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waren, denn man wollte einmal mitten im nordischen Eis dinieren und so die Reise dis auss letzte ausnutzen. Hertha hatte seit gestern ihr Lager nicht verlassen. Fränlein von Rasfings Zuspruch, doch den Ausflug mit- zumachen, war diesmal ganz und gar erfolglos gewesen; die Leidende hatte allem Zureden ein entschiedenes Nein entgegengesetzt und endlich energisch gebeten, man möge sie in Ruhe lassen. Auch Krügern hätte am liebsten nicht teilgenommen; aber eine kleine hämische Bemerkung Käthes bewog ihn doch, sich den anderen anzuschließen. Als er nämlich die Absicht äußerte, an Bord zu bleiben, j*m Tagebuch nach zuholen, bemerkte Fräulein von Raffing lächelnd: „Wissen Sie nicht, — führt auch Frau von Frankenburg ein Tagebuch? Sie will nämlich ebenfalls nicht mit i^ns halten." Diese Bemerkung genügte ihm, um von seinem ur sprünglichen Entschlusse abzukommen und mitzutun, ob wohl er sich durchaus nicht festlich gestimmt fühlte. Hertha war, nachdem sie sich am Tage vorher vor der Kajüte von Krügern verabschiedet hatte, eine Beute tiefster Seelenerregung geworden. Das, was ihr der Offizier von seinem unglücklichen Freunde erzählt, hatte ihr plötzlich die Vergangenheit mit einer auälenden Deut lichkeit vor die Augen gerückt, obwohl sie noch nicht geahnt, wer in Wirklichkeit hinter diesem nach Sansibar ver schlagenen Österreicher steckte. Dann war ihr mit einem Male Gewißheit geworden, und wie ein Keulenschlag hatte es sie getroffen, so heftig, daß sie darunter zu sammenbrach und meinte, jetzt müsse alles zu Ende gehen. In ihrer Kabine angekommen, warf sie sich aufs Ruhe lager, unfähig zu denken, zu begreifen. Dann aber, in der stillen Nacht, stieg vor ihr volle Klarheit auf: sie sah sich Erich gegenüber im - der großen Linde; sie sah ihn selbst genau so, wie damms, als er vor ihr gestanden, den zuckenden Seelenschmerz auf der Miene ausgeprägt, blaß, verzweifelt, wie einer, dessen Todesurteil soeben gesprochen worden; sie vernahm seine Stimme, die bebenden Worte, die ihm über die trockenen Lippen kamen, sie fühlte seine Hand, die sie zum Abschied ergriffen hatte, — und dann entschwand er ihrem Blick, um unversehens auf jener wilden Sunwfinsel wieder aufzutauchen, wo er regungslos, schon eine Beute des Todes, vor ihr lag. (Fortsetzung folgt.) Elefanteu-frieaböfe. Von A. Marr. (Nachdruck verboten.) Die Entdeckung eines Elefantenfriedhofs! Welch wunderbare Episode für einen ultramodernen Roman, dessen Held ein Schatzsucher sein müßte! Eine Goldmine ist fast immer trügerisch und in ihren Erträgen von Zu fälligkeiten abhängig, da die Ausbeutungskosten sehr groß sind, während Elsenbeinhaufen, die direkt zum Mitnehmen auf dem Niveau des Bodens liegen, ein für jeden erreich bares Millionenvermögen bedeuten. Gibt es nun wirklich unerforschte Reichtümer dieser Art auch anderswo als in der Phantasie der Neger und in den nicht minder ver dächtigen Erzählungen nach Afrika verschlagener europäischer Jäger? Alle Menschen, die im Innern Afrikas auf Großwild gejagt haben, erzählt ein englischer Forscher, erklären über einstimmend, daß es selbst in den unerforschtesten Gebieten des schwarzen Erdteils höchst selten oder überhaupt nicht vorkommt, daß man den Kadaver eines Elefanten findet. Wenn eines von diesen Tieren tödlich getroffen ist, aber noch entfliehen kann und seinen Wunden erst fern von deni Ort, an welchem es getroffen wurde, erliegt, können die Täger mit Leichtigkeit die Spuren des Wildes und dann vielleicht auch den toten Körper finden. Wo bleiben aber die Elefanten, die unter der Last der Jahre erliegen oder durch Krankheiten dahingerafft werden? Was ist aus den Millionen Elefanten geworden, die im Laufe der Jahr hunderte auf Afrikas Boden an Altersschwäche gestorben sind? Tie Geier und die roten Ameisen haben ihre Haut uud ihr Fleisch verzehrt, aber die Hauzähue und die Knochen sind unvernichtbar. Woher kommt es also, daß man sie nicht findet? Eines steht außer Zweifel: während der verderblichen Tierseuche von 1894, die fast alle Tiere der gezüchteten oder wild lebenden Wiederkäuerarten Südafrikas vernichtete, suchten die Gazellen, die Antilopen, dre Dammhirsche, die Büffel, wenn ihr Ende nahe war, irgendeinen so