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— Oberwiesenthal, 24. Juli. Regel rechtes Herbstweiter herrscht zurzeit in unseren Bergen und das Thermometer ist dein Gefrier punkt schon recht bedenklich nahe gekommen. Daß es sogenannte Sommer gegeben hat, in denen das Wetter nach weit ärger gewesen ist, beweist uns zum Trost eine Bekanntmachung aus den. Gemeinnützigen Erzgebirgischen Rn zeiger für alle Stände vom Jahre 1824 in Schneeberg. Sie lautet wie folgt: „Der heutige Jahrmarkt hat wegen des seit einigen Tagen hier eingetretenen heftigen Regens und Schnee gestöbers, wo der Schnee auf Feldern, Häusern und Straßen an vielen Stellen über Elle hoch sich ansammelte, nicht gehalten werden können, und ist auf das Bitten mehrerer Han delsleute daher auf den 30. Juni d. I. ander weit verlegt worden. Oberwiesenthal, den 14. Juni 1824. Der Rath alda." — Plauen, 24. Juli. Das vierjährige Söhnchen eines Fuhrwerksbefitzers aß von den giftige» Schoten eines aus einem Schmuckplatz der Stadt stehenden Goldregenbaumes und er lag der Vergiftung, zu der noch eine Blind darmentzündung getreten war. — Leipzig, 24. Juli. Der 18. Deutsche Reichsfeuerwehrtag, der bis zum 29. Juli dauert, hat heute hier begonnen. Mit dem Kon greß, aus allen Teilen Dentschlands und auch aus dem Auslande sehr zahlreich besucht, ist eine Jeuerwehrausslelluug verbunden, die heute vormittag auf dein Meßplatzc vor dem Jrank furter Tor feierlich eröffnet wurde. Unter ande ren waren erschienen der kommandierende Gene ral des 19. Armeekorps, General der Artillerie v. Kirchbach, Kreishauptmann v. BurHsdorss, Oberbürgermeister Dr. Dittrich, zahlreiche Mit glieder des Ratskollegiums rind der Stadtver ordnetenversammlung, der Vorsitzende der Deut scheu Turnerschaft, Geh. Sauitätsral Dr. Fer dinand Götz, Branddirektor Westphalen-Ham bürg, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Be rufsfeuerwehreu, Magistratsrat Lang Landau (Pfalz), der Vorsitzende des Deutschen Reichs feuerwehrverbandes, Branddirektor Ruhstrat Stettin, Vorsitzender des Preußischen Feuer Wehrbeirats, usv. Tas Musikkorps des 8. In fanterieregiments Nr. 107 eröffnete den Festakt mit der Beelhovenschen Hymne „Tie Himmel rühmen des Ewigen Ehre". Der Kommandeur der hiesigen städtischen Bcrufsseuerwehr Tr. Neddemann hielt die Begrüßungsansprache. Hierauf ergriss .Kreishauptmann v. Burgsdorss das Wort und sagte u. a.: Tie Königl. Staats regierung habe von jeher den Berufsseuerweh ren wie den sreiwilligen Feuerwehren die größte Hochschätzung und wohlwollendes Interesse be wiesen. Ter König bedauere es lebhaft, daß er infolge seiner Abwesenheit von Sachsen die Tagung nicht besuchen könne, er habe aber de» Prinzen Johann Georg mir seiner Vertretung beauftragt und überdies an drei hervorragende Leiter dieser Bestrebnngen Oroensauszeickmungen verliehen. Oberbürgermeister Tittrich erklärte sodann nach einer Ansprache die Ausstellung für eröffnet. Im Namen des Teulschen Reichsfeuer wehrverbandes sprach Magislratsrat Lang Lau bau. Es folgte hierauf ein Rundgang durch die blus tellnug. Tas Progralnm der Tagung um saßt neben Fachvorträgen Sitzungen des techni scheu Ausschusses, des deutschen Reichsfeuer Wehrausschusses usw. Am Sonntag findet ein großer Feslzug vor dem Prinzen Johann Georg statt. Am Montag vormittag ist die Hauptver sammlung, der am Nachmittag eine große patriotische Feier am Völkerschlachrdenkmal folgt. Pit'sa, 2ö. Juli. Einem 16jährigen Mädchen, das bei einem Gutsbesitzer in