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02-Zweites-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 19.07.1913
- Titel
- 02-Zweites-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19130719021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913071902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913071902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-07
- Tag 1913-07-19
-
Monat
1913-07
-
Jahr
1913
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— Vom deutschen Feuerwehr- tag in Leipzig wird geschrieben: Das Standquartier des Zwickau-Glauchauer Kreis feuerwehrverbandes wird im „Tivoli", Wind- mühlenstraße 14—10 sein, von wo aus gemein sam der Verband zu dein am Sonntag, den 21. Juli, stattfindenden Fest oder Huldigungszug abmarschieren wird. Der ganze Landesverband Sachsen marschiert nach Verbänden geordnet, in alphabetischer Reihenfolge und mus; jeder Zugs teilnehmer aus Sachsen aus der linken Brust feite ein weißseidenes Band mit dem Aufdruck Königreich Sachsen nnd darunrer den Ortsua men, tragen. — Trotz des billigen Portos jur Postau Weisungen, sowie für Wert- und Einschreibesen düngen kommt es noch immer vor, daß B a n k- note n oder bares Geld oder sonstige Wertgegenstände in gewöhnlichen Bri e- fen versand: werden. Da sür derartige Briefe bei den Postanstalten ein Nachweis, überhaupt nicht geführt wird, läßt sich der Verbleib der jenigen Sendungen, die der Empfänger nach sei »er Angabe nicht erhalten hat, nur in seltenen Fällen ermitteln. Es kann daher nur empfoh len werden, Geldbeträge st e t s durch Po st anweisunge n und Wertgegenstände stets als Wert- oder Einschreibesendung zu verschicken. — Rochlitz, 17. Juli. In der vorgestrigen Bezirksausschußsitzung der Kgl. Aimshauptmann- schaft wurde nütgeteist, daß wegen der überhaud- nehmcnden Unsitte anstößiger Tänze das Verbot er neuert und zugleich bestimmt werden soll, daß auch die Saalinhaber, die solche Tänze dulden, verant wortlich gemacht werden können. — Adors, 17. Juli. Eine Schlägerei, die in eine Steckerei ausartete, fand in der unteren Stadt statt. Eine Anzahl junger Leute war auf dem Wege vom „Blauen Engel" bis zum „Deutschen Hause" in Sreit geraten. Dabei ist der Gerbergeselle N. aus Bagern von seinen Gegnern mit Zaunlatten hart bedrängt und geschlagen worden, worauf der Gerber sein Dolchmesser gezogen und, wie er augibt, in der Notwehr um sich gestochen hat. Der Stiller H erhielt eine ziemlich schwere Verletzung am Unter leib; der Schlosser Sch. und der Handarbeiter P. trugen Stichwunden beim Schulterblatt davon, auch der Handarbeiter L ist verletzt. Die Polizei kam dazu und machte dem Skandal ein Ende. Der Gerbergeselle ist in Haft genommen worden. — Rodewisch b. Auerbach, 17. Juli. Hier stürzte der Hintere Teil des dem Glasereibesitzer Döh ler gehörigen ziveistöckigen Hauses in der Querstraße vollständig in sich zusammen. Der vordere Teil, der in seiner ganzen Höhe stehen geblieben war, zeigte bedenkliche Risse, so daß das Haus sofori geräumt werden mußte. Glücklicherweise kamen Personen nicht zu Schaden. — Johanngeorgenstadt, 17 Juli Am Montag wurde das dicht an der sächsischen Grenz-, am Eingänge in das Schwarzwassertal, stehende viel besuchte Gasthaus „Zur Halde" in Breitenback samt einem angebaulen Wohnhausc ein Raub der Flam men. Die abgebrannten Gebäude waren von alter Bauart. — Borna, 17. Juli. Gestern nachmittag stürzte der 34 Jahre alte verheiratete Maler Richard Heitmann aus Senftenberg, N.