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kruy, auch wurde ein Zottel aufgesunden, auf welchem die Worte verzeichnet waren: „Ich lxrbe es aus Reue getan." In dem Leichnam wurde der 15 Jahre alte Sohn eines Oberpost- schaffners in Dresden-Löbtau festgestellt. Der Knabe war plötzlich schwermütig geworden, weil er bei einer Unteroffizierschule hatte nicht aus genommen werden können. — Halle, 16. Mai. Der Direktor des Zoo logischen Gartens, Staudinger, wurde telegra phisch zum Ortsvorftand nach Unter-Röblingen gerufen, wo „eine unbekannte Bestie" Viehher den und Kinder in Schrecken versetzte. Stau dinger stellte einen Puma oder amerikanischen Silberlöwen fest; er ließ durch knüppelbewehrte Bauern das Tier in eine Scheune treiben, wo es sich schließlich in einen Futterkasten verkroch. Dort wurde der Puma gefangen und nacheHalle gebracht. Er war aus einer reisenden Menage rie entwichen und hatte während der Zeit sei ner Freiheit die ganze Gegend in große Auf regung versetzt. — Zerbst, 16. Mai. Ein junger Kauf mann aus Lindau wurde nachts auf der Kreis- straße Zerbst—Lindau von drei unbekannten Männern angefallen. Der Ueberfallene erhielt einen so heftigen Schlag auf den Kopf, daß er vom Rade fiel und das Bewußtsein verlor. Als er wieder erwachte, war er bis aus Hofe, Hemd und Stiefel ausgeplündert worden. Auch das Fahrrad war ihm gestohlen worden. — Meuselwitz, 16. Mai. Aus noch un bekannten Gründen hat sich heute hier auf dem Boden des Wohnhauses seiner Eltern der 11- jährige Knabe Menge durch Erhängen entleibt. Neuestes vom Lage. * Hotelbrand in Tirol. Indem 10 Kilometer südlich von Innsbruck am Ein gang des Stubaitales gelegenen Orte Schönberg ist in dem alten, im Bauernstil erbauten Alpen- Hotel „Jägerhof" in einem lchadhasten Kamin bei Föhnwind Feuer ausgebrochen. Bald stand das ganze Hotel in Flammen und ist mit den Nebengebäuden und der ganzen Einrichtung so wie deni vorhandenen Bargeld niedergelwannt. Der Besitzer ist versichert, das Personal hat al les verloren. Als der Föhn zum orkanartigen Sturm anwuchs, galt auch der 400 Einwohner zählende Ort als verloren, zumal das Wasser hochreservoir zur Neige ging. Dem heldenmüti gen und umsichtigen Arbeiten der Feuerwehr ist es zu danken, daß der Brand doch noch lokali siert werden konnte. Von dem anstoßenden Neu bau des Hotels ist noch das Dach abgebrannt. Der Schaden wird auf etwa 350 000 Mark ge schätzt. * F a in i l i e n d r a m a. In den Ravens bergen im Potsdamer Forst hat sich Freitag srüh ein Vater mit seinen zwei Kindern im Alter von 12 und 16 Jahren erschossen. Allem Anschein nach hat der Vater erst seine Söhne getötet und dann die Waffe gegen sich gerichtet. Es han delt sich um den 40jährigen Kellner Gustav Wie land aus Potsdam und seine Söhne Max und August. Die Tat ist zwischen 7 und 9 Uhr vor mittags verübt worden. Der älteste Sohn hatte die Brust entblößt und eine Schußwunde in der Herzgegend. Er scheint mit der Tat einverstan den gewesen zu sein. Der jüngere Sohn dage gen hat