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Hohenftem-Ernstthaler Tageblatt Amtsblatt Nr. 38. Mttwoch, den 12. Febmar 1S13 Zweites Blatt. Deutscher keichstsg- Sitzung am 10. Februar 1913. Die Wahl des Abg. Held (Natl.) tvird für gültig erklärt, die Wahl des Abg. v. Liebert lRp.) b e a n st a n d e t und so dann die Beratung des I u st i z e t a t S fort gesetzt. Abg. Dr. Ab laß (Vp.): Die Generali sierung in der Rede des Dr. Cohn, der die deutsche Rechtspflege als Klassenjustiz hinstellte, müssen auch wir mit aller Entschiedenheit zu rückweisen. (Beifall.) Aber wer sich gegen ein seitige Kritik verwahrt, mutz sich selbst vor Kri tik hüten. Ein Landgerichtsrat hat aus Anlatz eines freisprechenden Schwurgerichtsurteils von Rechtsbeugung durch die Schwurgerichte gespro chen. Der Redner wendet sich dann gegen die Forderungen des Zentrumsredners, in künst lerischen Angelegenheiten vor Gericht weniger als bisher Sachverständige heranzuziehen. Rich terliche Mißgriffe müßten vermieden werden. Deshalb kann man in künstlerischen Fragen Sachverständige nicht entbehren. Erfreulich ist, daß die Frage der Einführung eines autzerge- richtlichen Zwangsvergleichs von neuem ernst lich geprüft werden soll. Das Treiben der gei steskranken Verbrecher wird immer gefährlicher. Ein bedeutender Mitzstand ist das Gebaren von großstädtischen Geschäften, die das platte Land mit ihren Agenten abgrasen und den geschäfts kundigen kleinen Leuten unter den unglaublich sten Vorspiegelungen Waren aushängen. Der ständige Konflikt zwischen Aerzten und Kranken kassen erfordert dringend die Beachtung des Reichsjustizamts. Das Ministerium des Innern hat die Polizeibehörden angewiesen, die Amts gerichte darauf aufmerksam zu machen, daß sie den Deutschen Aerztevereins-Bund nicht eintra gen sollen. Wenn das allgemeine Verwaltungs praxis sein würde, so würden wir allmählich zu einem Zustand vollständiger staatlicher Auf lösung gelangen. Das ist ein unglaublicher Ein griff in die richterliche Unabhängigkeit. Der preußische Minister des Innern ist die allerletzte Instanz in Preußen, Richtern Rechtsbelehrung zu erteilen. Das ist die alte KabineWjustiz. Der Bund der Landwirte ist eingetragen. (Hört, hört! links.) Dabei ist er eine politische Ver einigung. Genau so ist es mit dem Reichsver band gegen die Sozialdemokratie. Außer diesen beiden ist kein einziger politischer Verein in das Vereinsregister eingetragen. Dieses Ver halten der Verwaltungsbehörden ist eine Mit wirkung contra legem, das muh das Vertrauen zur Justiz untergraben. Es darf nicht dazu kommen, daß man sagt, der Richter ist nur sei ner eigenen Ueberzeugung und der Einwirkung der preußischen Verwaltungsbehörden verant wortlich. Vor dein Gesetz müssen alle Bürger gleich sein. (Beifall links.) Staatssekretär Dr. Lisco : Die Frage der zivilrechtlichen Behandlung von Geschäften von Geisteskranken wird eingehend geprüft wer den. Beim Aerzteerlaß des Ministers kommen die 8 8 21 und 22 des B. G. B. in Betracht. Nach § 21 wird ein Verein, dessen Zweck auf wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben beruht, nicht eingetragen. Nach 8 22 kann er eingetragen werden, wenn der Zweck auf dem wirtschaft lichen Geschäftsbetriebe beruht. Der Minister! des Innern steht auf dem Standpunkt, daß die Vereine unter den 8 22 fallen. Vielleicht ist es nicht richtig, aber eine juristische Ueberzeugung kann er doch haben. (Heiterkeit.) Der Betref fende hat eben ein Beschwerderecht. Wo liegt denn ein Eingriff des Ministers des Innern vor? Abg. v. Trampczyuski (Pole): Preußen verletzt seit 190-1 systematisch das Ge setz über die Freizügigkeit. Wir sollten einmal den Ministern das Gehalt sperren. Der Kampf gegen die Polen sollte wenigstens vor den Tü ren der Gerichte Halt mack)en. Abg. Landsberg (Soz.): Die Entla stung des Reichsgerichts darf nicht etwa durch eine abermalige Erhöhung der Revisionssumme erreicht werden. Dagegen müssen wir uns schon heilte verwahren. Den widerwärtigen Verbrechen der Zuhälter und Kuppler kommt man nicht durch Prügel bei, sondern dadurch, daß man die soziale Lage der erwerbstätigen Frauen ver bessert. Die nationalliberale Resolution