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E.. 67 Sonntag, den 23. März 1913 Drittes Blatt. j zu allerhand Mißverständnissen und Scherzen. Am Sonnabend beim ersten Tägesgrauen ist verges- wattige Blöcke, von Sträuchern und Bäumen wuchern die verschiedenartigsten Büsche umklammert. Die Berge zu beiden Seiten wer-^ Bäume in solcher lleppigkeit, wie ich sü und , wie ich sie noch da angewendet, wo es noch keine Eisenbahnen gibt. Der vierrädrige Wagen, der mit 10—14 als Halteplätze bestimmt, zum erstenmal hörte, hielt Bezeichnungen von Wohn- Wahrheit befindet sich nur Usakos gänzlich abgeweidet war, wurde größer und buschiger, vor uns dehnte sich die weite flache Savanne, nur hier und dort von einem Busch oder einem Felsenzeröll unterbrochen. Die Pad war gut ausgefahren, und so konnten wir uns ganz dein Schauen und Genießen hingeben. und ganz, ungeheurer sicher nicht beim Oeffnen die Butter in flüssigem Zustande, und das Zerschneiden des steinharten Brotes verursachte große Schwierigkeit. Für einen er frischenden Trunk in Form von Bier und Kognak war gleichfalls gesorgt, und zur Erquickung soll ten uns einige große Wassermelonen dienen, de ren süßer Saft an heißen Tagen eine köstliche Labung bildet. mib verschwend. Sie weideten in stundenweiter Entfernung von Ufakos, ein schwarzer Bote nach dem andern ward auf die Suche geschickt, und als keiner zurückkehrte, tröstete ich mich mit dem Lied von Jochen, der den Hafer doch noch schnitt, und hoffte auf den andern Tag. Am Sonntag mittag, gerade als die Afrikafonne vom Zenith auf uns herniederbrannte, und andere Menschen sich die kühlsten Fleckchen suchten, stie gen wir auf und „treckten" los: 3 Weiße und 3 Schwarze. Die Freude über den endlichen Aus bruch ließ uns die Mittagsglut vergessen. Der Inhalt der Wassersäcke und des -Fasses hals uns über den Durst. Die Häuser von Usakos ver schwanden, der kleine Rhoyberg, mit dem ich ja schon persönlich bekannt war, stieg uns zur Rech ten auf, um nach und nach hinter den weitaus- so lauten. Chatputz und Danib Als ich die Namen ich sie natürlich für orten für Weiße; in in Groß-Ameib eine Paar Ochsen bespannt wird, dient in der Haupt sache zu schweren Frachtfuhren, die leichter ge°! Zur letzten Art gehörten wir. Das Reiseziel war der Erongo, die hochgetllrmte Gebirgskette, die Ameib aus der gelben Steppe herüber. Wir fuh ren quer durch den Busch und erreichten bald die Staubecken, eine noch seltene Anlage in Süd west. Der dichte Busch am Fuße eines Berg kegels bot uns willkommene Deckung sürs Nacht lager. Bald loderte ein mächtiges Feuer zum Nachthimmel empor, was uns den Besuch des Farmers einbrachte, der rekognoszieren ging» welche Störenfriede sich da eingeschlichen hatten. Einige Flaschen Bier führten ein gutes Einver nehmen herbei, und unbehelligt verschliefen wir vom Norden her nach Usakos herüberschaut und deren rotaufleuchtende Felswände ich so ost bei Sonnenuntergang angestaunt hatte. Auf Pad spielt die Versorgung mit Wasser eine wichtige Rolle, darum wurden die Wasserstellen Ameib, nicht in Südwest gesehen halte. Der Boden muß überall wasserhaltig sei», das deuten das kunstshäuser oder gar Hotels hatten wir also nirgends zu erwackern Auf Pad wählt man sich die Erde als Lagerstätte und den Himmel als Zelt. Was der Magen braucht und was sonst zur Bequemlichkeit dient, mußten wir in der Karre bei uns führen. Da galt es, gründ lich und umsichtig Vorbereitungen zu wessen. 