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02-Zweites-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.08.1913
- Titel
- 02-Zweites-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19130809021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913080902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913080902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-08
- Tag 1913-08-09
-
Monat
1913-08
-
Jahr
1913
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Hohenstein-Crnftihaler Tageblatt Amtsblatt Nr. 133. Sonnabend, den S. August 1S13. Zweites Blatt. Dus Lem Keiche. Die vierundzwanzigste Nachwahl zum Reichstag. Der „neue" Reichstag vom Januar 1912 wird auffallend rasch verbraucht. Jetzt, nach kaum anderthalbjährigem Bestehen, muß die 24. Nachwahl stattfinden. Schon das Jahr 1912 brachte 13 Nachwahlen. Bis jetzt sind im gan zen neunzehn Nachwahlen erledigt. Fünf Nach wallen stehen noch aus, und zwar in Land s- h u t (bisher Zentr.), N eumarkt - Oberpfalz (bisher Zentrum,, Dresden-Land (bis her sozialdemokratisch), R a g n i t - P i l l k a l- l e n (bisher konservativ) und Rastatt- B u h l Baden (bisher Zentrum). Da die Wahlprüsungstommisjion bereits die Wahlen der Abgeordneten Haupt (Sozialdemokrat) und Doetsch'(Nanonallibcral) für ungültig erklärt Hal und Ailträge vorliegen, die noch weitere Mandate kassieren wollen, ist auch in Zukunft f n r N a chjw ahlen reichlich gesorgt. Zum TMan-Prozetz. Die IN o r d d. A l l g. Zt g." schreibt: In den Betrachtungen der bürgerlichen Blätter zu dem kriegsgerichtlichen Urteil im Verfah ren gegen T i l i a n und Genossen kommt die Genugtuung über die öffentliche Klarftellung des Geschehenen, soweit sie in die sem Verfahren nöng war, zu ihrem Recht. An der wirklichen Bedeumng der unentschuldbaren Vorkommnisse ist vor Gericht nichts abgeschwächt und nichts beschönigt worden. Gerade dadurch aber wird d.'n U e b e r t r e i b u n g e n der Boden entzogen, mit denen der Abgeordnete Lieb t necht die öffentliche Behandlung der Angelegenheit eingeleitet hat. Der bisherige Verlauf der amtlichen Maßregel zur Aufklärung agitatorisch vergrößerter Mißstände ist für die Sozialdemokratie eine E n t t ä u- s ch u n g. Ein Panama der deutschen Heeres verwaltung gibt es nicht. Das haben die Ver tretung M-r Anklage und die Prozeßleitung sest- gesleüt, und in den unvoreingenommenen Be sprechungen des Urteils wird dieses Ergebnis allen Aufbauschungsversuchen gegenüber in das richtige Licht gesetzt. An diesem Ergebnis kann auch durch das noch bevorstehende zweite Gerichtsverfahren, dessen Feststellungen im übri gen abzuwarten bleiben, nichts geändert werden. Der zweite Krupp Prozcf;. Wie die „Braunschweig. Landeszeitung" er sahn, wird der zweite Krupp Prozeß in der ersten Sepkemlcu.vvche vor der Strafkammer in Mcat it slattju den. Die Zeug e n v o r l a d n n g e n smd bereits ergangen. Es sind 24 Zimten und 5 S ichvev ländige geladen. Die Anilage nchau sich gegen s ä m tl i ch e M i t- glieder des Direktorin m s d e r F i r m a K rupp und gegen deren früheren Berliner Vertreter B raud t. Für die Ver Handlung sind vier Tage vorgesehen. Der Etat der Marincverwallung sür das Jahr UU4 ist an das Reichsschatzamt gegangen. Es wer den programmgemäß zwei Großkampf- schif f e gefordert. Tie von vielen Seiten aufgeslellie Forderung, sofort zum Dreischiff bamtempo überzugehen, Hal also keine Berück sichtigung gefunden. Allerdings läßt sich im gegenwärtigen Augenblick noch nicht vorausbe- stiiilinen, welche Entschließungen in einem späte ren Zeitpunkt sich als notwendig herausstellen werden. England baut drei Schisse mehr, die ursprünglich Kanada bauen sollte, nun selbst, und damit ist zweifellos eine erhebliche M a ch t v e r s ch i e b u n g zu unseren Un- gunften in der Nordsee bevorstehend. Welche Maßnahmen