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WWErMckr WM Tlnrtsblcrtt. - -----o _- - - - ..-. ., .. -- ---- — -- — - - --------- Nr 84. Sonntag, den 13 April 1913. Zweites Blatt. MMGkMlMNMUlWM. Von Oberlehrer Hommel. (Etgenlums:echt Vorbehalten.) L Das Oberlungwitzer Schulwesen einst und jetzt. Die ersten Anfänge der Volksschulen finden sich in Deutschland im 12. und 13. Jahrhun- dert. Zu den bereits wirkenden Kulturfattoren trat die Volksschule ziemlich spät und muhte sich Schritt für Schritt ihre Stellung erkämpfen. Die genaue Zeit der Gründung unserer Volksschule ist nicht zu bestimmen, Pastor Gumprecht ver legte sie in das 12. Jahrhundert. Bei Grün dung der Kirchgemeinde Oberlungwitz war dem Orte ein Pfarrer und ein Küster beigegeben. Letzterer hatte außer den kirchlichen Handreichun gen auch als Lehrer den Unterricht für die Ju gend mit zu übernehmen. Gelehrr wurden die Elemente der Religion, das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis. Später traten Lesen und Schreiben hinzu. Es kam weniger auf solche Kenntnisse an, die der Jugend für ihr Fortkom men ini Leben zum Nutzen gereichten, als aus Fähigkeiten zur Hilfeleistung beim Gottesdienste. Während der katholischen Zeit stand die Schule unter der geistlichen Gerichtsbarkeit des Abtes vom Bergkloster zu Chemnitz. Ein Wendepunkt im Schulwesen trat mit der Reformation ein. Nach derselben übernahm das Haus Schönburg die selbständige, unab hängige Regelung aller schulischen Angelegenhei ten. Es gründete 1717 ein eigenes Konsistorium, wenn es auch dem sächsischen untergeordnet wurde. Da die schönburgischen Gesetze mit den sächsischen fast gleich lauteten, so herrschte auch in den Schulverhältnissen in beiden Staaten Gleichheit. Die neue Kirche suchte eine Stütze in einer gründlichen Bildung der Jugend und ließ es sich angelegen sein, die vorhandenen An fänge des Volksschulwesens weiter auszubilden rind dem christlichen Interesse dienstbar zu ma chen. Luther sagte in seiner Schrift an die Bür germeister und Ratsherrn: „Die Welt bedars nicht bloß seiner und geschickter Männer, son dern auch solcher Frauen. Ein Mägdlein kann ja soviel Zeil Haven, daß sie des Tages eine Stunde zur Schule gehen." Infolge dieser An regung wird auch in Oberlungwitz der Schul unterricht nach und nach aus die Mädchen aus gedehnt worden sein. 1580 wurde in Sach seil umer Kurfürst Va rer August (1553 bis 1586) die Schule Gegen stand der Gesetzgebung. In der von ihm er lassenen Schulordnung finden sich zugleich die ersten Grundlinien der Verfassung unseres Schul wesens, wie es bis 1835 bestand. Auf Grund lage dieser Schulordnung baute sich mich das schönburgische Volksschulwesen auf. Eine Umgestaltung des Oberlungwitzer Schulwesens brachte das 18. Jahrhundert. We gen der mehr und mehr an wachsenden Zahl der Schulkinder wurde im Jahre 1730 in der oberen Gemeinde ein besonderer Katechet angestellt, und es entstanden nun 2 Schulbezirke. Zur Kirch - schule gehörten auch ferner die Kinder aus der mittleren (Nutzung und Steinberg) und niederen Gemeinde, sowie aus Oberhermsdors, zur obe ren Schule gingen die Kinder des Oberdorfes. Oben begnügte man sich zunächst mit einem Mietraume. 1766 verlangte ein Befehl des Prinzen La ver an den Ortspfarrer, daß Eltern und Vor münder bei namhafter Strafe sollten angehalten werden, daß selbige die Jugend zeitig vom 5. bis 14. Jahr in die Schule geben und nur wäh rend der Ernte 4 Wochen aussetzen durften. Die Versäumnisse sollten der weltlichen Obrigkeit angezeigt werdm. 