-L., der mit dem An streichen einer Förderbrücke bei den Witznitzer Koh lenwerke beschäftigt ivar, infolge eines Fehltrittes aus einer Höhe von etwa 20 Meter ab und war sofort tot. — Greiz, 17. Juli. Der schlechte Geschäfts gang in der Textilindustrie hat in einigen Orten des sächsisch-thüringischen BerbandsbezirkeS zur Folge, daß eine große Anzahl Webstühle still stehen und in einigen Spinnereien nur an 5 Tagen in der Woche gearbeitet wird. Die Spinnereien haben noch besonders mit dem Mangel an seiner Wolle zu kämpfen, da die vorjährige australische Unterproduk tion über 300 000 Ballen betrug und auch die heurige Schur diesen Ausfall nicht auszugleichen vermag. jflemtteL vom Loge. Die Leichenbergung aus „8 178". Die Bergung der Leichen auf dem jetzt her- eingeschlepplen Torpedoboot „S. 178" ist, wie schon gemeldet, vorgestern nachmittag um 5^ Uhr in Angriff genommen und war gegen 11 Uhr nachts beendet. Es w u r d e n 1 6 P e r- sonen geborgen; es erscheint aber nicht attsgeschlossen, daß sich noch einige Kör per in schwer zugänglichen Orten sestgellemmt haben. Die Leichen sind durchweg st a r k ver - w e st und können fast nur an den Namenläpp chen der Kleidung festgestellt werken. Eine Leiche konnte überhaupt n i ch t mehr re kognosziert werden, da nur noch ein Beinknochen und die Wirbelsäule vorhanden wa ren. Man hatte bisher angenommen, daß sich viele Leichen in dem großen Zwischendeck vor finden würden, wo 25 Mann ihren Schlafraum hatten. Doch konnte man merkwürdigerweise dort gar keine Leiche feststellen. Die Leichen wurden gleich im Dock in die Särge gelegt, die auf der Stelle verlötet und nach deni feierlich ausgeschmückten Exerzierschup pen der zweiten Torpedodivision gebracht wur den. Die Beerdigung ist für heute nachmittag augesagt. * V o ii de m P r o pell e r e ines Flugzeuges g e t ö t e i. Bei der Lan dung eines Militärdoppeldeckers auf dem Neuen dorfer Exerzierplätze bei Brandenburg (Havel) wurde ein kleines Mädchen von dem Propeller des Flugzeuges erfaßt nnd so schwer verletzt, das; es bald darauf verstarb. * Ein 1 3 jähriger M örder ? Ein in Bärenbrück bei Kottbus vermißtes acht jähriges Mädchen namens Hensgen wurde m einem Kornfeld in der Nähe des Torfes er mordet aufgefnnden. Die Leiche weist zahlreiche Stiche in der Brust und im Gesicht aus. Die Schädeldecke ist durch Arthiebe zertrümmert. Der Tat verdächtig ist der 13jährige Stiefbruder Richard, Sohn des Schubmachermeisters Hens gen in Bärenbrück. Die Tai wurde in der Zeit ausgeführt, als die Eltern auf dem Felde mit Erntearbeiten beschäftigt waren. Der Junge, j der hartnäckig leugnet, den Mord begangen zu haben, wurde in das Gerichtsgefängnis zn Peitz ' eingeliefert. * Die Hinrichtung des Raub mörders Sternickel und seiner beiden Komplioen Franz Schliewenz und Georg Ker sten wird in Frankfurt a. d. O. in den näch sten Tagen erfolgen. Die drei Särge stehen schon bereit und man wartet nur noch die Be stätigung der drei Todesurteile durch den Kaiser ab. In den letzten Tagen wurde Sternickel noch mehreren Zeugen aus Aachen gegenüber gestellt, da die dortige Staatsanwaltschast den Verdacht hegte, daß Sternickel an einem der in. der dortigen Gegend verübten Morde beteiligt gewesen sei. Die Zeugen erkannten aber in Sternickel den gesuchten Mörder nicht wieder. * Ein gewaltiger Wolkenbruch verwandelte die Bäche der Umgegend von Te sche» (Oesterreich-Schlesien) in reißende Ströme und überschwemmte die Vorstädte