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14jährigen Emmi E. und der ebenso alten Erna nächsten Tage speiste man in den verschiedensten Elvira K., deren Begleiter, der 28jährige Diener Restaurants und besuchte die großen Vergnü- HermannMai verhaftet, weil er seine des Fran- gungsstÄten. Von Katzenjammer ersaßt, wollte zösischen vollkommen unkundigen Begleiterinnen Mai nunmehr in dem oben erwähnten Kafsee- hilslos sitzen lassen wollte. Aus der Erzählung Hause die Mädchen verlassen, nachdem er einen, der beiden Mädchen geht hervor, daß sich beide, Streit mit ihnen provoziert hatte. Durch) das. hatten von Mai verleiten lassen, ihren Eltern ängstliche Geiaren der Mädchen aufmerksam ge- durÄMgehen. Die Mittel zur Flucht beschaffte macht, ließ der Wirt zwei Schutzleute kommen, die E-, indem sie ein Sparkassenbuch ihrer di« alle drei nach dem Polizeikommissariat! brach- Fümilie über 1100 Mark an sich nahm. Derben. Der Kommissar nahm Mai in Hash, über- Betrag wurde bis auf einen geringen Nest nach gab die Mädchen der Obhut einer Haushälterin Fälschung der Unterschrift von Mai erhoben. und verstindigte die Angehörigen der jugend- Am letzten Sonntag trafen Mai und die Mäd-glichen Flüchtlinge, die wohl bald wieder in der chen in Paris ein und mieteten ein Zimmer Heimat eintresfen werden. für alle drei in der Nähe des Qstbahnhofes. Die! * Schweres Eisenbahnunglück in Serbien. Nach einer Meldung aus Ues- küb hat sich auf der Belgrad—Uesküber Bahn, kurz vor der Stadt Uesküb, ein schwerer Zugzu- mmmenstoß ereignet, bei dem insgesamt acht Personen getötet und etwa dreißig schwer ver letzt worden sind. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich unter den Toten lind Verletzten meh rere Mitglieder des serbischen Generalstabes be finden, doch fehlen noch genaue Einzelheiten. * Thaws U e b e r f ü h v u n, g. Man schreibt aus Coaticook (Quebec), 10. Septem ber: Einwanderungsbeamte ergriffen Thaw und brachten ihn im Automobil nach Vermont an die Grenze. Thaw schrie und kämpfte wie em Wahnsinniger und behauptete, er werde entführt. Am Geiftertal. Ein Roman von der Insel Mallorka von Anny W o t h e. 4) Nachdruck verboten) Die junge Hofdame sah sich tief erschreckt um und legte die Finger bedeutungsvoll aus den Mund. „Du gehst zu weil, Celeste", begütigte sie. „Du bist verbittert, vielleicht mit Recht verbittert, aber Du« darfst nicht vergessen, daß Dein hoher Gemahl nicht zu den DutzendmensäM gehört, daß er gerecht, ritterlich und feinfühlend ist, und daß viele Frauen es als ein großes', un verdientes Glück betrachten würden, ihm Le bensgefährtin zu sein." Die Prinzessin lachte leise auf. „Du vielleicht auch, Mare?" Prüfend flog ihr Blick über die hohe Ge stalt der Freundin. Wie sie so in ihrem wei ßen, langherabwallenden Kleide, das den blen denden Hals und die Arme freiließ, in dem ungewißen Licht der Fackeln, das sich mit dem hereinbrschenden Mondenglanz mischte, vor ihr stand, hatte Mare etwas von einer Vestalin, die das heilige Opferfeuer hütet. Mare v. Lübben sah die Prinzessin be fremdet an, und vor diesem großen, reinen Blick der blaugrünen Augen senkten sich Cele stes Augen fast verwirrt zu Boden. Die Prinzessin war langsam, fast zögernd aus die Terrasse getreten. Silbergrün funkelten da draußen die Sterne. Tausend Wohlgerüche der sommerlichen Erde dufteten empor, und das Mondenlicht rann wie Silbertropfen von Baum und Strauch. „In solchen Nächten", nahm die Prinzessin mehr zu sich als zu Mare sprechend, die ihr auf die Terrasse gefolgt war, das Wort, „wird die Sehnsucht im Menschenherzen wach." Mare schwieg. Wie Angst wuchs es plötzlich in ihrer Seele empor. „Fühlst Du es nicht auch", fragte die junge Prinzessin, „es war ein alberner Einfall, mich hierher zn verbannen, damit ich mich auf meine Pflicht besinne. Die Balearen sind voll süßen Zaubers, der die Sinne besttickt. Empfindest Dkl es nicht auch, Mädchen?" „Es ist Schlafenszeit, Hoheit." „Wer schlafen könnte! Die braunen Mäd chen singen so süße Lieder, und die Nacht ist so lang. Hast Du übrigens schon den Verwal ter dieses Gutes gesehen? Jarnos y Cole soll er heißen. Ein hübscher Name. Sein Gesicht ist braun, aber seine Augen sind hell, wie die in unserer Heimat. Ich möchte ihn wohl man ches fragen, den braunen Mann, der hier so einsam, ganz