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gewesen. Wie oft, wenn wir am nächtlichen Lagerfeuer laßen und unsere Mannschaft den Schlaf der Gerechten — oder auch Ungerechten schlief, denn wir hatten schreck liche Banditen unter ihnen, — wie ost kam er da auf die Heimat zu sprechen und auf die traurige Geschichte, die ihn enropamüde, — vielleicht auch lebensmüde gemacht hat! Und eigentlich war es eine ganz gewöhnliche Geschichte, soweit der andere Teil darin eine Rolle spielte. Es bot sich ihr eines schönen Tages eine sogenannte glänzende Partie, und da gab sie dem armen Teufel den Laufpaß. Vermutlich dachte sie, er würde die Sache ebenso aus die leichte Schulter nehmen. Das tat er aber eben nicht; und da er fühlte, daß darüber früher oder später die Pistole das letzte Wort sprechen würde, so entschloß er sich, in der Wildnis Vergessen und Ruhe zu suchen." (Fortsetzung folgt.) Klumen spräche. Humoreske von F. H. Fidelius. (Nachdruck verboten.) Glauben Sie, daß es hinterlistigere Menschen gibt, wie Rivalen? Ich nicht. Rivalen sind geborene Todfeinde, bekämpfen sich mit allen Mitteln und — wer das Glück hat, führt die Braut heim . . . Benno Flips und ich, wir beide saßen bei einem der hübschesten Mädchen des ganzen Städtchens und schnitten ihr die Cour. Wie bei einer Auktion, so überboten wir uns mit Liebenswürdigkeiten: sagte er gnädiges Fräulein, sagte ich gnädigstes Fräulein, worauf er dann wieder mit einem allergnädigsten Fräulein auswartete. Mietze Burgmann ließ sich unsere Dienstbarkeit nach Art verwöhnter Mädchen mit unnachahmlicher Gleich gültigkeit gefallen. Dann wurde sie wärmer und sagte mit kokettem Angenaufschlag zu Benno: „Morgen ist für mich ein großes Fest; raten Sie ein mal, welches." Benno dachte angestrengt nach: „Die Frau Mama gibt eine Gesellschaft?" Mietze schüttelte den Kopf. „Der Herr Papa wird Kommerzienrat?" „Unsinn! — Raten Sie einmal." Diesmal galt der kokette Augenaufschlag mir. Ich verrichtete schnell ein Stoßgebet zum heiligen Geiste und sagte: Gnädiges Fräulein feiern morgen Ihren Geburtstag." „Bravo! Richtig geraten!" Mietze klatschte in die Hände und Benno trat mich unter dem Tische auf den großen Zehen, daß ich die Engel im Himmel pfeifen hörte. „Nun raten Sie auch mal, wie alt ich morgen werde?" Mietze sah mich dabei ordentlich liebenswürdig an, so daß es mir warm in der Herzgrube wurde. „Siebzehn!" platzte Benno heraus, ehe ich zu Wort kommen konnte." „Falsch! — Raten Sie doch!" „Mein allergnädigstes Fräulein", ich wählte vor sichtigerweise gleich den Superlativ — „mein Zartgefühl vor einem solch poetischen Geheimnis erlaubt es mir nicht, Mit nüchterner Zahl zu antworten. Ich werde mir ge statten, Ihnen morgen als Lösung des Rätsels für jedes Lebensjahr eine Rosenknospe zu übersenden und . . ." „Reizend, wirklich reizend! Sie sind heute der liebens würdigste Gesellschafter, der mir je begegnet ist. Ihre Idee ist charmant, wirklich charmant. Der Lohn für solch eine hübsche Blumensprache soll nicht ausbleiben." Und während sie mir die schöne Hand zum Kusse bot, sah sie mich verheißungsvoll an. „Und ich werde selbstverständlich mitraten. Und wer richtig rät, be —" „Stein, nein, Herr Flips, Sie brauchen nicht zu raten. Ich werde Ihre Blumen nicht nehmen. Sie sind nicht auf die Idee gekommen, und dürfen auch nicht mitraten." Vorsichtigerweise hatte ich meine Füße aus Bennos Bereich gezeigen, denn nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, war