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01-Ausgabe Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.03.1913
- Titel
- 01-Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19130326011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913032601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913032601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-03
- Tag 1913-03-26
-
Monat
1913-03
-
Jahr
1913
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„Tani u", der bis jetzt für die Fortsetzung des Krieges bis zum äußersten eingetreten war, sagt jetzt, nicht die Pforte, sondern die Armee müsse sich über die Annahme äußern und erklären, ob es möglich sei, den Krieg mit der Aussicht fort- zusetzen, Adrianopel und den Rest der europäi schen Türkei zu retten. Wenn die Armee von der Notwendigkeit des Friedensschlusses über zeugt sei, dann würde die Psorte die Einzel heiten erörtern. Der „I k d a m" meint, da die Mächte die Psorte bereits vorher sondiert hät ten, dürfe man die festgesetzten Bedingungen nicht als unannehmbar betrachten. Mr Friede stehe vor der Tür. „Sabah" schreibt: Wenn die Pforte die Gründe, die für die Not wendigkeit des Friedens sprechen, darlegt, dann wird die öffentliche Meinung sie würdigen kön nen. Nur die Regierung ist imstande, diese Möglichkeit zu erkennen. Wir werden dann, sagt das Blatt, den Frieden annehmen müssen, nach dem wir Garantien für die Uebernahme eines Teils der türkischen Staatsschuld durch die ver bündeten Staaten auch hinsichtlich des auf Grund des Berliner Vertrages aus Bulgarien und Ost-Rumelien entfallenden Teiles erhalten und die Stützpunkte für unsere Armee und Flotte aus den Archipel-Inseln sowie die Rechte der Muselmanen, Israeliten und Kutzowalachen in den abgetretenen Gebieten gesichert haben werden. C e t i n j e, 25. März. Amtlich wird mit geteilt, daß D s ch a v i d P a s ch a sich mit 15 000 Mann am Flusse Skumbi den Ser ben ergeben hat. * Kurz vor Schluß der Redaktion geht uns noch folgende Drahtmeldung zu: Ceti « je , 25. März. Zn einer an alle Großmächte gerichteten Zirkular-Note beklagt sich Montenegro über die Aktion Oesterreich Ungarns, dnrch welche die Sinstellnng des Bom bardements von Skntari bis zum Abzug der Zivilbevölkerung gefordert und im Falle der Ablehnung Gewaltmatz- aahmen angedroht werde«. Die Regie rung betrachte die Aktion Oesterreich- Ungarns als eine Bresche in die Neu tralität und teile mit, daß sie die zum Abzüge der Zivilbevölkerung aus Skutari notwendigen Maßnahmen tressen werde. Z« gleicher Zeit mit dieser Zirk« lar Rote hat die Regierung auch der österreichischen Gesandtschaft eine Note überreicht, in der sie von ihrem Entschluß uud von ihrem Protest gegen die Hal tung Oesterreich-Ungarns bei denMäch te « Mitteilung macht. pus dem Leicht. Wehrvorlage und Kostendeckung. Wie die „Tägl. Rundsch." erfährt, hat der Bundesrat in bezug auf die einmalige Vermögens-Abgabe einen einheitlichen Satz von 5 für das Tausend endgül tig beschlossen. Die Staffelung ist aus bestimmten Gründen fallen gelassen worden. Die sem Steuersätze ist ein erfaßbares Vermötzens- objekt von 200 Milliarden zugrunde gelegt, so daß die notwendige Milliarde aus der einmali gen Vermögensabgabe bei einem Steuersätze von 5 für das Tausend dem Reichsfiskus zufließen dürfte. — Wir meinen, daß ein Satz von 5 pro Mille einen recht kräftigen Griff in das Portemonnaie