Brandeis, Ell goth und Karhwin. Der von dem Wolkenbruch ungerichtete Schade» beträgt ungefähr 1^ Mil- lioneii. Die Ortschaften Andersdorf und Stei nau sind überschwemmt. In Steinau steht die Kirche 25 Zentimeter unter Wasser. Die Ernte ist vollständig vernichtet. * Fünf Personen bei eine m Brande umgeko m m e n. In Oberkam- nitz in Böhmen brannte das Haus einer Frlau Krause ab. Fünf Personen, der Schlosser Peißig und seine Kinder, der Schuhmacher Sieher und sein Sohn, sind in den Flamme» umgekommen. Frau Peißig erlitt lebensgefährliche BrcknK- wunde». * W a s s e r k a t a st r o p h e in Gra z. Tie Landeshauptstadt Graz wurde von einer furchtbaren Hochwgsserkatastrophe heimgesucht, lieber de» östliche» Teil der Stadl und seiner Umgebung ginge» Wolkenbrüche von solcher Hes- ligkeit nieder, wie sie seit Jahrzehnten nicht beobachtet wurde». Von de» Berge» der öst liche» Umgebung stürzte» sich riesige Wassermaf- se» über die Stadt. Der Grazbach und der St. Leonhardsbuch, sonst unscheinbare Wässer chen, waren in einigen Minuten zu ungeheure» reißenden Ströme» geworden, deren Wasser 2 bis 3 Meter hoch ginge». Alle Straßen der öst liche» Stadt standen i» kurzer Zeit meterhoch »»ter Wasser. Tie Herz Jesu-Kirche, ei» rissi ger Bun in Spätgotik, ist von einem große» tie fe» See »mgebe». Tie Uiiterkirche steht unter Wasser. Auch sämtliche in der Kirche besind- liche» Gräber sind aufgewühlt. Ebenso sind ver schiedene Straße», Plätze und Kelles unterspült. In den Abeiidstunde» ging das Wasser langsam zurück. Militär ist zur Unterstützung herbeige eilt. Mehrere Brücke» über die Zuflüsse der Mur ' sind eingestürzt. I» der Nibelungenstraße sind 'zwei Mensche» ums Lebe» gekommen. * Tie verhängnisvolle Feu - ! e r w e hrleit e r. Ein schweres Unglück ver Fwsachte aus dem Ouai d'Orsay in Paris ei» Feuerwehruntomobil, das eine mächtige Ret- lungsleiter zu befördern hatte. Der Feuerwehr- torpvral, der den Wage» führte, schwenkte, uni einer Äntodrofchke auszuweichen, so heftig gegen j den Bürgersteig ab, daß ein Rad des Wagens am Randstein zerbrach. Tie schwere Leiter siel uns das Trottoir. Ei» Passant sank, tödlich ge troffen, zusammen, und ein Man» und eine Frau, die vor einer LÄeinschenke saßen, wurden schwer verwundet. Zwei Feuerwehrleute wur den von ihren Sitzen aus die Straße geschleu dert und erlitten gleichfalls nicht unerhebliche Verletzungen. Die Leiter hatte auch einen La ternenpfahl und einen Kiosk umgeworfen. Der Kammerpräsident Deschanel war Zeuge des selt same» Unfalles, der eine riesige Menschenan sammlung hervorrief. * Ei» T o d e s st u r z in England. Wie aus London gemeldet wird, stürzte am Donnerstag morgen Major Hewitso» auf der Ebene von Salisbury mit seinem Eindecker aus erwa hundert Fuß Höhe ab- Die Maschine explodierte und Hewitso» wurde auf der Stelle getötet. Die Leiche des Fliegers mid sei» Ap parat verbräunte». * Ein Schulkurios >i m i n d e r R h e i >i p f a t z. In Bayern gibt es übeiflüs sigerweise heute »och siebe» Lateinschule», vo» denen die Pfalz allein fünf zählt. Die Latein schule in Bliestastel Hal im abgelaufenen Schul jahr in der fünften (der höchste») Klasse eine» einzige» Schüler gehabt, um de» sich der Sub rektor als Klassenlehrer, zwei Scudienlehrer, ei» Gyumasialassistent n»d vier Fachlehrer mit Er folg abmühte», daß er, was gerade »och gefehlt Hütts, nicht durchgejällen ist, sondern die Prü jung als bester seiner Klasse bestanden hat. * Eine wohlhabende Fran vor H u n g e r g e st o r b e n. In Saarburg lebie in größter Dürftigkeit eine Witwe Ernst, der man überall wegen ihrer vermeintlichen Armut das größte Mitgefühl entgegenbrachte. Sie empfing auch wiederholt von ihren Nachbar» Un'erstützmiM». Gleichwohl starb sie jetzt vor Entbehrung. Bei der Verteilung ihres Nach lasses fand man zum größien Erstaunen aller Anwesenden 10 000 Mark m Gold und .'