Weitz schenhain in Stellung ist, wurde von einem ebenfalls dort dienenden gleichalterigen Pferde knecht mit dem Taschenmesser der halbe Dau men von der linken Hand abgeschlagen. Der Knecht Ivar beim Kafsectrinken über das Mäd chen in Wut geraten, weil er ein Töpfchen haben wollte, das das Mädchen für sich reser viert hatte. Aeueltes vom Lage. * Dampserbrau d. Im Petersbur ger Handelshafen geriet der Hamburger Damp fer „Haus Leonhardt" mit einer Ladung von Salpeter, Baumwolle und anderen leichtentzünd lichen Waren in Brand. Der Dampfer ist voll ständig ausgebrannt. Das Feuer ist durch Selbstentzündung von Salpeter entstanden. Bei den Rettnngsarbeiten wnrden ein Ingenieur und mehrere Feuerwehrleute durch Salpeterdämpfe betäubt. Obwohl 20 Schleppdampfer und vier Feuerwehrschiffe an den Löscharbeiten teilnah men, gelang die Dämpfung des Feuers erst, als sich der Dampfer schon seitwärts neigte. Der Schaden beträgt 700 000 Marl; belastet find nur deutsche Vetlicherungsgesellschnften. * S ch w e r e E i s e n b a h n u »fälle haben sich am vorgestrigen Tage in der Schweiz und in Italien ereignet. Als ein Arbeiterzug aus dem Züricher Hauptbahnhosc aussuhr, kam von der Seite her eine große Schnellzugs Loko Motive und erfaßte den Zug. Ter Zusammen stoß war furchtbar. Ans zwei vollständig zer trümmerten Wage» des Zuges wnrde» 30 Per so»en hervorgezogeu, die zum Teil sehr schwere Verletzungen aufwiefem Tic Schuld cm dem Unglück trifft de» Führer der Schucllzugsmn schine. — Bei Foggia fuhr ei» Zug i» eine Arbeßerkolouue von 35 Mcnm. Zwei Arbeiter wurde» getötet, viele schwer verletzt; bei mehrere» besteht Lebensgefahr. * Willkommene Folgen des Erdbeben s. In Ingolstadt sind vier dem Königl. Proviantamt nnd drei verschiedenen Branereien gehörende 50 bis 90 Meter tiefe Brunnen, in denen das Wasser seit sechs Wochen ganz ausgeblieben war, infolge des Erdbebens vom Sonntag wieder reichlich mit Wasser ver sehen. * Schreckenstat einer g e i st e s- g e st v r t e n M utter. In Dülken (Rhein land) .«egte eine geistesgestörte Frau ihr zwei Monate alles Kind in das Bett und zündete es an. Dann riß sie das Kind wieder aus den Flammen und sprang mit ihm in einen Brun ne». Mutter u»d Kind liege» hvffmingslos da»ieder. * D i e E r P > o s i o » in der Wallersdor fer Munitionsfabrik, worüber nur berichteten, hat bisher drei Todesopfer gefordert. Außerdem sind 16 Personen, meistens Frauen, schwer verletzt. Drei davon dürften kaum mit dein Leben da- mmkowmeu. Ein 15jahrigcr Lehrling, ans des sen Arbeitstisch die Katastrophe erfolgte, ringt gleichfalls mit dem Tode, Neber die Enbftehnngs Ursache der Katastrophe ist man sich noch nicht klar. Man nimmt an, daß der Lehrling zu stark auf einen mit Pulver gefüllten Zünder geschla gen har, oder daß sich das Pulver durch Rei bung mit einem Fremdkörper entzündete. Nach per Erplofüm entstand unter den Arbeitest eine furchtbare Panik, da sie bei der Flucht das Tor verschlossen sande». Die Arbeiter wurde» ausge- sorderk, die Arbeit wiederauszmrehmc», weiger ten sich jedoch entschieden. Schließlich ordnete der Kommandant der Munitionsfabrik an, daß die Arbeit unterbleibe» solle. * E i n e v e rbäng » isvoll e O h r- feig e. Ter Landwirt Lesser in Tanibach bei Saalfeld geriet auf offener Straße mit dein Gutsbesitzer Hoffmann in einen Wortwechsel, in dessen Verlauf er ihm eine Ohrfeige versetzte. Kurz darauf fiel Hoffmann zn Boden und war tot. * Mähder- M a r t t. Vom Bodensee schreibt man: Neben dem