Volltext Seite (XML)
ur. qs. Unterhaltungs-Beilage ms. zum hohensteiv-Ernstthaler Tageblatt ZTnrtsblcrtt. - Erscheint wöchentlich zweinral. - - Druck und Verlag von I. Ruhr Rachfolger I)r. Alban Krisch, Hohenstein-Lrnstthal. Spieler * Moderner Aulturroman von Kans kpan. (Schluß.) - lind alle Kavaliersansichten von Ehre und moralischer Verpflichtung stürzte» über den Hausen und wurden be graben unter diesem starten Lebensegoismus, dem Willen, da zu sein, wo die anderen sind, und das Leben weiter zu leben! War es unrühmlich, jemand zu denunzieren, nun wohl, so war es doch ein gutes Werk, die Gesellschaft seiner Standesgenossen von Individuen zu befreien, die ohne die geringsten Gewissensskrupel eine Existenz nach der anderen vernichteten. Wenn er, Arnold von Sandrat, leben und nicht doch schließlich zum Verbrecher werden wollte, so mußten die anderen dran glauben. Das ist das Gesetz der ganzen Welt: Der Stärkere frißt den Schwächeren auf! Und noch war er der Stärkere! Schnell also! Schnell, ehe er unterlag und selbst gefressen wurde! Mit raschen Bewegungen machte sich der Freiherr fertig zum Aussehen. Unten nahm er eine Droschke und fuhr nach dem Polizeipräsidium. 24. Kapitel. „Nun", sagte Miguel di Baranco am Abend zu dem Freiherrn lächelnd — sie standen am Büfett und waren ziemlich ungestört — „also haben Sie sich die Sache doch noch überlegt, Herr Baron?" von Sandrat schüttelte den Kopf. „Das nicht, mein Verehrter, aber wir könnten ja ein anderes Abkommen treffen. Wie Sie wissen, habe ich gute Verbindungen, die könnte ich eventuell dem Klub dienstbar machen." Der Spanier bewegte zustimmend das Haupt. „Wenn Sie nicht anders wollen... nur hat es keinen Zweck, andere als ganz reiche Leute einzufüyren. Sie haben doch auch diesen Herrn Minderstedt hier kennen gelernt?" Er lächelte verächtlich. „Den Ziegeleibesitzer?" fragte von Sandrat. „Ja, das ist ein tolles Tier! Er hat gestern abend wieder hier ein paar tausend Mark verloren und hat nach her einen richtigen Tobsnchtsanfall gekriegt! Er hat mit den Fäusten auf den Tisch geschlagen, schrie, wir wären alle Gauner und Betrüger und er wollte sein Geld wieder haben, sein Geld! Gerade als ob mir dafür könnten, wenn er verliert! Was geht das uns an! Er soll doch nicht spielen! Es zwingt ihn ja niemand dazu!" Und mit dem gemeinen Lachen, das seinen an sich schönen Zügen plötzlich den Stempel der Niedrigkeit und des Verbrechens aufdrückte, fuhr der Spanier fort: „Auf jeden Fall ist es falsch, solche Elemente, die kein wirkliches Vermögen hinter sich haben, Herzulotsen! Wir brauchen Leute, die es sich leiste» können, an einem Abend ihre zehn-, zwanzigtausend Mark zu verlieren!" „Und Minderstedt?" fragte Sandrat, „wird er dem Klub nicht Unbequemlichkeiten machen? ... ich meine, daß er zur Polizei läuft oder eine Notiz in die Presse gibt?" lNachdruck verboten.) Während er das aussprach, keimte im Herzen des Freiherrn die Hoffnung, ein anderer könnte auch noch das tun, was er selbst heute nachmittag gegen den Klub unter nommen hatte. Er wußte nicht, weshalb, aber das wäre ihm ein Trost gewesen. Doch der Spanier zerstörte diese Aussicht sofort. „Herr Minderstedt? . . . uns anzeigen? O nein, mein werter Herr Baron! Das ist noch weniger zu sülchten, als daß beispielsweise Sie selbst zur Polizei laufen! Sie würden dadurch nur Ihre soziale Stellung vernichte», aber der Ziegeleibesitzer könnte dann vielleicht selbst billig zu einer „festen Position" kommen!" Er lachte wieder und erregte dadurch einen förm lichen Abscheu bei von Sandrat, der bei der Erwähnung einer Denunziation von seiner Seite all seine Kraft hatte zusammen nehmen müssen, um den stets mißtrauischen Falschspieler nichts von seiner Seelenstimmung merken zu lassen. „O nein!" wiederholte der Spanier, „von dem haben wir nicht das geringste zu befürchten!" „Na, was hat er denn getan?" fragte Sandrat, ein Interesse zeigend, das er in seinem Innern gar nicht auf brachte. „Nicht viel, nur dieselbe Villa zweimal verpfändet, einmal an mich und vorher schon an den Agenten Roth, mit dem ich gottlob in der besten Verbindung stehe! Das charakterisiert sich als Betrug und gibt Gefängnis!" von Sandrat schwieg. Voll heimlichen Hohnes dachte er daran, wie bald der Spanier selbst diese Segnung einer modernen Kultur an seinem Leibe verspüren würde. Er lächelte wohl ein wenig dabei, denn der Sennor sagte: „Ja, es ist drollig, was diese Leute alles für Dummheiten anstellen, nur um uns die Mittel für einen standesgemäßen Unterhalt zu gewähren!" „Ganz recht", sagte Sandrat, „es ist übrigens möglich, daß heute schon ein Herr kommt, ein englischer Industrieller aus Kalkutta. Er ist ein gewagter Spieler und reicher, als alle, die heute hier versammelt sind." Ein argwöhnischer Blick aus den Augen des GaunerS streifte den Freiherrn. „Sie sind doch auch wirklich gut informiert über ihn, Herr von Sandrat?" Der Freiherr zuckte die Achseln. »Würde ich ihn sonst hier einführen? Seien Sie selbst nur ein wenig vorsichtig und rupfen Sie ihn nicht gleich so sehr beim erstenmal, daß er genug hat . . . solche Fisch« muß man langsam schuppen!" „O, keine Sorge!" meinte di Baranco, „haben Sie ihm das Kennwort gesagt, Herr Baron?" „Nein, das erschien mir zu gewagt! Nachher paßt er doch nicht in unseren Kreis und wir haben dann Schwierig keiten, ihn wieder auszuschließen ... so habe ich ihn ge beten, einfach seine Karte abzugebenl" „Ganz recht!" der Spamer war jetzt offenbar voll kommen beruhigt. „Seien Sie also so liebenswürdig und empfangen Sie Ihren Freund selber!"