>0 000 Mark iii Wertpapiere», die die sonderbare Fran in ihrem Bett versteckt gehalten hatte. * Bei m S piel e »mit St r e i ch Hölz e r n verbra n » l. Ein schweres U» glück ereignete sich in dem märkischen Torfe N» dow. Zwei Kinder im Alter von fünf Jahre» wäre» unter einen Kasten eines umgestürzten Wagens gekrochen und hatten, mit Streichhöl zern spielend, ein Feuer angezündet. Durch den entstehenden Rauch wurden die beiden Knabe» betäubt. Dem Söhnchen des Milchhändlers Bünger gelang es nicht mehr, sich aus dem Ka sien zu retten; es kam in den Flammen um. Sein Spielkamerad konnte sich zwar noch be freien, erlitt aber gleichfalls so schwere Brand wunden, daß er kaum mit dem Leben davon kommt. * Falsch m ü » z e r. Der Zahntechniker Meusel in Obornik wurde verhaftet unter dem Verdacht der Falschmünzerei große» Stiles. Zahl reiche im Verkehr beschlagnahmte Fünfmarlslücke erwiese» sich als g»'e Falsifikate; nm die Rn»d mschrist fehlte. WII NW. IM >,MIMW»M»»«INI-riW»r»WrM>lMI»WIs«ilIIMlNMMII»1II» ai »W»«N»I»aNWHIIW«IWUirM»WH r - -I »r N-MNMMI'Ma-— NI 'N AlM likine Ms. Roman von H. Conrths-Mahler. 2Nj (Nachdnick verboten.) Norbert Saßneck kämpste ehrlich gegen die tiefe Neigung, die ihm Anni eingeslößi halte. Er wollte das Gejühl, das ihn zu ihr zog, zu einer wahren Freundschaft eindämme», wollte sich nicht davon beherrsche» lasse». Aber er er reichte damit weiter nichts, als daß ei nach au ßen wenigstens seine Ruhe bewahren konnte, während er »ach üme» immer »»ruhiger wurde. Sei» ernster, fester Wille war, Amii in kei »er Weise durch das zu bemiruhigeii, was er für sie empfand. Er wußte ja nur zu gut, daß eine hohe Scheidewand zwischen ihnen stand. Er durfte nicht daran denken, ihr sein Herz offen darzulegen. Es konnte und durste keine Gemeinschaft zwischen ihnen bestehen, lind so schwer es ihm fiel, mußte er ihr um jeden Preis so begegne», daß kei» Mensch etwas ah »en koimle,vo» dem heimlichen Feuer, das in ihm glühte. Aber er war sehr unglücklich darüber, daß ihm das Majorat so schwere Verpslichtungen auferlegte. Sicher gab es leine Fra», die würdiger ge wese» wäre, Herri» vo» Saßneck zu werde», alle Vorzüge des Körpers, des Geistes und des Herzens waren in ihr vereint. Er kannte keine Dame in seinen Kreisen, die Anni nur das Wasser hätte reiche» dürse». Aber sie koimle leider keine Ahne» aufwei sen und damit war sie für ihn unerreichbar. Inzwischen Ivar der Termin gekommen, an dem Baron Hochberg seine Töllner nach Saß neck bringen wollte. Frau von Saßneck erhielt eines Morgens eine kurze Nachricht von ihrem Vetter, daß er am nächsten Tage mit Marianne eintressen wollte. Sie saß mit Norbert und Anni beim Früh stück auf der Terrasse und legte de» kurzen Brief, nachdem sie ihn gelesen hatte, vor sich hin. „Also morgen bringt ims mein Vetter seine Tochter", sagte sie dabei. Norbert sah seine Tanle mit einem so tragi komischen Gesicht an, daß sie lache» mußte. „Es lostet ja nicht den Kops, Norbert", sagte sie scherzend. Er sah schnell zu Anni hinüber, die aber mit gesenkte» Augen auf ihren Teller herabsah. Anni war ein wenig