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Hohenstein - Crnstthaler Tageblatt Amtsblatt Nr- 92 Mittwoch, den 23 April 1913. Zweites Blatt. Deutscher NeichstM. Sitzung am 21. April. Die Beratung des Militäretats wird fortgesetzt beim Garnisonverwaltungs- und Ser viswesen. Abg. W erne r-Hersfeld (Res.) wünscht eine Besserstellung der Kaserneninspektoren, Ab geordneter Ickler (Natl.) anderweite Rege lung des Submisüvnswescns, Abg. Paul y- Kochei» (Ztr.) Verwendung deutschen Schiefers bei Kasernenbauten, Abg. Dr. Belzer (Ztr.) Belassung nur eines Wachkommandos auf der Burg Hohenzollern statt einer ganzen Kompag nie, Abg. Dr. Neumann-Hofe r (Vpt.) größeres Entgegenkommen der Kommandeure der Truppenübungsplätze gegenüber den wirt schaftlichen Wünschen der umwohnenden Bevöl kerung (Grasnutzung), Abg. Rupp (Kons.) höhere Servisgelder, besonders für Pferde, und Abg. Kotz m a n n (Ztr.) bessere und raschere Abfindung der Flurfchäden. Avg. S ch m i d t Meitzen (Soz.): Die Manöverschäden haben einen unerträglichen Um fang angenommen. In Sachsen haben die Verkehrsstörungen fünf Wochen gedauert. Die Militärverwaltung mutz mehr Rücksicht auf die erwerbstätige Bevölkerung nehmen. Generalleutnant Staabs sagt tunlichste Berücksichtigung der vörgebrachtcn Wünsche zu. Häufig ergeben sich bei der Abschätzung der Flurscktzrdcn grotzc Schwierigkeiten, so datz eine rasche Erledigung unmöglich wird. Beim Kapitel Militärbauwcsen bespricht Ab geordneter Hoch (Soz.) die Typhusepidemie beim 1. Eisenbahnbataillon in Hanau. Die Lie ferungen der grotzen Lieferanten seien nicht ge nügend überwacht worben. Viele Militärärzte sehen in jeden. Kranken einen Simulanten. Als schon hundert Soldaten krank lagen, hätten die Militärärzte in Hanau der Zivilbehörde noch nicht einmal Mitteilung gemacht. Generalarzt Schultz' Die Epidemie ist durch eine bedauerliche Verkettung unglückseliger Umstände herbeigesührt worden. Sie wurde durch einen Kartoffelsalat veranlatzt, der durch eine Kartoffelschälerin infiziert war. Irgend welche Nachlässigkeit der Militärärzte ist nickü nachgewiesen. Der Vorwurf, baß die Militär ärzte in den Kranken zumeist Simulanten sehen, ist unbegründet. Auf weitere Beschwerden des Abg. H v ch (Soz.) über die mangelhafte Beköstigung der Soldaten in Hanau erwidert Kriegsminister von Heeri n g e n, datz die Militärverwaltung schon alles eingehend untersucht habe, bevor Abg. Hoch die Güte l>atte, sich damit zu be schäftigen. Weiteres Material möge er nur ruhig dem Kriegsminister überantworten. Der Gesundheitszustand der Armee bessere sich von Jahr zu Jahr. In, weiteren Verlauf der Aussprache klagt Abg. S chmidt - Meitzen (Soz.) über die mmgelhafte Bezahlung der Arbeiter in den säch sischen Remontedepots. Im Sommer bekämen sie l,90 Mark, währen) der Erntezeit 2,50 Mk., im Winter l,50 Mark. Sie -nutzten Jahresver träge abschlietzen und sich der Gesindeordnung untcr'lcllen. Sic könnten nach dieser durch den Gendarm zwangsweise zur Arbeit zurückgefllhrt werden. Ihre Frauen müßten mit arbeiten, wenn sie nicht krank seien. Natürlich bekomme die Verwaltung keine Deutschen für diese Hun gerlöhne, sondern beschäftige Hunderte von Ausländern. So sehe der Schutz der nationa len Arbeit aus. Generalmajor Freiherr Leuckart von Weißdorf weis, darauf hin, daß die Ar beiter neben ihrem Lohn noch ein Deputat be kommen, und tritt kurz den Uebertreibungen dcS Vorredners entgegen. Abg. Noske (Soz.): Soldaten sollten nur zu militärischen Zwecken verwendet werden. Wenn der Kaiser Pioniere nach der Saalburg kommandiere, damit sie dort Schanzarbeiten nach römischer Art ausführen, so sei das keine militärische Verwendung. Die Soldaten müßten hierbei nicht mit ihren guten modernen Werk zeugen, sondern mit solchen arbeiten, die den römischen nachgebildet waren. Wenn man ein mal ein Pfahldorf bauen wolle, gebe man schließlich den Leuten Steinäxte oder ähnliche vorsintflutliche Werkzeuge in die Hand. Der Redner tadelt ferner, datz