augenscheinlich zu fliehen versucht, und der Vater hat ihn durch einen Schuß in den Rücken niedergestreckt. Nahrungssorgen dürften den Mann zu der Tat getrieben haben. * Die Typhusepidemie beim 1. Bataillon des Hanauer Eisenbahnregiments ist als erloschen zu betrachten. An den Folgeer scheinungen der Krankheit befinden sich noch 7 Soldaten in ärztlicher Behandlung. * Ein N a ch t s ch n e I l z u g in Ge fahr. Vom Nachtschnellzug Salzburg—München entgleiste Donnerstag nacht zwischen Uebersee und Bernau ein angehängter Güterwagen. Er wurde bis hinter die Station Bernau außer den Glei sen mitgeschleift. Erst nach der Ausfahrt aus der Station entdeckte ein Wärter die Entgleisung und verständigte die Station Bernau, die die Ausfahrt zurückzog und den Zug stellte. Bei der hohen Böschung, die der Zug an dieser Stelle passiert, hätte ein entsetzliches Unglück entstehen können. * Die Brautschleppe für die Prinzessin Viktoria Luise ist jetzt im Neuen Palais abgeliefert worden. Die 4 Meter lange und 2 Meter breite Schleppe be steht, wie der „Konfektionär" mitteilt, aus in Krefeld hergestelltem kostbaren Si?berbrokatstosfe, der mit echtem Silber bestickt ist. Das Ganze stellt eine Ranke von Myrten und Orangen dar. Die gesamte Ausstattung der Prinzessin ist in Deutschland hergcslcllt worden. * Vom Kriegsschauplatz der Suffragetten liegen heute folgende Nach richten vor: In Eastbourne wurde der Versuch gemacht, die Kirche der heiligen Anna nieder- zubrenucn und ein berühmtes altes Gemälde von der Grablegung Christi zu zerstören. In Saint Marys Chapel in Dalkcith Park wurde eine Bombe gefunden. Im Friedhöfe von Bally Aylesbury Station wurde eine Bombe aufgefun den. In Norwich wurden fünfzig Schaufenster entweder zerstört oder durch Kratzen mit harten Gegenständen beschädigt. Eine „Bombe", die allerdings nicht explodieren konnte, wurde aus einem der Nationalgalerio zunächst gelegenen Grundstück gefunden. Ein ihr beigesügtes Do kument stellt schlimmere Dinge für die nächsten Tage in Aussicht. Infolgedessen dürfte die Na tionalgalerie wiederum geschlossen werden. Sie wird bereits seit Wochen streng von der Polizei überwacht. Kirchliche Nachrichten. Et. Etzrtftophort'Parocht« Hotzenftein Ernftttza», Vom 19. bis 18. Mat 1913. Getraut: Der MtlitärtnvaUd Eugen Hugo Eichler und Helene Ella Hoboika. Der Schlosser ougo Emti Müller und Elsa Antonie Reiß. Der Handlungsgehilfe Karl Max Rehm und Helene Marie Hoppe. Der Bauführer Fianz Wohlrab und Friederike Kamilla Böticher. Der Formmetster LtnuS Paul Sonmag und Marie Martha Wagner. Der «chriftseper Paul Kötz und Agnes Martha Helbig. Der Gastwiil Hugo Ewald List und Olga Klara veno. Sattler geb. Drechsler Getauft: Rudolf Karl, S. des Färbers Karl Wilhelm Scheibe. Friedrich Bruno, S. des Strumpiw Gusta> Emil Stichler. Klara Helene, T. des Webers Ernst Theodor Rtedcl. Er, st Albeit, S. deS Webers Ernst LoulS Bogel Manin Rudt, S. der Emma Klara Mo sch «. Begraben: Karl Alben, S. deS MalerL Paul Richard Pfüller, 12 I. 15 T. Eduard Waller, S. deS Schausteller Eduard Ryborz 6 M 5 T Alma Gertrud, T. deS Berg arbeiters Albin Linus Lindner, 1 I. 16 T KuN Erich, S. des Bäckermeisters Paul Hermann Fo n er, 2 M. 28 L Der Hilssbahntm-rler Friedrich Hermann Glänzel. 