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Hohenstein-Crnsithaler Tageblatt Amtsblatt M 114 Mittwoch, den 21. Mai 1913. Zweites Blatt. Wensleillkl Ksliserenz am Montag, den 19. Mai 1913 im Hotel „Gewerbehaus". II. Als Vertreter des Kirchenregimeuts nahm nach den dem Vortrage des Herrn Geh. Hof rat Opitz folgenden kurzen Ausführungen des Herrn Pfarrer Albrecht Herr Geheimrat Dr. v. Z i m m e r m a n n das Wort, der darvuf hinwies, daß es die ernste ¬ sten Kreise gerade sind, die auf eine Trennung von Staat und Kirche hinarbeiten, diese Frage sei geradezu zu einem Modbthema geworden. Stöcker sah sein Heil in einer frei en Kirche, da die heutige Kiüche seiner Ansicht nach der Nöte nicht Herr werden Knute. Im Laufe der Zeit ist sich die Kirche ihrer Aufgabe aber immer besser bewußt geworden. Unsere evangelische Kirche har erkannt, was zu tun ist. Man sagt, daß, wenn die Kirche wahr bleiben wolle, sic sich vom Staate trennen müsse, aber nichts ist verhängnisvoller, wenn es da zu kommen würde. Welche Gegensätze — z. B. den starren Orthodoxismus — hat nicht unsere Kirche mit der ihr innewohnenden Lo gik überwunden; durch die Kräfte aus sich selbst ist sie neugeboren worden, heute steht sie an erster Stelle in der Welt. Sollte sie die heißen theologischen dogmatischen Kämpfe nicht auch zu überwinden vermögen? Ost mag der Fall vorliegen, daß die oder jene Gemeinde nicht den Seelsorger findet, den sic sucht, aber darum gleich Loslösung vom Staate? ! Das ganze Weltanschauungsbild ist ein anderes ge worden, das steht allerdings fest, kein Wun der auch, daß sich so viel Zurückhaltung von der organisierten Kirche zeigt; wenn wir uns aber mehr vertiefen in das göttliche Wort, wenn wir die Massen mehr für die Kirche zu gewinnen suchen, so werden sich auch die Ver hältnisse bessern. Was uns 1860 mit der Neu ordnung der kirchlichen Verhältnisse gegeben wurde, must weiter ausgebaut werden zur Selbst ständigkeit der Kirche. Unsere „Pastoren"- kirche, wie man sie vorwurfsvoll nenne, doch so schöne Erfolge Kräfte mobil machen, sic habe unbegrenzte Möglichkeiten, die Glieder der Kirche zu wecken und zu sammeln; zumal dem sonntägigen Kindergottesdiensl wohne große Bedeutung inne- Wir sind bisher zu ängstlich dabei gewesen, die christlichen Männer für die Kirchensache zu ge winnen — hier liegt die große Aufgabe unserer Zeit ! Für die Frage der Trennung von Staat und Kirche sind unsere Gemeinden, unsere Männer noch gar nicht reif. Würde die Ju gend, die diesen Gedanken heute am eisrigsten diskutiert, sich eingehend mit der Frage be schäftigen, so würde sie nicht auf eine Trennung zukommen, sondern auf eine Klärung der jetzigen Verhältnisse. Vergessen wir nicht den Segen unserer organisierten Kirche, sammeln wir Kräfte, die uns zur Verfügung stehen : Männer vor die Front! Auch diesen« Redner dankte Herr Pfarrer A lbrechl aufs herzlichste, dabei auf einzelne Punkte des näheren eingehend. Herr Pastor Siebenhaar -Breitenborn ist in gewissem Sinne enttäuscht über den ersten Vortrag. Tie Leitsätze reden nicht von der Selbständigmachung der Landeskirche, mehr aber von der Trennung der Kirche vom Staat. Wir wünschen nicht, daß sich das Band jemals lockere. Jede beliebige kleine sächsische Gemein de Sachsens ist, was der Herr Geheimrat nicht hervorgehobcu habe, selbständiger als die große Landeskirche. Wir lfabeii den eigentümlichen Zustand, daß die Landeskirche schwer zu ihrem Rechte kömmt; sie hat nicht einen roten Heller, cs sei denn, der Staat gibt ihr etwas; daher kann von ihrer Selbständigkeit nicht die Rede ein. Preußen, Bayern haben ihre finanziell elbständige Landeskirche, nur Sachsen ist in Vieser Beziehung zurückgeblieben. Für die Frei heit der Landeskirche seien unsere führenden Männer leider nicht zu haben. Herr Geheimrat Opitz führt hierzu aus, daß durch solche Opposition schließlich Verwir rung geschaffen werde, und verbreitet sich dann iber die Stellungnahme des Landtags zur Frage der Trennung von Schule und Kirche. Den Siebenhaarschen Ausführungen hält er entgegen, daß die Liebcstätigkeit im Missions ei ncn Riesenumfang angenommen habe und der größten Unterstützung seitens des Staates sicher sei. Dann trat die Versammlung in die Mittags pause ein. Die Nachmittags-Sitzung eröff nete Herr Pf. Albrecht mit dem Ausdruck der Freude darüber, daß die Zahl der Hörer noch eine so große sei. Dann erteilte er das Wort Herrn Lie. theol. Dr. phil. Preu tz, Oberlehrer am Carola-Gymnasium in Leipzig, der über „Die Sendung Luthers" sprach und zwar auf Grund folgender Leit sätze: 1. H i st o r i s ch -e s. l. Tas deutsche Volk hat i:n Mittelalter mit wachsender Spannung einen messianischen Kaiser Friedrich und einen messianischen und anlimesjianischen Propheten erwartet. 