einsam wie möglich gelegenen Ort auf, um in Ruhe zu sterben. Dieses Bedürfnis, den Tod mit Ein samkeit und einer gewissen feierlichen Stille zu umgeben, ist unter den höheren Tierarten sehr verbreitet. Nehmen wir nun an, daß die Elefanten demselben Naturgesetz der Tiere gehorchen und gleichfalls das Verlangen haben ihr Leben an einer unzugänglichen Zufluchtsstätte, die vor den neugierigen Blicken anderer Wesen geschützt ist, zu be schließen, das wäre aber noch immer kein Grund zu der weiteren Annahme, daß sie alle denselben Ruheplatz wähleu. Der erste, der die Existenz jener Elefantenfried höfe, auf welchen ganze Haufen von Elfenbeinvorräten aufgespeichert sein sollen, offenbarste, war Emin Pascha. Der berühmte Forscher soll auch die geheimen Wege ge kannt haben, die zu den seit undenklichen Zeiten auf geschichteten Schätzen führten; da ihm aber jeder Geschäfts sinn abging, war es ihm nie eingefallm aus seinem Ge heimnis Nutzen zu ziehen; er begnügte sich vielmehr, das Ge heimnis einem englischen Diener, dessen Treue er belohnen wollte, unter dem berühmten Siegel der Verschwiegenheit mitzuteilen. Einen andern Elefantenfriedhof soll, nach einem in Transvaal verbreiteten Gerücht, Karl Mauch, einer der verdienstvollsten Pioniere der Ersorschung Südafrikas, ent deckt haben. Ein alter Bur, den alle Bewohner von Krügersdorp kannten, erzählte gern, daß er während seiner Jugend Karl Mauch als Führer gedient hatte. Er führte ihn eines Tages zum Eingang eines von Fellen umgebenen Bergpasses, der die Gestalt einer Flasche, hatte; der sehr enge Hals dieser Flasche war durch ganze Knochenhaufen verstopft. Die Dimensionen der Knochen ließen gar keinen Zweifel über ihren Ursprung: man erkannte sofort, daß hier tausende von Elefanten ge storben sein mußten. Der europäische Forscher uud sein Begleiter begannen Elfenbein zu suchen, aber sie fanden nur sehr wenig. Das war ein Beweis dafür, daß die Kaisern dem geheimnisvollen Friedhof schon viele Besuche abgestattet hatten. Die Entdeckung eines zwölfkuöpfigen Handschuhs, der in England fabriziert worden war, ließ die beiden Besucher erkennen, daß auch eine Eng länderin die Elfenbeinmine gekannt und ihr Geheim-, uis für sich behalten hatte ... Zu diesem Zeugnis des alten Buren kommen noch die Enthüllungen eines steinalten Negers, der in seiner Jugend einen englischen Händler auf seinem Zuge durch eines der am wenigsten bekannten Gebiete Südafrikas begleitet hatte. Dieser Händler war ein ehemaliger Kommis aus einem Londoner Tuchgeschäft und hatte im Bezirk Selati, einer der ungesundesten Gegenden im nordöstlichen Trans vaal, einen kleinen Kramladen. Er stand im Rufe, auch nicht einen Flintenschuß abfeuern zu können; groß war daher die Überraschung seiner Nachbarn, als sie eines Tages erfuhren, daß der Mann sein Geschäftchen einem Angestellten anvertraut habe, um eine Jagdexpedition zu unternehmen. Sechs Monate später verbreitete sich das Gerücht, daß er mit einer ganzen Legion von Negern und mit einer großen Ladung Elfenbein, deren Wert auf mehr als 800 000 Mark geschätzt werden konnte, in Lorenzo Marguez eingetroffen sei. Das trug sich 1879 zu, und der ehemalige Tuchhandlungskommis ist seitdem nicht mehr nach Südafrika zurückgekehrt; es gab aber in Selati Leute, die aus ganz sicherer Quelle.»willen wollten, daß der zum Millionär gewordene srüherc Händler nach seiner Rückkehr in die Heimat einen andern Namen angenommen ! habe, um seine bescheidene Herkunft vergessen zu lassen, i Über den Ursprung dieses Millionenvermögens, das von > einem Manne, der kein Gewehr in der Hand halten I tonnte, so plötzlich aus einem Jagdzuge erworben worden ! war, zerbrach man sick zuerst den Kopf, bis der erwähnte alte 'Neger eines Tages in die Unterhaltung eingriff und mit vielsagendem Lächeln ausrief: „Ich hahe den Mann zum Elefanteufriedbof geführt! Ich war der einzige im Lande, der den Weg kannte." Die Sache bleibt ziemlich zweifelhaft. Wenn man von den angeblichen Mitteilungen Emin Paschas absieht, so findet man, daß die Erzählung von den Elefanten friedhöfen fick nur auf die Berichte eines alten Buren und eines noch älteren Negers stützt. Daß Berichte dieser Art nicht sonderlich hoch einzuschätzen sind, braucht wohl nicht erst gesagt zu werden.