59 I. 7 M. >3 T. Christiane Wuhelmine, Evesrau des Handarbeiters Her mann Oskar Clauß, 42 I. 8 M. 29 T. Am Feste der heiligen Dreieinigkeit srüh 7 Uhr Beichte und Kommunion. Herr Pastor Dybeck. Vormittags 9 Uhr Hauptgonesdienst mit Pndigt über Joh. 3, 1— 15. Herr Pfarrer Alb echt. Nachmittags halb 2 Uhr kirchliche Unterredung mir den konfirmierten Jünglingen. Vormittag» 9 Uhr öffentlicher Gottesdienst im Beth leyemsttst. Ev.-luth. Jungsraucnverein: Abends 8 Uhr im Pfarrgarten und BereinSlokal. Ev.-luth. Jüngltngsveretn: Abends 8 Uhr tm BereinSlokal. Fortsetzung von: „Bei den Indianern". Landeskirchltche Gemetnschast: Am I. Feiertag abends halb 9 Uhr Brettestraße 31. Evang. Arbeiterverein: Montag abends halb 9 Uhr im Vereinslokal Kircheuchor: Damen und Herren deS Chores Montag alle zur Uebung. Hohensteiner Konserenz Montag vormittag 11 Uhr im „Gewerbehause". Alle Gemeindeglieder sind terzlich eingeladen Donnerstag, den 22. Mat upeuoe n Uor Mysions stunde tm Waisenhaus- und Hültengrundbeyaale. Wockenamt: Herr Psarrer Albrecht. Et. LrlnttattS-ParoAr«. Vom 9 bis I«. Mai 19l3. Getraut: Fuhrwerkebesiper Ernst Paul Bachmann und Helene Ida Blitz von hier Här'er Hermann Friedrich We er, Jggs und Jgir. Erna Martba Bödm von hl,r Zigarren wacher Heinrich Richard Louoth, Witwer in GerSdors und Minna Emma Böhme von hier. Bürgerschnll,hrer Georg Bruno Leonhard in Neustadt i. Sa., Jggs. und Jgsr. Marie Antonie Stiegler von hier. Getauft: Paul Hugo, S. de« Handarbeiter« Iuliu« Wil helm Pester. Erich Rudolf, S des Fabrikweder« Paul W-lly Nagel. Kurt Erich, S. des FabrikschererS Friedrich Emtl Garbe. Kail Bruno, S des Fabrikarbeiter« Albert Friedrich Moihes. Johanne« Max S. de» Fabrtkweber« Hermann Ri chard Grad. Helene Ilse, T. de« «ppreturgehilsen Emrl Paul Meter. 2 unehel. Söhne. Begraben: Privatmann Gustav Adolf Vieweg, Ehemann, 68 I itarl Gott ob. S. de« Geibermeisters und Lederhäud- lerS Gustav Adolf Stützner, 7 I. Walter, S. des Fobrik- strumpfwtikeis Paul Otto Grabner, 1 I. Klara Johanna, T. deS FräserS Max Woldemar Bachmann, 5 M. Am Trinitatisfest, den 18 Mal. früh 7 Uhr Beichte und heil. Abendmahl. Herr Pastor Schmidt. Vormittags 9 -ihr Predlgtgottesdienst, Joh. 3, 1—15. Herr Pastor Schmidt K rchenmusik: „Danket dem Schöpfer, groß ist seine Liebe", von F F Flemming Jünglingsverem: Sammeln früh 5 Uhr am Gemeinde- Hau» zum LagesauSslug (mit WaldgotteSdtenst) nach Schloß Wolkcnburg (Muldental) Zahlreiche Beietltgvng wird erwartet. Jungsrauenverein: Abends halb 8 Uhr tm Ge meindehaus Montag, den 19. Matz abend« 8 Uhr Familienabend mit ernsten und heiteren Darbteiungen und Lichtbilder Vortrag des Herrn Pfarrer Schmidt über: „Fürsorgeerziehung durch daS RertungShaus". Fiauenveretn: Der geplante Ausflug findet erst am 2. Juni statt. Oberlungwitz Getauft: Paula Elisabeth, T. oes ZementarbeiterS Brrm» Emtl Elling lheodor Herbert, S. de« MontiurS Theodor Großmann Ida Louise, T. des HandarbetierS Friedrich Emtl Nagel. Ella Ilse T. deS Maler« Richard Aino Gruner. Max Aiberr Otto, S. deS Sch osser« Max Albin Kranz. Getraut: Der Vorarbeiter Jggs Fritz Otto Spindl-r i» Mügeln bet Oschatz mir der Jgsr Elisabeth Martha Neßmann hier Der Tischler Karl Willi, Tippmar mit Frieda Martha Ahnert beide hier. Der St umpswir er Karl Moritz Oeste» icich mit der Wirtschafterin Amalie Auguste verw Spindler, verw. g>w. Olt> geb Schmidt, beide her. Der Mascdmen- etm asser En il Bernhard Meyer in Burgstädt mit Selma He lme Rudloff hier. Begiaben: Ehregott Paul, S. deS Handschuhfabrikanten Friedrich Em l Schmidt, > M. 27 T. Olga Frieda, T. der unvereiel. Helene Olga Claus, 7 M. 14 T. Am Trin.tatiüsest, den 8. Mat 1913, vormittag« 9 Uhr GotteSd enst mit Predigt über Joh. 3, I—1ö. Herr Psarrer von Dosky. Nachmittag« halb 3 Uhr TaukgotteSdienst. Jungsrauenverein: Beide Abteilungen gehen um 2 Uhr, ab Psarrhos, nach Erlbach (MgsionSfcst.) Abend« 7 Uhr Jüngltngsveretn Montag, den Ist. Mai 1913, nachmittags 4 Uhr Mis- sionSkränzchen. Wochenamt: Herr Pastor Schödel. Gersdorf Vom 8 bi« >4. Mai. Getraut: Max Ernst W> inhold, Scbmied in Leipzig Reud nitz und Frieda MitzscheUtng hier. Richard Max G ämer, Fabrikarbeiter in Reichenbain und Elia Klna Büuhel hier. Ernst Emil Schmiedel, We ksschlosser hier ein Wuwer und Hermine ve w. Graube geb. Hemig Friedrich Ernst Kluge, Schubsabnkarbcner 'n Leubsdorf und Dora Elsa Schramm daselbst N ax Willy Richler, Veikäuler in Chemnitz und Paula Flo>a Müller hier. Arthur Paul Franke, Schmied in Eyem- nttz unk Elsa Johann. Windisch hier. Getauft: Herbert Kurt, S. de« Strumpfwirkers Albin ««««»» SM WM MM. Roman von Fr. Lehne. l«! (Nachdruck verboten.) „ Ivonne!" „Großmama?" Fragend blickte die Angeredete von ihrer Arbeit aus. Sie stickte an einem Blusenftreifen in mühsamer Madeirastickerei für die Baronin, wozu Herta keine Lust hatte. „ Ivonne, es kann Dir unmöglich entgan gen sein, daß Du das Interesse des Assessors von Hammerstein erregt hast", begann die Grä fin ohne Umschweife. „Leider nein, Großmama!" „Leider sagst Du?" „Ja, leider, Großmama; denn er ist mir lehr wenig sympathisch", entgegnete sie ruhig. Die Gräfin runzelte die Brauen. „Lächerlich! Was kann Dich zu diesem vor schnellen Urteil bestimmt haben? Er ist ein statt licher Mann in angesehener Stellung, der eine große Zukunft vor sich hat, aus vornehmer, reicher Familie." „Das gebe ich alles gern zu; es hat aber mit meiner Abneigung gegen ihn nichts zu tun. Mir wäre lieber, daß er sein Interesse für mich weniger deutlich zeigte, und daß er mehr Fein gefühl hätte, zu bemerken, wie wenig angenehm mir seine Aufmerksamkeit ist." „Gerade darüber wollte ich mit Dir sprechen. Er sowohl als Frau von Hammerstein haben sich über Dein beinahe unartiges Benehmen bit ter bek.agt." „Hat man das, Großmama?" Ein spötti sches Lächeln zog ihre Mundwinkel herab. „Allerdings, und