dessen darstellt, der nur aus die Zinsen eines festgelegten kleineren Vermögens angewiesen ist. Ueber die einmaligen Ausgaben wird der Bundesrat noch Beschluß fassen. Dem Bundes rate soll der Entwurf eines Gesetzes über Be steuerung nichtphysischer Personen (offene Ge sellschaften, Aktiengesellschaften, G. m. b. H. usw.) vorliegen, und zwar will man sich heute Dienstag darüber schlüssig werden, ob man die bestehenden Gesellschaftssteuern der Bundes staaten dem Reiche übertragen soll, oder eine gesonderte Reichssteuer eiinführt. Auch ein zwei ter, neuerlich aufgetauchter Besitzsteuerplan wird den Bundesrat beschäftigen. Es verlautet, daß der Gedanke, den Vermögenszuwachs zu be steuern, unter einem gänzlich neuen Gesichts punkte wieder ausgenommen werden soll, und zwar in der Weise, daß die hauptsächlichsten Be denken der Bundesstaaten gegen den Kühnschen Entwurf wegfallen. Es läßt sich natürlich nicht vovausfehen, wie die Entscheidung des Bundes rats schließlich ausfallen wird. Die „Nordd. A l l g. Ztg." schreibt: Inder abgelaufenen Woche haben die zuständigen Bundes ratsausschüsse die Wehrvorlage erledigt und die Be ratung der Vorlagen zu deren Deckung so rasch ge fördert, daß der Abschluß unmittelbar bevorsteht. Daß die Wehrvorlage mit erfreulicher Einmütig keit angenommen werden würde, konnte von vorn herein nicht zweifelhaft sein. Aber auch in der schwierigen Frage der Kostendeckung ist über die Erhebung eines einmaligen außerordentlichen Bei träges vom Vermögen zur Bestreitung der ein maligen Ausgaben volles Einverständnis erzielt worden. Das gleiche darf für die Deckung der laufenden Ausgaben nach dem Gange der bisherigen Verhandlungen mit Sicherheit angenommen werden. Um einen Teil des durch die neue Militärvor lage notwendigen Steuerbedarfes zu decken, wiro im Reichsschatzamte, dem „Lokalanzeiger" zufolge, auch der Plan, neue Monopole einzuführen, er wogen. Es soll sich dabei zunächst um ein Zünd holz- und Spiritus-Monopol handeln, aber auch ein Zigarettenmonopol liegt im Be reiche der Möglichkeit. Das rechte Wort. Kriegsminister o. Heeringen hat dem Oberbürgermeister von Karlsruhe, der ihm die An teilnahme der badischen Residenz an der Zeppelin- Katastrophe telegraphisch ausgesprochen hatte, folgen des Telegramm übersandt: „Oberbürgermeister Sieg rist, Karlsruhe. Besten Dank. Der Kampf um die Beherrschung der Luft fordert leider viele per sönliche und materielle Opfer. Jedes Unglück gibt uns aber einen Ansporn zu weiteren Fortschritten. Vorwärts für Kaiser und Reich heißt auch hier die Losung." Die ReichHost gegen einen Pariser Korre spondenten. Wie verlautet, will die Reichspostoerwaltung gegen den Redakteur Karl Bonnefon, Bericht erstatter des „Figaro" und des „Echo de Paris", den Strafantrag auf Grund des tz 187 des Strafgesetzbuches stellen. Herr Bonnefon hat sich, so wird erklärt, der verleumderischen Beleidigung schuldig gemacht. Er behauptete, auS politischen Motiven durch die Reichspost von seinen telepho nischen Mitteilungen abgehalten worden zu sein, indem man ihm die telephonische Verbindung mit Paris unmöglich gemacht habe. Wieder 43 Deutsche sür die Fremdenlegion gepreßt. Seit einigen Wochen wird ein 18jähriger junger Mensch aus Niederalben vermißt. Jetzt erhielten seine Ellern einen Brief von ihm aus Algier, in dem er ihnen mitteilt, daß er der Fremdenlegion als Nr. 14 032 angehöre. In Metz sei er von französischen Werbern gedungen worden. In Mar seille sei er zusammen mit 85 weiteren Fr emden l egi o n ären eingeschifft worden, von denen 43 deutsche Staatsangehörige sind. Die Behörden haben Schritte eingeleitet, um die Frei lassung des jungen Deutschen aus der Fremden legion zu erwirken. Aus drm puslande. Eine schwere Niederlage der Franzosen in Mauretanien. Soeben in Paris eingetroffenen Privatmel dungen zufolge war die schon kurz mitgeteilte neu liche französische Niederlage im Adrarge- biete in Mauretanien noch viel schwerer als seinerzeit amtlich zugegeben wurde. Leutnant Martin vier europäische Soldaten, vierzig eingeborene Schützen und fünfzehn Goumiers sind gefallen. Einige dreißig eingeborne Schützen ein und weißer Sergeant sind ver wundet in Feindeshand geraten und massakriert worden. Der Rest des Detache-Expedition zog zurück. Die Strafexpedition mußte aus Mangel an verfüg baren Kräfte verschoben werden. England und Frankreich. Im englischen Unterhaus« fragt« Bules, ob England Frankreich gegenüber verpflichtet sei, bei ge- wissen Ereignissen bewaffnete Streit kräfte nach dem Festland zu entsenden. Wei ter richtete King an die Regierung die Frage, ob England in den Jahren 1905, 1908 und 1911 freiwillig Frankreich die Unterstützung der englischen Armee zu Operationen auf dem Fest land für den Fall europäischer Konflikte ange- boteri habe. Premierminister Asguith ant wortete: „Wie bereits wiederholt sestgestellt wurde, ist England durch keine geheime und dem Parlament unbekannte Verpflichtung gezwungen, an irgend einein Kriege teilzunehmen, mit ande ren Worten, wenn ein Krieg zwischen europäi schen Mächten entsteht, so gibt es keine nicht veröffentlichten Abmachungen, welche die Freiheit der Regierung und des Parlaments beschränken und sie hinderte, sich zu entscheiden, ob England an dem Kriege teilnehmen soll oder nicht. Welcher Gebrauch von Armee und Flotte gemacht würde, falls Regierung und Parlament beschlössen, an dem Kriege teilzunehmen, darüber kann aus offen sichtlichen Gründen vorher keine öffentliche Er klärung abgegeben werden. Delcaste beim Zaren. Der Zar empfing in Zarskoje-Selo den französischen Botschafter D e l c a s s e, der sein Beglaubigungsschreiben überreichte. Rene Kämpfe in Tripolis. Man schreibt aus Tripolis, 24. März: Infolge zahlreicher Streiszüge von Aufständi schen, die sich gegenüber von Charian festgesetzt hatten, beschloß General Ragni, sie aus ihren festen Stellungen zwischen den Tälern des Arbaa und des Sert zu vertreiben. Zu diesem Zwecke brach die Hauptkolonne unter General Lequio gestern früh um 6 Uhr von Tebadut gegen Assaba und die Höhen westlich von Wadi Arbaa auf, während eine Hilfskolonne unter) dem Obersten Fabbri, die sich hauptsächlich aus eingeborenen Irregulären zufammensetzte, von Birkuza auf Montrus und Rabta vorrückte. Nachdem die Kolonne Lequio sich nach langem Kampfe, aber mit geringem Verluste, gegen 11 Uhr vormittags der Höhen von Assaba bemäch tigt hatte, ging sie gegen das etwas mehr west wärts gelegene feindliche Lager vor. Diese Be wegung führte zu einem noch heftigeren K a m p f e, der nach wiederholten Bajonettan griffen mit der Einnahme des feindlichen Lagers endigte, das reichlich Proviant und Munition enthielt. Es wurde durch Feuer zerstört. Die Feinde zerstreuten sich in eiliger Flucht lind wurden über vier Kilometer weit verfolgt. Außer vielen Gefallenen, die auf feindlicher Seite schon während des ersten Teiles des Kampfes beerdigt worden waren, blieben auf dem Schlachtfelde noch 220 Tote und noch mehrere Verwundete. Nach den Aussagen der Araber, die im Lager vorgefundcn wurden. M MM. Novellette von O. E l st e r. (Nachdruck verboten.) Es war ein trüber, häßlicher Winter gewe sen, den Ulrike von Bernuth aus ihrem elter lichen Gute verlebt hatte. Die früheren Winter hatten Schnee und Eis gebracht, Schlittenpartien und Schlittschuhlaufen auf dem großen Teich und dann Gesellschaften und Bälle in der nm wenige Stunden entfernten Garnisonstadt. Aber in diesem Winter sah man kaum Schnee und Eis, immer nur trübe Wolken, graue Nebel und Regen, nichts als Regen. Aber das war noch nicht das Schlimmste! Um Weihnachten war Frau von Bernuth, Ulrikens Mutter, schwer er krankt; sorgenvolle Tage und Nächte folgten, die Ulrike an dem Lager der geliebten Mutter ver brachte, wechselnd in deren Pflege mit einer Schwester vom Roten Kreuz. Herr von Bernuth, der sonst so fröhliche, joviale Mann, der sein Töchterchen aus all seinen Ausflügen in die Welt begleitete, ging schweigend und ernst umher, die Stirn von der Sorge um das Leben der Gat tin umdüstert, und die jüngeren Geschwister Ul rikens, zwei wilde Buben und ein kleines Schwe sterchen, schlichen betrübt durch die langen Kor ridore des Herrenhauses und wagten nicht laut zu sprechen. Es lag wie eine düstere Wolke iiber dem sonst so fröhlichen Herrenhaufc. Und wie hatte sich Ulrike auf die Faschings- festlichkeitcn in der nahen Garnisonstadt gefreut! Es gab da einen schmucken Oberleutnant bei den Dragonern, Heinz von Gestern, der wäh rend des letzten Manövers in Bernuthausen. im Quartier gelegen und Ulriken versprochen hatte, recht oft während des Winters herauszukommen und der sie schon für den Kotillon auf allen Bällen im voraus engagiert hatte — und nun hatte sie ibn kein einziges Mal wiedergesehen, denn der Mutter schwere Erkrankung verbot jede Geselligkeit. Das war gar zu traurig und der Gedanke, daß Heinz von Gestern sie während dieses langen, trüben Winters vergessen haben könnte, trieb ihr oft die Tränen in die blauen Augen. Aber nun war mit einem Mal alles anders geworden! Die Mutter war genesen, der Pater war wieder lustig und über dem alten, schattigen Herrenhaufc, dem Park, über Wald, Feld und Wielen wölbte sich in weichem Blau ein lichter Frühlingshimmel, und die warmen Sonnenstrah len küßten bereits hier und da zarte grüne Blätt- lein und rosig schimmernde Blüten aus ihrem Winterschlafe wach. Es war Frühling geworden und Ostern stand vor der Tür. Alles freute sich der wiedererwa chenden Natur; nur Ulrike vermochte keine rechte Freude zu empfinden, wenn sie auch innig dank bar war für die Genesung der Mutter. Aber der lange, trübe, dunstige, häßliche Winter hatte ihr eine Hoffnung geraubt, die ihr der Frühling nicht zurückgeben zu wollen schien, denn Heinz von Geltern ließ nichts von sich hören. Herr von Bernuth bettachtete sein früher so lustiges, jetzt so ernstes Töchterchen mit aufmerk samen Blicken. Dann zuckte ein schelmisches Schmunzeln über sein behagliches Gesicht und einige Tage vor Ostern ließ er seinen Jagd wagen anspannen und fuhr nach der Stadt. „Ich muß doch für die Kinder Ostereier ein kaufen", sagte er zu seiner Gattin. „Und Dir, Ulrike, bringe ich ein besonders schönes Osterei mit für Deine treue Pflege