'Lpeisevorräte, die meist aus Konserven und trockenen Gemüsen bestehen, wurden eingekauft. Die Verparkung erfordert große Fürsorge, die Waren müssen sowohl gegen derbe Stöße als auch gegen die starke Hitze gesichert werden. Wir hatten alles in Blechdosen gefüllt und das Brot den wir sie infolge lichen Regenarmut in einer tiefen nügend Wasser durchzogen, die alle in einem kesselartigen Becken zusammenlaufen, der Wasserstelle. Leider fan- Erde ver- Rivier, das sich außerhalb des Kessels hinzieht, zeigte sich unterm Sand die wichtige Feuchtig keit. r?o konnten wir ein Lagerplätzchen suchen, das sich bald unter grüner» Büschen fand. Dev praktische Afrikaner führt Beil und Hammer bei sich; in kurzer Zeit war eine lauschige Laube attsgehauen, die mitgebrachten Decke» diienten als Zelt und die Kissen als Polster. Am flackern den Feuer bereitete ich unterdes das Mahl, und endlich streckten wir uns zum Mittagsschlummer, der in der erschlaffende» Girrt der Tropensonn« unendlich behaglich ist. Als die Schatten schrä ger fielen, wurden »vir unternehmungslustig und durchkletterten die Umgegend. Ein herrliches Dal, dies Klein-Ameib? Zwischen dem Fels Farmerei, die zwei ande ren Namen bezeichnen Hererowerften. Unter ¬ reist er Land. Diese Art der Beförderung wird überall ohne einen Tropfen aus. Nicht minder leistungs- zwängen sich Pflanzen ans Licht; bald kriecht fähig erschien mir der Treiber, ein junger Herero ein Schlinggewächs über den Stein, bald quillt von etwa 20 Jahren. Er hat die ganze Tour zu ein Strauch aus einer Felsspalte hervor, bald der dies Jahr ungewöhn- völlig ausgetrocknet, aber Felsspalte war noch ge- aufgespeichert, auch im beamten oder von Vergnügungsreisenden benutzt. sur Ltelle und die Tiere hatten sich auch noch Zur letzten Art gehörten wir. Das Reiseziel war "lcht eingestellt, als ine Sonne hmter der Ra ¬ ten hüllten, leuchtete die weiße Farm von Groß- Ausdehnung (1 Quadratkilometer ist zu hoch geschätzt), von mehreren Wasseradern Fuß gemacht, ohne eine Spur von Ermüdung trotzt ein sturmzerzauster Baum aus schwindeln- oder Unwillen zu zeigen. Er führte den sonder- der Höhe. Im Busch verschwindet ein flüchti- baren Namen „Cognac" und gab dadurch Anlaß gsr Bock; in den Zweigen girren die Ringel- f ' . tauben, über unseren Köpsen krächzen die Pfef- »» . „ „„ ----- - ° Doch Zurück zu unserer Fahrt. Das Schiit- ferfresser; ab und zu schwirrt ein bunter Papa ¬ baute Kveirädriae Ka^wird'mitti^er^ei^^ die Fahrt beginnen. Als die Sonne über teln und Rütteln hatte uns hungrig gemacht, gei vorbei, und wie Hohngelächter erschallt das klärungsfahrten von Vermessunas- und Minen- die Berge guckte, waren weder Ochsen noch Karre und wir vermißten das Mittagsmahl, Als die Pad j Geschwgtz der Kakadus. Die Luft wird glühen- deamtm oder von Veraniw bemMt Zur Stelle, und die Tiere hatten sich auch noch das Rivier (Flußbett) des Khan schnitt, machten der, das Heer der Insekten surrt ringsum, schon wir im Schatten eines hohen Änabaumes Halt, und beginnt e ine leise Müdigkeit aufzustergen; da in feuchte Tücher geschlagen, ein verzinkter Kos- in größter Ruhe. Getränkt werden sie früh und Wasserfurchen laufen, dort eine Höhle, in de« fer nahm die Vorräte auf; trotzdem sand ich abends, wenn genügend Wasser vorhanden ist, Klippdachse eilig verschwinden. Zwischen all andernfalls halten sie 2—3 Tage beim Trecken dem Gewirr von Blöcken, Kugeln und Platten Auf N«d.