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02-Zweites-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 17.04.1913
- Titel
- 02-Zweites-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19130417022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913041702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913041702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-04
- Tag 1913-04-17
-
Monat
1913-04
-
Jahr
1913
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Tlintsblatt. Donnerstag, den 17. April 1913. Nr. 87. Zweites Blatt. Deutscher Neichstag- Sitzung ani 14. April. Ani Bundes,iratstische: v. Jagow, Kühn, Zimmermann, Dr. v. Koerner, Graf Lerchen- seld. Präsident Dr. K aempf eröffnet die Sitzung mit folgenden Worten: Wie Ihnen bekannt ist, meine Herren, ist gestern gegen Seine Majestät den König von Spanien, einer Nation, mit der wir uns in besten freundschaftlichen Be ziehungen befinden, ein fluchwürdiges Attentat verübt worden. Ich bin sicher, in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn ich der Freude darüber Ausdruck gebe, daß Se. Majestät der König unversehrt geblieben ist. (Bravo!) Sie haben sich von Ihren Plätzen erhoben. Ich konstatiere das. (Die Sozialdemokraten waren sitzen ge blieben.) Hierauf beginnt die zweite Beratung des Etats für das Auswärtige Amt. Aog. Bassermann berichtet über die Verhandlungen in der Kommission. Die Kom mission beantragt u. a. folgende Resolutionen: l. den Reichskanzler zu ersuchen, Maßnahmen zu treffen, durch welche der Zugang zum diplo matischen Dienst den Befähigtsten, ohne Rücksicht auf ihre Vermögensverhältnisse, ermöglicht wird; 2. den Reichskanzler zu ersuchen, mit dem nächstjährigen Reichshaushalt eine Denkschrift über den Ausbau des Orientalischen Seminars zu einer deutschen Auslandshochschule vorzu legen; 3. den Reichskanzler zu ersuchen, mit dem nächsten Neichshaushalt eine Denkschrift über die deutschen Schulen im Auslande vorzulegen. Staatssekretär des Auswärtigen Amtes von Jagow: Nachdem der Herr Reichskanzler sich bereits in der vorigen Woche ausführlich über die auswärtigen Angelegenheiten geäußert hat, möchte ich nur noch einige Worte über die Situation auf dem Balkan sagen. Ich möchte den Vorwurf zurückweisen, daß die Diplomatie bei dieser Gelegenheit versagt habe. Rüstungen zu machen ist leicht, aber die Frage, ob und wann ein Krieg ausbricht, ist mehr oder weniger ein Raten. In den meisten Fällen kommt sie nicht rechtzeitig zur Kenntnis. Außer dem glaube ich, daß man sich vor einem über triebenen vorzeitigen Pessimismus in acht neh men muß in derartigen Fällen, da sonst dem wirtschaftlichen Leben bedenklicher Schaden zu- gej'.igt werden kann. Was die Friedens aussichten anlangt, so bin ich in der Lage, sagen zu können, daß sie sich in der letzt abge laufenen Woche vermehrt haben. Die Antwort der Mächte auf die letzte Antwortnote der Bal kanstaaten ist überreicht, und es ist Hoffnung vorhanden, daß sie eine friedliche Aufnahme findet. Die S k u t a r i - F r a g e scheint aus dem akuten Stadium herausgekommen zu sein. Serbien hat angekündigt, daß cs seine Truppen zurückzieht. Ein Verdienst hat aber auch die Erklärung der russischen Regie- r u n g, die beweist, daß Rußland den festen Willen hat, an den Londoner Beschlüssen fest zuhalten. Wir hoffen, daß auch das widerspen stige Montenegro sich schließlich dem Willen Europas fügen wird. (Lachen bei den Sozial demokraten.) Bezüglich der Petersburger Ver handlungen über den rumänisch-bulga rischen Konflikt hoffen wir, daß sie zu einer friedlichen Lösung für beide Parteien füh ren werden. Unsere Bemühungen zugunsten Mmäniens sind in erster Linie geschehen auf Grund eines langjährigen Freundschaftsverhält nisses zu Rumänien und zweitens, weil Rumä nien der einzige Balkanstaat war, der den Wunsch der Mächte, nicht einzugreifen, erfüllt