Mamas." „Das ist nicht nötig, Papa", entgegnete Ul rike, leicht errötend. „Mamas Genesung ist mir Lohn genug." „Na, eine kleine Entschädigung für die ent gangenen Wintcrfreuden sollst Du doch haben", lachte Herr von Bernuth, kletterte auf den Wa gen und fuhr davon, Ulriken noch einmal herz lich zunickend. Am Abend kehrte er mit einer großen Kiste voll der schönsten Marzipan-Ostereier zurück. Er war sehr aufgeräumt, ja, er schien sogar einen kleinen Schwips zu haben. Er erzählte, daß er bei den Dragoner-Offizieren zu Mittag gegessen habe. „Und da habe ich uns denn einige Gäste für Ostern eingeladen", fuhr er fort. „Der Ma jor Alten will kommen, und der Rittmeister von Wenkstern und Oberleutnant von Geltern — ist das nicht herrlich, Ulli?" Er sah Ulrike verschmitzt lächelnd an, die unter seinem Blick heiß errötete. Sie verbarg ihre Verwirrung, indem sie an den Nebentisch trat, um den Tee zu bereiten, aber ihr Herz klopfte lebhaft und eine innere Stimme froh- ockte in ihr: „Er hat Dich noch nicht vergessen! Er kommt! Er kommt!" — Und richtig, am Nachmittag des ersten Oster- seiertags rückte der Besuch ein, der behaglich rundliche Major mit den vergnügt zwinkernden Aeuglein, die straffe Reitergestalt von Wenkstern und der jugendlich schlanke Oberleutnant Heinz von Geltern, dessen braune Augen aufleuchteten, als er der errötenden Ulrike die Hand küßte. Auf der Terrasse, die zu dem im ersten Frühlingsgrün leuchtenden Park führte, trank man den Kaffee mit dem frischen Osterkuchcn. Aber die Kinder hielten nicht lange Ruhe, und so begab man sich in den Park, wo Herr von Bernuth, der Rittmeister und Heinz die Ostereier versteckten, während der Major, eine Zigarre rauchend, bei Frau von Bernuth sitzen blieb, die noch immer etwas angegriffen war. Und dann begann das Suchen der Kinder nach den Ostereiern; jeder Fund wurde mit Ju bel begrüßt. Lachend sahen die Großen dem Jubel der Kinder zu. Zu der eifrig sich am Spiel beteiligenden Ulrike gesellte sich Heinz Geltern. Ich darf Ihnen wohl suchen helfen, Fräu- . lein Ulrike?" fragte er, und sie nickte ihm 'lächelnd zu. s Sie fühlre sich so glücklich, so selig! Ueber ihr blaute der lichte Osterhimmel, um sie wogte der Goldglanz der Frühlingssonne, ein leichter, zarter, grüner Schleier umwob die Bäume und Büsche, auf den Beeten blühten die buntfarbi gen Crocus und Hyazinthen, und auf dem Gipfel einer großen Tanne pfiff eine Amsel ihr keckes Frühlingslied. Frühling war es in der Natur geworden, Ostern, das fröhliche Fest der Auferstehung feierte rings die Welt, und Frühling, Ostern feierte auch das .Herz Ulrikens, denn der Geliebte wandelte ja an ihrer Seite und die Blicke seiner dunkler, Augen suchten zärtlich fragend ihre Au gen, daß sie sie verwirrt und doch beseligt nieder schlagen mußte. „Wie sehr habe ich bedauert, Sie diesen Win- rer garnicht gesehen zu haben, Fräulein Ulrike!" sprach er und seine Stimme lsatte einen solch weichen Klang. „Gott sei dank, daß Ihre Frau Mama jetzt wieder genesen ist. Sie haben ge wiß eine schwere Zeit durchgemacht." „Ja, eine lange Zeit schwebten wir in Sorge um Mama." „Ich weiß es und ich habe oft an Sie ge dacht, Fräulein Ulrike." Sie sah mit einem leicht schelmischen Lächeln zu ihm aus. „Wirk lich, Herr von Geltern?" fragte sie. „Ich glaubte, in den Vergnügungen des Faschings hätten Sie mich vergessen. . . ." „Wie konnten Sie das glauben?" fuhr er lebhaft