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02-Zweites-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 15.03.1913
- Titel
- 02-Zweites-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19130315026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913031502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913031502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-03
- Tag 1913-03-15
-
Monat
1913-03
-
Jahr
1913
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HoheiHtkmErnftthater Tageblatt AEttett Zweites Blatt. Nr. 61. Sonnabeud» den 1S. März MS. WlkMWW'KlM. : Kaum vermochte die geräumige Turn Halle der Altstädter Schulen die Zahl derer zu fassen, die gestern nachmittag 5 Uhr mit den Konfirmanden erschienen waren, um der weihe vollen Feier der Entlassung aus der Schule bei- zuwohnen. Die Menge der Gäste lies; einen Schluß zu auf das große Interesse, das man saft allenthalben unserer Bildungsstätte ent gegenbringt, und dessen dürfen wir uns aufrich lig freuen, denn Schule und .Haus gehören zu sammen — dies Wort, das von der Schule auS schon so oft betont worden, wird auch bei uns fast allgemein beherzigt. „So sollst du nun vollenden dein Wert an mir" -- so erllangs zur Eröffnung der Feier, worauf Herr Oberlehrer I ä h n i g in innigem Gebet fürbittend derer gedachte, die nun hinaus treten sollen ins Leben. Wehmutsvoll erklang sodann der Gesang der Abgehenden : So nimm denn meine Hände und führe mich!" Jin Mittelpunkte der Feier stand die E n t l a s s u n g s r e d c des Herrn Schuldi retlor G a l st e r , der warme Herzenstöne an schlug, die bei den Hörern starken Widerhall sanden. Redner sagte in seiner Ansprache et Iva folgendes : Schr geehrte Anwesende, liebe «Schüler, insonderheit Ihr lieben Abgehenden! An Euch wendet sich in dieser feierlichen Stunde' die Schule zum letztenmale als Eure aufrichtige und getreue Freundin, die es fahre lang neben dem Eltcrnhause so herzlich gut mit Euch gemeint hat, die Euch eine treue Führerin und Hüterin auf Eurer Lebensbahn gewesen ist bis heute. Eure Straße ging immer bergan; denn Ihr habt Euch fortgesetzt vervollkommnet. Das Erziehungswert Eurer Eltern und Lehrer hat Euch ans die jetzige Höhe gebracht. Wie nun der Bergsteiger auf seinem Wege zur Höhe zeitweise rastet, so gibt es auch im mei^chlichcn Leben Nullpunkte an den ver jchiedenen Abschnitten. Je beschwerlicher dcr Pfad ist, je drückender die Sonne auf den ge beugten Rücken brennt, desto mehr sehnt sich der 2Landercr nach der einladenden Bank, ans der er eiiren Augenblick verschnaufen kann. Eilten solchen Ruheplatz habt Ihr heute, am Tage Eurer Schulentlassung erreicht auf Eurer Lebensbahn zur Höll- Der Bergsteiger, freudig bewegt, seinen angestrengten Körper zu erquicken, gemeßt nicht sogleich die prachtvolle Aussicht, die sich ihm bietet, sondern in sich zusammengesun ken sitzt er da. So ergeht es auch Euch am Heu ligen Tage, und die gegenwärtige Stunde mahnt Dich, mein liebes Kind, zum ersten: „Schau in Dich!" Wovon ist Dein Herz und Gemüt bewegt? Po» Dankbarkeit gegen den Mgütigen, der Dir ein Heim, ein Elternhaus geschenkt, der Dir neue Lehi-er und Fahrer in Deiner Kindlzeit ge sandt hat. An Deine Schulaufnahme kannst Du Dich noch ganz genau erinnern. Die liebende Shutter oder der treusorgende Vater irahm Dich an der Hand und übergab den Liebling vertrau