deutscherseits die außerordentlich große englische Mehrrüstnng im Gefolge haben wird, steck vorläufig noch dahin. Zur braunschweigischen Thronfolgesrage wird berichiet, daß sie den B u n d e srat in einer seiner ersten Sitzungen nach den Ferien wieder beschäftigen wird. Sie sei jetzt so weit gediehen, daß nur noch ein formaler Beschluß des Bundesrates notwendig sei. Wie verlautet, werde der Bundesrat vom Prinzen E r n st A u. g u st den ausdrücklichen Ve r- zicht aus die Krone des ehemaligen König reiches Hannover verlangen. Der Prinz sei bereit, diesen Verzicht zu unterzeichnen. Die Erledigung der Angelegen! eit werde so beschleu nigt werden, daß der Wechsel in der Regie rung Braunschweigs, wie geplant, Ende Okto ber erfolgen könne. Aus dem AuslsnSe. Nachklänge zur Redl Angelegenheit. Die gerichtliche Verhandlung gegen den ehemaligen Ulanenleutnant Horinka ist, wie aus Prag berichtet wird, nunmehr abgeschlos sen. Horinta wurde seinerzeit umer dem Ver dachte der Mitschuld an den Verbrechen des Obersten Redl verhastet, vor allem auch wegen homoserueller Vergehen. Wegen sittlicher Ver- sehlungen wurde auf drei Monate schweren, Kerker s erkannt sowie aus Verlust Ler Ofsi- zierscharge und der Ehrenzeichen. Wegen der Spionage wurde Horinka vorn Kriegsgericht srei- gesprochen. Eine für die Verteidigung von Brest sehr bedeutsame Tatsache ergaben die eben abgeschlossenen Versuche der manövrierenden sranzösischen Unter- s e e b o v l s s l o I t i l l e. Die K ä st e n- b a t t e r i e wurden durch die eindringende Unterseebootsflotte völlig überrascht; von den sogenannten permanenten Beobachtungs Posten erlangte nur ein einziger rechtzeitig durch Mikrophonwarnungssignale Kenntnis von den allen im Hafen liegenden Kriegsschiffen drohen den schweren Gefahren. Aber auch dieses Sig nal, dos das Herannaben des Secboots an kündigte, blieb wirkungslos, da das Boot sel ber nicht entdeckt werben konnte. Jn'olge dieser Erfahrung steht eine durchgreifende Aenderuim der Breiter Küslenverteidigung bevor. Das Rededuell Elemenecau-Barthou im frauzöstscheu Senat. Bei der Erörterung des Artikels 6 über die E i n st e l l u n g dei Z w a n z i g j ä h rige n erklärte Clemence« u, er sei für die Einstellung, aber er glaube, die Frage fei nicht genügend studiert und die Verwaltung werde nicht Zeit haben, die hygienischen Maß regeln zu ergreisen, die der Gesundheitsdienst für nötig halte. Die Regierung nehme die Ein stellunz der Zwanzigjährigen nicht aus mili lärischen, sondern aus politischen Gründen an. Sie wolle die Zwanzigjährigen einstellen, um den Jahrgang 1910 entlassen zu können; sie nüssen aber folgerichtig bleiben. Jetzt werden wir zwei Rekrutenjahrgänge, ab er ungenügende Cadres für sie haben, so daß ihre gleichzeitige Ausbildung nicht möglich ist. So wird der von General Pau für nötig erklärte innere Zusammenhang der Armee gefährdet. Man gibt zu, daß dies eine gefähr liche Ucbergangszeit ist, behauptet aber, daß die Deutschen in derselben Lage sein würden. Ich sage: Nein, denn Deutschland hat die dreijährige Dienstzeit bei der Kavallerie und Artillerie, es zieht im Winter Reserven ein und hat zwei Armeekorps mehr als wir. Wir können in diesem Augenblick weder das neunzehnte noch das Kolonialarmee korps mobil machen. Ich verkenne niemandes Patriotismus, aber man beweist seinen Patrio tismus nicht nur in der Stunde, wo die Kano nen donnern. Ministerpräsident Barthou erwiderte Clemenceau, er habe rechf mit seiner Erklärung, daß in einer solchen Frage die gesetzgebenden Körperschaften nicht politischen Motiven nach geben dürsten, doch, fügte Barthou hinzu, ein Gesetz ist nicht improvisiert, wenn es das Er gebnis einer Prüfung seilens der Kammer ist. Wenn die Einstellung der Zwanzigjährigen ein Abenteuer ist, weshalb stimmen Sie ihr zu? Deutschland werde bis zum November nicht