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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.01.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-191301042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19130104
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19130104
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-01
- Tag 1913-01-04
-
Monat
1913-01
-
Jahr
1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.01.1913
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Marschalls Nachfolger in Konstantinopel. Mit Wangenheims Ernennung zum Staatssekretär ist, wenn nicht unvermutet noch eine andere Ent scheidung getroffen wird, zu rechnen. Wir möchten dazu bemerken, daß das Deut sche Reich mit den Herren, die dem Kaiser per sönlich sehr nahe standen, als Staatssekretäre des Auswärtigen keine glänzenden Geschäfte gemacht hat. Wir brauchen nur an die Herren v. Lschirsch- th und v. Schön zu erinnern, die schon nach einigen Wochen ihre Amtszimmer in Berlin ver ließen, da sie ihrer Stellung nicht gewachsen warn, oder sich in ihr nicht wohl fühlten. Ob Herr v. Wangenheim hier eine Aus nahme macht, entzieht sich unserer Kenntnis. Bis jetzt ist er noch nicht in besonderer Weise hervorgetreten. Das Privatvermöge»» in Lachsen Das Privatvermögen in Sachsen hat nach der neuesten amtlichen Statistik einen günstig hohen Entwicklungsstand erreicht. Das bewegliche Prioat-Reinvermögen, soweit es der Ergänzungssteuer unterliegt, beziffert sich bei der sächsischen Bevölkerung auf insgesamt 9,3 Milliarden Mark, d. s. 1959 Mart aus den Kopf der Einwohner. Insgesamt versteuern 125 804 eingeschätzte Personen ein Vermögen von über 12 000 Mk., und zwar 44 699 Personen 12 000 bis 20 000 Mk., 45 978 Personen 20 000 bis 50 000 Mk., 18282 Personen 50 000 bis 100 000 Mk., 14 534 Per sonen 100 000 bis 500 000 Mk., 1498 Personen 500 000 bis 1000 000 Mk. und 813 Personen über 1000000 Mk. Unter den 813 Millionä ren in Sachsen befinden sich 38 echte Multimil lionäre mit mindestens je 5 Millionen Mark und insgesamt 279 Millionen Mark, so daß im Durchsnitt auf den einzelnen 7,3 Millionen Mk. kommen. Rechnet rnan zu dem beweglichen Privat- Reinvermögen von 9,3 Milliarden Mark noch den gesamten Wert an Grundstücken und Gebäuden, der nach privaten Untersuchun gen sich aus etwa 6 Milliarden Mark beläuft, so ergibt das mit Einschluß von etwa 1:5 Millarden Mark Einlegerguthaben an Sparkassen mindestens 16 bis 17 Milliarden Marl Gesamt-Privatvermögen. Diese Riesen- iumme dürfte sich nach den Ansichten erfahrener Statistiker schwerlich in ganz Europa, im Ver hältnis zur Einwohnerzahl Sachsens gerechnet, wieder finden. Bei nur 3prozentiger Verzinsung würde die Summe rund 500 Millionen Mark cinbringen. . 3«m Vordringen des Polenlnms in Dresden, wie er sich in der schon gemeldeten Einführung polnischen Gottesdienstes in der Dresdener Hofkirche dokumentiert, ver- öftenllicht die Ortsgruppe Dresden des Deutschen Oftmarkenverbandes folgende Mitteilung: „An der katholischen Hofkirche in Dresden wird am 1. Januar 1913 mit königlicher Ge nehmigung eine n e u e K a p l a n st e l l e er richtet, der Inhaber dieser Stelle erhält den be sonderen Auftrag, in Dresden und dessen wei terer Umgebung (bis Riesa, Radeberg, Sebnitz) an Sonn- und Feiertagen und deren Voraben- d« «m den polnisch-katholischen Sachsengängern die Seelsorge in polnischer Sprache auszuüden. Es heißt zwar, daß es sich dabei nur um allgemeine Belehrungen und auf das Notwendigste beschränkte Ansprachen handeln soll, nicht um polnischen Gottesdienst. Für je den aber, der die Geschichte der Kämpfe mildem Polentum kennt, ist es nicht zweifelhaft, daß die ser erste Schritt dazu führen soll, der polnischen Sprache in unserem Sachsenlande ein Heimats recht zu erwerben. Trotz aller Ableugnungen wird sich bald ein wirklicher polnischer Gottes dienst aus diesen Anfängen herausbilden. Dann wird dem Recht auf polnische Sprache in der Kirche bald die polnische Schule fol gen, und wir erhalten bei uns, im Herzen des Deutschen Reiches, eine polnische Sprachen insel, wie sie in Westsalen bereits zur vaterlän dischen Gefahr geworden sind. Daraus aber wird sich noch weiteres ergeben. Das den Po len zugestandene Recht werden sofort auch die zahlreichen hier wohnenden Tschechen für sich be anspruchen, und unser Sachsenland wird so schließlich zu einem Sammelpunkt pan - slawistischer Bestrebungen werden. Der Rat der Stadt Dresden ist über diese An gelegenheit vom Kultusministerium gutachtlich gehört worden und hat sich aus' ähnlichen Grün den entschieden gegen die Anstellung eines polnischen Kaplans ausgesprochen; seine Stimme hat aber beim Kultusministerium keine Be achtung gesunden. Da der Landtag jetzt leider nicht mehr angerufen werden kann, bleibt nichts übrig, als die Oesfentlichkeit auf diese drohende