2 Die politische Hoffnung hat es teilweise in Friedrich dem Weisen, die religiöse Welt in M. Luther erfüllt gefunden. 3 . Luther hat, diesen Volksstömme» in Grenzen nachgebend, seit den Wormser Tagen seine göttliche Sendung mit steigendem Ernst behauptet. Seit 1530 nennt er sich „Der Deut schen Prophet". 2. Prinzipielles. 1. Der Inhalt der Sendung Luthers ist nicht kulturell (national, sozial, Wissenschaft lich rc.Z sondern religiös. 2. Die Echtheit seiner religiösen Sen dung erweist sich nicht, wie kathvlisckfe Polemik verlangt, in u) persönlicher Heiligkeit, k) Wun dern oder o) Weissagungen, sondern sie ist mit deni Glauben an ihren Inhalt offenbar. 3. Dieser Glaube sieht in Luther den Gott gesandten, wie der Unglaube in ihm einen Größenwahnsinnigen erblicken muß. So steht die Sendung Luthers in einer gewissen Ana logie zur Sendung Christi. Um die Person des Reformators sei noch nie so hart gestritten worden als heute, wobei vor allem zum Ausdruck kommt der Lutherhaß Roms, der Lutherglaube des Liberalismus und das Luthertum unsrer Zeit. Der erste Teil des Vortrags behandelte die historischen Vovaus- setzungen der Sendung Luthers. Nicht bloß das Werk Luthers habe man vorausgesühlt, sondern auch die Person des Mannes. Redner erläuterte die Weissagungen des MiMelalters, die ungeheure Verbreitung fanden. Sehr ver schieden erfüllten sich diese Weissagungen, aber zumal im Hinblick auf Luther fanden sie volle Erfüllung. Luther selbst sagte von ihnen, daß sie eher erfüllt würden, ehe man sie verstehe, denn sic sind dunkel. Mit Jauchzen erkannte das Volk den große» Moment: „Luther ist da! Er ist da, auf den wir lange gewartet haben!" Es nannte ihn den Propheten, ging sogar noch höher in seinen Erwartungen, nannte ihn den dritten Elias, stellte ihn neben den Herrn selbst, sah in ihm den neuen Retter. Diese Pa rallelisierung mit dem Herrn selbst ist den Protestanten von den Katholiken sehr verdachl worden, aber das sollten sie nicht tun, denn wer selbst im Glashause sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Wie Luther selbst sich zu die ser Angelegenheit stellte? Er glaubte an seine Sendung, hielt aber von sich sehr demütig. An sein Prophetentum glaubte er weniger, nichts destoweniger akzeptierte er später diesen Titel. Uw zu einem Urteil über die Sachlage zu körn men, muß man sich über de» Inhalt der Sen dung Luthers klar werden. Man wird jetzt mehr nach dem Zentrum seiner Persönlichkeit fragen, und das ist die Religion. Das Reli giöse in Luther muß heute wieder mehr in den Vordergrund gestellt werden, dann ist viel ge Wonne». Luther war kei» Heiliger, wollte und brauchte auch keiner zu sein. Er sagte von sich clbst: „Wenn ich auch Wunder täte, sie würdens nir doch nit glauben!" Die Weissagungen konnte er nicht ablehnen, hat sie aber auch nicht gesammelt, wie behauptet wird. Die Früchte des Werkes Luthers sind unendlich reich und gesegnet gewesen. Die Echtheit der Sendung Luthers kann nicht theoretisch bewiesen werden, nur durch den Glauben; er hat uns den Weg zu Gott kurz und frei gemacht. — Die von tiefem wissenschaftlichen Verständnis getragenen Ausführungen wurden lebhaft applaudiert. Herr Pf. Albrecht führte hierzu aus, daß die Versammlung wie die Schülbr vor dem Meister diesem zu Füßen gesessen habe, betonte habe gezeitigt, sie müsse alle'wesen des f r a n z ö s i s ch e n Kreuzers zum Höch- Serinen dazu verpflichtet, einander gegenfemg iieycen a/conuce eroecrlic, mone« er uuvacgr-^: »«rvur. -orvvcrei.ung zu ve» geyngen Mittel sten Vertreter der Gerichtsbarkeit er- mit den Wassen in der Hand gegen Bulgariens Ich trage dem Augenblick Rechnung, wo wir Punkten auswärtiger Kulturen als ganz begreif- nannt worden, und wenn die Kommandantenbeizustehen. iunter dem unmittelbaren Eindruck g r o ß e rstich und natürlich, wenn die von ihm gekenn-