alle dem neuen Gesetze entsprechenden Truppenstär ken erreichen; übrigens gestalte Artikel 34 des Gesetzes von 1905 im Falle einer kritischen äußeren Lage die Wiedereinbec ifunz des zuletzt entlassenen Jahrganges. Das vorgeschlagene Gesetz diene nicht Abenteuern, sondern der notwendigen und unaufschiebbaren Verteidigung des Landes. Nach kurzer Erwiderung von Clemenceau nahm der Senat mit 245 gegen 48 Stimmen den Arnkel 6 des Dreijahresgesetzes, der die Einstellung der Zwanzigjährigen gestattet, an. Jin weiteren Verlauf der Debatte verlangte ein Zusatzantrag Millies-Lacroix namens der Fi- nanzkvmmisfion eine Verminderung der im Ar tikel I2 des Gesetzes fe'tgesetzten Entschädigun gen an Familien, deren Ernährer eingezogen sind. Nachdem Ministerpräsident Barthou diesen Antrag bekämpft hatte, wurde er mit 346 gegen 45 Stimmen abgelyntt und die Sitzung ausge hoben. Die Regierung Huertas gegen die Union. Eine Mitteilung des als Minister des Aeußeren fungierenden mexikanischen M i n i- Üers Aldave besagt: Aus Besehl .des Prä sidenten erkläre ich, daß, wenn Lind, der persönliche Vertreter des Präftdenren Wilson, nick« ein formelles Beglaubigungsschreiben zu sammen mit der Anerkennung Mexikos mit bringt, seine Anwesenheit in Mexiko u n e r w ü nscht ist. Eine solche Erklärung können natürlich die Vereinigten Staaien nicht ohne weiteres hinneh men; denn sie bedeutet einen Akt offenbar- st e r Unfreundlichkeit gegen die Re- giening in Washington. SääMches Hohenstein-Ernstthal, 8. August 1913. Der oicsiührige Juli wird als der kälte st e seit 139 Jahren be zeichnet. Im Jahre 1774 soll der Juli die glcichniedrige Temperatur ausgewiesen haben. Herr Bezirkstierarzt Dr. Phil. Weißslog in Glauchau ist vom 10. bis mit 29. August beurlaubt. Mit der Stell vertretung ist Herr Bezirksbierarzt Veterinärrat Schaller in Zwickau beauftragt worden. — Das Ministerium des Innern hat den Antrag des Gaues Sachsen im Verbände der Rabattsparvereine Deutschlands aus Errichtung von Kleinhandelskammern, gegen den sich sowohl die sächsischen Handelskammern, wie diq Gewerbekammern einmütig ausgesprochen hatten, mit der Begründung abgelehnt, daß die Schaffung solcher Kammern weder not wendig noch zweckmäßig fei. — Reitzenhain, 7. August. In den letz ten Nächten waren auf dem Gebirgskamme Nachtfröste zu verzeichnen. An mehreren Stel len sind die Kartoffeln erfroren. — Werdau, 7. Aug. Wegen Abreißens von Blumen bezw. Zweigen von Stöcken auf einigen Gräbern auf dem hiesigen neuen Fried hof wurde von dem hiesigen Schöffengericht ein hier wohnhaster Handarbeiter zu 5 Tagen Gefängnis kostenpflichtig verurteilt. Mosel, 7. Aug. Die Zwickau-Leipzi ger Staatsstraße, welche hier wegen ihrer un übersichtlichen Steigung schon manches Opfer gefordert hat, wird nunmehr auf 960 Meter Länge verlegt. Um die Ausführung dieses Objektes haben sich 22 Tiefbattunternehmungen beworben, deren Forderungen sich von 21 500 bis 38 122 Mark bewegen. Dann kommt auch noch ein Bewerber mit 93 298 Mark. — Reuth i. V., 7. August. Das hiesige Rittergut wurde vom Besitzer Messerschmidt für 400 000 Mart an den Grafen von Hagen-Ber lin verkauft. Messerschmidt hatte das Gut für 275 000 Mark erworben. — Planen i. V., 7. Aug. Aus Furcht vor Strafe wegen Unredlichkeiten, die sie sich zum Schaden ihres Brotherrn hatte zuschulden kommen lassen, hat sich eine 26jährige Fabrik- artteikerin ertränkt. Sie wurde heute, nachdem sie eine Woche lang vermißt wurdej im Mühl graben als Leiche ausgefunden. Einsiedel, 7. August. Getern nach mittag wurde der Flaschenbierhän-ler M. aus Chemnitz auf der Zschopauer Straße in der Nähe des Altenhainer Gasthofes von zwei jun gen Leuten — angeblich Tschechen — über fallen. Durch Schläge von hinten hat M. er hebliche Verletzungen am Kopfe erlitten. Auf seine Hilseruse kamen Leute hinzu und die Täter