erschrocken bei Tante Elisabeths Ankündigung. Sie wußte nicht, wes halb sie sich im geheimen vor diesem Bestich der Baronesse Hochberg fürchtete, aber es war so. Vielleicht g.aubte sie troß Frau von Sahnecks Versicherung, daß Baroneß Marianne Norberts Gattin werden könne, vielleicht aber sürchtete sie nur, daß es mm zu Ende sei» würde mit de» schöne» harmonische» Stunde», die sie bisher in Saßneu verlebt hatte, seufzte doch selbst Tante Elisabeth verstohlen bei der Aussicht auf ihre» Besuch und versicherte, daß Marianne jedesmal ganz Saßneck auf den Kops stelle. Wie dem aber auch sei» mochte — Amii lag das Herz schwer i» der Brust. Laugst halte sie sich mit der ihr eigene» Wahrhaftigkeit, die leine Winkelzüge lenni, ein gestanden, das; sie Norden Saßneck liebte, mit einer tiesen, schmerzlichen Innigkeit. Kei» Hof fen und Wünschen knüpfte sich an diese Liebe, sie wußte, daß sie völlig aussichtslos war und fand sich damit ab. Aber eine große Furcht be herrschte sie vor dem Tage, da Norbert Saßneck eine junge Fra» heimhole» würde. Sie fühlte, daß jie das nicht ertrage», daß sie dann nickt mehr in Saßneck bleiben könnte. Niemand ahnte etwas von dem, was in Annis Herzen lebte. Sie verstand sich »och viel besser zu beherrsche» als Norbert. Ist doch der Frau iii solchen Fällen Selbstbeherrschung zur zweiten Natnr geworden. Eine Kopfhäiigerin war sie jedoch dadurch nicht geworden. Sie war wirklich ei» tapferes Geschöpf. W.'nn alles in Saßneck hätte bleibe» tömie» wie es war, da wäre jie sehr glücklich gewesen. Wie schön ivar es, wenn in Saßneck keine Gäste wa ren, wem, sie mit Tante Elisabeth und Norbert Saßneck traulich beisammen saß. Sie wünschte daun immer, die Zeil möge still stehen) Aber drohend stieg die Zeit vor ihr auf, Ivo das al les anders werden würde, wo sie mit Tante Elisabeth ins Witwenhäuschen zog, wo eine junge Frau Herrin von Saßneck wurde. Dan» war es vorbei mit all ihrem heimlichen Glück. Tann würde ihre Liebe zu Norbert eine Sünde sein, eine Sünde, die sie doch niemals würde ablegeu könne» Norbert hätte viel darum gegebe», wenn er gewußt hätte, was i» Amiis Kopf und Her ze» vorging. Sie beschäftigte ih» immerfort und es quälte und beunruhigte ihn, daß sie scheinbar so unberührt und gleichmäßig neben ihm dahinlebte, obwohl er sich sage» mnßte, daß es sehr gilt so war. Mcmchmal meinte, er, jie müsse es fühlen, was sie ihm geworden war. Frauen habe» doch ei» so feines Gefühl dafür. Selbst unter seiner ruhige» Außenseite hätte sie doch bemerken müssen, daß das Blut ihm rebel lisch zum Herzen schoß, wenn er sic erblickte. Es machte ihn zuweilen ungeduldig, wenn sie heiter schien und es in ihm stürmte. Daun hatte er alle Kraft nötig, um sich nicht zu verraten. Während er nun grübelte, was Anni hinter ih ren niedergeschlagenen Augen verbarg, zwang er sich gleichfalls zum Scherzen. „Um meinen Kops bin ich auch nicht bange, Tantchen, den ziehe ich aus der Schlinge. Im übrigen werde ich den komm.mden Wochen mir Fassung entgegensehen. Mut ziemt selbst dein Mameluck." Frau vou Saßueck lachte. „Sie müssen eine grausige Vorstellung von meiner Nichte bekomme», liebe Amü, wem. Sie meine» Neffe» so rede» höre»." Amii hob die Ange». „Oh, ich weiß sehr wohl, daß Herr von Saßneck nur scherzt." „Woher wisstm Sie das so genau?" fragte er schnell. Sie wurde ein wenig rot nnd sah ihn un sicher an. „Ich meine, im Ernst würden Sie so etwas nicht aussprechen." „Im übrigen haben Sic mehr Ursache, sich vor die'em