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Nr. 48. Freitag, den 28. Februar 1913. Zweites Blatt. Deutscher Beichstag. Sitzung am 26. Februar 1913. Im Reichstag standen heute als an einem Schwerinstage eine Reihe von dl n t r ä g e n zur Beratung. Diese erfolgte vor leeren Bän ken und schwachbesetzten Tribünen. Ruch am" BundesratStisch war niemand erschienen. Der erste Punkt der Tagesordnung betraf den von dem nationaüiberalen Abg. Bassermann und Genossen eingebrachten Antrag aus Vorlegung eines Gesetzentwurfes zur Regelung des S u b- missionjs w e s ens im Deutschen Reich. Gin von der Neichspartei gestellter Initiativ antrag, der sich in der gleichen Richung be- wegte, wurde mit zur Erörterung gestellt. Abg. Freiherr v. Richthofen (natl.) begründet den Antrag selrr eingehend. Er spricht die Ansicht aus, das; dieser Gegenstand einer durchgreifenden Regelung bedürfe, und zwar sei dies Sache der Reichs-, nicht aber der Landesregierung. Er fordert die Schaffung eines Submissionsamtes, das in erster Linie die Kontrolle ausüben solle, gleichzeitig aber als schiedsrichterliche Instanz zu fungieren habe, urn den vielen unlauteren Manipulationen, die gerade aus dem Gebiete des Submissionswe sens zu verzeichnen seien, die Spitze zu bieten. Denselben Gegenstand behandelt Abg. W a r m u t h (Reichsp.). Er spricht die lieber zeugung aus, das; bei der sackte mäßen Durch sührung eines Submissionsgesetzes dem dar niederliegenden Handwerk der goldene Boden wieder zugesiihrt werde. Adg. H n ttma n n (Soz.) : Durch . hie Eindämmung der Schmutzkonkurrenz könnte mmi auch den Arbeiten; Helsen. Besonders arg sind die Mißstände im Baugewerbe. Die Haupt sache sei eine gute sachlict^ Ausbildung der Handwerker. Die Streikklausel müsse aus den Sttbmissionsbedingungen verschwinden. Aus Antrag des Abg. Grafen Car in e r wird ein konservativer Antrag, der ebenfalls das Submissionswesen regeln will und auf An trag des Abg. Mumm auch ein Antrag der Wirtschaftlichen Vereinigung über das Sub missionswesen mit zur Beratung gestellt. . Abg. - Gras Carme r-Zieserwitz begründet den konservativen Antrag. Er fordert ange messene Preise und Tarife und serner die Hin zuziehung von Sachverständigen, besonders bei Bauarbeiten. Wenn die Maßnahmen, die in den Einzelstaatcn vorgenommen werden, euer gisch gefördert werden, so kommen wir rascher zum Ziele als durch ein Ncichsgesetz. Die so entstandenen Submissionsämter müssen aber durch Neichsämtcr unterstützt werden. Abg. Bartschat (Volksp.) empfiehlt den vom Hansabunde ausgearbciteten Gesetzentwurf der Kommission als Unterlage. Sämtliche Anträge gehen an eine Kom mission. Zur Beratung stehen ferner Petition« n. Einige Petitionen fordern eine Äenderung des Z ü u d w a r e n st c u e r g c s e tz e s, mehrere eine Aufhebung dieses Gesetzes, andere ver langen eine Schadlosballung der geschädigten Arbeiter, ferner die Geiväbnmg. eines Kontin gents an die ZündholzhilsS-Industrie, die Be steuerung der Fabrikation von Schwedenschach teln usw. Die Petitionen werden nach den Vorschlägen der Kommission erledigt. Eine Petition von Angehörigen des kauf männischen und gewerblichen Mittelstandes aus. Rheinland und Westfalen verlangt ein« Aende rang des Genossenschaftsgesetzes dahin, daß den eingetragenen Genossenschaften der Verkauf unter Gewährung von Rabattmarken an Gewerbetrei bende verboten wird. Die .Kommission bean kragte die Ueberwcisnng als Material. - Adg. Feuerftein (Soz.) ».»erlangt Mbergang zur Tagesordnung. Man »volle die BeamtemKon- sumvereine vernichten. Seine Freunde zögen aber den jetzigen Zustand vor. Nach weiteren Reden der Abga. Chrysant (Zentr.) und Sachse (Soz.) wird abgestimmt. Da die Sozialdemokraten sehr