-> soll das Thema des heutigen Briefes Wenn der Afrikaner „aus Pad" geht, mittels Ochsenkarre oder -wagen durchs der mitgenommene Braten mundete doppelt löst- tut sich der Talkessel von Klein-Ameib vor un- lich. Nach kurzer Rast Weiterfahrt, dem dunkler Zern Blicken auf, und alle Mattigkeit und höher aufsteigenden Erongo entgegen. Als sen. Dieses wunderschöne Fleckchen die Sonne hinter der Fläche untertauchte und die dient seinen poetischen Namen voll Kuppen des Gebirges sich in lilafarbene Schat- Zur Rechten eine Felsplatte von gedehnten Höhen des großen Rhoy- oder Kranz- die erste Nacht unterm Tropenhimmel. berges zurückzutreten. Das Gras, das hinter' Die aufsteigende Sonne weckte uns am an dern Morgen. Bald dampfte der Kaffee und »ach einem kräftige» Imbiß gings hinein in die Berge, »ach Klein-Ameib, dem „immergrünen Angesicht". Wo soll ich Worte hernehmen, um diese Fahrt zu beschreiben? Durch ein immer en ger werdendes, vielfach gewundenes Tall zieht sich die Pad hinein in die Berge. Das gelbe Steppengras ist verschwunden, grünbelaubtes Buschwerk steht dicht am Wege, dazwischen ge- iViel Spaß machten mir die Zurufe des schwar- , . , . . zen Treibers, mit denen er seine Ochsen antrieb Diele mtcressante und wannende Tchllderuna au« un. MU- serer südlichsten Kolonie entstanrmt der Feder von Frau Re-! zurechtwles. Wer hatten vier Tiere vorge- gierunflStehiel EUiabeth Ullmor« in Usakos (Deutsch Süd'i ipannt, voll denen jedes emen Namen hatte, west snka), die al« Fräulein Schwarze di« vor Jahressrist Ich war erstaunt über die Genügsamkeit dieser umklammert, wiffenschastltche Lehrerin an derM siiidterBürgerschule unserer'afrikanischen Ochsen. Man nimmt kein Futter den höher und wilder, bald türme» sich Marmor und d°7n w AmL MN v°7Ll ch^nem L beim Halten werden sie ausgespännt und blocke in den seltsamste» Forme» auf, bald , Regierungslehrer nach Südwestasrika zu gehen. Kursen allein weiden, aber auf was für Weide! glanzt eine leuchtende, gelbe Kuppe iNi Lonnen-i snfche Grim und die großen Blatter an. Zwi- ' Dürres, gelbes Gras, Dornenbüsche verzehren sie schein; hier sine glatte Wand, über die liefeschen de» Dornen leuchten die buntesten roten, ..Hrrengoid Roman von H. Courths-Mahler. I1> Nachdruck verboten.i Als Götz am nächsten Tage mit „Wunsch- maid" eintraf, erwartete ihn Jutta bereits im Reitkleid. Er hob sie mit einem kvastvollen Schwung in den Sattel, nachdem er diesen und das Zaumzeug sorgsam nachgeprüft, und bestieg daraus wieder sein Pferd. Graf Ravenau stand am Fenster und winkte ihnen grüßend nach. Seite an Seite ritten die jungen Leute über den Schlotzhof nach dem Park. Beide saßen sicher und elegant zu Pferde. Ein herzerfreuender Anblick für den Grafen. Auch Johanne blickte von oben verstohlen dem jungen Paare nach. Als es zwischen dem SSutengang verschwunden, trat sie in ihr Zim mer zurück und zog einen Brief aus dem Leder- beutelchen, das sie unter dem Kleide trug. Die Adresse auf dem Kuvert war von einer anderen Hand geschrieben als der Brief selbst. Johanne las ihn noch einmal ausmeck;am durch. Er lau tete: „Liebe Johanne! Ihren Brief habe ich er halten. Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen. Fahren Sie fort, mir alles, auch was Ihnen unwichtig erscheint, zu berichten. Vor allen Dingen möchte ich genau über den Gesundheits zustand des Grafen Ravenau unterrichtet sein. Versuchen Sie, Herrn Seidelmann vorsichtig da nach auszuforschen oder auch die Haushälterin. Ihre Berichte sind mir sehr wichtig. Vielleicht können Sie auch auf unverfängliche Art erfah ren, wie Komtesse Ravenau über ihre angeblich verstorbene Mutter denkt. Wenn irgend möglich, suchen Sie alle Ge spräche des Grafen mit Herrn von Gerlachhau sen und auch mit sonstigen Besuchern, die der Graf empfängt, zu erlauschen, ich möchte auch wissen, wie sich die Komtesse zu Herrn von Ger lachhausen stellt. Sind die beiden viel zusam men? Ich verlasse mich auf Sie. Aber Vorsicht — größte Vorsicht, es steht viel auf dem Spiel! Diesen