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?-L L «G N ÄKZRN s L s^L LL§G^ ! ssr ^icht verflogen war. „Er hat sich mit seinem Wort ver pflichtet, mit oder ohne Begleitung zu kommen — und da möchte ich denn die Sache anders, denn als bloßen Scherz auffassen. „Ah!" rief Billette plötzlich und starrte nach der Glas tür, die soeben geöffnet worden war. „Teufelskerl!" murmelte Tattenbach. „Richtig bringt er sie!" Der ehrenwerte William Lee stimmte eilig ein „Lipp, hipp, Hurra" an, als ihm Billette die Hand auf den Arm legte: „Still! Das könnte sie noch im letzten Augenblick verscheuchen." Er eilte den beiden entgegen: „Wir haben Sie schon mit Sehnsucht erwartet, lieber Freund . . . Darf ich Sie bitten, mich sorstellen zu wollen?" Frankenburg schüttelte die dargebotene Hand: „Marquis de Billette — Gräfin Kraßnicka." Der Marquis verbeugte sich, als befände er sich in einem königlichen Audienzfaal. Dann gab er den beiden das Geleite zum Tisch und stellte die anderen Genossen vor. Eine kleine Verlegenheitspause entstand, als er mit den Herren fertig war und nun die „Freundinnen" an die Reihe kommen sollten, aber der Kapitän sprang mit großer Geistesgegenwart und Unverfrorenheit ein: „Erlauben Sie, Frau Gräfin, Ihnen meine Nichten vorzustellen: Miß Flora, Mademoiselle Ninon, Fräulein Hansi. Ein inter nationaler Mensch, wie ich bin, habe ich die guten Kinder auch international erziehen lassen, nämlich die eine in London, die andere in Paris und die dritte in Wien." Die Gräfin erwiderte die Vorstellung mit einem leichten Neigen des Kopfes; nichts in ihrer ernsten Miene verriet, ob sie die Behauptung des Kapitäns für wahr hielt, oder die Lüge durchblickte. Der Ehrenplatz wurde ihr angewiesen; zu ihrer Rechten kam Frankenburg, zur Linken Billette zu sitzen. Der Beginn des Diners war, wie immer, sehr wohl anständig. Kapitän Guntram hatte als Onkel dreier unschuldsooller junger Mädchen seine feierlichste Miene angenommen und er spielte seine Rolle mit solchem Ernst, daß er zuweilen der einen oder der andern kleine sanfte Verweise zurannte, die bei den jungen Damen immer ein sehr respeltwidnges Gekicher hervorriefeu. Selbst die Herren vermochten nicht bei dieser Pose ihre Lachlust zurückzuhalten, und unwillkürlich platzte einer von ihnen los. Nur die Gräfin bewahrte eine unerschütterliche Ruhe. Wenn Villetta oder Frankenburg das Wort an sie richtete, gab sie wohl kurze Antworten, aber ihr starrer Blick blieb wie festgebannt auf die schwankende Taube geheftet und ihre unbewegliche Miene hatte den Ausdruck solcher Geistes abwesenheit, daß man den Versuch bald aufgab, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Diese kühle Erscheinung, die wie eine Marmorstatue am Haupte der Tafel saß, begann nach und nach die ganze Gesellschaft zu beeinflussen. Der Champagner wurde zwar reichlich aufgetragen, Guntram und Franken burg setzten ihre gewohnten Verstärkungen zu, und doch wurde es immer stiller und gedrückter. Selbst der Toast, den der „Onkel" auf den Meisterschützen ausbrachte, fand nur ein schwaches Echo — kurz alle befanden sich eher in der Stimmung, als feiere man das Andenken eines Toten, statt den öffentlichen Sieg eines Sportsman und den privaten eines Herzenseroberers. An: unteren Ende der Tafel sprach man bald nur mehr im Flüsterton, in den von Zeit zu Zeit ein Helles Auflachen von feiten einer der „Freundinnen" grell hineintönte. Diese Mißerfolg brachte Frankenburg in die übelste Laune, die er durch reichlichen Trunk zu verscheuchen hoffte; aber das wollte diesmal nicht helfen, und endlich flüsterte er seiner schönen Statue im gereizten Tone zu: „Ich werde einen Wagen rufen lassen; Sie scheinen sich ja bei uns greulich zu langweilen." „Wenn Sie meiner nicht weiter bedürfen, werde ich Ihnen verbunden sein", erwiderte sie kalt. „Ich fühle selbst am besten, daß ich in diese Gesellschaft nicht passe." »Ja, ja, ganz und gar nicht!" bestätigte Franken burg brutal: dann rief er einen Kellner und gab diesem bezüglich eines Wagens Auftrag. „Meine verehrten Freunde", sagte er hierauf, „die