stark, Zentrum mrd Rechte sehr schwach vertreten sind, beteiligen sich diese Parteien saft gar nicht an dem notwendig gewordenen Hammelsprung, und das Haus ist mit 90 gegen 42 Stimmen beschlußunfähig. Schluß 7^ Uhr. Morgen .1 Um : Reichs-Eisenbahnen. Nüv drm Anche. . de« Pri«;regeut,n in Bettln unv Dresden. Prinzr e gent Ludwig und G e mahl in treten Donnerstag, den Ü. März, ki' Uhr früh mit Sonderzug die Reise zu den ossi ' ziellen Besuche n am Kaiserhose und am sächsischen Hol« an. In Hätte fin det der erste offiziell« Empfang durch den preu ßischen Ehrendienst statt. Die Ankunft in Berkin erfolgt nachmittags 3 Uhr, wv großer Empfang stattfindet. D« Kaiser und die Kaiserin s geben zu Ehren der Gäste eine Gala- und eine Hoftafel. Die Abreise von Berlin erfolgt Sonn abend, den 8. Mürz, mittags 1 Uhr 20 Minu ten, die Ankunft an der sächsischen Landcsgrenze in Elsierwerda um 3 Uhr 5 Mimuen, wo der sächsische Ehrendienst die hohen Herrschaften be grüßt. In Dresden, wo gleichfalls großer Empfang vorgesehen ist, trifft der Zug um 4 Uhr ein. Während des Dresdner Aufenthalts finden Gala- rind Familientafel, sowie ein gro ßes Hofkonzert und ein Ausflug nach Moritz bürg statt. Die Abreise eZolgt Montag, den 10. März, abends 10 Uhr nach München. Die Bermählung aur Kaiserhofe. Die Vermählung des Prinzen Ernst Au gust, Herzogs zu Braunschweig-Lüneburg, mit der Prinzessin Vittoria Luise ist für den 2 4. M a i in Aussicht genommen. An diesem Tage wird zugleich die silberne Hochzeit des Prinzen Heinrich und seiner Gemahlin an» Berliner Hose gefeiert werden. sich in der Chemnitzer „Volksstimme" gegen seine Berliner Parteigenossen in der Frage der Ge- denkfeier zur Erinnerung an die Befreiungs kriege. Daß die Berliner Sozialdemokraten die Beteiligung an der Feier abgelehnt haben, bil ligt Mehring, aber mit der Art dec Begründung ist er nicht einverstanden. Vor allem beanstan det er den Satz, daß die übergroße Mehr- heit des preußischen Volkes und der Berliner Bevölkerung keine Veranlassung habe, jener Zeit feierlich zu gedenken. Da zu bemerkt Mehring: „Das ist in solcher Allgemeinheit doch nicht richtig. Wir haben allen Anlaß, eh rend d'e s Heldenmutes zu g e d e n- k c n , womit sich vor hundert Jahren die Mas sen, namentlich auch in Berlin, gegen eine er drückende Fremdherrschaft erhoben haben. Ge wiß hat Napoleon eine Masse feudalen Unrats vom deutschen Boden gefegt, gewiß war seine Niederlage ein Siez der europäischen Reaktion, Vom Besuch des Königs von Dänemark i« Berkin. Kaiser Wilhelm. (X) nnd König LK »stian X. «ui der Fabri znm Schloß Anläßlich der Anwesenheit des Königs von Dänemark wurde gestern vormittag aus dem Bornstädter Felde bei Potsdam eine G c f e ch tS- übung gemischter Waffen abgchalten, - zu der die Potsdamer Garnison auSgerückt war. Der K ail s e r , in der Uniform des 1. Garde-Regi ments und der K ö n i g van Dänemark in der Uniform der 14. Husaren trafen, von Berkin kommend, gegen 10 Uhr an dem Gehölz in der Nähe der Artillerietaserne bei Nedlitz ein. Die Herren des Hauptquartiers, das dänische Gefolge und der Ehrendienst folgten in weiteren Aittow obsten. Die Führer stiegen sofort zu Pferde und ritten auf das Feld, gefolgt u. a. von dem kommandierenden General des Garde- kdrps, v.. Löwenfckdt. Punkt 10 Uhr fiel der erste Kanonenschuß vom Nuinenberge l)er, von wo sich die rote Partei entwickelte, während die blaue Partei von Nedlitz aus vorging. Es ent wickelte sich ein lebhaftes Gefecht mit Reiter attacke und Maschinengewehrfeuer und abgesesse- ger Kavallerie in Schützenlinie. Nach 11 Uhr endete das Gefecht, während dessen auch Flug zeuge und das Zeppelinluftschiff „.Hansa" über dem Bornstädter Felde erschienen. Der. Kaiser ritt