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Hotzenftein-tSrnstthaler Tageblatt ' Amtsblatt ' Nr. 193. Donnerstag, den 21 August 1913- Zweites Blatt. U SeMkl Mvlileiiliiji. (Gestern vormittag tagte in der Festhalle die Genemlversammlunfl des Volksvereins für das Katholische Deutschland. Bischof Benz- ler und die übrigen Bischöfe waren anwesend. Für den erkrankten Präsidenten eröffnete der zweite Vizepräsident Reichstagsabg. T r i in vorn (Köln) die Versammlung mit einem Hinweis aus die Ziele des Vereins. Fürst zu L ö w e n st e i n überbrachte die Grüße des Katholikentages. Direktor Braun (M.-Glad bach) erstattete den Jahresbericht, nach welchem der Verein im letzten Jahre um 47 000 Mit glieder zugenommen hat und jetzt 776 090 zählt, die meisten in den Diözesen Münster und Pader born und im Erzbistum Köln. Die in der ersten geschlossenen Versamm lung am Montag vormittag einstimmig zur» An nahme gelangte Resolution zur Jesuiten frage verlangt, wie schon kurz erwähnt, die Aushebung des Jesuitengesetzes und des Bundesratsbeschlusses und besagt n.a.: „Es erfüllt die Katholiken mit wachsender Sorge, wenn sie sehen müssen, wie der G e i st der Unduldsamkeit (!), der dieses Gesetz geschaffen hat, auch heute am Werle ist, um seinen Vollzug sogar noch über den Inhalt des Gesetzes hinaus zu verschärfen, während gleichzeitig den Atheisten und Anarchisten aller Art. in unbegrenztem Maße die Freiheit gelas sen wird, die Fundamente des christlichen Staates zu untergraben." In seiner Begründung nannte der Redner das Jesuitengesetz einen Schlag ins Gesicht des katholischen Volkes. Die Jesuiten predigten nickst Unmoral und Unsittlichkeit, sie lehrten nur das, was die Kirche und der Heilige Vater vorschreiben. Auch der Vorwurf, sie seien inter national, beruhe aus Unwahrheit (?). Selbst nachdem sie aus dem deutschen Vaterlande ver trieben waren, haben die Jesuiten gezeigt, daß sie überall sür die Größe und das Ansehen des Deutschen Reiches arbeiten (!). Das hat auch die Negierung anerkannt, vor allem auch, daß sie in den deutschen Kolonien großartige Arbeit geleistet haben. Montag nachmittag 5 Uhr wurde in der Festhalle die össen 1 liche Versam m- I » n g abgehalten, die Fürst zu Löwenstein mit einer Begrüßungsrede eröffnete, in der er von der Notwendigkeit der Aushebung des Jefuitengesetzes sprach. Er nahm ferner Stel lung zu der (frage des Streites zwischen den Anhängern der christlichen Gewerkschaften und der katholischen Arbeitervereine der Berliner Richtung. Als der Streit zu einer ernsten Ge fahr für die deutschen Katholiken zu werden drohte, sei die päpstliche Enzyklika „Singulari quadam" vom 24. September 1912 erschienen, die diese Frage regelte. Damit sei der Streit sür die deutschen Katholiken entschieden. (Brau sendes Bravo!) Die Generalversammlung werde nicht Stellung nehme» zu der Enzyklika und nicht für die eine oder andere Partei. Es gelte das Zusammenarbeiten zum Besten der Reli gion und damit des deutschen Vaterlandes. In. der Geschichte müßte diesem Frieden von Metz ein Denkmal errichtet werden, und daher wolle die Tagung dem Heiligen Vater herzlichsten Dank absratten für diese Erfolge seiner aposto lischen Weisungen. Redner verlas sodann noch einmal das am Sonntag eingegangene A n t- worttelegram m des Kaisers und an schließend das vom P a p st, das an den Prä sidenten gerichtet ist. Das Telegramm des Pap stes lautet: „Der Heilige Vater hat mit größtem Wohl wollen die kindliche und ehrerbietige Versiche rung der Treue, des Gehorsams und der Liebe entgegengenommm, welche die zur 60. General versammlung der Katholiken Deutschlands dort einmütig Versammelten durch Dich ehreübietig ihni zum Ausdruck gebracht haben. Er dankt Dir dafür von ganzem Herzen. Er hegt den innigen Wunsch, daß die Arbeit Eures Kon gresses große und segensreiche Früchte bringen möge zum Heile der Kirche und der Seelen mit der Hilfe Gottes unter dem Schutz des apostolischen Segens, den Seine Heiligkeit der Papst allen Kongreßteilnehmern insgesamt und jedem einzelnen insbesondere aus der Fülle sei nes Herzens erteilt. Merrys del Val." Beide Telegranime wurden mit lebhaften Bravorufen begrüßt. Als