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aus, der aber glücklicherweise nur die Schulter der Verbrecher ein eifriger Leser von Schund- — Königsbrück, 10. Febr. Einen Mord anschlag verübte der 17 Jahre alte frühere Für sorgezögling und jetzige Töpferlehrling Hans Lichtenberg auf seinen Meister, den Töpfermei ster Otto Brückner. Nachdem die Gesellen nach 6 Uhr die Arbeitsstätte verlassen hatten, arbei tete der Meister noch mit Lichtenberg. Plötzlich überfiel der Lehrling den Meister hinterrücks mit einer Tonhacke lind schlug nach dem Kopfe des gelang es den herbeigeholten Schutzleuten, die Ursache des Unglückssalles noch nicht genau Schiffner zu überwältigen und zu verhaften, festgestellt werden. Er soll die Lat aus Rache ausgeführt haben, i — Naundorf b. Oschatz, 10. Febr. Am Sonntag morgen wurde auf der Landstraße zwischen Stennschlltz und Zeicha der Nachtwäch ter August Döring, in einer Blutlache liegend, schwer verletzt aufgefunden. Neben ihm lag ein zertrümmerter Handwagen. Döring sollte wäh rend der Nacht zu einem Bockbierfeste in Stenn schütz neues Bier herbeiholen und ist, wie an genommen wird, in der Dunkelheit von einem Automobil überfahren worden. Da der Ver letzte noch nicht vernehmungsfähig war, konnte traf. Ter Ueberfallene ergriff hierauf, um Hilfe rufend, die Flucht. Der Mordbube folgte ihm mit der Hacke, warf diese dann weg und würgte den Meister am Halse, uni ihn ani Schreien zu verhindern. Schließlich drängte er ihn mit al ler Gewalt nach deni Brennofen zu. Jedenfalls wollte er sein Opfer in die vor dem Ofen be findlick'.e Grube werfen. Der Meister wehrte sich mit aller Kraft, so daß der jugendliche Verbre cher schließlich in wilder Hast die Flucht ergriff, nur mit Hemd und Hosen bekleidet und bar- Meisters. Als der Meister getroffen zurücktau- füßig. Der Mordbnbe konnte im Schützenhaus melte, holte Lichtenberg zum zweiten Schlage verhaftet werden. Es stellte sich heraus, daß literatur gewesen ist, die er sich meist von aus wärts besorgte. Psikert IS Pfennicz M We m IW! Originalroman von H. C o u r t h s - Mahler. 611 (Nachdruck verboten.» Die Fürstin betrachtete die junge Dame wie der voll Interesse. „Welch' ein reizendes, anmutiges Geschöpf — wie vornehm und sicher in ihrem Wesen", dachte sie, und laut fuhr sie fort: „Und Ihre Eltern leben hier in Berlin?" Es drängte sie, niehr über dies Mädchen zu erfahren. „Nein, Durchlaucht — meine Eltern sind beide tot — ich stehe ganz allein in der Welt", erklärte die junge Dame. „Ach — wie traurig — so jung und schön und schutzlos. Nicht wahr, Sie sind noch sehr jung?" Die junge Dame errötete leise. Es kam woU vor, daß eine Käuferin sie in eine flüchtige Unterhaltung zog, aber in den Worten der alten Fürstin lag eine warme Teilnahme; die sie be rührte. „Ich bin neunzehn Jahve alt, Durchlaucht." „Neunzehn Jahre — fast noch ein Kind", sagte die Fürstin leise. Die junge Dame lächelte mit einem dank baren Ausdruck. Fürstin Maria Petrowna zuckte unmerklich zusammen. Dieses Lächeln — wo hatte sie die ses Lächeln schon gesehen? Voll unerklärlicher Erregung blickte sie in die großen, leuchtenden Mädchenaugen. Size schienen ihr so merkwürdig bekannt und vertraut. Nachdenklich war der Gesichtsausbruck der alten Dame. Selten halte sie ein Mensch aus den ersten Blick so sympathisch berührt, wie diese kleine Verkäuferin. Es schien ihr selber unfaß bar. Gedankenlos wählte sie ein Schmuckstück aus und verlangte dann, noch anderes zu sehen. Bereitwillig legte ihr die junge Dame vor. Eine Weile sprachen sie beide nicht. Dann sagte die Fürstin plötzlich au» tiefen Gedanken heran» „Ist Ihre Beschäftigung hier sehr angenehm, mein Fräulein?" Die Verkäuferin lächelte. Und wieder war die Fürstin entzückt und angeheimelt durch die ses sonnige, lebensfrohe Lächeln. „Ich bin zufrieden, Durchlaucht. Wenn man arm ist und sich sein Brot verdienen mutz, darf man nicht sehr wählerisch sein. Im Anfang schien es mir manchmal nicht leicht — aber jetzt habe ich mich eingewöhnt." , „Sie sind noch nicht sehr lange hier, nicht wahr? Vor einem Jahre hatte man hier noch keine Verkäuferin, die russisch sprechen konnte." „Eure Durchlaucht haben recht. Ich bin seit zehn Monaten in dieser Stellung und wurde ge rade wegen meiner Kenntnis der russischen Sprache hier engagiert, obwohl ich für den Po steri zu jung und unerfahren erschien. Ich hoffe jedoch, daß der Chef jetzt mit mir zufrieden ist." Maria Petrowna sah lebhaft aus. „Sie scheinen mir zu schade für einen sol chen Posten. Anscheinend haben