darauf mit dem König an der Spitze des 1. Garde-Regiments zu Fuß in die Stadt Pots dam ein. Um 12^ Uhr trafen die Majestäten mit dem Regiment vor dem Regimentshause ein, wo Frühstückstafel war. Der König von Dänemark hat dm» Reichs kanzler Dr. v. Bethmann Hollweg den Elefantcn-Orden, dem Staatssekretär v. I a g o lv , dein Unterslaakssetretär Zimmer mann und dem deutschen Gesandten in Kopen hagen, Grafen Brockdorff-Rantzau, das Großkreuz des Danebrog-Ordens verliehen. Det König stattete nachmittags dem Reichs kanzler einen Besuch ab. «VE»««»» Neue Anleihen. ' Unter ' Führung det Reichsdank und der Königlichen Seehandlung (Preußischen Staats bank) gebildete Konsortien übernahmen von den Finanzvcrwalmngcn 50 Millionen Mark Reichs a n l e i h c und 100 Millionen Mark p r e u ß i- s ch e Staatsanleihe, beide Iprozentig usw/dis 1925 unkündbar. Die öffentliche Zeich 'MiNg findet am 7. März zum Kurse von 98,60 statt. Für Stücke, welche unter Sperrung bis 1,5. Januar 1914 in das Reichs- oder Siaats scknüdbuch eingetragen werden, beträgt der Zeich mmgspreis 20 Pfennige weniger. Ferner hat das unter Führung der Seehandlung stehende fo- getianntc Prcußenkonsortium 400 Millionen Ml. iprozentigc preußische Schatzanweisungen, fällig 1917, übernommen, die ebenfalls am 7. März zu, 99, Proz. zur Zeichnung aufgelegt werden. Die Besitzer von am 1. April 1913 fälligen Schatzanweisungen können diese zu pari in Zah jung .geben, sodaß sie 1 Mark Zuzahlung aus 1(D Mark erhalten. Die G-fchichtStröpfe vom „Borwärts", Vie sich vergebens die Finger wund schreiben, um das Jähr 1813 klein zu kriegen, müssen sich ' ieht ausgerechnet von einem der radikalsten ih ret radikalen Genossen, vom blutigen Mehring auf die Finger hauen lassen für ihre, wie die „Tägl. Rundsch." sägt, dummejungenhaften Su deleien und Albernheiten. Ausgerechnet Franz Mehring, der radikale Sozialdemokrat, wendet aber er hat die deutschen Lande und namentlich die ostpreußischen Provinzen so unbarm herzig aus gebeutet und unter drückt, daß die Erhebung dagegen ebenso be rechtigt war wie heute unsere Erhebung gegen die Ausbeutung und Unterdrückung des Kapita lismus, der ja auch seine revolutionäre Seite hat. Selbstverständlich ist dies auch die Mei nung unserer Fraktion in der Berliner Stadt verordnetenversammlung. Aber sie hat ihren Gedanken in mißverständlicher Weise ausgedrückt, in einer Weise, die von unseren Gegnern wirksam ausgebeutet werden kann. Wer in den osielbischen Hinterwäldern ausgewachsen ist, der weiß auch, wie tiefin der länd lichen Bevölkerung die Erinne rn ngen an die Landwehren von 18 13 wurzeln, und gar so leicht brauchen wir den junkerlichen Demagogen die Sache doch nicht zu machen." Die Hauptschuld an der Entgleisung schiebt Mehring dem „Vorwärts" zu, der hier die rich tigen Gesichtspunkte hätte entwickeln; müssen, aber gegenüber dieser Aufgabe wieder einmal versagt habe. In der Tat, der „Vorwärts" und seine Klippschüler haben sich selten lächerlicher gemacht als mit diesen» Abc-Schützm-Aufstand gegen die Weltgeschichte. Ms Lem Mslgnde. Herr Delcassee in Petersburg Von ihrem Petersburger Mitarbeiter erhallen die „L. N. N." folgende Meldung: Die Emen mmg des Herrn Tl)eophil Delcassee zum Bol schafter der französischen Republik an; Hofe zu St. Petersburg hat nicht nur in den sehr gro ßen Kreisen, die Wert auf die Erhaltung der freundnachbarkichcn Beziehungen zu Deutschland legen, Bestürzung hervorgemsen. Auch die Kreise der Ind n sl r i e und des Handels, die nun Befürchtungen für die Fortdauer der Hochkonjunktur hegen, sind k v n st e r n i e r t. Die Ueberraschuug isr um so größer, als erst vor wenigen Tagen der größte panslawistische Schreier, der Chefredakteur des „Regierungsbo