ich möchte Dich dringend bitten, in Zukunft höflicher gegen meine Gäste oder Gastsreunde zu sein", versetzte die Gräfin in scharfem Ton. „Der Frau Landrat von Hammerstein habe ich niemals Veranlassung gegeben, sich über mich zu beklagen; ich habe ihr stets den schuldigen Respekt bewiesen. Wenn ich die Zudringlichkeit des Sohnes zurückweise, so —" „Bitte, Ivonne, wähle Deine Ausdrücke besser. Ich habe nie etwas von Zudringlichkei ten des jungen Hammerstein gemerkt." „Das glaube ich gern, Großmama, doch ich habe sic empfunden. Warum ist er gegen Herta nicht so?" „Weil sie ihm gleichgültig ist; Dich aber liebt er, wünscht Dich zur Frau, und ich habe nichts gegen diese Verbindung." „Auch wenn ich wiederhole, was ich vorhin schon sagte — daß mir Herr von Hammerstein im höchsten Grade unsympathisch ist?" „Auch dann, Ivonne! Weil es kindisch von Dir ist, ein solches Urteil über einen jungen Mann zu haben, der meine Sympathie im vol len Maße besitzt. Richte Dich also nach meinen Wünschen; ich setze voraus, daß Du ihm Deine Zusage gibst, wenn er in Kürze um Dich an- hatten wird." „Ah, er hat sich um Deine Vermittlung be müht, weil er genau weiß, daß er bei mir nicht gut angeschrieben steht", erwiderte sie mit Nicht achtung. „Er glaubt, mich durch Dich zwingen zu können. Sehr ritterlich und mutig — in der Tat." „Herr von Hammerstein ist den einzig rich tigen, korrekten Weg gegangen, und eben des wegen achte ich ihn. Du bist bei ihm gut aus gehoben, kannst eine glänzende Rolle spielen." „Ach, ich liebe und heirate nicht den Stand, Großmama, sondern den Menschen. Dessen Ge sinnung ist mir maßgebend." „Ah, sieh da! Solche romantischen Grillen leben in Deinem Kopf? Es ist Zeit, daß sie vertrieben werden. Hat man Euch das im Seminar gelehrt?" „Nein, das sagt mir mein Gefühl. Ohne Liebe, um äußerer Vorteile willen zu heiraten, ist in meinen Augen eine Charakterlosigkeit, wenn nichts Schlimmeres. Mag Herr von Ham merstein kommen, ich kann es ihm nicht ver bieten. Aber seine Frau werde ich trotzdem nicht, weil ich ihn nicht liebe." Die Gräfin faßte Ivonne, die in ihrer Er regung aufgesprungen war, fest um das seine Handgelenk. „Du wirst mir diesen Affront nicht antun. Ich habe der Familie Hammerstein bereits meine Einwilligung gegeben, und dabei bleibt es. Einer törichten Mädchenlaune zuliebe än dere ich meine Entschlüsse nicht!" „Törichte Mädchenlaune nennst Du, was mein innerstes, heiligstes Gefühl ist?" versetzte Ivonne mit bebender Stimme. „Wenigstens in dieser Hinsicht will ich das Recht auf meine Person bis zum äußersten verteidigen. Nie werde ich Frau von Hammerstein!" „Und könntest doch froh sein, daß ein Mann von der Familie und Lebensstellung Dir seinen Namen geben will", bemerkte die Gräfin hohn voll. „Auf Deine Phrasen vom Recht auf Deine Person halte ich nicht der Mühe wert, einzu gehen." Groß richtete Ivonne die dunklen Augen auf die alte Frau. „Warum sollte ich, eine Gräfin Lahberg, roh sein, von Herrn von Hammerstein erwählt zu werden?" fragte sie