Sie eine sehr gute Erziehung genossen. Fand sich keine pas sendere Stellung für Sie? Verzeihen Sie meine Fragen. Aber Sie interessieren mich, vielleicht, weil Sie russischer Abstammung sind, vielleicht auch nur, weil mich Ihr Wesen und Ihr Aeu- ßeres sympathisch berühren. Jedenfalls haben Sie vom ersten Augenblick an meine Teilnahme erweckt. Ich meine, für Sie müßte es noch eine andere Lebensstellung geben, als die einer Verkäuferin." Die junge Dame empfand auch ihrerseits ein großes Interesse für die vomehme, gütige Da me. Sie blickte diese offen und ehrlich an. „Ich mußte nach dem Tode meiner Eltern für mich allein einstehen, Durchlaucht. Das Gna denbrot bei Verwandten zu essen, war ich zu stolz und zu selbständig, wenn es mir auch in der liebevollsten Weise geboten wurde. Ein klei ner Notpfennig, der mir blieb, soll für solche Tage unangetastet bleiben, wo ich alt und krank :bin. Jetzt bin ich jung und gesund und kann arbeiten. Ich habe mich auch um andere Stel len bemüht. Aber zur Erzieherin selüte mir das Examen, als Gesellschafterin wurde ich ohne Zeugnisse und Empfehlungen nicht engagiert, auch sonst schlug mir manches fehl. Und da fand ich eines Tages eine Annonce in der Zei tung, worin man eine junge, gebildete Dame aus guter Familie mit guten Sprachkenntnissen, hauptsächlich des Russischen mächtig, suchte. Da ich außer deutsch und russisch auch französisch, englisch und italienisch spreche, meldete ich mich. Das hohe Gehalt lockte mich — und so kam ich hierher in diese Stellung." Die Fürstin hatte aufmerksam zugehört. „Und sind Sie nun so zufrieden mit Ihrer Stellung, daß Lie dieselbe nicht mit einer an deren vertauschen möchten?" fragte sie hastig. „Mit einer besseren, zusagenderen wohl; aber Eure Durchlaucht dürfen mir glauben, daß es nicht leicht ist, eine solche zu finden." Maria Petrowna wählte wieder mechanisch eins der ihr vorgelegten Schmuckstücke und legte es zu den bereits ausgesuchten. Dann sagte sie plötzlich hastig und halb laut: „Ich suche schoi» seit langer Zeit eine junge Dame, die mir Gesellschaft leistet, mir vorliest, Briefe schreibt und mich auf meinen Reisen be gleitet. Meist lebe ich auf meinen Gütern — im Winter in Petersburg — und kann mich nur schwer an fremde Gesichter in meiner Umgebung gewöhnen. Aber Sie würden mir sogleich zu sagen. Sie sind mir ganz merkwürdig sympa thisch, wie sonst nicht leicht ein fremder Mensch. Es mag wunderlich klingen und ist auch wunder lich — vom ersten Augenblick habe ich eine Zu neigung zu Ihnen gefaßt. Sie würden mir eine angenehme Gefährtin sein. Hätten Sie Lust, Ihre Stellung hier aufzugeben und in mein Haus zu kommen?" Die junge Dame war vor freudiger Ueber- raschung sehr rot geworden. „Eure Durchlaucht sind so gütig — aber! das kommt mir so überraschend, daß ich mich im Augenblick nicht entscheiden könnte." „Das sollen Sie auch nicht. Ich werde Jh nen Referenzen aufgebeu. Man geht nicht ohne weiteres mit ins Ausland, wenn man jung und schon ist. Ich will nur noch bemerken, daß ich Ihnen gern dasselbe Gehalt zahle, das Sie hier beziehen und dazu völlig freie Station." Die junge Danie atmete tief auf. Das war allerdings ein äußerst verlockendes Angebot. Und so überraschend es kam, die aristokratische alte Danie mit dem edlen, gütigen Wesen flötzte ihr großes Vertrauen ein. Trotzdem war sie klug genug, einzusehen, daß bei einem Engagement ins Ausland Vorsicht geboten war. Aber hatte ihr die Fürstin nicht selbst Referenzen angeboten? „Eure Durchlaucht sehen mich fassungslos", sagte sie leise. „Dies Angebot ist außerordentlich verlockend. Aber ich müßte es mir dennoch erst überlegen." „Selbstverständlich. Wir müßten auch erst alles in Ruhe besprechen. Wollen Sie mich in meinem Hotel besuchen?" - „Gern, wenn Eure Durchlaucht gestatten. Aber ich könnte nur außerhalb der Geschäfts- stnnden kommen — oder am Sonntag." „Gilt, gilt — morgen ist Sonntag, nicht wahr? Ja — kommen Sie morgen zu mir." „Um welche Zeit befehlen Eure Durchlaucht?" „Paßt es Ihnen um zwölf Uhr?" „Gewiß, Durchlaucht!" „Schön, ich erwarte Sie um zwölf Uhr. Und hier, diesen Ring, den will ich auch noch." Sie schloß nun ihren Kauf ab, und die junge Dame legte mit unsicheren Händen die gekauften Schmuckstücke in passende Eturs. Sie war viel erregter, als sie zeigen wollte. Dieses günstige Angebot war eine Lebensfrage für sie. Dasselbe Gehalt wie bisher, dazu freie Station und ein jedenfalls sehr angenehmes Leben mit dieser vornehmen, gütigen Frau — das war ein großer Gliickssall. (Fortsetzung folgt.)