1769 wurde durch ein „Ge nerale" der Befehl erneuert. Kinder, welche vor dem 14. Lebensjahr in den Dienst traten, soll ten doch wenigstens täglich zwei Stunden Unter richt genießen. Bei dem alljährlich in Oberlung witz stattsindenden Hege- und Rügengericht, wo bei 18 Artikel verlesen wurden, heißt es 14tens: „Soll vor allen Dingen ein jeder hiesiger Untertan, besonders seine Kinder und Gesinde in der Zucht und Furcht des Herrn zu allem Guten anha.iten, damit sie nebst der Hauszucht, auch durch fleißiges Kirchen- und Schulgehen einen guten Unterricht erlangen und in allen Tugenden gute Wurzel fassen, damit sie künftig hin rechtschaffene Untertanen werden und am Ende der Seelen Seligkeit davon tragen mögen." 1773 erschien eine erneuerte Schulordnung, welche, von einigen Abänderungen und Erwei terungen abgesehen, bis zum Jahre 1835 Gel- tung hatte. Nach ihr sollen die Kinder nicht nur in der Religion, im Lesen, Schreiben, Rech neu, Singen unterrichtet werden, sondern es sollte ihnen allerlei Nützliches aus der Erdbeschreibung, Weltgeschichte und Naturkunde Leigebracht wer den. 1799 gelaugte die obere Gemeinde durch Kauf in den Besitz eines Schulhauses. (Siehe später.) Ein Gesetz voni Jahre 1805, das An halten der Kinder zur Schule und die Bezah lung des Schulgeldes betr., machte den Eltern, von deren Willkür der Schulbesuch bis dahin immer noch sehr abhängig war, das Anhalten der Kinder zur Schule zur bürgerlichen Zwangs pflicht. Zugleich sollten alle Kinder nach ihren Fähigkeiten in zwei Klassen geteilt und jede sür sich unterrichtet werden. Dagegen erhoben Leh rer und Gemeinde von Oberlungwitz Schwierig keiten, erst 1810 konnte der Ortspfarrer die Kin der in jeder Schule in zwei Klassen bringen. Unten waren 170, oben 120 Kinder zu unter richten. In die 1. Klasse wurden nur ausge nommen, wer deutlich, wenn auch langsam le sen konnte. Die Sitzreihe wurde durch die Kenntnisse bestimmt. Alle sollten einerlei Arbeit haben. Unterricht war an sünf Tagen von 7 bis 10 bez. 8 bis 11 und 1 bis 3 Uhr. 1815 kam eine Missive an den Pastor mit einem Be fehle des Kgl. Preuß. Gouvernements zur Ein reichung einer Tabelle, um eine bessere Einrich tung des Schulwesens zu veranstalten. 1816 wurde auf der Nutzung in Brühls Spinnerei (Mecklenburg) ein Fabrikschullehrer angestellt, zu welchem die Nutzunger ihre Kinder schicken durs ten. 24 Eltern erklärten sich bereit dazu. Un terricht durften nur die Kinder vom 9.—11. Jahre genießen. Wöchentlich betrug das Schul geld 6 Pfg. 1822 kam ein Schreiben des Justiz amtes Lichtenstein, mit der größten Strenge darauf zu sehen, daß schulfähige Kinder gehörig die Schule besuchen. 1824 wurden die Nutzun ger Fabrikschüler geprüft, mehr als die Hälfte konnte nicht lesen. Im gleichen Jahre wurde dm Nutzungern, welche ihre Kinder in die obere Schule zum Katecheten schickten, bekannt gege ben, daß dieses unzulässig sei, sie gehörten in dis Kirchschule. Kirchschullherer Tröger habe nur früher seinem Sohne, dem oberen Kateche ten, erlaubt, zur Aufbesserung seines Einkom mens jene Kinder mit zu übernehmen. Eine umfassende Neugestaltung des hiesigen Schulwe sens brachte das neue Schulgesetz vom Jahre 1835. Die Zeit von 183 5—187 4. Das Gesetz brachte nachstehende Veränderun gen und Einrichtungen. Einführung des Schulvorstandes. Bisher erledigte jeder Bezirk seine Schul angelegenheiten für sich, ohne mit dem andern in Fühlung zu stehen. Noch im Jahre 1835 wählte auf Aufforderung des Pastors Gump recht, der mit treuer Hingabe für die Schule tätig war, der engere Gemeindeausschuß 9 Männer, von denen Strpfw. Sal. Fr. Wein rich (obere Gemeinde), Pferdebaucr Sal. Fr. Spindler (inittl. G.), Pferdebauer Karl Gotll. Schindler, Strpfw. Chr. Traugott Selbmann mied. G.), Chr. Fr. Weiße (Oberhermsdorf), Strfw. Christian Gotth. Metzner (Nutzung), ^trfw. K. Gottl. Petzold (Steinberg) bestätigt wurden. Die erste Sitzung fand am 28. Au gust 1835 im Brauhause (Post) statt. Tages ordnung war: Errichtung einer Schulkasse, Wahl eines Rechnungsführers, Feststellung der Schul bezirke. Mit Einführung der neuen Landge meindeordnung (1839 gehörten sämtliche Gemeinde ratsmitglieder zr.m Schulvorstand. F e st s e tz u ii g der L e h r e r g e h a l t e. Lehrer ohne Kirchendienst durften außer Wohnung nicht unter 120, mit Küchendienst nicht unter 200 Taler beziehen. Nach vielen Verhandlungen erhielt der Katechet 243 Taler 9 Gr. Schulgeld (kür die großen Kinder 9 Pfg-, für die kleinen 6 Pfg.), 10 Taler 15 Gr. Jo hannisgeld (von jedem Hausbesitzer 2 Gr., von jedem tzausgenießen 1 Gr.), 8 Taler Holzgeld und 15 Taler Gregoriusumgang. Der Kantor erbielt 405 Taler 4 Gr. Schulgeld, 44 Taler 16 Gr. Gregoriusumgang, 5 Taler 14 Gr. Gre goriusumgang von der Abtei („in welcher der hiesige Schullehrer seit mehreren hundert Jahren observanzmäßig Umgang gehalten hat" — war jedenfalls nicht gerechtfertigt), 6 Taler 10 Gr. wegen Besuch der Katechumenen aus der oberen Schule, Sa. 456 Taler 6 Gr. Außerdem bekam er 198 B'.ote von 62 Bauern und 4 Erbgärt nern, in Getreide berechnet 16j^ Scheffel Dresdner Maß, 2 Eier und 1 Pfg. von jedem Abend mahlsgast. Ferner erhielt er einige kleinere Be wöge aus dem Kirchenärar und dem Armenka- sten. Das Einkommen des Abteier Lehrers wurde festgesetzt wie folgt: Von 149 Kindern bezahlen 49 je 6 Pfg-, 90 je 9 Pfg. gleich 199 Taler 8 Pfg., hiervon Einnehmergebühren, bleiben 182 Taler 17 Gr. 8 Pfg. Hierzu 5 Taler 2 Gr. Gregoriusumgang, 3 Taler heiliger Abend und grüner Donnerstag, 16 Gr. für Auf bewahrung des Priesierrocks, Sa. 191 Taler 11 Gr. 8 Pfg. tzolzgcld 12 Taler aus der Hirsch- arnndlasse. Von Käufen bekommt er aus 100 Taler 1 Gr. Wegfall des Gregorius- um ganges. Zu Ostern wurden gewöhnlich von Lehrern und Schülern die Straßen durchzogen und bei jedem Haus ein Lied gesungen. Dafür wurden ihnen Gaben an Geld oder Lebensmitteln ge reicht. Wie hoch sich in unserm Orte der An teil der Lehrer belief, ist aus den Gehaltsan gaben zu ersehen. Durch das Schulgesetz von 1835 wurde dieses Gregoriussingen als eine den Lehrerstand entwürdigende Tätigkeit abgeschafst. Einführung einer Schulkasse, aus welcher den Lehrern das Gehalt monatlich zu zahlen war. Zuerst wurden, gewöhnt an die 100jährige Trennung, zwei Schulkassen einge- führt, die aber nicht bestätigt wurden. F e st s e tz u n g der Schulbezirke. Zunächst errichtete man 2 Schulbezirke. Der obere bestand aus dem Oberdorf, der niedere aus Steinberg, Nutzung, Niederdorf und Oberherms dorf. Mit dem weiteren Ausbau der Schulen traten jedoch mehrfache Veränderungen ein, na mentlich Steinberg und Nutzung wurden bald diesen:, bald jenem zugewiesen. Von 1850 ab bildeten beide Ortsteile einige 20 Jahre einen Bezirk für sich. Weiterer Ausbau der Schule. Eine Verbesserung der Schulverhältnisse war, wie anderwärts, auch hier notwendig. Die Schulprüsung der oberen Schule von 1832 ent hält die Themen: 1. Kl. Evangelienbuch lesen, 2. Kl. Buchstabieren, 3. Kl. Buchstaben ansa gen. Die Schuld an den schlechten Schulverhält nissen lag zuni größten Teil an der großen Kin derzahl und an dem mangelnden Raum. Dem m etwas abzuhelfeu, wurden bereits 1834 die Kinder der Nutzung (53) und des Steinberges (35) aus der überfüllten oberen Schule in die niedere eingeschult und deshalb dort ein Hilfs lehrer angestellt, welchen der Hauptlehrer aus sei nen Mitteln zu besolden hatte. Er bekam da für das Schulgeld und den Johannisgroschen. Nach Einführung des Schulgesetzes wurde die Katechetenschule (1838) ausgehoben, der Katechet entlassen und