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Zlrntsblcrtt. - - ——— - - ——— , Ar. 39, Sonntag, den 16.-Februar 1913 Viertes Blatt. ArW MWslst. Olrotze Hvfsnungen setzten die Türken ans die Landung von Truppen an der Küste des Marmara »Meeres — Enver Beys geplanter kühner Streich ist vorbeigelungen! Die L a-n dungsversuche sind gescheitert, wie selbst die türkische Berichterstattung, die so gern alles in Rosa .malt, jetzt eingestehen mutz. Es hat den Truppentransporten unter Enver- Bey also auch die Unterstützung der Flotte nichts genützt, die mit ihren schweren Geschüt zen die Landung decken sollte. Die Transport schiffe sind nunmehr nach Gallipoli un lerloegs, ivo die Türken anscheinend einen neuen Angriff auf die bulgarischen Schanzen planen, die Ivie ein Riegel die engste Stelle der schma len Halbinsel Gallipoli bei Bulair abschlietzen. Ter erste Sturmangriff der Türken ist bekannt lich mit großen Verlusten abgeschlagen morden. Andererseits scheint aber auch die bulgarische Angriffslust, die so viele Erfolge gebracht hat, erschöpft zu sein. Und hier dürste der Grund allerdings in dem immer bedenklicher werdenden M a n n s ch a f t s m a n g e l zu suchen sein. Trotz aller Kämpfe und Verluste ist also die Kriegslage heute genau noch so wie bei Beginn der Feindseligkeiten. Aus Konstantinopel liegt nur folgende Meldung vor: Der erste Adjutant des Sultans begab sich nach T s ch a t a l d - s ch a, um den Truppen die Besriedigimg des Sultans über ihre Erfolge attszusprechen. Diese Erfolge bestehen bekanntlich darin, daß die Bulgaren 5 bis 10 Kilometer von der Tschataldscha-Lüiie z u r ü ck g e io i ch e n sind, was sie ihrerseits als Teil eines geheim nisvollen, aber sinnreichen Kriegsplanes bezeich net haben. Weiter meldet man aus Konstantinopel (über Konstantza) vom 14. Februar: Die t ll r- tischen M itzersolge lassen sich n i ch t m ehr ver h e i m l i ch e n. Die bei M i ? d i a gelandeten K anonen sind eine bnl - g a r i s ch e B e u t e. Die Kömmandaitten der sremden Kriegsschifse hielten eine Versammlung ad, um über die Maßregeln zu beraten, die bei etwaigen Unruhen getroffen werden sollen. Es wurde eine F r e i w i t I i g e n - M i l i z, dar unter viele Israeliten, zur Verteidigung der Stadt und Ausrechterhaltung der Ruhe und Ordnung geschaffen. Hakkis Mission umfaßt »eben den Friedensverchmdlmigen angeblich auch iveilere Konzessionen' an England hinsichtlich Bagdads. Die Verteidigung Adrianopels. In einem neuen Telegramm aus Adriano pel soll Schükri Pas ch a erklärt haben, er würde bis zur letzten Patrone kämpfen. Wenn er zur Kapitula tion gezwungen sei, würde er -z u e r st die Stadt e i n ä s ch e r u. Ein Strafgericht. Aus Athen meldet man: In Kvsani wurde der türkische Major Halil erschossen, weil e.r nach dem Rückzüge der türkischen Trup peu von Banitsa an der Spitze von Freischär ¬ lern Gewalttaten und Morde an Christen ver übt hatte. Beim Begräbnis wurden ihm mili tärische Ehren erwiesen. > Ein türkisches Schiff zum Sinken gebracht In Konstantinopel verlautet, daß das im Mannarameer bei Tscharköj gesunkene Schiff der Panzer Nr 41 der Bosporusge- sellschuft Schirket sei. Er soll von bulgarischen Geschossen getroffen worden sein. Es sei jedoch gelungen, den Dampfer anflansen zu lassen und alle Truppen zu retten. Der türkische Kreuzer „Hamidieh" in Mal a. Der türkische Kreuzer „H amidie h", der nach seinem Blockadebruch bei der Ausfahrt aus f den Dardanellen den Hafen von Syra beschos sen und dort einen kleinen griechischen Dampfer zerstört Hal, ist schließlich ins Note Meer einge lausen. Er hat dieses aber wieder verlassen und ist durch den Suezkanal wieder ins Mittel meer gelangt, was große Aufregung in griechi schen Schifsahrtskreifen hervorgerufen hat, weil man befürchtet, daß der „Hamidieh" Jagd auf die zahlreichen griechischen Handelsschiffe im Mittelmeer machen und wohl gar an der grie chischen Küste erscheinen wird. Das könnte, da die gesamte griechische Flotte vor den Darda nellen liegt, zeitweise recht unbequem werden. Nun ist der „Hamidieh" ganz unvermutet im Hafen von La Valetta auf Malta erschien Prinzessin Viktoria Luise und ihr Bräuti leuchtet, wird wohl jeden Beschauer des Bildes Braut und Bräutigam vergnügten sich während gefangen nehmen. Mehr Sonnenschein kann auf ihres Aufenthaltes in .Karlsruhe sehr viel mit > den Gesichtern zweier Liebender nicht ruhen! Spaziergängen. Hand in Hand sehen wir Prin zessin Vittoria Luise und ihren Verlobten auf einem Spaziergang in Begleitung des Prinzen Oskar. Das Liebesglück, das aus beider Augen gam Prinz Ernst August von Cumberland, die, wie unsere Leser wissen, am Donnerstag ihren Einzug in Berlin hielten, geben sich jetzt ganz den ersten Eindrücken ihres jungen Glüöks hin. . Ku* Verlobung im Luis' mit ihrem Bräutigam, d.« ^rtn^n Ernsl August, L.rzug zu Braun- ' und Luneburg auf einem Spaziergang in Karltkuy», Neben dem Brautpaar- Prinz O»!«r von Preu^ nen. Von dort wird gemeldet: Der türkische Kreuzer „Hamidieh" wurde hier nicht erwartet, er suchte wegen des Stur m e s in Malla Zu flucht. Obwohl es unmöglich war, irgendeine Auskunft zu erhalten, glaubt man, daß der „Hamidieh" nach dem Jonischen Meer geht und jedenfalls nicht wieder nach Konstantinopel zu- rückkehrt. Der „Hamidieh" muß, sofern er keine Beschädigungen erlitten hat, binnen 24 Stunden Malta verlassen. Es ist wohl anzunehmen, daß einige grie chische Kriegsschifse schleunigst zur Verfolgung des „Hamidieh" abgeschickt werden. Serbische Lruppensendungen nach Adrianopel Der serbische Ministerrat beschäftigte sich mit dem neuerlichen dringenden Verlangen der bulgarischen Heeresleitung, zwei weitere serbische Divisionen Hilfstruppen nach A drin nopel zu entsenden. Der Mnisterrcu Hai aber noch nicht zuge st i m m t , diese Hilfeleistung Bulgarien zu gewähren, well Ser bien noch keine ausreichenden Garantien dafür erhalten hat, daß Bulgarien seine territorialen Forderungen anerkenne. Die nationalistischen Kreise fordern sogar dringend den Rücktritt des Ministeriums Pasitsch, weil es nicht verstehe, die Interessen Serbiens zu wahren. Pariser Mißstimmung Die Pariser öffentliche Meinung und ein Tei! der führenden Blätter äußern lebhafte ll n z u s r i e d e n h e i t mit B u l g a r i e » wegen der Weigerung, die in Adrianopel lebenden Franzosen ausziehen zu lassen. Die bulgarische Antwort, die auf die Pariser Belagerung von 1870 hinweist, wird als Taktlosigkeit bezeichnet, wobei na türlich neue Angriffe und Verleumdungen gegen Bismarck unterlaufen. Man erwartet aus das Bestimmteste, Bulgarien werde schließlich noch mrchgeben. MM I» Mei Ser UMM. Einen Lichtblick in die mexikanischen