ensvoll der Schule. Unzählige Wohltaten haben sie Euch schon vor der Schute erwiesen. Ihr habt sie nur zum geringsten Teil verstanden, wenn Ihr die elterliche Fürsorge um die jüngeren Geschwister beobachtet habt. Unausgesetzt sind die Eltern um Euer Wohlergehen bemüht gewesen, Krankheiten suchten sie von Ench scrnzuhalten, damit Eure Entwicklung nicht gehemmt würde. Manche Nacht har die lreuforgende Mutter am Bette gewacht und zum Herrgott gefleht, daß er ihr Kind am Leben erhalten, ihm Gesundheit und volle Kraft des Körpers und Geistes zurück geben möchte. Der Vater rief den Arzt, besorgte die Heilmittel und beobachtete alle Maßregeln, die zur baldigen Genesung notwendig waren. Nock) viele Einzelheiten könnte ich anführen, wie Sie, verehrte Eltern, für Ihr Kind gesorgt ha ben. Unser himmlischer Vater hat Ihre Tochter, den Sohn wachsen und gedeihen lassen, und damit hat er Ihnen eine große Freude bereitet, wodurch Ihre Aufopferung und Miihe reichlich belohnt ist. Ihr, liebe Abgehende, werdet durch dieses Schauen in Euch zu größter Dankbarkeit gegen Eure Ellern verpflichtet und nehmt Euch vor, Ihnen zu vergelten, indem Ihr ihnen zur Hand geht. Bedürfen sie einmal ini Krankheitsfälle Eurer Pfl^fe, so übernehmt sie mit-Freuden; denn Vater »nie Mutter find feinfühlend; sie inetten an jedem Handgriff, ob Ihr ihn mit Freuden oder mit Murren im .Herzen voll bringt. Die Freude aber ist dein Kranken eine gute Hilfe. Nehmt ihnen auch die Sorge um die Erziehung der jüngeren Geschwister an Eu rem Teile ab, ihr spendet ihnen dann wärmen den Sonnenschein und lohnt ihnen ihre Treue an Euch. Aber nicht nur um Euer körperliches Wohl waren sie besorgt, sie wachten auch über Eure Seeleit und geistige Ausbildung. Schlechten Um gang haben sie von Ench scrngehalten: denn böse Beispiele verderben gute Sitten. Nun aber zeigt, das; ihre Lehwn auf guten Boden gefallen sindf indem Ihr alles Häßliche meidet. Schaut in Euch und stellt Euch vor, welche Wirkung Eure unschöne Tat auf Vater und Mutter aus üben würde! Schon manchem Elternpaare ist das Herz über ein ungeratenes Kind gebrochen. Bedenkt, daß ^Elternfrende das reinste Glück ist und Euch Segen bringen wird. Seid gehorsam und folget ihnen, so wird die Sonne scheinen im Vaterhause und eitel Freude wird dort lein! Körperlich mrd geistig frisch stehen heute Ihre Konfirmanden vor Ihnen, verehrte El- wrn, und Ihre Herzen sind von Dankbarkeit er füllt gegen den Ällgütigen und freudig bekennen Sie mit Ihrem Liebling: „Leben und Wohl tat hast Du an uns getan!" Aber nicht alle Eltnrn sind so. glücklich. Tückische Krankheiten oder Unglücks fälle haben manches zarte Pflänzlein in sonniger Kindheit dahingerafft. Dennoch können sich die Eltern trösten. Auf blumiger Wiese des Paradieses spie len die Kleinen in ihrem Kinderglücke weiter, verschont geblieben von des Tages Last und Mühe, von des Ledens Sorg und Oual. Freund lich werden sie Vater und Muller zunicken, wenn auch sie eingehen werden zu ihres Herrn Freude. Auch manchem von Euch, Ihr lieben Ab gehenden, hat der unerbittliche Tod den fürsor- genden Vater, die liebende Mutter entrissen. Euch hat das Schicksal schon hart angefaßt; in der .Kindheit habt Ihr bereits des Lebens Ernst kennen lernen müssen. Aber unser aller Vater hat für Euch gesorgt. Schaut nur in Euch! Mit Dankbarkeit werdet Ihrer derer gedenken müssen, die sich