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Unterhaltungs-Beilage ms rlr- 60. Erscheirrt «oock^rrtzliet? zweirnccrl. Druck und Verlag von I. Nuhr Nachfolger t)r Nivan Irisch, Hobenftein-Lrnfttdai. l VS N6. Fortsetzung.) Frankenburg entgingen diese Unterscheidungen: er I halte nun doch endlich, Dank einen, glücklichen Zufall, in diesen Kreisen festen Fuß gefaßt, er vergaß die Nizzaer- Erlebnisse und die daraus gezogene Moral, und ließ sich in voller Behaglichkeit von der Sonne bescheinen. Nur wenn er Geschäftskonferenzen hatte, war er besonnen und wachsam; da kam ihm niemand mit Worten und Schmeicheleien an, da hielt er sich nur an die starren Ziffern. Die andern gingen stufenweise, wie er voraus gesehen, hinauf, — er jedoch ging nicht herunter: wollte man mit ihm Zusammentreffen, so mußte man sich eben dorthin bemühen, wo er festen Posten gefaßt hatte. Selbst eine kleine Anspielung auf eine Ordensauszeichnnng prallte an seiner Beharrlichkeit ab. Ja, er fand selbst, daß ihm so etwas für seine Verdienste um die Hebung der Industrie gebühre, aber er sah durchaus nicht ein, daß er es erst verdiente, wenn er dem erlauchten Präsidenten der Gesellschaft den Liebesdienst erwiesen haben würde, ein paar Millionen nachzulassen. In seinem Entschlusse, nicht nachzugeben, wurde er eines Tages durch den Besuch eines Hamburger Geld mannes bestärkt, der sich als der Abgeordnete eines deutschen Konsortiums vorstellte. „Im Prinzip sind wir einig, mit sehr guten Anträgen an Sie heranzutreten: wir bitten Sie nur, uns eine längere Frist zu gewähren, um unser Syndikat vervollständigen zu können." Frankenburg kniff das eine Auge zusammen. „Ich mache Sie aber aufmerksam, daß ich hier schon feste An träge habe —" „Das tut nichts. Wollen Sie mir gestatten, ein paar Tage in Stubing zu verbringen, und alles genau in 'Augenschein zu nehmen? Wir würden auch eventuelle Käufer für die Kohlenwerke sein. Ich bin von meinen Geschäftsfreunden ermächtigt, nach dieser Besichtigung mit Ihnen einen Vorvertrag abznschließen und eine bedeutende Anzahlung zu erlegen. Kommt es innerhalb eines Viertel jahres nicht zu^eineni Abschluß, so ist unsere Anzahlung verfallen und Sie Haven wieder volles, freies Versügungs- recht über Ihr Eigentum." Das ließ sich hören! Frankenburg gab Herrn Mückert «in Schreiben an seinen Direktor mit, in welchem er diesen beauftragte, den Besucher im Schlosse ein- zuquartieren, für alles auf das beste zu sorgen, und alle gewünschten Auskünfte zu erteilen. Außerdem schrieb er direkt an seiuen Vertrauensmann, empfahl ihm strengste Diskretion, damit nichts von dem Besuche des Kauflustigen hinausdringe. „Falls ich mich meiner Unternehmungen entledige", schloß er seinen Brief, „so wird es weder Ihr Schade, noch der meiner Leute sein. Alle meine Beamten erhalten eine ausgiebige Abfertigung, und die Zusicherung von Seiten der Erwerber, sie in ihrer Stellung zu be lassen oder mit vollem Gehalt zu pensionieren. Für die Arbeiter werde ich aber in diesem Falle eine Stiftung von einer Million machen." Von diesem Tage an war er gegen die Gesellschaft 3 iß ^Nachdruck verboten.) „Vulkan" noch unzugänglicher, als bisher. Als man ihm ber einer neuerlichen Beratung acht Millionen anbot, erhob er sich endlich mit plötzlichem Entschlusse und er klärte, die Verhandlungen vorderhand abbrechen zu wollen, in einem halben Jahre möchten die Herren wieder einmal anfragen. Graf Schönlind war sichtlich erregt. Er preßte die dünnen Lippen zusammen und sagte aufgebracht: „Hören Sie, mein lieber Frankenburg, an Ihnen ist wirklich was verloren gegangen!" „Vielleicht ist der Verlust gegenseitig, Erlaucht", er widerte der andere trocken. Es kam zu keiner weiteren Auseinandersetzung, da Frankenäurg grüßte und ging. Aber man rächte sich in anderer Weise, indem man sich in den Salons eine gewisse Reserve auferlegte und die Gräfin ihre sonst so häufigen Besuche einstellte. Bald darauf belauschte Hertha bei einer Abendgesell schaft ein Zwiegespräch. In der einen Flüsterstimme er kannte sie die der Gräfin Schönlind, die andere war ihr fremd. Die Fremde begann: „Sagen Sie mir nur, wie kommen denn diese Frankenburgs in die Gesellschaft? Wenn sie auch zehnmal eine Hagenau ist. Zu meiner Zeit war man viel, viel strenger." „Ja, wissen Sie, Liebste, das ist, seitdem unsere Männer sich in Lie Geschäfte gestürzt haben, da braucht man leider zuweilen diese Menschen, — oder vielmehr ihr Geld und den Einfluß, den sie damit ausüben." „Traurig, sehr traurig! Zu den guten Zeiten hätte man so einen Menschen in die Portierstube gewiesen. Sehen Sie nur, wie er dort mit dem Minister Hoch hausen familiär tut." „Ja, ja, Sie haben ganz recht! Die besten Salons sind heutzutage verprotzt. . . Na, wir haben den Verkehr mit diesen Leuten aufgegeben." Hertha hatte genug. Als sie mit Frankenburg nach Hause gekommen war, sagte sie: „Was ich heute gehört habe, bestimmt mich, auch nicht länger in Wien zu bleiben." „Na, was hast du denn schon wieder gehört?" fragt« er ärgerlich. „Mir scheint, das packt dich so periodisch", und er machte eine unzarte Fingerbewegung nach der Stirn. Jetzt wiederholte sie ihm das ganze belauschte Zwie gespräch, aber er lachte gleichmütig auf: „Das ist nur, weil ich mich vom Schönlind nicht übers Ohr hab' hauen lassen. Lab nur gut sein: er wird schon noch einmal kommen." „Nein, ich lasse das nicht gut sein! Wenn du es über dich bringst, ähnliches hinunterzuschlucken, ist das deine Sache. Ich aber ertrage es nicht. Wohl muß ich «8 je doch bedauern, daß du dich um der Ehre willen, im Troß mitlaufen zu dürfen, wie der geringste Hausknecht b«- handeln lassest." Diesmal wurde «r unangenehm; er erklärte, für per- HoheOem-EmUMer Tageblatt Km Leben gestorben Koman von N. L. von Suttner.