ergriffen die Flucht. Sie konnten noch nicht ermittelt werden. Leipzig, 7. August. Ueber das Ber ni iigen des bekannten deutschen Flugzeugführers und Fluglehrers Oswald Kahnt in Leipzig ist das Konkursverfahren eröffnet worden. Kahnt zähle zu den ältesten deutschen Fliegern und har als Schüler des Ingenieurs Grade auf dem Grade-Eindecker hervorragende Flüge auch über Land ausgeführt und zahlreiche Preise erwor ben. Kahnt unterhält in Leipzig eine Flieger schule und legte sich auch auf die Konstruktion von Flugzeugen. Man sieht, die Kunst des Fliegens schützt auch nicht vor dem wirtschaft lichen Ruin. — Dresden, 7. Aug. König Friedrich August zeichnete am Donnerstag nachmittag in Begleitung des Prinzen Ernst Heinrich und der Prinzessinnen Margarete, Marie Alix und Anna, j sowie der Prinzessin Mathilde das Festschießen ! der Privilegierten Bogenschützen-Gesellfchaft auf Me kl« Will. Roman von H. C o u r t h s - M a h l e r. (Nc.chd.uck vcrlwtc».! Wenn Marianne sich auch noch im stillen darüber ärgerte, daß ihr Anni ins Gehege ge kommen war — daß dies geschehen, stand sesl bei ihr —, so war doch dieser Aerger vorläu fig verdrängt worden durch allerlei neue Ein drücke. Zu ihrem eigenen Erstaunen fühlle sie sich wirtlich als Fred Bergens Braut ganz glück lich, und sie war nun zufrieden, daß er und nicht Norbert ihr Bräutigam war. Norbert hätt-e doch ewig an ihr herum erzogen und wäre ihr gewiß dadurch bald unausstehlich geworden. Bergen liebte sie wirklich mit all ihren Fehlern, fand alles entzückend an ihr und sein Glücks rausch steckte ihre leicht empfängliche Natur mit an. Sie konstatierte außerdem mit Vergnügen, daß Bergen ein hübscher, schneidiger Mensch war, der eine gme Figur neven ihr machte. L-ie gaben ein schönes Brampaar ab und würden, wenn sie erst Mann rind Frau waren, zusam men in der Gesellschaft eine Rolle spielen. Sie freute sich nun doch daraus, daß sie nun in Bälde verheiratet sein würde. Fred winde sie auf den Händen tragen. Daß Bergen arm war, störte sie in keiner Weise, ^ie selbst war ja reich genug als Erbin ihres Vaters. Dieser konme ihr ohne Beschwer den ein Leben nutz ihrem (Gusto ermöglichen. Natürlich mußie Fred Soldat bleiben, der er ohnedies mit Leib und Seele war. Lie freute sich auf das lustige Leben in der Garnison. Man würde sich eine reizeiide Villa einrichten und ein Leven im großen Llil führen. Gott lob — auf dem einsamen Schloß Eckartsberge brauchte sie nun nicht mehr zu sitzen. Auch nach ihres Vaters Tod würde sie nie aus die parier nach Eckartsberge gehen das weitab lag vom allen gesellschaftlichen Beziehungen, das stand schon s?sl bei ihr. In diesem Sinn hatte sie auch schon mit Fred gesprochen. Er war mit allem einver standen, freute sich wie ein Kind, als sie ihm die hübsche, voimehme Pillü ausmalte, die sie bewohnen würden. Er berauschte sich schon jetzt in deni Gedanken, daß Mariannes elegante, ihm sehr verführerisch erscheinende Persönlichkeit durch die Räume seines Hauses schweben, würde. Ganz vernarrt war er in den Luxus, der ihre Person umgab, obwohl er ein Leben in fast spartanischer Einfachheit führte bisher. Für sich selbst verlangte er auch gar nicht nach Luxus, aber von Mariannes Erscheinung schien ihm die ser unzertrennlich. So hatte er ihr, als er sich am Abend ver abschiedete, ein feines, duftendes Spitzentüchlein entwendet und es an seiner Brust verborgen. Sie lachte ihn ein wenig aus, als er ihr ver- sjcherie, daß er sogar in diese spinnwebfeinen Tücher verliebt wäre. Aber es schmeichelte doch ihrer Eitelkeit. Was sie wohl gesagt hätte, wenn sie Bergen hätte unterwegs beobachten können, Ivie er immer wieder sein heißes Gesicht in die sem Tüchlein barg und glücklich vor sich hin lachte. Es gab jedenfalls in diesen Tagen land aus, landein keinen glückseligeren Menschen als Fred Bergen. Anni «undheim stand