Eurer in Liebe und Fürsorge angenommen haben. Sie sind Euch vorn himm tischen Vater gesandt »vorder,. Vertrau nur ihm, täglich wirst Du ihn preisen müssen: „Herrgott, wie wunderbar sind Deine Wege, Du führest alles herrlich hinaus!" „Was in dem Hern, Du tust, das wird ge lingen, Die Ehre ihm, dann ist der Segen Dein, Er gibt das rechte Wollen und Vollbringen." In diesem Sinne hat vor 8 Jahren die Schule ihr Wett an Euch begonnen. Wenn Ihr in Euch schaut, dann rvird Euer Herz gegen die Männer von Dankbarkeit erfüllt werden, dis an Eurer geistigen Ausbildung mit Hingebung und Aufopferung ihrer Kraft gearbeitet haben. Wie unbeholfen seid Ihr doch gewesen, als Ihr zu uns kämet, wie hat Euch Euer erster Herr Leh rer bemuttert, wie haben sie Euch alle geliebt! Heute seid Ihr zum guten Telle durch der Leh rer Wett zum urteilsfähigen Menschen gereift, bereit, den schweren Kampl des Lebens aufzu nehmen, und will's Gott, auch in Ehren zu bestehen. Wenn Ihr einst tüchtige Männer, treusor- genide Hausfrauen geworden seid, wenn Euch die Welt achtet und schätzt, dann seid in Dankbar leit auch Eurer Lehrer eingedenk. Naht Euch der Versucher, dann schaut in Euch und be sinnt Euch aus dieses Grundstück. Deines Leh rers Gestalt wird vor Dir auftauchen und mit erhobenem Finger wird er Dich vor dem Fehl tritt warnen und vor ihm bewahren zu Deinem Wohle. So wirft Du Deines Lehrers Mühe ver gelten. Wir werden uns herzlich freuen, wenn wir rühmen können, daß dieser geachtete Mann unser Schüler war und jene treffliche Frau als Mädchen zu unseren Füßen saß. Dann trägt unsere Saat reiche Frucht! Damit komme ich zum 2. Punkt. Wie der Bergsteiger, nachdem er verschnauft hat, um sich blickt, die Schönheiten der Natur zu genießen und den Weg zur Weiterwanderung zu über schauen, so mahnt Dich der Abschied von der Schule zum anderen: „Blick um Dich!" Was siehst Du unter Dir liegen? Die Landschaft, die Du durchwanderst hast: Deine heimatlichen Gefilde, die Stadt, die Schule, Dein Vaterhaus. Noch einmal werden die lie ben Gestalten: Vater, Mutter, Lehrer, Kamerad, Frermdin in Dir lebendig. Don Deinem Her zen aus steigt ein warmes Gefühl auf, die Pulse schlagen höher, Du fühlst die Brust beengt, die Augen brennen, Du möchtest Dich bergen an der Mutter Brust, in des Vaters Armen, möch «est schauen in die treuen Augen Deines Leh rers. Aber: „Vorwärts den Blick und aufrechr stehe, Sieh traurig sinnend nicht zurück; Wie Dir auch wechsle Freud und Wehe, Der Mut im Herzen ist Dein Glück. Es nimmt ein allumfassend Schauen An Deinem Leben liebend teil Ein gotterftilltes Selbstvertrauen Führt Dich den sichern Weg zuni Heil." Wende Dich den» Bergsteiger gleich dem vorge steckten Ziele zu, Du wirst sehen, es ist zum Gipfel noch gar wert, der Pfad ist holperig, nur selten glatt, und ob wohl Blumen auch gestreut sein werden? Laß» uns nachforschen! Auf eigenen Füßen sollst Du nunmehr stehen, die besondere Vorbereitung auf den Beruf, dis Lehrzeit beginnt.