über das Vorkaufsrecht der Gemeinden erscheint als Verlegenheitsgesetzgebung bedenklich. Ein Gesetz gegen die Schundliteratur könnte annehmbar sein, wenn wir nicht immer befürchten müßten, ^daß seine Handhabung gerade bei preußischen Behörden zu schlimmen Konsequenzen führen' mutz. Die Entschädigung für unschuldig erlit-! tene Untersuchungshaft ist viel zu gering. Die Mahnung, der deutschen Justiz Vertrauen ent- gegenzubvingen, können wir nicht folgen. Wir erheben nicht den Vorwurf wissentlicher Rechts beugung gegen die Richter. Das beste Sprung brett fiir den Richter ist aber heutzutage Schärfe in gewissen politischen Prozessen. Abg. Bolz (Ztr.): Es werden immer einzelne unverständliche Urteile Vorkommen; dar aus kann man aber noch nicht den Vorwurf der .Klassenjustiz adleiten. Das Gesetz über die Ge sellschaften in. b. H. muß einer Revision unter zogen werden. Das Haus trertagt sich. — Schluß 6^ Uhr. — Morgen 1 Uhr: Kurze Anfragen, Abstim mungen über zurückgestellte Resolutionen, Ju stizetat, Petitionen. Sächsisches. Hohenstein tKrnstthal, 11 Februar Ivl3 — Die 43. D i ö z e s a n v e r s a m m - lung der Ephorie Glauchau findet Mittwoch, den 26. Februar, vormittags 9 Uhr in der Aula der Lehngrundschule zu Glauchau statt. Auf der Tagesordnung steht der Bericht über die kirchlichen Verhältnisse der Ephorie im Jahre 1911, erstattet durch den Ephorus, Herrn Superintendent Neumann, und der Bericht über diejenigen Zweige christlicher Liebestätigkeit, zu denen die Kirchenvorstände der Ephorie sich ver bunden haben, nämlich: a) über die Tätigkeit des Rezeßherrschaftlich Schönburgischen Zweig-- Vereins der Gustav Adolf-Stiftung; l>) über die Evangelische Gemeinde Dux in Böhmen, deren teilweise Pfarrbesoldung die Ephorie Glauchau mit je 1800 Mk. auf weitere 5 Jahre übernom men hat (1912—1916); <) über die Tätigkeit des Vereins zur Fürsorge für Entlassene (Druck bericht des Vorsitzenden Herrn P. Ludewig in Glauchau); ä) über die Tätigkeit des Fürsorge vereins sür hilfsbedürftige Taubstumme (Be richterstatter: Herr P. Rau in Glauchau). Herr Pfarrer Auerswald in Thurm wird über das Thema: „Was haben wir an unserer Lan deskirche und was erwarten wir von ihr?" und Herr Direktor Ahlmann aus Paris über die „Erlebnisse aus der Arbeit unter deutschen Glau bensgenossen in Frankreich" sprechen. — Limbach, 10. Febr. Der anläßlich der 400 Jahr-Feier der Stadt Hohenstein Ernstthal gegründete Verein „Ehem. Hohenstein-Ernsttha ler" in Limbal veranstaltete am Sonnabend irr Kühns Gasthof ein Fastnachtsvergnügen, das seitens der Mitglieder wie auch von Gästen stark besucht war und einen sehr schönen Verlaus nahm. Ten Mittelpunkt des Festes bildete, nachdem der Vorstand Herr Paul Förster die Erschienenen begrüßt hatte, die Uebergabe des von der Stadt Hohenstein-Er. dem Verein zur Erinnerung an die Vaterstadt gestiftete, künst lerisch ausgeführte, in schönem Eichenrahmen ge faßte Stadtwappen seitens des Herrn Lands mann Ortsrichter Karl Krüger. Für diese dein Verein erwiesene Ehre gab man allgemein herz liche Freude zum Ausdruck und wird das Wap pen einen Ehrenplatz in dem Pereinszimmer einnehinen. Die Waldenburger Landsmann schaft, welche auch in großer Anzahl erschienen war, wurde voni Vorstand im besonderen herz lich begrüßt mit dem Hinweis einer gegenseiti gen Interessengemeinschaft, die in der Liebe und Treue zur Vaterstadt gipfelt. Glauchau, 10. Febr. In der Eich- hornschen Streitsache, die bekanntlich in erster Instanz zugunsten des Klägers Herrn Privatier Eichhorn entschieden worden ist, hat die unter legene Stadtgemeinde Glauchau unmittelbar vor Ablauf der gestellten Frist beim Königl. Ober landesgericht Dresden Berufung gegen das Ur teil eingelegt. Die Verhandlung findet am 6. März d. I. statt. — Oschatz, 10. Febr. Gestern überfiel der Maurer Schiffner seine 50 Jahre alte Stiefmut ter in ihrer Wohnung und versuchte sie mit ei nem Hammer niederzuschlagen. Auf die Hilfe rufe der schwer verletzten Frau eilte der Stief vater herbei, der von dem Schiffner ebenfalls mit dem Hammer bedroht wurde. Schließlich flüchtete der Täter in eine Kammer und ver schloß sie von innen. Nur mit großer Mühe