die obere Schule in ein selbstän diges Institut verwandelt. Lehrer Gerisch wurde erster ständiger Lehrer oben. 1839 wurde eine gewerbliche Sonnkags'fchule eingerichtet, sie ko stete der Gemeinde keinen Pfennig. In demsel ben Jahre wurden infolge der vielen Versäum nisse der Nutzunger und Steinberger für jede Schule zwei Lehrer angeordnel. Von 1840 an brauchten die Kinder der oberen Schule nicht mehr Donnerstags in die untere Schule geschickt zu werden. Früher mußten sie das ganze letzte Jahr, von 1824 an nur die letzten 2 Monate vor der Entlassung die Kirchschule besuchen. 1842 führte Lehrer Kunze von der unreren Schule gegen den Willen seines Vorgesetzten die Lau tiermethode ein. Erst 1843 kommt die Gemeinde den Anordnungen der Behörde nach und stellt oben einen Hilfslehrer an. Zugleich bringt die ses Jahr den 6tägigcn Unterricht, doch bleibt die Einrichtung nur 6 Jahre bestehen. Interes sant sind die Einwände dagegen: Ungleichheit der Uhren bringt Mittwochs und Sonnabends eine Stunde Verlust, bei Regen und Kälte müs sen die Kinder draußen stehen, das Austragen der gewerblichen Arbeiten ist dann Sonnabends unmöglich, ebenso Wäschereinigen, Schuhausbes- sern, Kirchenbesuch leidet, Sabbat-Entheiligung möglich, mehr Heizung. Die Kuhhirten müssen die Schule Montags, Dienstags, Donnerstags und Freitags nachmittags von 1 bis 2 Uhr be suchen. 1850 traten größere Veränderungen im Oberlungwitzer Schulwesen dadurch ein, daß eine neue Schule und ein neuer Schulbezirk auf der Nutzung errichtet wurde. 200 Kinder blieben in der oberen Schule, 152 bekam der bisherige 2. Lehrer, der nach der Nutzung versetzt wurde. 1853 erhoben sich neue Klagen wegen Ueber- füllung der oberen Schule. Dies führt 1854 zur Anstellung eines neuen Hil slehrers daselbst. Neue Forderungen treten im Jahre 1859 an die Gemeinde heran. Der Hilfslehrer an der oberen Schule sollte ständig und ein Hilfslehrer an der Nutzung neu angestellt werden, da die Kinder zahl für die beiden Lehrer, 144 und 212, für zu hoch angesehen wurden. 1860 wird der Hilfs lehrer im Landgrafschen Hause eingemietet und bleibt darin bis zur Einweihung des 1865 ge bauten Nutzunger Schulhauses. Zugleich kommt dann auch die Schule im Uhligschcn Hause zur Aufhebung. In dem neuen Schulhause unter richteten nun 3, oben 1 Lehrer. In der Kirch schule bleiben bis kurz vor Einführung des neuen Schulgesetzes 2 Lehrer angestellt. Wie sich jede Neueinrichtung erst bewähren muß, ehe sie für heilsam angesehen wird, so war es auch mit dem Schulgesetze von 1835. Gar bald erhoben sich Klagen. Die bisherigen be- deutenden Schulversöumnisse mußten beseitigt werden, das gefiel vielen nicht. Die Schulgelder gingen schlecht ein, die Lehrer mußten ostmo natelang auf den Gehalt warten. Gegen den Schulvorstand erhob sich Entrüstung, wenn er die ge^eblibben Bestimmungen durchführen wollte. Mit der Höhe des Schulgeldes, 9 und 6 Pfg., war man auch unzufrieden. Schulanlagen brauchten nicht erhoben zu werden, aber eine Kopfsteuer von monatuch 1 Pfg. für jeden Erwachsenen empfand man als drückend. Die Gemiiter waren gegen einander aufgeregt. Verschiedene Prozesse trugen auch zur Milderung nichts bei. Erft die Gewöhnung konnte die Einsicht bringen, daß das Schulgesetz mit seinen Grundsätzen inbezug auf die Anforderungen an eine gute Volksschule für die damalige Zeit entsprach. Jahrzehntelang hat die Erziehung und Bildung der Jugend, wenn auch nicht ohne Kampf, dann einen gedeih lichen Fortgang genommen. Oer früklmgsmorgen. Von Hanns With al m. (Nachdruck verboten.) Das ist nun eine sentimentale Geschichte, die vielen mißfallen und manchem gefallen wird. Paßt einmal auf: Es lebten zwei Freunde, die in