- Hier halte Äug' und Ohren offen, üb' Deine Hand, such' gleich zu tun, was Deinem Meister ist gelungen. Sieh, Mädchen, Deiner Herrin an den Augen ab, was ihr Be gehr, noch eh»' sie befiehlt. So werdet Ihr Euch den Lebensweg ebnen, und hört, auch «Blumen wachsen an dem Pfad. Man wird Euch loben Eures Eifers wegen. Wenn Euch Tadel trifft, also die Dornen stechen, wenn Ihr glaubt, um manchen Felsvorsprung nicht herrrrnzrrknnmen, wartet nur ein wenig, überlegt Euch den Tadel, forscht nach feinem Gnind und Ihr -werdet sehen, daß er berechtigt war Bessenmg wird die Folge sein und - „Wenn die Sonne sich erhebet, Neu zu wandeln ihren Pfad, r Ruft sie alles, was da lebet, Zu erneuter froher Tat." In - gleicher Weise ergeht es Euch, die Nebel zerfließen, des Vorgesetzten Helles Angesicht läßt Euch die Träne trocknen; vorwärts gehts, berg an, dem Ziele zu, das behaltet fest im Auge und was Ihr gelobt in dieser feierlichen Ab schiedsstunde, haltet es auch, erreicht das Ziel und werdet ganze Menschen ! Was sich Dir auch in den Weg stellte, prüfe alles genau. Empfange nicht den ersten Besten mit offenen Annen und folge ihm blindlings, fondern ivägc ab, ob er auch Deiner würdig ist Gefahren mancherlei drohen auf dem Lebens pfad. Halte darum die Augen offen, blick nm Dich, daß Du nicht ins Rutschen gerätst. Es ist schwer, einem schlüpfrigen oder von Ge röll bedeckten Abhang emporzuklimmen. Meide die lärmenden Vergnügen dieser Welt, die Dich auf Deinem Wege hemmen würden. Du sollst auch Luft und Freude haben, die Welt genießen, nur in rechter Weise. Blick um Dich, Du findest auch darin Vorbilder. Denke an die Helden der Geschichte, die ihren Körper durch Turnen, Schwimmen, Wandern und sonstige körperliche Ausarbei tungen widelftandsfähig machten. Hüte Dich gleich ihnen vor Völlerei und Uebermaß, be wahre Dich vor Verweichlichung; stähle Deinen Körper, indem Du fleißig turnst und wanderst! Schließe Dich freudig lind dankbar den Ver anstaltungen des Jugendsürsorgevereins an und vergiß den Jünglings und Jungsrauenverein nicht, Ivo Du reine Freuden genießen kannst, wo Dir gute Bücher zur Verfügung stehen, die Dir reichliche und wohlbekömmliche Speise sind. Ein gutes Buch ist ein wahrer Freund, ein Buch mit schmutzigem Inhalte ein arger Feind. Prüfe darum Bücher genau, Du hast sic ja durch den Gebrauch Deiner Schrilerbiblio- thek bewerten gelernt. Lege diesen Maßstab an und Tu wirst eine geistige Kost finden, die Dich auf rechter Bahn erhält. Das sind die herzlichsten Wünsche, die Du von uns mit auf den Weg erhälst. In dieser Stunde werden viele Fäden, die Dich mit un serem Schulhaufe und denen verbanden, die da rin ein- und ausgingen, getrennt. Aus der Ge meinschaft der Schule bist Du herausgewachsen, sie hat neben deni Elternhaus an Dir mit Ernst und Fleiß gearbeitet, um Dich zu einem brauch baren und nützlichen Gliede der menschlichen Gesellschaft heranzubilden. Sie erwartet von Dir, daß Du ihr auch in Zukunft Ehre machst, daß Du Deine Gaben weiter ausbauest und sic in den Dienst der Allgemeinheit stellst. Wir Lehrer werden uns von Herzen freuen, wenn wir am starken Baum, den wir als Bäumchen gehegt, gepflegt und behütet haben, reife und reiche Früchte sehen werden. Aber wir alle, Eltern und Lehrer sind nur. schwache Menschen, unserer Obhut seid Ihr ent wachsen. So entlasse ich Euch denn, die Ihr mit die ser Stunde Eurer Schulpflicht geniigt habt, aus dem Verbände der Volksschule. Gott möge Euch in seinen Schutz nehmen. Er siehet das Herz an, hütet Euch darmm Euer lebelang, ihn zu betrüben, weichet von seiner Bahn nicht ab! Denn er hat das winzige Kind zuni Jüngling, zur Jungfrau heranwachsen lassen, er hat Dich s behütet bisher, danke es ihm durch ein«, Gott wohlgefälligen Lebenswandel, er