hat. Rumänien ist unter der weisen Regierung des Königs Carol stets ein Element des Frie dens und der Ordnung gewesen. (Beifall.) Auf die Einzelheiten einzugehen, muß ich mir ver sagen, da die Verhandlungen noch schweben. Den Gang der Ereignisse am Balkan zu hin dern, lag nicht in unserer Macht und war nicht unsere Aufgabe. Wir werden aber dafür ein treten, daß bei der endgültigen Liquidation des Krieges unsere finanziellen und Handels-Interessen nach Möglichkeit vor Schaden bewahrt bleiben. (Beifall.) Die Balkanstaaten, die in diesem Kriege einen Be weis nationaler Kraft erbracht haben, werden es sich sicherlich nicht nehmen lassen, nach dem Friedensschlüsse mit dem gleichen Ernste und der gleichen Entschlossenheit an die kulturelle Erschließung der eroberten Gebiete zu gehen. Auf Deutschlands Mitarbeit können sie dabei zählen. (Beifall.) Die Türkei, die mit schwe ren Wunden, aber in Ehren aus dem Kampfe hervorgeht, findet in den reichen und erst zum Teil erschlossenen asiatischen Gebieten ein wei tes Feld für eine Kräftigung und Erstarkung. Wir hoffen, bei den noch bevorstehenden Ver handlungen Gelegenheit zu haben, an unserem Teile daran mitzuwirken, daß der Türkei die Erfüllung dieser Aufgabe nicht erschwert wird. Abg. Bernstein (Soz.): Der Reichs kanzler hat zugegeben, daß kein Interessengegen satz zwischen Rußland und Deutschland besteht. Damit hat er einen Teil der Wehrvorlage aus der Hand gegeben. Die Volksheere der Balkan staaten haben die militaristische Türkei über den Haufen geworfen. Das sollte uns eine Lehre sein. Dadurch, daß Oesterreich Serbien den Zu gang zur Adria unmöglich macht, sind neue Konfliktsmöglichkeiten geschaffen. Die rumänische Judenfrage muß endlich gelöst werden. Den Werbungen der französischen Fremdenlegion aus deutschem Boden treten auch wir entgegen. Ter Redner befürwortet schließlich eine Verständi gung zwischen Deuischland und England. Jeden falls sollten wir dem englischen Vorschlag, das Wettrüsten cinzustellen, ernste Beachtung schenken. Fürst zu L ö w e n st e i n - W e r t h e i m (Ztr.): Wir wünschen eine bessere Behandlung der Polen und Dänen. Der diplomatische Dienst soll jedem Befähigten offen stehen. Wer geistig nicht ansreicht, soll rücksichtslos entfernt werden Dem deutschen Handel in China hat das Aus wärtige Amt tatkräftige Unterstützung zu leisten und auch die geistige Entwicklung des Landes zu fördern. Tie Republik China muß aner kannt werden, selbst wenn es uns nicht leicht wird. Der Balkankrieg ist kein Kampf des Kreu zes gegen den Halbmond. Tas zu behaupten, ist angesichts der Greuel, die von Christengegen Christen verübt werden, fast eine Gottesläste rung. (Sehr richtig! im Zentrum.) Die Flot tendemonstration l-at schließlich doch genützt, vielleicht mehr bei Rußland als bei Montene gro, nur hätte sich ersteres eher entschließen sol len, ob cs init den Großmächten einig bleiben will. Die Annäherung an England ist zu be grüßen, wenn wir uns auch einer übertriebe nen Freude darüber nicht hingeben können. Mit Recht habe der Reichskanzler den stärksten Bei fall gesunden, als er die. feste Bundestreue zu Oesterreich ausdrücklich betonte. Deutschland und Oesterreich sind geborene Buirdesgenossen. Unser Bündnis dient dem Weltfrieden, und des halb stimmen wir dieser Politik durchaus zu. Abg. Freiherr v. Nichthosen (Natl.): Die Politik der Dreibundtreus und der beson deren Bundestreue zu Oesterreich erkennen wir durchaus an, ebenso die Nnterftützung Rumä niens im Streite um SUistria. Die Türkei muß die Inseln behalten, wenn sie die sreie Darda nellendurchfahrt gewährleisten soll. Ein Ausrol- en der Armenierftage im gegenwärtigen Augen olick würde nur den Interessen Rußlands die nen. Eine Reform des diplomatischen Dienstes ist dringend notwendig. Ter Tüchtigste muß an die richtige Stelle kommen. Wir haben ein Fnteresse daran, eine starke