Friedrichshafener Kin- dermarkt, bei dem in jedem Frühjahr die Ti roler Hütekinder, Schwabenkinder genannt, förm lich verkauft werden, gibt es am Bodensee auch noch zu Beginn der Heuernte den sogenannten „Mähder-Markt". Dies Jahr wurde er wieder in Romanshorn abgehalten. Gegen 200 bay rische nnd württembergischc Heuer fanden sich dort eilt, um sich für die Heuernte in der Schweiz verdingen zu lassen. Nach Erfüllung der Zollformalitäten beginnt der Markt. Nebst gu ter Kost nnd „Tranlsame" (Getränk) wurden. Heuer 5 Franks bei Heuwetter und 3 Franks bei Regenwetter oder mindestens 4 Franks täglich, ob schön oder schlecht Wetter, offeriert. Handel uud Gewerbe. Arr««n, 24 Juli. Uplaub middling loko 62— Psg. Ruhl«. Ai»erpoot, 24. Juli. Tage-umsatz 8060 Voll,-. Liese» ringen stetig. Juli 6,42, Juli-August 6,42, September-Ok tober 6,20, November.Dezember 6,1l, Januar-Feblnar 6,ll, März-April 6,13. 24 Juli ProrrNdrserd-vs,. Weizen Juli —.—. September 204.75, Oktober 205,25 Roggen Juli 178.50, September 171 50 Oktober 172 25 Haier Juli , September 168 50. Moir amerikan. mixed Juli - . , Sep tember —,— Rüdöl Juli —,—, Oktober 67 30, Dezember Zahlungseinstellungen: Handelsßnu Anno Auguste Reichel geb. Arnold in Mittelsnida bei Lengefeld i. E. GesellschaU Felix Hahn, G. m. b, H in Dresden. Spediteur Julius Leutsch in Leipzig. Firma I. E. Boehmer, G. m. b. H. in Langburkersdms bei Neustadt i. Sa. Drogenhändlerin Hulda Margarethe Jauszus ged Giebel in Meerane. Zigarcen- handler Maximilian Röthig in Dresden. — Aufgehoben: Kaufmann Israel Klein in Leipzig-Reudnitz Kaufmann Emil PiorkowSk« in Leipzig Schnittwarenhändler Franz Äwm Blei in Bad Lausick. Nachlatz des Oberingenieurs Charles Friedrich Ferdinand Lawson Spiegelberg in Leipzig. Schlachtvieh Preise aus dem Viehhofe zu Chemnitz nach amtlicher Feststellung. Austrieb: 450 Kälber, 579 Schweine, zusammen 1029 Tiere. Kälber: Feinste Mast- (Vollmilch-Mast-) uno beste Saug kälber 94—88 (58-61), mittlere Mast- und gute Saug- käldei 90 —93 (54—56), geringe Saugkälber 89—93 (50— 52), ältere gering genährte Kälber (Fresser) fehlen (—). Schweine: Vvllfleischige der seinereu Rassen und deren Kreuzungen im Alle, bis zu 1'/. Jahren 78-M (78-80), Fettschweine 78 (78), fleischige 76—77 ^76—77), gering entwickelte 74—75 (74 - 75), Sauen und Eber 68—72 ,68—72). Die Preise verstehen sich bei allen Biehgattungcn bn Schlachtgewicht per 50 Kilogramm. (Die einqeklammerten Zahier bedeuten die Lebendgewichtspreise.) Die SchlachlgewichtSprels' bei Schweinen verstehen sich nach Abzug von 20 Proz. Tara Marktpreise. Chenmitz, Wegen, fremde Holten I I 23. Juli 1913. M. 59 pro 50 Kilo Pf. bis 11 M. 85 Pf. - sächsischer 9 . 35 . o - 95 Roggen, - 8 - 30 * . 8 . 60 * § - preutz. 8 . 80 . 8 . 95 ä - Nemdec — , — . — , — Z Gerste, Brau-, fremde — - — » . — - — » - - sächsische 8 , — - 8 . 30 s -vr - Fuitcr- - 20 - 7 - 70 - Hafer, sächsischer 8 , — » . 8 . 60 rL - preußischer 8 - 80 . 9 » — n - ausländischer 8 - 85 . 9 , — r <5 Erbsen, Koch- 10 - 50 . I! - — Z. - Mahl- u. Futter 9 - 15 - 9 - 65 s 3 Heu, neu 2 - 90 - 3 - 20 —r - gebündelt 3 . 80 * . 4 . 30 - s 8 Stroh, Flegeldrnsch 2 - 20 . 2 . 40 8 o> - Mafchinendrnsch l/cr Langstroh I . 50 - - 1 . 80 Ttroh, Maschinendrusch Kcummstroh > - 10 o - I - 40 Kartoffeln, tnlündischc 3 - 50 - 4 . 50 - ausländische I - 50 - 7 , — Butter, I Kilo 2 - 50 - 2 - 70 - l. Hadji Adil-Bm, der neue üirincdc wcnwcluein. von Adrianopci. 2. Enver-Bei, besetzte mit tür kischen Truppen Adrianapel. 