditionen solche zu Originalpreisen. für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf Meinsdorf, Langenberg, Falken, Reichenbach, Callenberg, Langenchursdorf, Grumbach, Tirsch- heim, Kuhschnappel, Wiistenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Lugau, Erlbach, Pleißa, Rußdorf, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. sie seit sechs Jahren geplant waren. Wagner verweigert auch heute jede Aussage über den Grund zu seiner Tat. Er sagte wiederholt: „Schlagt mir den Kopf ab, das ist das Gescherteste, dann ist alles aus." Zu der Ge richtskommission äußerte er, inan solle ihn zu erst in ein Krankenhaus schaffen, denn er habe es trotz seiner Taten nicht nötig, sich in dem Armenhause, in dem er untergebracht war, durch die starke Zuglust eine Krankheit zu holen. Auch sei er schon einmal ohrenleidend gewesen, und diese Krankheit könnte wiederkommen. In das Armenhaus versuchte der Sohn eines erschosse nen Mannes einzudringen, um den verwundeten Mörder umzubringen. Er schlug die Scheiben lichen, kümmerlichen, siechen Menschen ekelt. Es ist ein billiger Spaß, mit dem Finger auf mich zu deuten. Jeder von euch täte besser, er ge dächte seiner eigenen Verfehlungen. Ich habe viel leiden müssen. Ich bin verspottet und ge hetzt worden von gemeinen Menschen. Ich könnte von einer abgrundtiefen Niedertracht des Men- auch nur der Letzte von euch einen Schaden er leiden sollte, und ich hoffe zuversichtlich, die Leute werden so gescheit sein, die Schuld eines einzigen nicht den ganzen Stand entgelten zu lassen. Damit ihr mich leichter abschütteln könnt, erkläre ich hiermit meinen Austritt aus daß mir der Tod kein Grauen mehr einslößt. Friedensklänge in der „Norddeutschen", jJch hm gesättigt mit Qual. Ich sürckste nichts Entlastung der letzten bulgarischen Reservisten. Der Ministerrat in Sofia beschloß die E n t- die alle menden garten sehen." den Wunsch haben, die letzten noch glim- vor die Pistole gestellt, die zu hassen ich am Funken der Feindseligkeit zwischen Bul- meisten Grund habe. Nicht bloß töten, m a r- und deck Türkei bald ausgelöscht zutern wollte ich sie, unmenschlich, tierisch, s„da ich nun einmal ein Tier bin." Nicht laut, die eine, daß er zu seiner Heirat gezwun gen worden sei. Er wurde vom Konsistorium seinerzeit ein halbes Jahr außer Dienst gesetzt und erst wieder als Lehrer angestellt, als er ge heiratet hatte. Der zweite Grund ist darin zu suchen, daß die Wirtschaft seiner Schwiegereltern zu billig an seinen Schwager verkauft worden sei, wodurch er um sein Vermögen betrogen worden sei. Da die Bevölkerung des Dorfes in dieser Auffassung dem Mörder nickst recht gab, soll er auf das ganze Dorf einen tödlichen Hatz gehabt haben. Ueber die Persönlichkeit des Mörders wird noch bekannt. Wagner war verschwen derisch veranlagt und hatte deshalb mit seiner Frau häufig Streit. Wegen einer Erbschaft, die den Kindern allein zugekommen war, waren gleichfalls Differenzen mit seiner Frau ausgebrochen. Die meiste Zeit an den Abenden verbrachte er in Gesellschaft liederlicher Frauen. Für diesen Lebenswandel brauchte er das Geld, das er feiner Familie entzog. Er saß auch viel in der Landesbibliothek in Stutt gart und verbrachte dort ganze Nachmittage, über alte Folianten gebeugt, mit Lesen. Seine Lektüre bestand in der Hauptsache aus mittel- Brief Wagners, der mit der Bitte um Ver öffentlichung bei der Redaktion eines Stuttgar ter Blattes eintraf, ist voll konfuser Scheußlichkeiten, die sich zum Teil der Wiedergabe entziehen. Er beginnt: „An mein Volk! Die Anrede ist eine Jahrhunderterinne- lichen Schätze des Landes. Alle Zöpfe, alle Kleinigkeitskrämereien, die einer veralteten, kurzsichtigen, engherzigen Beamtenwirtschaft an- Las Wichtigste vom Lage. Das Land es museum für Säch sische V o l k s k u n st wurde in Anwesenheit des Prinzen Johann Georg in Dresden eröffnet, nachdem es vorher vom König besich tigt worden war. Nach einer halbamtlichen Erklärung werden die deutschen Bundesfürsten frei willig Wehrbeihräge in derselben Höhe leisten, wie wenn sie den Bestimmungen des Wehrbeitrags unterworfen wären. Aus dein Denkmalsberg bei Niedergörsdorf fand gestern die Jahrhundertfeier der Schlacht bei Dennewitz statt. F ü r st Bülow hielt eine Rede. Das größte bisher gebaute Zeppelin- Luftschiff hat in Friedrichshafen unter Führung des Grasen Zeppelin eine gut verlau fene Probefahrt unternommen. Der Wirtschaftliche Verband der Nordbe'- zirke von Deutsch-Ostafrika erbittet vom Reiche! zwecks Minderung der dortigen Wirtschaftskrise einen außeretatmäßi gen Kredit von Millionen Mark. Nach einem Newyorker Telegramm nach Berlin werden deutsche Bücher auch wei terhin zollfrei in den Vereinigten Staaten eingeführt werden können. Zur Förderung der beiderseitigen Handels beziehungen zwischen Deutschland und Oester reich ist die Gründung eines d e u t s ch - ö st er- r e i ch i s ch - u ns g a r i s ch e n Wirt fchasts- verbandes geplant. Expräsident Roosevelt soll im Auf trage der nordamerikanischen Regierung den Versuch unternehmen, D eutschland, Eng land usw. zur Beschickung der Panama- Ausstellung zu veranlassen. Dev bulgarische Ministerrat hat die Entlassung der letzten beiden Re servejahrgänge, die noch unter den Fahnen standen, beschlossen. Die englische Admiralität hat sieben neue Torpedobootzerstörer in Bauauftrag gegeben. In Britisch-Jndien sind in der Ge gend von Hoshiarpur infolge eines Wolkenbruchs 150 Personen ertrunken. - rufen zu großen Taren, sondern ich will euch nur ein wenig die Meinung sagen. Es ist des gesicht des Todes auch euer gedacht habe, grüßt M M Sch .,m-P-° ^Punkten, die ihre Verteidigung sichern, beharrlich Dank gesagt. Eure Tränen kann ich ab- ren und Bulgarien eine dreieckige Zone nöstd-, lehnen, wie der Heiland, denn ich bin erlöst, lich und südlich von Kirkilisse zugestehen, die^Jhr aber müsset fortfahren, eure Dummköpfe, Malko Tirnowo umfaßt und am Schwarzen Schmutzfinken und Rüpel zu schulen. Der Meer bis Jniede reicht. I Tröster, den ich euch hinterlasse, ist der Unter- l osfizierschulmeistev. Zum Zeichen, daß ich im An- Angestellten geregelt und gehandhabr werden * * abermals verbreitet werden. Es lässt sich an- B e i l und Dolch zu Bett genossen nehmen, daß sie auch jetzt eine b e r u h i- gehabt? In meinem ganzen Leben habe - ich gende Aufklärung finden werden, die kein Glück gehabt. Ich glaube an keinen Gott, den in Konstantinopel eingeleiteten Brsprechun- Aber hätte ich diesen Glauben, auf den Knien gen zugute kommt. An einem haltbaren Er- wollte ich ihn anstehen, daß er mich morden gebnis des türkisch-bulgarischen Verständigungs- lasse. Den Teufel wollte ich anflehen, und als Werkes bekunde^ unter Vermeidung einseitiger der Wunder größtes wollte ich es ansehen, wenn Parteinahme, auch die Großmächte ihr Interesse, mir in der Nacht des Mordes alle diejenigen 1M W MW im Mki führt. Karl Freiherr v. Richthofen ch der „Deutschen Revue" u. a. folgendes aus: „Ich weiß wohl, daß die Reform, die verbessernde Umgestaltung der Türkei, in Politik, die Quadratur des Kreises ist. Ge nerationen von Staatsmännern haben sich damit hartnäckig abgemüht, haben sich abgenutzt als unbewußte oder manchmal freiwillige Phanta sten. Trotzdem gibt das Beispiel von wirklich erzielten guten Resultaten den Mut, die nach stehenden Reformen anzustreben. Bei diesem Werke kann Deutschland eine um so er sprießlichere Mitwirkung ausüben, als man sich überzeugen wird, daß sie unpartei isch und uneigennützig ist. Es wäre zui wün schen, daß unsere Diplomatie ihre Mithilfe hier zu mit möglichster Sicherheit und Festigkeit und großem Verständnis bringen möchte. Diese; wichtigen Reformen sind: Die Tür kei mutz von den europäischen Nationen, gemätz der Spezialität jedes derselben, die Einrichtun gen entnehmen, die sich am besten eignen, um die verschiedenen Zweige der türkischen Verwal tung zu reorganisieren. Jede Einmischung in die Politik mutz jedem Beamten und jedem Of fizier streng untersagt sein. Die Befugnisse der Behörden der türkischen Provinzen müssen erwei tert werden. Der Schulunterricht, Bildung und Wissen müssen auf die plastische Art verbreitet alterlichen Erstdrucken und schwülstigen, phanta stischen Romanen. In der Schule zeigte er eine gewisse k r a n k haste Freude, die Kin der zu prügeln. Einmal wurde er auch wegen Ueberschreitung des Züchtigungsrechts an- für Sos Köchl. WsgmM unS k» StMrat zu HchOin-ßrnWl. Organ aller Gemeindeverwaltungen der umliegenden Ortschaften. ' dergelegt habe, und daß er etzvaige Lücken selbst schwacher Mensch war. Heute kann ich sagen, ausfüllen werde. Indem Dorfe ist k-,. N.