wird Dir wei terhelfen. Ja, Herr, in Deinen Schutz befehlen wu sle, die von heute an unseres Schutzes nicht mehr bedürfen, leite sie auf rechter Bahn und lehre sic bedenken, was recht und gut ist, sei ihr Schützer- und Hott, Du Höchster! An die wirkungsvolle Rede schloß sich die Motette: „So ziehet hin !", die der Kinder chor recht hübsch zum Vortrag brachte. Dann widmete ein Schüler der 2. Klasse den Kon firmanden ein herzliches Geleitswott, ermahnte sie, strebsame und fleißige Menschen zu werden, die sich jederzeit gern ihrer Schule und der dort empfangenen Wohltaten erinnern und die sich stets auf die Pflichten besinnen, die das Leden von ihnen fordert; den Abgehenden, so schloß die Ansprache, möchte stets ein freund liches Los beschieden sein. Gott mit Euch! Scheiden und Meiden, so versicherte einer der Konfirmanden, tut weh, aber doch sei jeder von ihnen von Freude beseelt darüber, daß Gott sie bisher so sicher geführt habe. Nachdem sie in der Schule in allem so einge-. gehend unterwiesen worden, werde es schließ lich keinen, schwer fallen, später allen Anforde rungen gerecht zu werden. Ein warmer Dank an die Herren Lehrer, ein herzliches Lebe wohl an die Zurückbleibenden und ein inniges „Behüt Euch Gott!" schloß die Ausführungen und die Feier fand ihren Abschluß mit dem allgemeinen Geschng des Liedes: „Zieht in Frieden Eure Pfade!" In der N e u st ä d t e r Schule sand die nicht tveniger stimmungsvolle Entlasfungs feier heute vormittag 10 UHr statt. Nach dem Eingangsliedc „Bis hierher hat mich Gott gebracht" s prach Herr Eidner 1 das Gebet. Dann erklang, von den Kindern ge jungen, die Motette „Herr, wenn ich nur dich habe!" In herzlicher Bitte deklamierte eine Konfirmandin: „Herr, den ich tief im Herzen trage, sei Du mit mir!" und dann leitete eun- weitere Motette „Ich nehme, was Du mir be schiedst" hinüber zu dem Choral „Führe mich, o Herr". Eine andere Konfirmandin sprach Herz liehe Abfchiedsworte und fügte ihnen den innig sten Dank an die Lehrer hinzu, die den Adgc henden in unauslöschlicher Erinnerung bleiben werden; sie wünschte srohes Wiedersehen im späteren Leben und schloß mit einem herzliche,: „Lebt wohl!" „So geht denn hin in Frieden" sangen die Zurückbleibenden, worauf die De klamationen „Mahnung" und „Glückauf!" erfolg ten. Dann nahm Herr Schuldirektor Patzig das Wort zu seiner A d s ch i e d s r e d e. Dic heutige Feierstunde, so führte er aus, gelte den lieben Konfirmanden, die nun 8 Jahre lang der Schule angehörten. Das ist eine große Spanne Zeit, und so mancher unter diesen wird zurückdenken an die Zeil, da er das Schulhaus zum erstenmal betrat — welch eine Fülle von Gefühlen durchzieht da die Seele, Gedanken stel len sich ein, die an Freud und Leid erinnern. Manchem von Euch isl in seinem jungen Leben auch das Leid nicht erspart geblieben: hier ist der treusorgende Vater, dort die liebende Mut ter aus Eurem Kreise gerissen worden. Ihnen widmen wir heute ein herzliches Gedenken und wollen eingedenk sein der von ihnen ausgegan genen Belehrungen und Ermahnungen. Aber diejenigen, denen Gott die Eltern erhalten Hal, sollen sich heule dieser Gnade so recht bewußt sein, sie sollen sich stets der elterlichen Fürsorge erinnern und sie durch rechte Treue lohnen. Vergeßt dann auch Eurer Lehrer nicht, die mil Ernst Euch den rechten Weg geführt haben, Euch in jeder Hinsicht gefördert