ten" A. A. Baschmakow, abgesägr worden ist, und man aus dieser Tatsache erfahren mußte, daß die russische Regierung bestrebt sei, allen Komplikationen aus dem Wege zu gehen. In hiesigen politischen und diplomatischen Ltreisen ist man sich vollauf des u n g ü n st i g e n Ein drucks bewußt, den die Ernennung Delcassees in Deutschland Hervorrufen muß. Mit um so größerer Zustimmung wird die Ernennung von der deutschfeindlichen liberalen und chauvi russischen Presse begrüßt, während die konserva riven Blätter sich aufsälligcrweise noch nicht ge äußert haben. Dw ohnehin aufs äußerste ge spannte Stimmung in Petersburg hat nunmehr eine weitere Belastung erfahren. In der Stadl kursieren seit geraumer Zeil die beunruhigendsten Gerüchte) die durch gewisse Vorbereitungen, die trotz allen Bemühens nicht geheim gehalten wer den können, genährt werden. Allgemeine Wehrpflicht in England? Ob man in England dein französischen Bei spiel nacheisern will!- Fast scheint es so. Es sällr in London allgemein aus, daß in maßgebenden Kreisen sich plötzlich eine ausgesprochene Stirn mung für die allgemeine Wehr p s l.i ch t bemerkbar macht; so lriti der mstitäri sche Mitarbeiter der „Times" sehr energisch sm die Wehrpflicht ein, die 3 vis 4 Monaie um fassen soll. Da dieser Mitarbeiter gleichzeitig -im Krregsministerium lätig isl, so rechnet irran mit einem Ansichtswechsel in leitenden Kreisen. Bemerkenswert isl noch, daß die Universität Cambridge in Kürze die Bestimmung einführen wird, daß nur derjenige einen akademischen Grad erhalten soll, der in der Armee gedient hat. Eine -englische Frauenrechtlerin vor svem Schwurgericht. Frau Pankhu r sl wurde von; Polizeige richt in Epsom dem Schwurgericht überwiesen. Der öffentliche Ankläger hatte die Ungeheuer üchkeit des gegen das Haus Lloyd Georges ge richteten Anschlages betont, der der Anklage nach von unbekannten Personen verübt worden sei, die Frau Pankhurst dazu angestiftet habe. Frau Pankhurst weigerte sich, bis zu dem für Mai angesetzten Prozeß die Verpflichtung des Wohkverhaltens auf sich zu nehmen. Sie wurde daher ins Gefängnis abgeführt. Anarchie tu Meriko. Antwerpener große Handelshäuser erhalten Depeschen aus Meriko, welche die dortige völ lige Anarchie b e st ä t i g e n. Europäer und Amerikaner flüchten massenhaft nach der Küste. Die Hauptstadt Mexiko, sowie zahlreiche Provinzstädte sind fortgesetzt der Schauplatz von Unruhen. 85 O f f i z i e r e der Bundes - truppenarmee, die der Aufforderung, sich zum neuen Regime zu bekennen, nicht nachkamen, wurden erschossen. Oiö^elan Versammlung. Offizieller Bericht. Am Mittwoch, den 26. Februar, tagte vor niitags 9 Uhr in der Lehngrundschule zu Glau chau die diesjährige 43. Diözesanversammlung der Glauchautzr Ephorie unter Vor sitz des Herrn Superintendent Neumann, wozu geistliche mrd weltliche Vertreter aus allen Gemeinden erschienen waren. Nachdem der ein leitende Gesang verklungen, eröffnete der Herr Ephorns die Versammlung mit einem sich an Matth. 26, 36 anschließenden Gebet und be grüßte darauf die Erschienenen, namentlich die staatlichen, städtischen und schulischen Behörden, besonders innig aber den Vertreter des Ev.-luth. Landeskonsistoriums, den uns bekannten allbe liebten früheren Amtshauptmann, jetzigen Ge Heimen Konsistonalrat Freiherrn v. Welck. Darauf gab der Herr Ephorus den Jahresbericht 1911. In ihm findet sich Betrübendes und Erfreuliches und wurde als solches dankbar von der Versammlung zur Stär kung und Mahnung entgegengenommen. Er freulich ist die steigende Tendenz der Abend mahlsbesucher, die große Höhe der kirchlichen Liebesgaben (zusammen 64 612 Mk.). Betrü bend ist festzustellen, daß in der Ephorie wieder 11 Taufvcrweigernngen und 6 Trau