München, der leichten Sladt, Geschäfte betrieben. Sie waren zwei schwärmerische, junge Leute, weit ab von der breiten Heerstraße, unpraktische Ge sellen, ehrlich, gutmütig, unerfahren. Zwei Dich ter, ohne zu dichten, zwei Maler, ohne zu malen, zwei Künstler ohne Lebenskunst. — Sie hatten allerlei Ideale und Sonderheiten, die in unsere heutige Geschäftszeit hineinragen wie Stumpfe abgehauener Bäume, wie Störungen und fast .wie Lächerlichkeiten. Die Zeit ist nicht da, derlei Dinge zu trei ben, wenn man ein Geschäft machen soll, und so konnte es nicht anders kommen: unsere zwei Freunde verloren Hab' und Gut. Denn, wenn auch München eine schöne, grüne und göttlich weite Stadt ist, eine Stadt, von der man meint, sie könne keine bösen Nachbarn haben und sollte alle bösen gut machen, es ist dem doch nicht so. Andere pflückten die Blumen, die die beiden pflanzten und eines Tages standen sie vor dem Neuen: fertig, mittellos, bankrott. Die beiden unerfahrenen, ungeschulten Men schen sahen vor sich eine Schuldenlast, die sie nicht tilgen konnten, Gläubiger, die nach Strafe schrien, Schande und Kümmernis und keine Hilfe. Und da sie meinten, das Sterben sei eine gar leichte Sache, gingen sie hin, kauften sich ein Ding zum Schießen und zogen andern Morgens, als es graute, hinaus. Nach Groß bMelohe vor München wollten sie wandern und dm i, auf der hohen Brücke über die Isar, sollte e. geschehen; zwei Schüsse, zwei fallende Kör per. Was die Kugel etwa versäumt, macht der tiefgelegene Fels wett. Man sieht, mit dem Sierben konnten die zwei besser umgehen denn mit dem Leben; in der Theorie wenigstens. Und so zogen sie sel'ander aus der Stadt. Weit, weit hinter dem Dächermeer schimmerte gülden der Morgen. In den behäbigen Straßen war alles ruhig und einsam; nur da und dort stand ein Wachposten und unweit ras- stelte das Eisen einer Straßenkehrerin durch die Trambahnschienen. Die Türme der Liebfrauenkirche standen stumpf und gewaltig über der Erwartung. Ein Milchwagen rumpelte durch die Straßen und verlor sich polternd in der Ferne; vom Bahnhof tönte durch den reinen Morgen der Pfiff einer Lokomotive und von irgendeiner Kirche schlug es vier Uhr. — Just die Zeit, da die beiden an die Isar kamen und schwei gend durch die wunderschönen Anlagen schrit ten. An Brücken kamen sie vorbei und mitten in einen großen Park, der hier von dem Klüfte, dort von einem dahinstürmenden Mühl gang eingefaßt wird. Die Bäume standen im zarten Grün des Frühlings und von den klei neu Blättern tropfte der Tau. Die Wege waren ein'am und zaubervoll; den beiden ging es ans Herz und dem Waffenträger dünke, er habe einen schweren, schweren Bleiklumpen in der Tasche. So traten sie ins Freie und gingen über einen schmalen Steg quer über das breite Jsarbett, im Angesicht den Hellen Tag und das dunkle Holz der Talkircherbrücke, die zum Tier garten fiibrt und nach Harlaching, das aus der Nagelbluhhöhe winkt. — Ach über diese herrliche Welt, wenn es ans Sterben geht! Unseren Freunden war arg zumute, denn das Ziel kam näher. „Wir wollen über Harlaching gehen, über sie letzte Höhe," sagte der Aeltere, und sie tra ten in den Föhrenwahd, der nach dem Tier garten hinüberlangt, mit taufrischen Zweigen und seltwmen Düften. Ein rätselvoller Schrei drang aus dem Zoo, langgedehnt und brüns tig, wie Leben und Begierde. Und em langes Ach und Weh nach Lehen und Begierde kam über die zwei. Aber sie schwiegen und gingen. Vor ihnen lag der Hügel Harlachings und das stumpfe Türmchen der kleinen Kirche lockte hin ter Buchen und Nadelholz. Wie lauteres Gold alänzte das verrostete Kreuz. Ueber einen Bach geht der Weg und steilaus zur Garten stadt, die hoch über dem Tale steht. —