Brief verbrennen Sie, sobald Sie sich alles eingeprägt haben. Führen Sie Ihre Mis sion zu meiner Zufriedenheit durch, bin ich nicht abgeneigt, die versprochene Belohnung zu er höhen. Vergessen Sie nicht, daß ich Ihrer jun gen Herrin nur nützen kann, wenn Sie unser Geheimnis streng hüten. Ihre wohlgesinnte D. von Sterneck." Johanne seufzte und »erbrannte nachdenk lich den Brief an einer Kerze, woraus sie die Asche aus dein Fenster schüttelte. Sehr wohl fühlte sie sich bei diesem geheimnisvollen Auf trage nicht. Was Frau von Sterneck nur mit alledem bezweckte? Aber gehorchen mußte sie — nicht nur um ihrer selbst, sondern auch uni ihres Bräutigams willen. Das Herz war dem armen Mädchen recht schwer. Sie sprach in ihren Briefen an den Ge liebten, die sie ihm unter fremdem Namen nach Newhork sandle, nicht von ihrer schwierigen Stel lung, um ihn nicht zu beunruhigen, und trö stete ihn mit der Angabe, daß sie sine kleine Erbschaft erwarte und ihm dann folgen wolle. Die Erbschaft war natürlich die versprochene Be lohnung. * * * Poll Ungeduld erwartete Jutta am über nächsten Tage die mit Götz zum Ritt nach Schön rode verabredete Stunde. Er traf Pünktlich ein, um sie abzuholen. Kurz darauf ritten sie im leichten Trab auf dem schattigen Waldweg da hin. Juttas Augen strahlten in ungeduldiger Er wartung. Sie plauderte erregt und erzählte Götz, wie sich Schönrode in ihrer Phantasie zum Märchenschlosse gestaltet habe, setzte aber hinzu: „Ich glaube nicht, daß mein Phantasiebild der Wirklichkeit entspricht." „Jedenfalls ist Schönrode eines der schön sten Gebäude im weiten Umkreis", sagte Götz und beschrieb es ihr in allen Einzelheiten. „lind all das Schöne soll nun nutzlos ver gehe» — kein Mensch soll sich daran erfreuen", meinte Jutta betrübt. „Vielleicht wählen Me selbst später Schön rode als Wohnsitz." „Wer weiß! Inzwischen wird mir Ravenau so lieb geworden sein, daß ich es nicht verlassen möchte. Es betrübt mich, daß Großpapa diesen schönen Besitz meidet. Warum flieht er die fro hen lichten Erinnerungen und hält nur die trü ben Bilder aus der Vergangenheit fest? In Schönrode lvar mein Vater glücklich. Es müßte Großpapa doch aufheitern, an diese Zeit erin nert zu werden. Matt dessen grübelt er in Ra venau den Tagen nach, als mein armer Vater ein glücklicher Mann war." „Sie werden ihn lehren, sein Herz der Freude wieder zuzuwenden. Schon jetzt erscheint er mir aufzuleben. Aber um das zu erreichen, müssen Sie selbst froh und heiter sein und sich von nutzlosen Grübeleien frei erhalten. Sie ha ben es mir versprochen." „Und ich will es auch halten." Schweigend ritten sie auf dem weichen Wald boden weiter. Die Pferde gingen Seite an Seite. Sonnenlichter zitterten durch das Land und war fen goldne Reflexe auf den Weg. Juttas Herz klopfte unruhig. Noch nie war - sie mit einem jungen Mann in so nahe BeZ rührung gekommen, wie mit Götz Gerlachhausen. Er hatte ihr auf den ersten Blick gefallen, sie durch sein männliches, ritterliches Wesen gefes selt. Die warme Herzlichkeit, mit der er ihr entgegenkam, das gütige Eingehen aus ihre klei nen Leiden und Freuden tat ihrem nach Liebe verlangenden einsamen Herzen wohl. In seiner Gegenwart fühlte sie sich so sicher und geborgen, so wohlig beschützt, daß sie sich freute, wenn er kam. Willenlos und unbefangen gab sie sich der Einwirkung hin, die er auf ihr Herz übte. Sie dachte an nichts weiter, als an die beglückende Gegenwart. So reich und schön erschien ihr jetzt das Leben, so dankbar war sie dem Geschick, daß sie wünschte, es möge immer so bleiben. Daß sie als Erbin von Ravenau und Schön- rode Anspruch auf eine bevorzugte