haben, damit Ihr zu tüchtigen Menschen tvcrdel nur dies war ib rer Mühe und Arbeit Ziel. In reiferem Alter erst werdet Ihr so recht einfehen, was Ihr der Schule zu verdanken habl. Heute sollt Ihr nun hinaustreten in die Welt; unsere berzlichsten Wünsche begleiten Euch. Wie Jesus das Herz seiner Jünger in besonderer Weise anfaßte, so möchte auch ich an Euren, jugendlichen Herzen rühren und Sailen anschlagen, die Euer ganzes Leben hindurch klingen sollen. Gehe hin in Golles Namen, Greif Tein Werk mil Freuden an! Kein besseres Wort kann iw Euch mit aus den Weg geben . „Mil Golt !" Tas sei Euer Leitstern an jedem Tage. Nicht für alle und jede Aufgabe konnte die Schule Euch vorberei len, aber die fromme Deickarl, die sic Euw lehrte, möchte Euw jederzeit Hall und Anker sein. „Iw hebe meine Augen auf zu den Bei gen, von welwen nur Hille kommt !" Ja, das Gottvertrauen nebnu mii binaus ms Leben es isl sehr notwendig für den, der auf Erden wahrhaft glücklich werden will. Glaubet das denen, die aus Erfahrung so zu Euch sprechen. Redner erzähli von den herrlichen Beispielen, die uns von dem starken Gottvertrauen gegeben sind in den Erzählungen von der Himmelslei ter und von der Gottesmauer in Schleswig - Holstein wie von dem Schweizer Helden Wil Helm Tell. Greif dein Werk mit Freuden an ! Die Lebensarbeit beginnt ein Ende nahm das leichte Spiel, es naht der Ernst des Tages. Als Erwachsene tretet Ihr heute ins Leben ein, selbst müßt Ihr nun für Euch sorgen, Ihr jeid auf eigene Füße gestellt. Ihr stellt Euw meist das Leben viel leichter vor, als es üi Wirklichkeit, ist. Redner verbreitet sich dcuu, über den gewaltigen Aufschwung, den Deutsch land im letzten Jahrhundert in wirtschaftliche! Hinsicht genommen habe. Einst vom Ausland so stark abhängig, brachte es Männer hervor, die in rechter Schaffensfreude, mit starkem Wol len und eisernem Fleiß Großes vollbrachten und zum Vorbild für jeden strebsamen Men scheu wurden. Der Herr Schuldirektor erin nette an Richard Hartmann in Chemnitz, Karl Borsig in Berlin u. a., die es aus ganz kleinen Anfängen heraus so weit brachten, das; ihre Fabrikate Weltruf genossen und noch genießen. Er wies ferner darauf hin, wie unsere Handelsflotte mehr und mehr gewachsen ist und die deutschen Waren nach fremden Erd teilen bringt. Auch Deutschland vermochte nur durch eigenen Fleiß seiner Bewohner, durw Anspannung aller Kräfte hochzukommen und seinen Erzeugnissen Anerkennung zu verschaffen. Fragt Ihr nach den Männern, die so hervor ragendes geleistet, so werdet. Ihr finden, daß es stets Leute mit eiserner Ausdauer, mit zäher Willenskraft waren, die so großes schufen, indem sie auch bei Fehlschägen nicht erlahmten. In solcher Arbeit werdet nun auch Ihr, liebe Konfirmanden, hiueingestellt, zumal Ihr deutschen Knaben. Nicht darauf kommt es aber an, was man treibt, sondern wie man seinen Berus treibt. Nicht als Tagelöhner dürft Ihr Euch fühlen, der nur- seine Stunden abarbeitet als ein Teil des großen Ganzen muß sich jeder betrachten, als einen Teil, auf dessen Ar beit es mit ankommt. Denkt nie, es komme nicht auf Kleinigkeiten an. Das ganze Leben ist aus lauter Kleinigkeiten zttjammengesctzt. Traut nicht- denen, die da sagen, das Streben nach dem Großen habe keinen Zweck, Ihr wür det eS ja doch nicht erreichen. Nur dem Tüchti
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