Wir ren brachte die gestrige Drahtnachricht, daß das Feuer aus beiden Seiten und auf der ganzen Linie eingestellt worden sei. Die Ruhe hat aber nicht lange angehalten. Denn bereits liegen wieder eine ganze Reihe Meldungen vor, nach denen die Schlacht auss neue bego n- n e n hat. Es handelt sich bei diesen Kämpfen zunächst darum, ob Diaz oder Madero an das Ruder kommen. Das Haupt der revolutionären Partei ist General Felix Diaz, der bei den Kämpfen, die in der Stadt Mexiko wü ten, nach den letzten Meldungen einige Vorteile errungen hat. Er wurde mit Gewalt aus dein Gefängnis befreit und griff dann den Präsiden ten Madero in seinem eigenen Palast an. Er richtete aber auch ein furchtbares Feuer gegen die Stadl, dehnte die Gefechtszone aus und schickte seine Truppen gegen den Palast. Felix Diaz strebt die Präsidentschaft in der Republik an. ' II I MWWW! Originalroman von H. Courths- Mahler - ULI (Nachdruck onbottr.f r „Nur zu gut kann ich Dich verstehen, liebste Mama. Und ganz offen, wenn meine Söhne seck>s bis acht Jahre älter wären, möchte ich sin so schönes Geschöpf, wie dieses Fräulein Soujd, nicht im Hause haben." „Daran tätest Du recht", seufzte di? alte Danie. „Wie oft habe ich bereut, daß ich Dir damals in der jungen Deutschen eine so schöne Gesellschafterin gab. Ich bin heute noch fest da von überzeugt — wenn sie nicht ins Haus ge kommen wäre, lebte mein Sascha heute noch." Tatjana sah sinnend vor sich hin. „Vielleicht, Mama — wer kann es wissen. Aber wie es auch sein mag, die arme Elisa konnte auch nicht dafür, daß sie Saschas Schick sal wurde. Er ist ja auch das ihre geworden. Sie hatte übrigens ebenso schönes, goldenes Haar, wie Deine neue Gesellschafterin. Es war kaum ein Wunder, daß sich Sascha so sehr in sie verliebte. Was Mag aus ihr geworden seiü?" , Maria Petrownas Gesicht nahm einen har lei, Ausdruck an. „W?r weiß! An gebrochenem Herzen ist sie sicher nicht gestorben. Sie. hat sich jedenfalls sehr schnell mit einem andern getröstet." „Liebste Mama — Du bist sonst so gut — - aber über die arme Elisa hast Du immer zu tMt geurteilt. Ich habe sie besser gekannt als Du; sie Ivar ein edles, gutes Geschöpf. Was konnte sie dafür, daß -sie Sascha liebte Und von ihm geliebt wurde? Sei nicht ungerecht in Dei-' nem Schmerz." ' „Ungerecht — nein, Tatjana --7 . das bin ich nicht. Wenn sie wirklich so gut und edel ge wesen wäre, dann hätte sie nicht kurz nach Sa schas Tode die Entschädigungssumme abgehoben, die ihr Dein Vater geboten und die sie nur so lange verschmähte, als sie glauben konnte, Sa scha dennoch zu einer Heirat bewegen zu kön nen. Nur um ihn zu betören, spielte sie die Uneigennützige. Sobald er tot war, raffte sie die Summe an sich." Tatjana blickte überrascht auf. „Davon wußte ich nichts", sagte sie unange nehm berührt. „Papa hat es mir auch erst viel später ge sagt", erwiderte die Fürstin. Tatjana schüttelte den Kops. „Daß paßt mir nicht zu Elisas Bild, wirk lich nicht. Ich begreife das nicht. Vielleicht war sie in großer Nott Wir wollen nicht mit ihr rechten, liebe Mama." Die alte Dame seuiszte. „Ich mutz immer wieder denken, datz sie die unmittelbare Ursache ist, datz ich meinen Sohn so früh und aus so furchtbare Weise verlieren mutzte. Aber lassen wir dies Thema, meine Tatjana. Wie sehr sreue ich mich, Euch alle wiederzusehen. Michael