3. Die Tclim-Monpce in Adriouopel. 4. Gesamtansicht von stirk-Kilisse. Zum Vormarsch der türkischen Armee. , Arme kleine Anni. Roman von H. C o u r t h s - M a h l e r. 2!ß (Nachdruck verboten.) Baron Hochverg halte erst, als er Anni sprechen hörte, mit einem jähen Ruck seinen Kopf erhoben. Die schöne weiche Stimme schien ihm seltsam bekannt und vertraut. Und nu» sah er sich nach der Sprecherin um. Da sprang er plötzlich mit einem heiseren Laut der Er regung auf, streckte die Häude aus Ivie uach einer Vision und ging schwankend einige Schrit te ans Anni zu. „Maria, Maria!" rief er dabei mit einem erschütternde» Ausdruck. Auui sah ih» erschrak keu au, und Frau vo» Saßneck faßte ihn be troffen am Arm. „Was ist Dir, Vetter? Diese junge Dame ist Fräulein Anni Sundheim, meine Gesell schafterin, von der ich Dir erzählte." „Nein — nein — »ein — es ist Maria", stieß er in furchtbarer Aufregung hervor, und schaute mir weitgeöfsueteu Augen in das süße, erschrockene Mädchengesichl. Amii slaud beklom men vor ihm. „Baron Hochberg ist anscheinend von einem Unwohlsein befallen, bitte, hole» Sie doch ei» Glas Wasser, liebe Amii", sagte Fra» von Saß »eck angstvoll, weil sie sich ihres Vetters Be nehmen nicht deuten konnte. Aber der Baron streckte beschwörend die Hände nach Anni aus. „Bleiben Sie — bitte, bleiben Sie", stieß er heiser hervor. Anni sah Tante Elisabeth an, und diese neigte das Haupt, zum Zeichen, daß sie bleiben sollte. Nun faßte sich Anni ein Herz. Mit teil nahmsvollen Blicken sah sie zu dem schönen, alten Herrn empor. „Sie irren sich gewiß in meiner Person, Herr Baron", sagte sie leise. Er sah sie noch immer an wie geistesabwe send. Und dann brach er plötzlich kraftlos in einem Sessel zusammen. Frau von Saßucck trat besorg! neben ih». „Fühlst Du Dich unwohl, Rolf, soll ich cc neu Arzt rnfen lassen?" Er schüttelte den Kops und wischte sich mit dem Taschentuch die feuchte Stirn. „Elisabeth — das isl — das ist wie ein Wunder", sagte er, seinen Blick nicht von Amüs Gesicht lassend. „Was denn, Rolf?" fragte die alte Dame unruhig. Sie glaubte nicht anders, als das) sich die Sinne des Barons verwirrt hatten. Er faßte ihre Hand. „Elisabet-H — sieh mich nicht so erschrocken cm. Ich sage Dir — ei» Wunder ist geschehe» — diese ju»ge Dame —" Er brach ab »»d stcmd plötzlich wieder aus. Dauu verneigte er sich vor Amii sehr artig imd richtete sich zu seiner volle» Höhe empor, sich gc waltsam fassend. „Verzeibcm Sie mir, mein gnädiges Fräu lein, wen» ich Sie erschreckt habe. Ich m»ß wohl eben eine» sonderbare» Ei»dr»ck a»f Sie gewacht habe». A»ck) am Dich, Elisabeth. Zu meiuer E»Nch»ldig»»g kamt ich mir sage», das; mir ein Wunder augenv'.icklich die Simic ver ivirrt hatte — wirtlich ci» Wmidcr. Diese jmige Dame gleicht mcmcr vcrslorveac» Fra» so ganz »»glaublich, daß ich diese selbst vor mir zu sehe» glaubte. Nem, »ei», Elisa, glaube nicht, daß ich phantasiere. Hier — sieh Dir dies Bild an — ich vergönne de» Anblick sonst fast nie einem Menschen, aber ich muß Dich be ruhigen lind mein Verhalten rechtfertigen. Nun urt-eile selbst." Er nestelte mit zitternden Hände» ci» Me- daillv» vo» seiner UhrkeAe, ösfnete es >md reichte es seiner Knsmc hi». „Dies ist das Bildnis meiner Fran", sägte er hinzu. „Du wirst erkenne», daß dies Gesicht der jmige» Dame gleicht, al.