nationale Gefahr aufmerksam zu ma chen, hoffend, daß der allgemeine Unwille der nationalen Kveise Veranlassung geben wird, den verhängnisvollen Schritt rückgängig zu ma chen . . ." Das Letztere glauben wir leider nicht: Der neue Kaplan wird trotz des Unwillens der nationalen Kreise kommen. Hinter der Anstellung verbergen sich auch katholisierende Tendenzen, gegen welche der Evangelische Bund energisch Stellung nehmen müßte. Man weiß, daß die Ka tholiken in Sachsen von Jahr zu Jahr zunehmen, nicht durch Uebertritte, sondern durch Zuwanderung allerlei unerwünschter katholischer Elemente, vor allem Polen und Tschechen. Diese Zuwanderung wird wesentlich unterstützt, wenn diese slawischen Zuwau- derer Gelegenheit erhalten, gewissermaßen unter offizieller Deckung zu agitieren und für ihre Zwecke tätig zu sein. Wenn die edlen Polacken und Wen- zesläuse in Sachsen ihr Brot suchen, das ihnen ihre verlotterte slawische Heimat nicht geben kann, so mögen sie ihrer Bedeutung gemäß und in aller Be scheidenheit auftreten und sich nur als geduldet fühlen. Werden die Herren aber noch in besonderein gehegt und gehätschelt, so schwillt ihnen der Kamni und wir kommen zu Verhältnissen, wie sie sich leider in anderen deutschen Landesteilen als unhaltbar herausgestellt haben. F-inanzministerKonferenz. Die Finanzminister Bayerns, Sachsens, Württembergs, Badens und Hessens, die zu den am Sonnabend stattfindenden Beratun gen über die Gestaltung eines Besitzsteuerge- setzes in Berlin ankamen, hielten bereits am Mittwoch abend eine Vorbesprechung ab. Ueber die Beendigung der Bergarbeiter bewegung im Saargebiet wird noch aus Saarbrücken gemeldet: Auf allen fiskalischen Gruben des Saarreoiers ist die Beleg schaft Donnerstag früh vollständig und ruhig eingefahren. Die Ausstandsgefahr ist damit endgültig beseitigt. Am Neujahrstag fanden noch 31 von den christlichen Gewerkvereinen einberufene Bergarbeiterversammlungen statt. Teilweise kam darin zwar noch der Unwille über den letzten Be schluß der Reoierkonferenz zum Ausdruck, doch füg ten sich die Bergleute allgemein der getroffenen Entscheidung. Eine außerordentliche Steigerung des Luftverkehrs ist für 1913 zu erwarlen.MNichl nur Heeres-Ver waltung und Marine werden die Zahl ihrer Luft schiffe und Flugzeuge stark vermehren, auch die Vereine des Deutschen Luftfahrer - Verbandes, zu dem auch der Königlich Sächsische Verein für Luftfahrt gehört, werden im Dienste des Luft verkehrs allenthalben Flugplätze, Stützpunkte, Anker plätze schaffen. Zu den großen Aufgaben wird späterhin auch ein Ausbau von Luftwegweisern m Gestalt von Blinkfeuern und Signalen kommen. koloniales. Ueber das Goldvorkommen in Deutsch- Oftafrika sind jetzt ausführliche Berichte eingetroffen. Danach handelt es sich um goldhaltigen Quarzsand im Schwemmsand des Sigiflusses. Die Ent deckung wurde, wie die „Deulsch-Ostafrikanische Ztg." meldet, von einem Pflanzungsbesitzer am Sigiflusse gemacht, der auf seinem Lande die ersten Schürf, selber belegte, als er über die eingesandten Proben ein günstiges Gutachten erhielt. Bei Bekanntwerden dieses Vorganges setzte im Tangabezirk ein richtiges Goldfieber ein. Von der Einmündung des Mkulumuziflusses in den Sigi bis dicht zur Sigi mündung ins Meer ist kaum ein Fleckchen Land mehr unbelegt. Die Anzahl der Schürffelder dürfte bereits über hundert betragen, doch ist bei manchen die Nbbauwürdigkeit immerhin zweifelhaft. Aus dem Auslände. Erfolgreiche Kämpfe der Italiener mit den Beduinen von Zainana. Die „Agenzia Stefani" meldet aus Beng - hasi: Die Ned inen von Zainana beschaffen eine vorgerückte Stellung Sie wurden von zwei Kom pagnien erythräischer Schützen, unterstützt von Trup pen des 68. Infanterieregiments und einer Abteilung eingeborener Truppen, zerstreut. Die Feinde er litten große Verluste. Ein Italiener und fünf erylhräische Soldaten wurden getötet, 13 verwundet. Ein Kriegsschiff bombardierte später die Küste von Z-unana. Großfürst Michael in Ungnade. Großfürst Michael Alerandrowitsch, der einzige Bruder des Zaren, ist, wie jetzt amtlich bekannt gegeben wird, unter Enthebung von dem Posten eines Kommandeurs des Chevalier- Garde-Regiments auf elf Monate ins Innere Ruß lands beurlaubt worden. Zum Kommandeur des genannten Regiments wurde Fürst Dolgoruki er nannt, der vom Oberst zum Generalmajor befördert worden ist. Wie erinnerlich, heiratete Großfürst Michael Alerandrowitsch vor mehreren Wochen in Paris die geschiedene Frau des Kürassterobersten o Wulffert ohne Erlaubnis des Zaren; dem seit Jahren bestehenden Verhältnis sind zwei Kinder ent sprossen. Geschäftslage i« Bulgarien. Ein Bericht des deutschen Konsulats in Sofia besagt: „Die durch den Krieg hervor- gerusene allgemeine Geschäfts- st o ck u n g in Bulgarien dauert unver ändert 1 o r t. Indessen dürfte die Besorgnis, daß die bulgarische Geschäftswelt di« