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Amtsblatt. Nr. 209. Drittes Blatt. Dienstag, den 9. September 1913. M W Mm. 0. September UU3. Zu Teplitz nnrd endlich der am 27. Juni in Reichenbach verabredete Vertrag von O e st e r r e i ch unterzeichnet. Die drei Mächte Rußland, Oesterreich und Preußen ver bürgen sich in diesem Vertrage den ungeschmä lerten Besitz ihrer Staaten im alten Umfange und verpflichten sich, eine jede der angegriffenen anderen mit 60 000 Mann beizustehen. In fünf „geheimen Artikeln" wird außerdem fest gesetzt- 1. Die österreichische Monarchie soll wie derhergestellt werken, Ivie sie 1805, Preußen wie es vor dem Tilsiter Frieden war. 2. Der Rheinbund soll aufgelöst und die zwischen dem ö'terreichischen und preußischen Gebiet liegen den deutschen Staaten sür unabhängig erklärt werden. 3. Das Haus Braunschweig-Lüneburg erhält seine Besitzungen wieder. 4 Das Schick sal des Großherzogtums Warschau wird durch Uebereinkunft der drei Mächte bestimm.. 5. Eine jede der drei Mächte verpachtet sich, in diesem Kriege mindestens 15 000 Mann vollzählig im Felde zu haben. Koiscr-Manöver. Zur Teilnahme am Kaiser Manöver sind Kaiser Wilhel ni, der König von G r i e ch enland und der K ronPri n z in Bad Salzbrunn i. Schl, eingetroffen. P rinz Pupprech 1 von Bayern hat sich aus gleichem Anlaß nach Breslau begeben und gestern abend 12 Uhr traf auch König Friedrich A u g u st von Sachsen in Schloß Sybillen ort ein. Die allgemeine Kriegslage ist folgende: Eine rote Armee, etwa sechs Avnee korps, dringt aus Oberschlesicn über die Oder in Schlesien vwr. Ihre Masse hat am 6. abends die Linie in der Gegend südöstlich Breslau Strehlen-Pazschkau erreicht. Vor ihrer Front ge langt die rote Kavallerie am 7. bis Koberwitz- Schweibnitz-Friedland, nachdem sie im Laufe dieses Tages bei Schweidnitz und im Gebirge blaue Grenzschutztruppen zurückgewoüfen hat, die aus Oberschlesien vor dem Vormarsch der recken Armee zurückweichen. Blaue Grenzschutztruppen gingen am 7. in der Linie Landeshm-Hohen- friedberg hinter das Striegauer Wasser und im Anschluß an die armierte blaue Festung Bres lau bis Eanth zurück. Hinter ihnen ist die blaue Armee zwischen Sem Niesengebirge und der Oder in einer Stärke von etwa fünf Armeekorps in Versammlung begriffen. Ihre Flügel wurden bei Löwenberg-Lüben sestgeftM. Ihre Masse hatte -am 6. ihren Voü.narsch noch nicht ange treten. Das fünfte Armeekorps kämpft im Ver bände der blauen, das 6. Armeekorps im Ver bände der roten Armee. Beide Armeekorps sind Korps der Mitte ihrer Armee. Die rechts und links von ihnen anzunehmcnden Anschlußtruppen werden durch Botttruppen anderer Armeekorps am 8. und 9. auch durch Flaggen dargestellt. Der Kaiser und die deutsche Jugcndwchr. Kaiser Wilbclm überwies der deutschen Jngendwehr anläßlich ihrer Breslauer Kaiser Parade für das erst vom Kaiser gestiffete Er holungs und Uebernachtungsheim im Fort Spitzuerg auf Festung Silberberg zn bereits ge spendeten 10 000 Mark weitere 20000 M a r k. Ein wüster Kall von konfessioneller Verhetzung. Pastor C l'a u s e n in Todenbüttel hatte in seinem Blättchen, genannt „Köstliche Perle", die Bremer Kirche mit einem „S a u- st a l l" verglichen. Diese Ausdrucksjform war von verschiedenen Seiten bemängelt worden. Jetzt veröffentlicht derselbe Pastor eine Recht fertigung seines Vokabelschatzes, in der er sich auf Christus beruft, der den Menschen des Un glaubens gegemiber genau dieselbe Sprache ge führt hätte. Lo sei seine Sprach weise eine durchaus b i b l isch beg r ü ndete und göttlich legitimierte. Ter neueste Zeppelin. Aus Friedrichshafen, 6. Septem ber, wird berichtet: Das größte aller seit her gebauten Z e P P e l i n l u f t s ch i f f e, das MarinelufUchisf „L. 2", unternahm heute nach mittag 4 Uhr unter Führung des Grafen Zep pelin seine erste Probefahrt, die eine halbe Stunde dauerte und einen befriedigenden Verlauf nahm. Das Luftschiff hat eine Länge von 160 Meter. Der Laufgang zwischen den Gondeln ist in den Rumpf des Schiffes verlegt worden. Als Neuerung weist das Luftschiff vor der vorderen Gondel eine besondere Führergon del auf. In den zwei Maschinengondeln befin den sich jetzt zwei Maybachmotoren zu je 205 Pferdestärken. Das Luftschiff hat auch einen größeren Kubikinhalt und damit eine erhöhte Tragfähigkeit. Es füllt die Luchschiffhalle in der Höhe wie in der Länge ganz aus, so daß für die Montage von Luftschiffen größerer Ausdeh nung d e jetzige Halle zu klein ist und der Neu bau einer neuen größeren Trehhallc in Fried richshafen bereits in Aussicht genommen ist. Nach den Berechnungen der Ingenieure der Zep- pelin-Gesellfchart ist das neue Marinelustschiff das i erste, das imstande sein würde, ohne größeres Risiko die Fahrt über den Ozean nach Amerika anszusühren. ! Jahrhundertfeier der Schlacht bei Dennewih. Aus N i e d e r g ö r s d o r f, 6. Seplem- j der, wird geschrieben: Tie Jahrhundertfeier der ! Schlacht bei Dennewitz begann heute mittag mit einer Feier auf dem Denkmalsberg bei Nieder görsdorf. Es hatte sich eine große Menschen menge eingefnnden. Um 12 Uhr langte der F e st z u g auf dem Festplatze an. Als Vertre- er des Kaisers war General v. Löwenfeld er schienen. Als Vertreter des Helden von Tenne Witz, Grafen v. Bülow, «waren u. a. Fürst u n s F ü r st i n B ü l o w anwesend. Fürst Bülew hielt auf dem Festplatte eine halbschn dige Rede, in der er zunächst eine packende und anschauliche Schilderung der Schlacht gab, den Todesmu«. der deutschen Kämpfer ganz be sonders hervorhob und seinem großen Vorfah ren selber den Zoll der Dankbarkeit entrichtete. Reichsregierung schon vor langer Zeit getan. Der Reichsschatzsekrctär hat bei der Beratung des Wehrbeitragsgesetzes in der Kommission für den Reichshaushaltsetat mitgeckeilt, daß die F ü r st e n aus eigene in Antriebe sich bereit erkläre hätten, nach Maßgabe und in An lehnung an die Vorschriften des Ge setzes einen einmaligen Beitrag von ihren, Vermögen an das Reich zu entrichten. Er betonte dabei ausdrücklich, daß bei der Fest setzung dieses Beitrags nicht kleinlich gerechnet werde, und daß, wenn eine Abrundung erfolge, diese jedenfalls nicht nach unten erfolgen werde. Nach dieser Erklärung kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die deutschen Bundesfürsten, so bald der Wehrbeitrag zur Erhebung gelangt, ihre Beiträge so entrichten werden, als wenn sie den Bestimmungen des Wehrbeitragsgesetzes unterworfen werden." Maßnahmen zur Hebung ves Seefisch- Verbrauchs in Sachsen. Umer dem Vorsitz des Staatsministers des Fnnern, Grafen Vitzthum v. Eckstädt, fand im .Dresdner Ministerialgebäude eine Besprechung von Maßnahmen zur Hebung des Seefischver brauchs statt, zu der Vertreter der Städte Sach sens, des Landesiülturrats, der Koch-, Haus- Haltungs- und Frauenschulen, des Vereins für innere Mission, des Mschereivereins und des FischhandelS geladen waren. Ueber die Not wendigkeit der weiteren Verbreitung der Seefis ch n a h r u n g und der Mittel hier- pus dem Auslände. Frankreichs Marine. In Frankreich wird eipe Beschleuni gung im Kriegsschiffsbau geplant. Die französische Marineleitung erhielt Kenntnis davon, daß