auf. „Der Fasching war sehr öde sür mich! Sie fehlten mir, Ulrike!" „Oh, Herr von Gestern. . ." „Ich mochte nicht tanzen und vergnügt sein, wenn ich daran dachte, welche schwere Sorae auf Ihnen lastete. Ich teilte diese Sorge mit Ihnen, Ulrike, wenn ich es auch nicht wagen durfte, hierher zu kommen. Ich mußte fürch ten zu stören. Aber in Gedanken war ich stets bei Ihnen. . . ." Wie tief seine Worte ihr in das glückliche Herz drangen ! Mit welcher Seligkeit erfüllten sie ihre Seele. Aber durfte sie ihm gestehen, daß ihre Gedanken auch bei ibm gewesen waren die ganze trübe, schwere Zeit hindurch? „Wir vergessen ganz die Osterfeier . ." sagte sie in schämiger Verwirrung. Er lächelte. „Und das schönste Osterei, das ich finde, soll Ihnen gehören, Fräulein Ulrike. Und daß ich es Ihnen nur gestehe, ich habe mit Ihrem Herrn Papa neulich die Ostereier selbst ausgesucht und eines besonders für Sie — jetzt wollen wir es suchen." Und eifrig begannen sie in den Büschen und auf den Blumenbeeten zu suchen, und näherten sich dabei wieder der Terrasse, an dessen Fuß Ulrikens Vater und der Rittmeister standen, die lächelnd den Kindern zuschauten, wie sie jubelnd ein Osterei nach den, anderen entdeckten. Plötzlich stieß Geltern einen Ruf freudiger Ueberraschung aus. „Ah, sehen Sie, Fräulein Ulrike," rief er, „welch schönes Osterei ich gefunden habe." Er bog einige duftende Hyazinthen ausein ander. Neugierig bog sich Ulrike nieder. Ta lag ein einfaches Osterei aus Silberpapier in einem Kranz von grünen Myrthenzweigen. Lächelnd schaute Geltern ihr in die Augen. „Was habt Ihr denn da?" fragte der alte Herr von Bernuth und näherte sich den beiden. „Ein Osterei, Herr von Bernuth . . ." „Alle Wetter — und in einem Myrthen- kranz! — das sieht ja beinah aus wie ein Brautkranz!" Ulrike errötete. „Und hier steht auf dem Osterei: „Meiner lieben kleinen Ulli als Belohnung . . ." fuhr der alte Herr fort. „Na, Ulli, willst Du denn Dein Osterei nicht aufnehmen?" „Papa, das ist Dein Geschenk?" fragte Ulrike mit zitternder Stinime. „Ja, mein Kind — —" Ulrike nahm das Osterei in die Hand. Da entdeckte sie, daß es aus zwei Hälften bestand und mit bebenden Händen öffnete sie es. Ein Ruf der Ueberraschung entschlüpfte ihren Lippen und heiße Glut überflammte ihre Wangen, während sich ihre Augen mit Tränen füllten. Zwei einfache Goldreifen blitzten ihr ent gegen. „Papa — lieber Papa" . . . stammelte sie in höchster Verwirrung. „Ja, zu dem Myrthenkranz gehören die Ver lobungsringe", sagte der Alte mit bewegter Stimme. Im nächsten Augenblick lag Ulrike am Herzen des Vaters und umschlang seinen Hals mit den Armen. Er küßte sie auf die Stirn. „Da steht Dein Verlobter, Ulli", spvach er sanft, „wenn Du ihn lieb hast. Neulich sagte er mir, daß er Dich von Herzen lieb habe, und da kauften wir zusammen die Verlobungs ringe — hab' ich's recht gemacht, meine kleine Ulli?" Sie nickte selig mrd verbarg verschämt das Gesicht an seinem Herzen. „Glaubst Du nun, Ulrike, daß ich an Dich immer und immer gedacht habe?" fragte Heinz Geltern mit innigem Ton. Da streckte sie ihm die Hand entgegen und winkte ihm unter Tränen selig lächelnd zu. Er aber zog sie in die Arme und drückte den Verlobunhskuß auf ihre zuckenden Lippen. Der dicke Major aber lachte gemütlich und rief: „Na, solch eine Ostergabe laß ich mir auch noch gefallen."
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