er imstande, mich unter dem Tische tot zutreten. „Aber, wenn nur einer rät, hat das Blumenrätsel doch nur wenig Reiz und ich würde mir ein Vergnügen daraus machen, Ihnen, mein gnädiges Fräulein, die allerschönsten Kinder Floras zu Füßen zu legen. „Und ich verzichte auf dieses Vergnügen!" Das war hart. So gingen wir beide denn. Ich wie ein Triumphator, mit strahlendem Gesicht wie ein Honigkuchenpferd, er wir ein geprügelter Sextaner. * * * Vor dem ersten Blumenladen verabschiedeten wir uns. Ich trat ein und suchte l8 der schönsten Rosen knospen aus. „Diese 18 Rosen senden Sie morgen früh vor 8 Uhr an Fräulein Mietze Burgmann in der Brückenstraße 8. Die Rechnung an mich. Verpackung so luxuriös, wie Sie sie haben. Kostenpunkt ist Nebensache." Der Ladenjüngling verbeugte sich und versprach pünktlichste Ausführung meines Auftrags. * * * Benno Flips brütete indes finstere Rachepläne. Abends hatte er seinen Plan gefaßt. Er zog seinen Paletot an und ging zu dem Blumenladen, in dem ich für Fräulein Mietze die Rosen bestellt hatte. „Hat hier mein Freund heute morgen 18 Rosen be stellt, die an Fräulein Mietze Burgmann gesandt werden sollen?" fragte er harmlos. „Jawohl. Die Rosen werden morgen früh vor 8 Uhr an die angegebene Adresse gesandt. Wir haben sie noch nicht verpackt, damit sie frisch bleiben. Der Auftrag wird aber pünktlich ausge'ührt." „Der Herr hat doch seine Karte, die sie der Sendung beifügen sollten, hiergelassen?" „Ja. Hier in diesem Kuvert ist die Karte des Herrn." „So — schön! Haben Sie übrigens noch mehr von denselben Rosen da?" „Selbstverständlich. Soviel wie Sie haben wollen. Nötigenfalls lasse ich welche in dem Treibhaus schneiden. Genau dieselbe Farbe. Alles wunderschöne frische Exem plare." „Dann fügen Sie der Sendung noch ein Dutzend Rosen bei. Achtzehn ist eigentlich etwas wenig. Richten Sie es so ein, daß Sie morgen dreißig Rosen an Fräulein Burgmann schicken." „Jawohl! Wird pünktlichst besorgt. Der Herr Fidelius wird mit uns zufrieden sein!" „Und Fräulein Mietze auch!" murmelte Benno, spitz bübisch lächelnd, vor sich hin und ging. * * * Als ich andern Mittag nach Hause kam, lag schon ein Brief da für mich, der nach Heliotrop duftete und die Initialen M. B. trug. Hurra! Der Dank für meine geniale Blumen- sprachenidee. Sicherlich enthielt der Brief eine Ein ladung für mich zur Geburtstagsfeier oder zu morgen zu einem Ausflug oder zum Tee oder — die Möglich keiten waren gar nicht alle anszudenken Vor Freude hätte ich mir selbst die Hand drücken und gratulieren mögen. Mit zitternder Hand öffnete ich den Brief und las: Herrn F. H. Fidelius, Hier! Ich hatte wirklich nicht gedacht, daß Sie sich einen derartig unpassenden Scherz init einer Dame erlauben würden. Daß ich nach solch einer Unart auf das „Ver gnügen" Ihrer weiteren Bekanntschaft verzichte, ist wohl selbstverständlich. Übrigens bin ich nicht 30, sondern 18 Jahre alt. Mit der Ihnen gebührenden Achtung Mietze Burgmann. Hätte mein Vater mich plötzlich enterbt, ich wär« nicht mehr erschrocken gewesen. Das war also der Erfolg meiner grandiosen Idee. Abgeblitzt! Elendig abgeblitzt! Und warum? Lange blieb mir der Grund memes Mißerfolges eir Mysterium, bis ich am Ersten eine Rechnung des Blumen händlers bekam über — 30 Rosen. Meinem Rivalen Benno würde ich niemals verzieher haben, wenn er nicht heute noch bedauernswerter darar wäre, als ich, denn Benno hat unsere kapriziöse Liebschaft wirklich zur Frau bekommen.