die italienische Marine vom Jahre 1914 ab in der Lage wäre, alljährlich einen Dreadnought zu erhalten. Das italienische Ma rinebudget würde diesem Bedürfnis Rechnung tragen. Die sür Frankreich bedeutsame Nachricht dürfte, wie in Paris verlautet, eine Abkürzung des Termins der französischen Dreadnought-Be stellung zur Folge haben. Die belgische Jnvafionsfurcht. König Albert sagte beim Besuche der Stadt Chons in seiner Antwort aus dis Be grüßungsansprache des Bürgermeisters, daß die Regierung und das Parlament im Bewußtsein der Pflichten, die ihnen zum Schutze von Recht und Ordnung auferlegck seien, nicht vor neuen Opsen, zurückscheuten, um die A r m e e zu st ä r k e n. Der König suhr dann fort: Als Hüter der Verfassung und der Gesetze erinnere ich mich an den Eid, der mich verpflichtet, die Integrität des Landes aufrecht zu erhaltep. Ich freue mich im Namen des Vaterlandes über Ih ren Patriotismus und bin gewiß, daß meine Gefühle in Ihrem Herzen ein Echo finden wer den. Kämpfe zwischen Rusten und Türken. Links: Der König von Griechenland (2) nach dem Empfang durch den Deutschen Kaiser (I) » in Berlin. Nechls: Der Öerzog der Ädruzzen (X) nach seiner Ankunft in der den icheu hienhehaupchadv Hohe ausländische Fürst, ichtciteu in Deutschland. K ön , g K o n st a n t i n von Griechenland > Auch der Herzog der Abruzzen ist in Berlin ringetrosseu. Tie Königin mit ist in Berlin cingetrossen, nachdem er bereits den jüngeren Prinzen und Prinzessinnen wird ! bei den Herbstmanövern der dänischen Hochsee- erst in späterer Zeit dem Kaiserlichen Hof ei nen Besuch abslalten. Im Gc'olge des Königs befanden sich Oberstlchttnant Levidis und Ma jor Kalinsti. Auf den, Bahnhof waren der Kaiser und die Königlichen Prinzen, die Ge nerale und Generalleutnants sowie der Kom- mandant und eine Ehrenkompagnie anwesend. Der Empfang war ein sehr herzlicher, König Konstantin ist in Berlin sehr bekannt, er stand früher in, 2. Garde-Regimen: z. F., besuchte die Kriegsakademie und studierte an der Berliner und Leipziger Universität. Der Kaiser suhr mit dem König im Automobil nach dem Neuen Pa lais in Potsdam. flotte zugegen war. Dern Besuch des Herzogs wird auch in Italien eine große Bedeutung bei gelegt, du dabei nicht der Fürst aus dem Kö nigshause Savoyen in Betracht kommt, sondern der Höchstkommandierende der italienischen Mit- telmeerflotte, der in der Person des Herzogs mit den deutschen Kameraden Gruß und Hand schlag wechselt. Die Fürstlichkeiten begaben sich in das Manövergelände nach Schlesien. Aus Choi wird gemeldet: Eine russische Truppenabteilung unter dem Obersten Denko, welche wegen der Zusammenstöße, die im Ter- gever Gebiet zwischen Kurden und Christen statt gefunden haben, dort eingetrofsen ist, wurde in der Nähe der Ortschaft Chakki von Türken, die in persisches Gebiet eingedrungen waren, be schossen. Die Russen waren genötigt, einen hartnäckigen Kamps auszunehmen, wel cher ungefähr vier Stunden dauerte und mit ei liger Flucht? der Türken endigte. Die türkischen Verluste waren sehr bedeutend. Auf russischer Seite wurden zwei Schützen getötet und sechs verwundet. Neue Unruhen in Portugal. Die Gerüchte über dauernde revolutionäre Unruhen in Portugal wollen nicht verstummen, obwohl die portugiesische Regierung fortgesetzt behauptet, daß liberal! im Lande Ruhe herrsche. Neuerdings soll es wieder an verschiedenen Or ten zu Putschversuchen gekommen sein. Einzelheiten sind nicht bekannt, jedoch steht fest, Saß die Garnison von Valencia-do-Minho durch Kavallerie und Artillerie verstärkt worden ist. Die Tore der