-W -nkwbt eine Familie, die nicht durch die Tat des Wahnwitzigen in Trauer versetzt . -<. E . . , . cm worden wäre. Der Mörder erklärte, er habe nur m ihrer Wochenrundschau: „Die Verhandlungen doch keine Kleungkett Wew und Kinder um-^z eine nicht vovausgesehen, sein Ende, und Bulgariens mit der Pforte zur Feststellung der zubrmgem Seit sechs Ja h re n ist m ein man ihm zuvorgekommen. Er habe keine neuen Grenzvrrhaltmsse haben m einem Augen- st e t e r G e d a n k e M o r d! Er erwachte mtt mein im Laufe aebabt Als Grund für blick begonnen, wo über türstsche Bewegungen nur und legte sich nieder mit mir Er störte ^Schreckenstaten werden zwei Vermutungen - Bei der Durchsuchuna der Kleider des Mör- ."eispie^losen Verbrechen sechzehn Menschenleben pxxZ wurde in seinem Rucksack ein Schreiben ge- zum ^pfer gefallen sind, mehrere B r r e f e vor stmiwri, das ein sechs Jahre altes Datum trägt. Begehung seiner Untaten abgesandt, die einen Aas Schreiben enthält eine ausführliche Darstel- Einblick in die v e r i r r t e P slych e dies er dxr ^tzt von ihm verübten Verbrechen, wie Bestie in Menschengestalt gewahren. Der erste - - - _ , .. . . . ein und war nur mit Mühe davon abzuhalten, das eigene ^ammerbi d davon ab, so wurde ich j„ Innere des Hauses einzudringen. Die euch sagen, wie sehr mich vor all diesen haß- Verletzungen des Mörders au der linken Hand stellten sich als so schwer heraus, daß ihm, wie berichtet, die Hand im Annenhaus abgenommen werden mutzte. Die Operation mußte wegen Verletzung an der Nase ohne Narkose vorge nommen werden, woraus der Mörder wieder holte, es wäre ihm lieber gewesen, man hätte ihn gleich ganz umgebracht. Im Krankenhause Frage ist, die man keineswegs leicht behandeln . . . m Der Staatshaushalt nmß in ftinen Ein- nahmen und Ausgaben unbedingt .ns Gleich- Erzeugnissen des Menschen ist ausgerech neueSteu- der Mensch .das schlechteste. Hielte n,ich nicht ten Erklärungen der bulgarischen Delegierten Sawow und Natschewitsch betonen die offiziösen Blätter, daß ein Feilschen unnütz sei. .. — ... , , . . , —„ — — Die Pforte beharre auf ihren Vorschlägen, nach unterdrücken: es hat mir manches an euch nicht'Mengen an Alkohol zu sich nahm. Am Mitt- denen Dimotika, Ortaköj^ und Kirkilisse der gepatzt. Erspart euch, bitte, alle Entrüstung, woch nachmittag spielten Wagners Kinder mit sicht vereinsacht werden. Folglich müssen die "d-" FÄchriM d"m !» Schadens " EN-n. »"b Broten mit wotMog j-mm.nd. gerechte ^ '° _ Um M L'm? habe mich zum Tode verurteilt. Ich - - - - dem Verein. Ich hätte es gern schon Mher ge ¬ tan, aber ich wollte alles vermeiden, was auf- -o-- -— „ — »>c- fallen konnte. Der Qberschulrat wird mir mein geklagt. Wagner sprach häufig dem Alkohol zu, Entlassungsgesuch gern bewilligen. Größer als und kürzlich trank er in einer Wirtschaft zwan- mein Bedauern mit der Lehrerschaft ist dos Be- zig Flaschen Bier hintereinander. Auch in der dauern mit mir selbst, und ich kann es nicht Schule wurde beobachtet, daß er recht erheblich« vergessen will ich aber auch, dankbar deren zu gedenken, die gut zu mir gewesen sind und mir Freundlichkeit erwiesen haben, selbst dann noch, , ,, . ... c c. cv r L -- als sie wußten, wie es mit mir stand." l ass u n g der letzten beiden Reserve)ahrgan^ Ein zweiter Brief Wagners ist an die welche noch unter den zahnen veralten worden Lehrerschaft gerichtet und lautet etwa fol- waren. Dadurch ^erscheint die Armee auf den gendermatzen: „Schon wieder einer! Und erst normalen friedens st and zuruckge- für einer! Man sollte es nicht für möglich ! halten. Ja, meine lieben Kollegen, es ist sogar Revolte in Adrianopel. ^wahr, ich bedaure aufrichtig, wenn durch mich Die bulgarische Regierung hat Nachrichten erhalten, daß es in Adrianovol zu einer förm lichen Revolte der Alttürken gegen die Jungtürken gekommen sei, wobei mehrere Offiziere getötet und Enver Bei an der Hand verwundet worden sei. Die Forderungen der Türkei. Gegenüber den in der Presse veröffentlich-