Soldaten dazu ver wandt wurden, die Jagdreviere des Kaisers zu bewachen, und datz man ein ganzes Regi- 'ment zu nachtschlafender Zeit von Rathenow habe kommen lassen, damit es eine halbe Stunde lang Spalier beim Einzug eines fürstlichen Brautpaares bilde. Deutsche Soldaten seien keine Pavadepuppen für Fürsten und ihre Kinder. Kriegsminisler v. Hccringe n: Tas Rathenower Husaren-Regiment stand seit lan gen Zeiten in engen Beziehungen zu dem han noverschen Königshaus. Der Urgrotzvater und der Grotzvater des Prinzen Ernst August waren Ehcfs dieses Regiments. Da sollte der Moment, wo der Stammhalter dieser Königsfamilie in die preußi'che Armee eintrat, ganz besonders unterstrichen werden. Zu den, Zwecke wurde die Heranziehung des Regiments gewählt, um die Verbindung der Armee mit dem jetzigen Stammhalter wieder aufzunehmen. Das ist der innere politisch Zweck gewesen, und der hat wohl seine Berechtigung. (Lachen bei den Sozialdemokraten; Sehr richtig! rechts.) Ueber die Schanzarbeiten auf der Saalburg liegt ein Bericht der 2. Pionier-Jnfpektion in Mainz vor. Danach handelt es sich um Arbeiten auf einer Waldblöße, die sehr wohl belehrender Art sind. Das Haus vertagt sich. — Schluß Uhr. Morgen 2 Uhr: Kurze Anfragen. Weiterbe ratung. Sschlilches. Hohenstein-Ernstthal, 2 '. April 1913. — Eine H a u p t r e v i s i o n der säch sisch-böhmischen Landesgrenze findet auf Anordnung des sächsischen Ministeriums des Innen, vom 25. April bis 23. Mai d. I. statt. Auf sächsischer Seite geht diese Revision unter Leitung des vom Ministerium beauftrag ten Geh. Regierungsrates Roch vor sich. Die österreichischen Vertreter setzen sich aus hohen Beamten der K. K. Statthalterei in Prag zu- sammcn. — Ruhdorf, 21. April. Wegen der Kraft wagenlinie Limbach-Falken—Waldenburg hat die hiesige Gemeinde beschlossen, nicht nur für die nächsten fünf Jahre aus einen Beitrag zu den Wegebaukosten zu verzichten, sondern auch "einen entsprechenden Beitrag zu den Kosten der ! Wagenhalle zu leisten. — Penig, 21. April. Ein abnormes Brut- ge.bilde zeigte sich in der Brieftaubengucht deß. Herrn Bäckermeisters Bruno Ziegenspeck. Nach dem ein Taubenpaar sein Brutgeschäft erledigt hatte und ein Tierchen sich der goldenen Frei heil erfreute, blieb das zweite Ei resultatlos. Bei Oeffnung desselben zeigte sich, daß da auch ein Lebewesen enthalten war und zwar ein Tierchen, welches 2 Schädel und 3 Augen am Kopfe zeigte. Im übrigen waren alle Teile normal ausgebildet. Dieses abnonnale Ge schöpf zeigte noch längere Zeit Leben in sich. Glauchau, 21. April. Die kürzlich er lassenc Polizeiverordnung, wonach zuziehende Kellnerinnen ein Gesundheitszeugnis beizubrin gen haben, ist durch Beschluß des Stadtralls wieder aufgehoben worden. Ehcmuih, 21. April. Auf dem Schlacht Hose in Chemnitz sind -100 australische Hammel in gefrorenem Zustande eingetroffen. Das Fleisch wird in den Läden hiesiger Fleischer meister verkauft werden. Die Finna Leon Leder, Strumpferport, in Chemnitz ist insolvent und strebte einen Akkord mit 16 Prozent an. Dieser Akkordvorschlag wurde von den Gläubi gern jedoch nicht angenommen. Man darf aber hoffen, daß eine Einigung auf der Basis von 25 bis 30 Prozent zustande kommt, die dadurch möglich wird, datz Freunde und Verwandte des Inhabers der insolventen Firma von ihren An sprächen ganz oder teilweise zurücktreten. — Eine Ansichtskarte, die im Juni 1898 also vor 14 Jahren — von Chemnitz aus an einen ehe maligenKurgast der v. Zimmermannschen Natur Heilanstalt nach Rutzland gesandt wurde, ist jetzt, da der Adressat verzogen war, als unbestellbar nach Chemnitz zurückgekommen. — Um eine ent sprungene Katze wieder einzufangen, kletterte bei Eintritt der Dunkelheit eine Frau aus den Dächern mehrerer Häuser an der Schadesttatze herum. Strahenpassanten, die der Meinung waren, es handele sich um eine Erkrankte, be nachrichtigten die Feuerwehr. (Man freut sich über jeden Beweis der Tierfreundlichkeit, sie darf aber nicht ausarten. Red.)