stolz. „Muß ich Dir das erst noch sagen? Denke an Deine Mutter, die geborene Legene!" Da erbleichte das junge Mädchen und zuckte unter diesen Worten zusammen. Wie groß mußte noch immer der Hatz der Großmutter sein, wenn er sie so unfein werden ließ! „Schmähe mir mein liebes Mütterchen nicht!" rief Ivonne empört. Sie hatte keine Furcht und zornig blitzten ihre Augen. „Mit ihr schmähst Du zugleich auch Deinen Sohn. Du hast es mich genug fühlen lassen, hast mich ledig lich als Kind meiner Mutter behandelt. Warum läßt Du mich denn nicht meinen Weg gehen, damit Du mich nicht mehr siehst?" „Weil ich über meinen Namen wachen muß", versetzte die Gräfin eisig. „Von Deinem ungezü gelten Teniperament habe ich ja sosben wieder einen Beweis bekommen. Ich will nicht, mein Name zum zweiten Mal durch die gezogen wird; deshalb bleibst Du stets unter meiner Aufficht, bis zu Deiner eventuellen Hei rat." Ivonne legte die Hand über die Augen; wie ein Schwindel faßte es sie. Sie wollte etwas erwidern, doch die Kehle war ihr wie zu geschnürt. Großer Gott, dachte denn die Mutter ihres Vaters so gering von ihr, die sich doch auch nicht das geringste hatte zuschulden kom men lassen? Macht Hatz so verblendet? „Deshalb will ich Dich versorgt, und zwar recht bald, sehen und auch standesgemäß. Du bist all genug zum Heiraten", fuhr die Gräfin in unerschütterlicher Ruhe fort. „Also sügst Du Dich meinen Bestimmungen." „Nein, nein!" rief Ivonne außer sich und warf den Kopf zurück. „Großmutter, wenn ich Dir nun sage" — Hier stockte sie. Nahe war sie daran gewesen, ihre Liebe zu verraten. Hatte sie aber Lutz nicht mit Handschlag gelobt, zu schwei gen? Sie mußte ihm ihr Wort hatten. Und sie fühlte auch, daß es klüger war, jetzt nichts von ihrem heimlichen Verlöbnis mit Lutz zu verraten. Das hätte nicht vermocht, die Groß mutter umzustimmen. „Nun, weshalb sprichst Du nicht weiter? Hast Du Vernunft, angenommen? Ich will es hoffen!" „Nein, Großmutter, ich laß mich nicht ver handeln. Und wenn Ihr mich zwingt und quält, so werde ich noch vor dem Altar nein sagen." Mit funkelndem Blick matz die Gräfin das junge Mädchen, dessen Brust stürmisch atmete. „Also nur Trotz, offenbarer Trotz! Nun, den werde ich noch zu beugen wissen! Oder ollte hinter dieser Weigerung sich etwas ande res verbergen? Auch das würde ich ja erfahren. Dann wehe Dir!" Ruhig hielt Ivonne, um einen Schein blei cher, den drohenden Augen der Grotzmutter tand. Es war doch gut, datz sie nichts gesagt, 'eine Andeutung gemacht hatte. Erbarmungs los hätte man ihre junge Liebe zertreten. „Also, bereite Dich daraus vor, Ivonne. Nächste Woche, zu Deinem zwanzigsten Geburts tag, wird Deine Verlobung mit Herrn von Hammerstein veröffentlicht. Noch heute werde ch der Frau Landrat mitteilen, datz uns, nach Rücksprache mit Dir, der Besuch ihres Sohnes willkommen ist. Ich habe keine Lust, mich wei ter mit Dir noch auseinanderzusetzen. Es bleibt, wie ich bestimmt habe, und Du wirst gehorsam ein." Damit verließ sie das Zimmer, und wie vernichtet