Türkei auch nach dem Friedensschluß zu erhalten. Der Redner verlies! dann ein Telegramm, wonach sich eine ehr unangenehme Szene in Nancy abspielte. Deutsche Staatsbürger sind schwer beleidigt wor den. Solche Vorgänge sind allerdings wenig ge eignet, die Beziehungen zwischen beiden Natio nen zu bessern. Ein großes Interesse haben wir an der offenen Tür in China. Unsere aus wärtige Politik muß vom Vertrauen des Polkes getragen sein. Die ganze Nation muß hinter der auswärtigen Politik stehen. Notwendig ist auch eine Förderung der deutschen Schulen in China. Staatssekretär v. Jago w: Das neue chinesische Reich begrüßen wir mit den besten Wünschen. Das chinesische Parlament hat sich konstituiert. Wenn die Wahlen stattgefunden haben, werden wir der Frage der Anerkennung näher treten können. Verlangen müssen wir eine vernünftige chinesische Finanzpolitik. Wenn unsere kommerziellen Beziehungen zu China in der letzten Zeit nicht so fortgeschritten sind, Ivie es zu wünschen war, so liegt das in der all gemeinen Stagnation, die infolge der revolutio nären Bewegung bestanden hat. Wir haben aber bas Vertrauen zu unserem tüchtigen deutschen Kaufmann, daß er auch diese Krise glücklich überwinden wird. Unsere Konsulaisbehörden in China werden vermehrt. Von besonderer Be deutung für die Entwicklung unserer Interessen m China ist auch die Förderung des deutschen Schulwesens. Wir unterstützen zurzeit sieden deutsch chinesische Sprachschulen, eine Medizin- und eine technische Schule in Schanghai. Abg. Dr. Heckscher (Vpt.): Ich hoffe, daß unsere erheblichen Interessen in Kleinasien auf das nachdrückUchste gewahrt werden. Die deutschen und englischen Interessen begegnen sich dort allenthalben. Die Ereignisse der letzten Monate lassen die Hoffnung zu, daß England und Deutschland auch in künftigen Krisen Schul ter an Schulter stehen werden. Mit Genugtuung ist festzustellen, daß der Dreibund gerade in der letzten Zeit wieder unverwüstliche Lebenskraft gezeigt hat. (Sehr richtig!) Unser Verhältnis zu Frankreich kann sich nicht bessern, so lange Blätter wie der „Matin" Tag für Tag in un erhörtester Weise gegen Deutschland und gegen deutsche Art und Kultur Hetzen und immer wie der Hetzen. Der dauern.de Wechsel in unseren diplomatischen Vertretungen hat es mit sich ge bracht, daß wir in den Zeiten der Umwälzung in China nur durch zwei Dolmetscher vertreten waren. Das deutsche Volk will nicht die Passi vität der deutschen Staatskunst. Unterstaatssekretär Zimmermann: Auch wir beklagen, daß wir in China hinter den anderen Nationen zurückstehen. Das liegt dar an, daß uns nicht genügend Mittel zur Ver fügung stehen. (Widerspruch.) Bezüglich der Fremdenlegion läßt die französische Regierung alle Reklamationen unberücksichtigt, wenn die betreffenden Leute älter als 18 Jahre sind. Abg. Erzberger (Ztr.): Unsere Etats- Posten für kulturelle Zwecke im Auslande sind nicht hoch genug. Dankbar bin ich dem Staats sekretär für die Erklärung, daß unsere Handels interessen am Balkan voll gewahrt werden. Das orientalische Seminar in Berlin muß zu einer Auslandshochschule ausgebaut werden, nament lich hinsichtlich der Bibliothek. Schluß 6^ Uhr. Sitzung am 15. April. Der Reichstag setzte die Beratung des Etats des Auswärtigen Amtes fort Staatssekretär des Auswärtigen o. Jagow: Es ist gestern bereits von dem Zwischenfall in Nancy hier die Rede gewesen. Bisher ist dieser Zwischenfall nur aus den Telegrammen des Wolffschen Bureaus und den Preßmeldungen bekannt. Sollten sich diese Nachrichten in voller» Umfange bestätigen, so würde ich ihn allerdings als h ö ch st b e- dau erlich bezeichnen. (Lehbaste Zustimmung ! ün ganzen Hause.) Es wäre damit auch ein trauriger Beweis dafür erbracht, wie sehr das Treiben der Chauvinisten, von dem kürzlich der Herr Reichskanzler hier gesprochen hat, Beden ken erregen muß. (Sehr richtig!) Unser Bot