Lebensstel lung hatte, kam ihr gar nicht zum Bewußtsein. Es gab für sie auch keinen materiellen Unter schied zwischen ihr und dem armen Götz Gerlach- Hausen. Sie empfand nur froh mrd beglückt, daß sie in gläubiger» Vertrauen zu ihn» aufsshen konnte, daß sie auf seine Freundschaft stolz sein durfte. — Götz beobachtete verstohlen ihr wech selndes Mienenspiel. Auch er hing seinen Ge danken nach. Wie elegaitt sie im Sattel saß, wie stolz und lieblich zugleich die Haltung des feinen Kopfes war! Die langen dunklen Wimpern la gen auf den rosig gefärbten Wangen wie zarte Halbmonde. Die schweren Flechten waren unter dem Reithut festgesteckt. War es nicht ein schweres Unrecht, eine große Vermessenheit, ohne Liebe um dieses holde Geschöpf zu werben? Ohne Liebe? — Er war ihr herzlich zuge tan und bewunderte ihre Schönheit, ihr vor nehm liebliches Wesen. Aber war das nicht zu wenig, was er ihr bieten konnte, diese warme, herzliche, fast brüderliche Zuneigung? Durfte sie nicht mehr von dem Manne verlangen, dem sie sich zu eigen gab? In diesem Augenblick sah Jutta ihn lächelnd an. „So schweigsam, Herr von Gerlachhaufen?" Er schrak empor. Unter ihrem lieben Blick wurde ihm doch warm ums Herz. Hätte er sie unbefangen kennen gelernt, ohne zuvor Graf Ravenaus Wünsche zu kennen, sicher hätte er dann das, was in seinem Herzen keimte, sich freier entfalten lassen. So lebte gewissermaßen ein Mißtrauen gegen sein eigenes Empfinden in seiner Brust und machte ihn unsicher. „Ich fürchtete, Sie i» Ihren Gedanke» zu !stören, Komtesse Jutta", entgegnete er. Sie wurde rot und blickte an ihm vorbei, jals sie fragte: „Haben wir »och weit dis Schönrode?" „In füns Minuten sehen wir es vor uns, wenn wir den Wald verlassen. Dann noch ein kurzer Weg über die Wiesen, und Sie können Ihren Einzug halten." Sie verließen den Wald und ritten auf Vern schmalen Wiesenweg weiter. Ichönrode lag vo» ihnen auf einem breit auslausenden Hügel, an dessen Fuß sich das Dorf dahinstreckte. Vom Schloß bis zum Dorf herab zog sich ein in breiten Terrassen angelegter Garten. In der Mitte führte eine breite von Tarushecken ein gesäumte Treppe empor. Seitlich zog sich der Fahrweg den Hüget hinan bis vor das Schloßtor. Jutta blickte mit großen schimmernden Au gen auf das herrliche Bild. Ihre Brust hob sich. Schweigend trieb sie ihr Pferd an, als könne sie »iclü schnell genug nach oben kommen. „Ich möchte fliegen", sagte sie, sich plötzlich an ihren Begleiter wendend, mit unterdrücktem Ju bel in der Stimme. Er blieb an ihrer Seite. Ihre Erregung schien sich ihm mitzuteilen. Wenige Minuten spä- ter waren sic vor dem Schloßtor. Jutta sah erstaunt aus eine festlich geklei dete Menge, die vor dem Schloß Aufstellung ge nommen. Blumen, Kränze, Girlande», wohin sie blickte! Die Flagge aus dem Turm wurde in diesem Augenblick gehißt, freudig erregte Gesichte« blickten ihr entgegen, und ein lauter, einstimmi ger Willkommensruf ertönte. Götz faßte schnell den Zügel ihres Pferde», weil es unruhig wurde, sprang aus dem Sattet und hob Jutta herab, die ihn mit feuchten Au gen anblickte. „Das ist Ihr Werk", sagte sie leise. Er küßte ihr die Hand. „Hier durste Ihr Einzug nicht sang und klanglos sein." „Sie sind ein lieber, treuer Freund, ich danke Ihnen von Herzen. Aber nun möchte ich, daß die Leute heute einen Festtag haben. Dars ich das wohl bestimmen?" fragte sie zaghaft. „Gewiß, Komtesse Jutta. Ich werde Ihnen sofort den Verwalter vorstellen. Ihm brauchen Sie nur Ihren Wunsch mitzuteilen, er wird dann das Weitere veranlassen." „Wird Großpapa das nicht als einen U eber griff in feine Rechte bettachten?" Er lachte herzlich.