und Dimitri sind wahr haftig wieder ein ganzes Stück gewachsen, seit Ihr diesen Sommer in Kalnoky wart. Michael ist ja seines Vaters Ebenbild. Aber Dimitri zeugt deutlich den Einschlag des Kalnokyschen Blutes. Sie werden beid4, ehe Du es Dich ver siehst, Männer sein." „Ja, Mama. Gar schnell schwindet die Zeit. Und lange gehören sie mir nicht mehr allein. Aber das ist ja das Los der Mütter. Ob man Söhne oder Töchter hat, das Leben fordert sie uns beide wieder ab, sobald sie flügge gewor den sind." Die Unterhaltung wandre sich nun Allge meinem zu. Tatjana berichtete von ihrem Pa riser Leben und von der Gesellschaft. „Kürzlich war auch die Grotzfürstin Anna Paulowna einige Zeit in Paris, Mama." „Ich las davon in den Zeitungen, Kind. Bist Du mit ihr zusammengetroffen?" „Ja, einige Male. Sie ist noch stolzer und herrischer wie früher. Kinder besitzt sie nicht. Und sehr glücklich scheint sie mit ihrem Gemahl auch nicht zu sein." Maria Petrowna nickte. „Das war vorauszusehen; sie nahm seine Bewerbung ohne Liebe an. Ihr Herz gehörte einst meinem Sohne, das Weitz ich." Tatjana brach dies Gespräch ab, und um die Mutter abzulenken, fi-agte sie: „Wie geht es mit Deinem rheumatischen Kni,?, Mäma? Hast Du in letzter Zeit viel Be schwerden gehabt?" „Nicht mehr, als zu ertragen war, Kind. Mit solchen Gebrechen des Alters mutz man sich abfinden." Sie plauderten noch, als Fürst Sogaress mit seinen Söhnen vom Spazierritt zuriickkam. Bald darauf nähmen sie alle zusammen den Tee in Tatjanas Salon. Während sie angeregt nach der langen Tren nung plauderten, kamen sie auch auf die neu? Gesellschaftsdame Maria Petrownas zu sprechen. „Denke Dir, Wladimir, die junge Dame heißt Zufällig Roschnow." Wladimir Sogaresf sah seine Gattin lächelnd an. „Also noch eine neue Aehnlichkeit mit Dir", scherzte der Fürst. „Aehnlichkeit mit mir?" fragte Tatjana ver ständnislos. Wladimir lachte. „Ist es Dir noch nicht ausgefallen, liebe Mama, daß Fräulein Roschnow dieselben Augen wie Tatjana hat, in Forni und Ausdruck? So gar dieselben, ganz eigenartig gezeichneten Brauen wie Tatjana besitzt sie. Das Auffallendste aber ist, daß sie genau dasselbe Lächeln im Gesicht hat, wie meine Frau. Mir fiel das sofort auf: denn Tatjanas Lächeln, an dem Mund und Au gen in gleicher Weise beteiligt sind, habe ich bisher in keinen« anderen Frauenantlitz gefun den." Mutter- und Tochter sahen einander an, als seien ihnen Schuppen von den Augen gefallen, nnd Tatjana lachte herzlich auf. „Wie komisch, Mama! Da haben wir zwei uns nun den Kopf zerbrochen, was uns an der jungen Dame ausgefallen ist. Wladimir hat es sofort herausgesundem" Maria Petrowna nickte lebhaft. „Recht Hirst Du, Wladimir — jetzt weiß ich es mit einem Male. Natürlich — an Tatjana hat sie mich gleich beim er-sten Anblick erinnert. Deshalb kam mir ihr Gesicht so vertrant vor. Es ist mir wirklich eine Erleichterung, daß ich das weiß. Ich konnte mir gar nicht erklären, was Mich an dem jungen Mädchen so seltsani fesselte." Tatjanas beide Söhne, Michael und Dimi tri, sahen sich lachend an. Dann sagte Michael vergnügt: „Dimitri und mir ist das auch gleich ausge fallen. Wir haben unterwegs schon mit Papa davon gesprochen." „Wie — so groß ist die Aehnlichkeit, datz sie Euch allen nufsällt?" ries Tatjana verwundert. „Nun, da mutz ich mir dies Fräulein Rosck