Besuch zu sürchteu, als mein Neffe", sagte Fran von Saßneck zu Anni. „Ich, Tante Elisabeth — warum ich?" fragte Anni beklommen. „Weil Sie sicher sehr viel Mühe und Ar beit haben werden. Marianne ist sehr an- spruchsvoU und verwöhnt und hält uns immer alle in Arem. Davon werden Sie nicht ausge schlossen sei»." „Tas tut nichts, ich habe noch so viel Zeit übrig, die ich nützlich ausfüllen kann", sagte Anni ruhig. Sie hätte um keinen Preis ge- zeigi, wie sie sich vor diesem Besuch sürchtete. „Sie kleine Arbeitsfanalikerin! Marianne wird Ihnen schon die müßige» L-tunden füllen. Ich werde nämlich so egoistisch sein, Ihnen allerlei aufzubürden, was mir zu schwer ist. Das ist in der Hauptsache das Amt, Marianne die Langeweile zu vertreiben. Sie hat fast immer Langeweile, wen» sie »icht vo» einer» Schwarm vou Gästen umfangen ist. Natürlich werden wir während ihrer Anwesenheit mehr Gäste haben als sonst, aber diese sind doch nicht den ganzen Tag hier. Und wenn Sie sich dann aufopfern wollen, um mir einige ruhige Stunden zu ver schaffen, dann bin ich Ihnen sehr dankbar. Das kUngt vielleicht ungastlich. Aber ich bin doch nun schon eine alte Frau und ein wenig ruhe- bedül"ftig. Marianne kennt aber de» Begriff Ruhe überhaupt nicht. Sie hat Nerven von Stahl nnd setzt die bei anderen Menschen auch voraus. Jedenfalls können Sie mil Ihrer ju gendlichen Elastizität für mick in die Brcscke springen." „Tas will ich sehr gern iun, Tante Eli sabeth." „Ich habe Marianne schon geschrieben, das; ich eine junge Tame bei mir habe, die ihr Ge sAlfchast leiste» wird. Marianne spielt sehr ger» Tennis. Da könne» Sie ihre Partner!» sein. Du mußt Dich natürlich dabei auch zuweilen opfern, Norbert, den» Maricnme spielt am lieb ste» mit Herre». Herr vo i Bergen wird dann das Karee vervollständigen, denn er wird naiür lieh jetzt häufig j» Saßneck sein." „Gewiß, Tantchen, ich stehe selbstverständ lieh zur Verfügung, schon um Fräulein Sund heim zu entlaste». Ueberhaupt, es ist wirklich gar nicht so schlimm »ist Marianne, man mnß sie nur zu nehmen wissen und nicht jeder Laune »achgeben. Aber um eins tut es mir besonders leid — nm unsere stillen, gemütlichen Abende. Die sind vorläufig gestört." „Aber doch mir für einige Wochen." „Gewiß, Tantchen. Aber Du sagst immer selbst, daß wir Männer Gewohnheitsfanatiker sind. Und ich will mich doch nicht als rühm liche Ausnahme meines Geschlechts brüsten." „Du bist noch viel zu jung, um in diesen Fehler Deines Geschlechts zu verfallen, mein lieber Norbert. Taz» gehöre» eigentlich graue Haare und steife Glieder. In Teiiiem Altei soll noch alles Neue reizen." Norbert machte ei» drollig zerknirschtes Gesicht. „Marianne ist mir aber gar nichts Neues mehr." Nun mußten sie lachen. „Warte nur", dreckte Fra» vo» Saßneck, „wenn Du erst auf die Brautschau gehst, ist cs mil diese» Gewohnheiten doch vorbei. Tann wirst Du manches Nene in den Kaus nehme» müssen." Norberts Blick flog wieder zu Anni hinüber. Und da sah er auf ihrer Stirn zwischen den Augen eine kleine Falte. Wie im Schmerz zu sammengezvgeii sah die aus, und um ihren Mund zuckte das verhaltene Weinen, das er i» der ersten Zeit so oft bei ihr beobacktet hatte. Wie eine heiße Welle jagte es über ihn da hm. Warum sah sie gerade jetzt so seltsam aus? Wem galt der schmerzliche Ausdruck ihres Ge sichtes. Dachte sie au die tote Mutter oder - ? Er wagte dies „oder" nicht auszudenken. (Fortsetzung folgt.)
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