starrte ihr die Enkelin nach. Konnte man so grausam sein, so Unmögliches von ihr erlangen? Nein! Entschlossen hob sie den ^opf und ihre Gestalt straffte sich. Sie würde ich nicht einschüchtern lassen. Die Gräfin hielt es für ganz unmöglich, daß Ivonne im Ernst sich ihr zu widersetzen wagte. Nach dieser unerhörten, trotzigen Auf wallung würde auch sie gehorchen — wie die andern. Aber sie hatte sich doch in der Enkelin ge irrt. Keine Drohung hatte diese zu bewegen ge wußt, nachzugeben. Mit einem glatten, runden Nein mußte sich Herr Assessor Nyno von Ham merstein abfinden, nachdem er doch mit so ho ldem Mute und in so sicherer Hoffnung auf den Besitz des angebeteten, leidenschaftlich begehrten Mädchens Schloß Burgau betreten. Der eitle Mann war in seinem Selbstgefühl aufs gröblichste verletzt und mit ihm seine Fa milie. Der Zorn der Gräfin war unbeschreiblich; doch Ivonne hielr ihm stand. Ruhig bemerkte sie allen Vorwürfen der Grotzmutter und Tante gegenüber: „Ich habe es vorher gesagt. Warum hat man mir nicht geglaubt und hat es daraus ankommen lassen!" Geduldig trug sie die schweren Tage, die ihr jetzt bereiter wurden. Jede andere wäre da vongelaufen. Sie harrte aus in der festen Zu versicht, daß oer Geliebte sie bald aus diesem unerträglich gewordenen Verhältnis der Groß mutter befreien würde. Wenn man ihm auch Daisy von Hammerstein zugcdacht hatte, er würde sicherlich nicht weniger stark als sie sein. Doch mit einem Aufatmen der Erleichterung hörte sie jetzt von Herta, daß Lutz in den näch ten Tagen eintreffen würde, und acht Tage nach ihm Dagobert, der allerdings nur ganz kurz«: Zeit bleiben würde, da er nach Helgoland wolle. Nun mußte die Entscheidung bald fallen. „Bist schön dumm, daß Du dem Hammer- kein einen Korb gegeben hast", meinte Herta. „Dann wärst Du dock) endlich von Burgau, von Großmama fortgekoimmen. Ich denke es mir gerade nicht erbaulich, so den ganzen Tag mit ihr zusammen zu sein." „Lieber das, Herta, als eine Ehe ohne Liebe — oder hättest Du es getan?" „Er hat ja nicht um mich angehalten. Geld hat er genug, daß man darüber seine Glatze ver gessen könnte. Er hat jetzt 'nen mächtigen Pik auf Dich und die Alte gleichfalls. Ich glaube, wenn Daisy nicht so arg in Lutz verschossen, wäre, hätten sie auch uns die Freundschaft ge kündigt. Aber Lutz ist doch ein zu bildhübscher Junge, und mit allen Fasern strebt sie nach ihm. Wenn wir auch kein Geld haben, oder nicht so viel, so sind wir doch vornehmer als Hammer- teins, und das wissen sie recht gut; und Dich, eine Gräfin Latzberg, wo Großmama die vor nehmste, angesehenste Frau des Kreises ist, hüt en sie gar zu gern als Schwipgertoschder ge habt." „Ich mag doch aber nicht, Herta!" Lauernd blickte Herta auf die Kusine. Sie hätte gern gewußt, warum Ivonne den jungen Hammerstein abgewiesen hatte. Ihr wäre alles recht gewesen, aus der Nähe der Grotzmutter zu kommen, die sie so fürchtete. Manchmal bedauerte sie Ivonne doch, datz diese bei der alten, strengen Frau aushalten mutzte. (Fortsetzung folgt.)