für sich lebt. Einsamer noch als ich, aber es ist mir ja besonders verboten, die sen Verwalter in meinen Kreis zu ziehen. Und doch ist es der einzige Mensch, mit dem ich, außer mit Dir, reden möchte. Zuweilen sehe ich ihn am Tage, oder noch öfter, wenn die Nacht sinkt, hinab ins Geistertal wandern, das schon bei Tageslicht selten eines Menschen Fuß be tritt. Gib fein acht, Mare, sobald dieser Ja- mos y Cole wieder hinab ins Geiftertal schrei tet, wollen auch wir hinab, um dort den from men Einsiedler auszusuchen, der da in seiner Felsenwohnung haust." Mare v. Lübben hielt die Augen tief ge senkt und die schlanken, weißen Hände iiber der Brust gefaltet. „Die Gräfin Taten wird es nicht erlauben, Hoheit, das Geistertal ist verrufen, und ohne den Kammerherrn dürfen wir kaum wagen, es zu betteten." Die Prinzessiil lachte hell aus. „Offiziell, Kind? Nein, Du hast recht. Daran denke ich aber auch gar nicht. Meine gestrenge Oberhof meisterin wird verzweifelt die Hände ringen und einen ihrer sehr beliebten Herzkcömpfe kriegen. Nein, Mare, sein heimlich müssen wir hinunter, wir beide ganz allein. Hast Du Mut?" „Es ist so abenteuerlich", lächelte Mare, und dock) blitzten ihre grünlich schillernden Augen hell auf. Ach, einmal nur so still und frei dahin wandern können, ohne die lästige Aufsicht der Gräfin Taten mW ohne die ewig spionierenden Blicke des Kammerherrn von Bunten. Es war , a köstlich und verlockend, was die Prinzessin sich da ausgedacht. Ihr Pflichtgefühl freilich warnte sie, aber das rasche Blut der Jugend siegte, und lächelnd nickte sie der Prinzessin Gewährung. Daß der einsame Verwalter, der, den Hut lies in die Stirn gedrückt, ab und zu durch die Gärten schritt, oder hoch zu Roß weit hinaus auf die Felder ritt, der aber im übrigen ganz abseits mit einem alten Diener in einem ent fernten Flügel des Schlosses wohnte, schon lange auch ihr Interesse erregt, mochte sie nicht einge stehen. Nun aber wollte die Prinzessin selbst eine Begegnung mit dem Manne, der, wie Mare wohl wußte, von niemand auf dem Gut ge liebt, aber vou allen gefürchtet Ivar, obwohl er nur das Allernotwendigste mit den Leuten sprach rind seine Befehle meist durch andere tundgab. Sie würde ihn nun vielleicht sprechen hö ren und sehen, ob er wirklich so schlimm war, keinem ein freundliches Wort zu gönnen. „Was sinnst Du, Mare? Wird es geheu?" fragte die Prinzessin ungeduldig. lind Mare lachte schelmisch auf. „Wenn Hoheit befehlen", antwortete sie mit einer knappe,! Verbeugung, zwei Finger zum i „Honneur" gegen ihre blonde Schläfe gedrückt. „Ach, das wird köstlich, wenn wir beide heim lich ins Geiftertal wandern. Aber wenn uns nun die Geisterhexe erscheint, Hoheit?" fragte sie schelmisch. „Darm laden wir sie freundlichst in das „Schloß der Rosen", rief Prinzessin Celeste über mütig. Mare wurde plötzlich ernst. „Die Sage geht, Hoheit", flüsterte sie scheu, „daß, wer die Geisterhexe erschaut, vom Leben scheidet. Des Nachts besonders soll sie vom Meere herauf durch das Geistevtal bis hier zum Schlosse umgehen und es mit Rosen kränzen." Wieder klang das silberhelle Lachen der Prinzessin durch die Nacht. „Glaubst Du an Märchen, Mare? Nein, Kind, hier spielen wir solche selbst. — Sieh nur ins Geistertal hinab, Mare. Ist das nicht zauberhaft? Wie das Mondlicht sein lichtgraues Silber aus die schwarzen Zypressen gießt, und wie die wildzackigen Felswände gespenstige Wache halten. Käme jetzt die Hexe in ihrem Geisterschleier das Tal herauf, ich ginge ihr furchtlos entgegen und spähte ihr ins Auge, müßte ich auch mein To desurteil darin lesen. So schön ist die Welt da draußen, und so riesengroß meine Sehnsucht, frei und ungehindert sie zu durchfliegen, die ich armes Geschöpf nur durch die Brille anderer se hen darf, die ich ärmer bin, als die geringste Bettlerin am Wege." Drohend reckten die dunklen Bäume sich aus dein Geistertal heraus. Die beiden Frauen standen tief bewegt und eng umschlungen auf der Terrasse und blickten mit sehnsüchtigen Augen über das weite Land, über das leise atmende Meer und in das vom Mondlicht überflutete tiefe Tal. Dann schritten sie still zurück in das weiße Schloß, wo bald das Licht erlosch. Die schlafenden Rosen träumten in dem letz ten, blassen Glanz der Sterne dem jungen Tag entgegen. 4- * * (Fortsetzung folgt.)