Gräfin fühlt sich so un wohl, daß sie um Nachsicht bittet; sie will sich zurück ziehen." Ein leises „Bravo" von Seiten des Kapitäns wurde hörbar, obwohl es nur für setne unmittelbaren Nachbarn bestimmt sein mochte. Nach wenigen Minuten wurde der Wagen gemeldet. Frankenburg bot seiner Dame den Arm, führte sie hin aus und verabschiedete sich von ihr mit einem kurzen „Gute Nacht", um sodann wieder zur Gesellschaft zurück zukehren. (Fortsetzung folgt.) Okmesiscke heiraten. Skizze von R. Esser. (Nachdruck verboten.) Bei einer Heirat im Reiche der Mitte haben die Haupt beteiligten — Braut und Bräutigam — am wenigsten, meist sogar gar nichts zu sagen. Alles nötige besorgen die Eltern, die Wahrsager und die Heiratsvermittler. Den Wahrsagern obliegt die ungeheuer wichtige Aufgabe, fest zustellen, daß die zu Vermählenden nicht etwa unter feind lichen Sternen geboren sind, und den für die Hochzeit günstigsten Tag auszusuchen. In den meisten Fällen haben sich Braut und Bräutigam vorher noch nie gesehen, was seinen Grund in der außerordentlich zurückgezogenen Lebensweise der Chinesinnen hat. In einer roten Sänfte wird die dichtverschleierte Braut zu der Familie des Bräutigams gebracht. Ein männliches Mitglied ihrer eigenen Familie begleitet sie bis vor die Tür und verläßt sie dort. Eine Brautführerin, die, ent gegen der abendländischen Sitte, Frau und Mutter einer zahlreichen Familie sein muß, geleitet die Braut über die Schwelle in das Haus, wo der Bräutigam sie in Empfang nimmt, und sich mit ihr vor den Ahnentafeln und den an wesenden Familiengliedern verbeugt. Sodann hält sich die immer noch Verschleierte an seinem Gewände fest und folgt ihm in ein gesondertes Gemach, wo die Braut führerin ihnen ihren Platz auf einem Kissen anweist und ihnen einen Faden in die Hand gibt. Mit einem roten Stöckchen hebt sie dann den dichten Schleier der Braut, und jetzt sehen die Neuvermählten einander zum erstenmal; nachdem sie dann beide aus einer Schale Tee und aus einer Schale Wein getrunken haben, ist die Zeremonie beendet — sie sind vermählt! Der Bräutigam begibt sich zu feinen Gästen, mit denen er speist, und die er dann zu der Braut bringt, damit sie dieselbe kritisieren. Sie reizen nun die junge Frau durch alle möglichen Bosheiten zum Widersprechen, doch vergebens, sie bleibt stumm, und scheint sich der Anwesenheit der Männer überhaupt nicht bewußt zu sein. Jegliches Wort wäre ein Zeichen schlechter Erziehung. Ja, es wird sogar von ihr erwartet, daß sie volle drei Tage nicht spricht. Über das Glück oder Unglück dieser Art zu heiraten sprach eines Tages Sir Robert Hart mit einem chinesischen Gelehrten und Großwürdenträger, der natürlich seine heimischen Gebräuche in jeder Hinsicht lobte und verteidigte. Die europäische Sitte, die jungen Leute sich erst verlieben und selbst wählen zu lassen, erinnere ihn, wie er sagte, an einen Teekessel, den man auf dem Siedepunkt durch die Heirat vom Feuer nehme, und der dann kälter und kälter werde, während die chinesische Heiratssitte einem Kessel gliche, den man kalt bei der Hochzeit aufs Feuer setze, und der sich in der Folge immer mehr erwärme, „so daß", fuhr er fort, „wir nach fünfzig oder sechzig Jahren sterblich ineinander verliebt sind." Daß aber dies „Kaltwasserkessel"-Spstem auch manch mal traurige Folgen zeitigen kann, zeigte ein in Peking vor einiger Zeit vorgekommenes Ereignis. Ein chinesischer Koch, der in Diensten einer Europäerin stand, war zwar ein liebenswürdiger, guter Mensch, aber so häßlich, daß sich lange keine Familie und kein Heiratsvermittler daraus einlassen wollte, ihm eine Lebensgefährtin zu besorgen. Endlich wurde doch ein Mädchen gefunden, das, wie Fama sagte, noch dazu besonders schön war. Als die Trauungs- zeremonte bis zum Lüften des Schleiers gediehen war, sah die Braut, was für einen abschreckend häßlichen Lebens gefährten ihr das Schicksal beschicken hatte. Ihre Ent täuschung war zu groß, als daß sie sie hätte verwinden können. Als der Bräutigam mit seinen Gästen zu ihr zurückkehrte, fand er sie am Fensterrahmen hängen.