- sei es ihr eigenes Bild. Und wem, ich Dir »och auf mein Ehre»- wort versichere, daß meine Maria dieselbe Ge stalt, dieselben Augen, die gleiche Haarsarbe, dieselben Bewegungen und sogar dieselbe Klang farbe der Stimme hatte, dann wirst Du meine Erregung versiehe». .Hier !» der andere» Hälfre des Medaillons smdesl T» eine Haarlocke Ma cias. Vergleiche sie mit dem .Haar der jungen Tamc, das doch gewiß eine sehr seltene aparte Farbe bm — ich glaube, es ist genau dieselbe Nuance. Und dann sage mir, daß ich ein Recht halte, an ein Wunder, eine Vision zu glaube», als ich Fräalei» Sundheim vor mir sah." Frau von Saßiieck prüfle das kleine Me VailwnbÜdche» und sah dami betroffen m Annis Gesicht. „Wahrhaftig, Kind — da schaue» Sie her — das ist sehr seltsam. Ma» kömite wirklich meine», Vas sei eine Ausnahme von. Ihne» selbst. Sogar der Ausdruck des Gesichts erinucrt an Sie." Amii blickte auf das Bildchen herab. Ein seltsames Gefühl bemächtigte sich ihrer. „Wirklich — ich bejine eine Pholograptzie vo» mir, die in der letzten Zeit fn Hamburg auf- gcnommeii isl — ich glaube, man köunle die vciden Kopfe verwechseln. Sogar die Haartrachl isl ähnlich." „Ganz gewiß", bcsläligte der -Baron. „Meine Frau haue ebenso reiches, schweres Haar als Tie und behauptete, es ließe sich nur iu dieser cümi Weise ordnen." Anni mckie lebhajl. „Ja, man bekomm! es sonst mchc fest." Ter Baron ließ seine Angen nicht von Amii. „Nun, die Locke noch, Elisa — bitte lege Vie Locke auf Fräulein Slmdheims Haar." Vorsichtig löslc die alte Tame die .Haar locke ans dem Medaillon und legte sie aus An ins Scheitel. Es war genau die gleiche Farbe, nur Halle das lebendige Haar mehr Glanz als das lote. Amii sah »och immer aus Vas kleine Bild chen herab. Sie dachte daran, was ihr Frau von Saßiieck von Baron Hochbergs kurzer Ehe und seiner seltenen Treue erzählt hatte. Mil einem teilnahmsvollen Ausdruck sah sie mm auf iu das vornehme, noch immer erregte Gefichl des Barons. Seine Angen blickteil in die ihren mir warmem Leuchten. Ta wurde ihr ganz wunderlich zmnme. Sie hätte sein Gesicht mit linden Händen slreichcln mögen, nm ihn zu beruhigen. Es drängle sie, diesem Mamie, dem jie heule das erjlemal begcgneie, etwas Liebes und Gutes zu tun. Mit bebender Hand reichte sie ihm das Bildchen zurück. „Es litt mir sehr leid, Herr Barcm, daß wein Anblick lraurige Erinnerungen in Ihne» geweckt Hal. Das isl allerdings eine sehr selt- Wme Aebnlichkeil >md ich versiehe Ihre Er regung." Er faßte ihre Hand und hielt sie fest. „Nicht wahr, mein liebes Kind, Sie zürnen mir nun nicht mehr wegen meiner formlosen Begrüßung? Ich gestehe, daß die Erregung noch in mir nachzittert. Sie dürfen es mir nicht übel denken. Nein — lassen Sie mir Ihre kleine Hand noch ein wenig. Sie ist so warm uud lebendig. Und wenn ich sie betrachte mit de» seine», schlanke» Finger» »»d Sen schö» gefonu le» rosige» Nägel», da»» isl es mir, als hielt, ich die .Hand meiner ocrswrvenen Fra». Kind es isl alles Ivie ei» Wunder. Wcim ich Sic mischauc, kami ich mebr als zwanzig Jahrc ver gcsseu. Sie sind wohl auch ungefähr in dem Alter, als meine Fra» war, Va ich sie keime» lernte." „Ich bin eimmdzwcmzig Jahre att, Herr Baron." El atme!-e tief a»f. „So all Ivie meine Tochter — Sie könnten meine Tochter sei», liebes Kind. Deshalb las se» Sie es sich ruhig ge alle», »>e»» üb Sic mit webmütigem Wohlgefallen belrachte. Es darf Sie nich! beleidigen." Anni sah mit ihrem somiigen Lächeln zu ihm aus. Er traut dieses Lächeln förmlich iu sich ein. „Gewiß mütz, Herr Barou." Er führte ihre Hand au die Lippen und gab sie daun mit einem warmen Druck frei. (Fortsetzung folgt.)