dieser plötzlichen Ver lobung etwas verständnislos gegenüber. Hatte sie doch sehr wohl bemerkt, daß Marianne sich um Norbert bemühte. Trotzdem sie sich sagte, daß es töricht sei, atmete sie aber heimlich auf. Gerade Marianne hatte sie sich nicht als Nor berts Gattin vorstellen können. Daß er mit solch einer Gattin hätte unglücklich werden müs sen, war ihr gewiß. Und sein Glück stand ihr noch Zwher als das eigene. Sie fühlte sich jedenfalls wie von einer un gewissen Angst befreit, und ihre Augen blickten > froher und klarer als all die letzte Zeit. War doch nun auch bald die schlimme Zeit überstanden, die für sie seit der Ankunft der Baronesse begonnen hatte. Es würde nun nicht niehr lange währen, bis diese abreiste. Voraus sichtlich würden die letzten Wochen ihrer Anwe senheit erträglicher werden für sie, da die Ba ronesse erftens durch ihren Brautstand in An spruch genommen sein würde und zweitens sich in Anwesenheit ihres Vaters nicht so gehen las sen würde wie bisher. Anni hatte das unbe stimmte, aber sehr starke Gefühl, daß Baron Hochberg sie schützen würde vor allzu schroffen Angriffen seiner Tochter. So seltsam es war, Anni freute sich im stillen auf Baron Hochbergs Besuch in Saßneck. Es war ein unbeschreiblich sympathisches Gefühl in ihrem Herzen für die sen Mann, der ihr doch im Grunde ganz fremd und gleichgültig hätte sein müssen. Sie konnte sich dies Gefühl nicht erklären, zumal sie sonst fremden Menschen gegenüber nicht leicht warm werden konnte. Weniger erfreut sah Norbert Saßneck Ba ron Hochbergs Besuch entgegen. Eine heiße Angst war in ihm, daß dieser auf den Gedanken kommen könnte, Anni seine Hand anzubieten. Hatte doch Marianne selbst gesagt, ihr Vater sei ganz vernarrt in Anni. Und Baron Hochberg war trotz seines Al ters ein Freier, dem so leicht keine Dame einen Korb geben würde. Selbst wenn ihn Anni nicht liebte — würde sie sich bedenken, seine Hand anzunehmen, um ihr wenig beneidenswertes Los zu verbessern? Durfte er es ihr verdenken, wenn sie solch eine glänzende Partie annahm? Er hatte ja leider kein Recht an sie — nicht den Schatten eines Rechtes. Wenn ihm auch manchmal schei nen wollte, als sei er ihr etwas wert — was hatte er ihr zu bieten im Vergleich zu Baron Hochberg? Wohl gab es Stunden, wo er aller Sorge über diese Frage ledig war, wo er zu fühlen meinte, daß ihn Anni mit derselben Innigkeit liebte, als er sie. Und dann war er sicher, daß sie nie einem anderen angehören würde, obgleich sie nie die Seine werden konnte. Anni war ja nicht wie Marianne. Sie würde lieber in Ab hängigkeit weiter leben, als ihre Hand ohne ihr Herz verschenken. Dann wünschte er sich nichts weiter, als daß sie immer in Saßneck bleiben niöge und daß er ihrer Liebe gewiß sein könnte. Damit glaubte er sich zufrieden geben zu kön nen. Er wollte dann auch unverheiratet blei ben. Diese zufriedene Stimmung wurde aber immer öfter von einer heißen quälenden Sehn sucht nach Annis Besitz abgelöst. Das leiden schaftliche Verlangen nach Anni brachte dann alle Vernunftsgründe zum Schweigen und er zermarterte sein Hirn nach einem Ausweg, nach einer Möglichkeit, sich die Geliebte zu erringen. Und er begann in alten Dokumenten und Papieren hcrumzustöbern und die Chronik seines Hauses durchzustudieren, in der Hoffnung, ir gendeinen Anhaltspunkt zu finden, um das ihn grausam drückende Hausgesetz umstotzen oder um gehen zu können. Er nahm sich die gründliche Durchsicht für den Winter vor, wo er mehr freie Zeit haben würde. Anläßlich eines geschäftlichen Aufenthalts in Berlin suchte er auch einen dortigen Rechtsan walt auf, um ihn über diesen Punkt zu konsul tieren. Vielleicht fand dieser einen Ausweg. Aber er kehrte ohne Hoffnung heim. Es war auch nach Aussage des Rechtsanwalts nichts zu tun. (Fortsetzung folgt.)
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