der Präsident ein Hoch auf den Papst und den Kaiser ausbrachte, slimmie die Versammlung begeistert ein. Bischos Benzler, mit Händeklatschen empfangen, richtete sodann an die Versammlung eine Begrüßungs ansprache. Zum Schluß erteilte er wie auch die übrigen anwesenden Bischöfe den Segen. Im weiteren Verlauf der Versammlung sprach Bischos Dr. Faulhaber-Speyer über das Thema: „Das Mailänder Edikt und die F r e i h e i l d e r K i r ch e". Er nahm in seinem Vortrag gegen das Jesuiten gesetz Stellung und gab der Hoffnung (!) Ausdruck, daß der Präsident der nächstjährigen Katholikenversammlung die Mitteilung machen könne, daß dem Deutschen Reiche in diesem Punkte konstantinische Freiheit gebracht sei. Kurz nach 8 Uhr schloß der Präsident die Ver sammlung. Die nächstjährige Tagung der Generalver sammlung der deutschen Katholiken findet, in M ü n st e r i. W. statt. Sächsisches — Limbach, 19. August. Wie der Verein für Lustschiffahrt Limbach Sa. und Umgegend (E. V.) seinen Mitgliedern mitteilt, sollen Sonntag, den 2l. September, Fahrten mit einem Zeppelinluft- schiff stattfinden. Vorgesehen find: 1. Fahrt von Leipzig nach Limbach mit Landung in Limbach; 2. Rundfahrt mit Landung in Limbach; 3. Fahrt von Limbach nach Leipzig mit Landung in Leipzig. Anmeldungen zur Teilnahme an der Fahrt sind bis spätestens 24. August beim Vorstand zu be wirken. — Burgstädt, 19. August. Der verhaftete internationale Hoteldieb Kunze, der bekanntlich von hier stammt, hat im Berliner Polizeipräsidium ei nen Selbstmordversuch unternommen. Als einer der Wärter an der Zelle des Verbrechers oorbei- ging, Iah er, wie Kunze einen Zettel versteckte Der Wärter griff rasch zu und fand das Blatt, auf dem mit Blut die Worte standen: „Adieu, du böse Welt." Die Verletzungen, die sich der Verbrecher beigebracht hatte, waren aber nur geringfügiger Natur. — Chemnitz, 19. August. Zu der an den hiesigen Technischen Staatslehranstalten bestehenden Gewerbe. Lehrer-Abteilung ist der Zudrang außer ¬ ordentlich groß und die Anzahl der Anmeldungen überschreitet die Zahl der verfügbaren Plätze stets bedeutend. Um aus den vielen Bewerbern die ge eignetsten herauszufinden, wird deshalb künftig eine Aufnahmeprüfung abgehalten werden. — In einem Hause der Schloßvorstadt geriet ein 38 Jahre alter Spinnereiarbeiter mit einem Straßenbahnbediensteten in Streit. Dabei schlug der Arbeiter seinen Gegner mit einem Bierglas auf den Kopf. Der Geschlagene bekam einen Tobsuchtsanfall und mußte in die Nervenheilanstalt gebracht werden; der Täter wurde verhaftet. — Plauen i. V., 19. August. Als der im städtischen Schlachthof beschäftigte und auch dort wohnende Arbeiter Anton Wummer gestern nach mittag um 4 Uhr seine Wohnung betrat, die seine Frau wenige Minuten vorher verlassen hatte fand er sein 2P,jähriges Töchterchen mit schrecklichen Brandwunden bedeckt tot in der Stube vor. Das Kind hatte in der kurzen Zeit des Alleinseins Zünd hölzchen erlangt und damit gespielt. Dabei waren die Kleider der bedauernswerten Kleinen in Brand geraten. — Auerbach i. V., 19. August. Die etwa 3000 Seelen zählende Nachbargemeinde Rempes- grün beschloß die Eingemeindung in die Stadt Auerbach. — Dresden, 19. August. Gemeinsam ge storben ist hier das cutt der Franklinstraße wohn hafte Ehepaar Queck. Die Frau verstarb in den Vormittagsstunden infolge eines Schlaganfalles, wo rauf auch abends 11 Uhr der Privatmann Emil Queck, der schon längere Zeit leidend war, infolge der Aufregung über den Tod seiner Frau verschied. — Ein dreister Diebstahl wurde in der Wohnung deS Reichsplatz 5 wohnhaften Geistlichen der ameri kanischen Kirche ausgeführt. Der Dieb, der sich mittels Einschleichens Zugang zu den in der ersten Etage liegenden Räumlichkeiten verschafft hatte, er beutete außer einem Hundertmarkschein Schmucksachen im Werte von etwa 6000 M. — Heute nachmittag 3'/, Uhr landete, von Königsberg kommend, aus dem Flugplätze mit einem Doppeldecker Leutnant Geyer vom 25. Infanterie-Regiment in Gotha, der bei dem Ostpreußischen Rundflug den zweiten Preis für Offiziersflieger errungen hatte. Um 5 Uhr 30 Min. stieg er mit Leutnant Knab zum Weiterflug nach seiner Garnison Gotha auf.