schafter in Paris hat die Anweisung erhalten, die französische Regierung um eine A u f- klärung zu ersuchen (Lebhaftes Bravo!) und, falls die Nachrichten sich als richtig erweisen, B o r st e l l u n g e ii wegen des mangelhaften Schutzes der Deutschen in Frankreich zu erheben. (Erneute Zustimmung.) Der Staatssekretär äußert sich dann zu der Frage der Reform des diplomati schen D i e n st e s. Wir sind Reformen nicht abgeneigt und werden die Wünsche der Budget kommission sorgfältig prüfen. Ter Gedanke der Resolution, die Befähigtsten zum diplomatischen Dienst heranzuziehen ohne Rücksicht auf ihre sonstigen Vermögensverhältnisse, ist mir gewiß sympathisch, aber bei den teuren Lebensverhält nissen der meisten diplomatischen Posten, die ja aus'chließlich in großen Städten liegen, wird es auch in Zukunft kaum möglich sein, daß die Diplomaten dann ohne eigene Mittel auskom men, oder sie müssen so hohe Gehälter erhalten, daß diese in krassen, Widerspruch zu den übri gen Beamtengehältern und zu den Gehältern der Diplomaten anderer Länder stünden. Den Vorwurf, daß für den Zugang zum diplomati sehen Dienst Protektion unerläßlich ist, weise ich entschieden zurück. (Lachen bei den Sozialdemo kraten.) Ich mache aber einen Unterschied zwi sehen Protektion und Empfehlung. (Sehr rich tig! rechts.) Es wird allerdings in, diploma tischen Dienst niemand angestellt, der nicht emp fohlen ist und über den nicht Erkundigungen eingezogen sind. Das ungünstige Urteil, das hier vielfach über unsere Diplomatie gefällt wird, wird im Ausland nicht geteilt! (Sehr richtig! rechts.) An der Ausbildung unseres Nachwuchses im diplomatischen Dienst arbeiten wir fleißig. Wir haben wissenschaftliche Kurse im Auswärtigen Amt eingeführt. Sie sind für alle Anwärter des diplomatischen und konsula rischen Dienstes obligatorisch. Alle Wünsche wer den geprüft, Mängel sollen abgeslelll werden, aber eine bloße Aenderung ist nicht immer eine Verbesserung. (Beifall rechts.) Abg. Dr. Oertel (Kons.): Der leider zu srüh verstorbene Staatssekretär v. Kiderlen, dessen wir wehmütig gedenken, wurde und wird noch heule vielfach verkannt. Zu seinem Nach folger tonnen wir von vornherein Vertrauen haben. (Sehr gut!) Auch wir wollen den Zu gang zum diplomatische,, Dienst erleichtern, aber nicht nur der Zugang muß den „Tüchtigen" ge sichert werden, sondern auch das „Im Amte bleiben". Aus den Presseäußerungen alter Diplomaten geht hervor, wie schade es ist, diese „Tüchtigen" verloren zu habe,,. (Große Heiter keit.) Wir hoffen, daß der Frieden im Balkan in naher Aussicht steht, wenn es auch schwer fällt, den Widerstand des Königs der Schwär zen Berge zu brechen. Nach dem „Vorwärts" hat ja unser Präsident wegen seines neulichen Einschreitens für diesen Herrscher einen hohen montenegrinischen Orden bekommen. (Große Heiterkeit.) Vielleicht können wir durch eine Entschädigung in bar oder Naturalien den hohen ' Herrn zum Schweigen bringen. (Heiterkeit.) Was Rumänien anbetrifft, so hoffe ich, daß Deutschland dieses Land weiter stützt, es ist der vernünftigste Staat, und deshalb darf er nicht leiden. Wir wollen keine Weltmachtpolitik im bösen, übertriebenen Sinne treiben, sondern eine Politik, die mit allen Zukunftsmöglichkeiten rechnet und sich die Zukunft nicht verbauen und nehmen läßt. (Sehr wahr!) Schwierig wird die Sache in Ostasien werden. Der chinesischen Republik wünschen wir alles Gute, so unvorein genommen sind wir. (Zurufe von den Sozial demokraten. Der Präsident rügt einen der Zurufe und droht mit dem Ordnungsruf.) Ein Ordnungsruf wäre eine zu scharfe Rüge! (Heiterkeit. Präsident: Ich mutz mir eine solche Kritik verbitten!) Unsere Beziehun gen zu England sollen nicht nur besser, sondern gut sein. Das begrüßen wir alle mit Freuden. Hoffentlich zeitigen diese Beziehungen auch die konkreten Niederschläge, so die Entschädigung der im Burenkriege