Stadt wurden bei sinkender Nacht geschlossen, überall stehen Patrouillen. Der chinesisch-japanische Konflikt. Die Situation in China scheint trotz des Sieges der Regierungstruppen keineswegs geklärt zu sein. Kie gemeldet wird, hat sich nach dem Fall von Nanking die südliche Revolu tion erschöpft. Aber unter den nörd lichen Heerführern herrscht so viel Ei fersucht und Zwietracht, daß es daraus zu ei nem blutigen Konflikt kommen könnte. Die unglückliche Stadt Nanking, die bereits von den Revolutionären ausgesogen wurde, ist nunmehr von den Regierungstruppen g e - plündert worden. Die Not des Volkes dort soll grop sein. —Die antichinesische Stim mung in Japan ist, wie ein weiterer Drahtbe richt meldet, noch ständig im Wachsen begriffen. Der Premierminister Nikko begab sich nach To kio, um dort mit dem Kaiser und dem Fürsten Jamagata über die Ermordung von vier Ja panern in Nanking zu beraten. Man nimmt an, daß die Fahrt Nikkos den Zweck gehabt hätte, die Einwilligung des Kaisers zur Absen dung von Truppen, und zwar Teilen der 12. Division Kokura, einzuholen, falls Chinas Ant wort auf einen Protest Japans unbefriedigend aussiele. Der Wehrbcitrag der deutschen Fürsten. Von halbamtlicher Seite wird über den Wehrbeitrag der Buudesfürsten folgende Mittei lung veröffentlicht: „Immer wieder wird auch in der Presse die Frage erörtert, in welcher Weise die deutschen Burchessürsten ihr Verspre chen einlösen werden, durch Beisteuerung eines freiwilligen Wehrbeil rags ein Beispiel vaterländischen Opfersinns zu geben. Man fordert von ihnen eine bindende Erklärung darüber, in welcher Höhe sie die einmalige Ab gabe leisten wollen. Es ist nicht recht verständ lich, in welcher Weise das geschehen soll. Soll jeder der deutschen Bundesfürslen etwa in sei nem bundesstaatlichen Regierungsblatt eine ent sprechende Erklärung veröffentlichen oder seiner Regierung gegenüber ein feierliches Versprechen abgeben, damit es diese öffentlich verkündet? Was in dieser Frage geschehen konnte, hat die zu referierte der Vertreter der Fischerdirektion Altona, Dr. Freiherr von Reitzenstein. Ms das wirksamste Mittel bezeichnete er die Abhaltung von S e e f i s ch k u r s e n — (wie ein solcher auch in Hohenstein Ernstthal geplant ist. Die Red.) — durch die Lehrerinnen der Koch- und Haushaltung:-- und Frauenschulen. In der dem Vortrag sich anschließenden Aussprache, die sich vornehmlich auf den Bezug, die Verfrachtung und den Transport der Fische und aus die prak tische Betätigung der Teilnehmerinnen während des Kurses erstreckte, wurde besonders von den Vertretern der sächsischen Städte, die schon seit längerer Zeit Fischkochkurse abgehalten haben, mancher neue und wertvolle Fingerzeig gegeben. Alle Beteiligten erklärten sich zur Förderung des Seefischverbrauchs und zur Einführung der Kurse gern bereit. Mexiko unv die Union. Aus El Paso schreibt man unterm 7. Sept.: Leutnant A c o st a von dem mexikani schen Bundestruppcn ist in der letzten Nacht bei Juarez von zwei amerikanischen Zoll- und Ein wanderungsinspektoren getötet worden, nach dem er die Brücke über den Grenzfluß überschrit ten und auf die Beamten geschossen hatte. Tau send Mexikaner versuchten, über die Brücke zu gelangen und den Tod Acostas zu rächen, wurden aber von amerikanischer Kavallerie an ihrem Vorhaben gehindert. Es kam zu keinen weiteren Angriffen. Sächsisches Hofienstein-Ernsttstal, 8 Sept. 1913. —: Nachdem der mit so großem Bei fall aufgenommene Ronian „Arme kleine Anni" zu Ende gegangen, beginnen wir im heutigen „Tageblatt" mit der Veröffentlichung einer Ar-