geschädigten neutralen Deutschen. Gegen das französische Volk oder seine Regie rung hat bei uns niemand einen Haß. Aber man muß sich damit abfinden, daß wir Elsaß- Lothringen, das mit teurem Blute zurückgewon nen ist, niemals wieder loslassen werden. (Sehr richtig!) Uebertriebene Höflichkeit war es, Frankreich für die Behandlung des „Z. 4" in überschwänglichen Worten zu danken. In Frank reich soll inan jetzt an den Bau von Zeppelin- Zerstörern gehen. Ein bei Metz gelandeter fran zösischer Flieger wurde viel loyaler behandelt. (Sehr richtig!) Ist jemals in Deutschland ein Franzose so behandelt worden, wie die Deut sche» i» Ncmcy? Eine solche Behandlung Deut scher brauchen wir uns nicht gefallen zu lasse», sie müsse» geschützt werden als deutsche Staats bürger, selbst wen» der Schutz Schwierigkeiten »lachen sollte, was ich nicht vernehmen möchte. Die Friedensschalmeien des Abg. Bernstein waren phantastisch. Bis zum Weltfrieden ist es noch ein sehr weiter Weg. Bis dahin gebrau chen wir eine richtige Diplomatie, eine gute kraft-, aver auch maßvolle Politik, aber vor allen Dinge» ein tüchtiges, kräftiges, schlag fertiges und damit siegessicheres Heer. (Leb hafter Beifall rechts.) Abg. Ledebour (Soz.): Wenn die Zei tungsnachrichten über die Vorgänge in Nancy zutreffen, so ist es selbstverständlich, daß die deutsche Regierung alle Mittel aufbieten wird, uni die Wahrheit festzustellen und daß dann für angemessene Sühne gesorgt wird. Andererseits haben wir das Gefühl, als ob Sraatssekrerär v. Jagow durch seinen Hinweis auf das un glückliche Vorkommnis in Nancy den Chauvi nismus bei uns auskitzeln wollte. Dieser Chau vinismus in Frankreich ist natürlich erst durch unsere Heeresvorlage angespornt worden. Das findet nicht nur ein Blinder mit dem Stock, sondern auch ein deutscher Diplomat. (Präsi dent: Tas überschreitet das Maß der sachlichen Kritik!) Die Ausweisung unseres Genossen Comperc Morel ist der schlimmste Akt des Chau- vinismuö, der viel schlimmer ist, als die Vor gänge in Nancy. Ter Fall Sohst zeigt, daß es sehr viel Protektionisten givt, die zu perfiden Einflüsterungen neige». Es ist die allerhöchste Zeil, daß mit solchen Zuständen gründlich auf- germmt wird, damit solche Prcttektionspoften- inhaber nicht in die Erscheinung treten. (Glocke.) Präsident Dr. K a e m p f: Die Kritik des Verhaltens des Kaisers ist unzulässig! Abg. Ledebour verbreitet sich dann ein gehend über unsere auswärtige Politik und sagt ». a.: Tic sogen, panslawistischen Strömungen sind nichts weiter als panegyristisch. Strömun gen, die nur auf Eroberung der Länder aus- gehc», und dabei vor nichts zurückschrecken. Der Zar und seine Helfershelfer haben unerhörte Verbrechen angezettelt. (Präs. Dr. K a e in p f ruft den Redner wegen dieses Ausdruckes zur Ordnung.) Ta wird sich aber der Zar freuen! Präsident Dr. K a e m p f: Herr Abg. Ledebour: Tas Stenogramm erweist, daß Ihre Ausführungen über de» Fall Sohst die schwer sten Beleidigungen gegen den Kaiser enthalten. Unter diese» Umstände» kann ich es nicht bei der Rüge belassen, sondern muß Sie zur Ord nung rufen. (Bravo!) Staatssekretär v. Jagow: Die Aeuße rungen des Abg. Ledebour, die vom Präsiden ten schon gerügt sind und die über Seine Maje stät de» Kaiser handelte», bedauere ich. Ich muß aber auch Verwahrung einlegen gegen die Aeußerungen gegen den Herrscher eines befreun deten Landes. Ich glaube mich damit im Ein verständnis mit der großen Mehrheit des Hau ses zu befinden. (Bravo! rechts, Lachen bei den Sozialdemokraten.) Präsident Dr. K a e »i p f: Ich möchte be merken, daß diese Aeußerungen von mir schon gerügt waren. Damit scheidet dieser Vorgang aus der Verhandlung dieses Hauses aus. Abg. Prinz zu Schönaich-Caro- lath (Natl.) verlangt einen amtlichen Bericht über die Landung des „Zeppelin" in Lune-
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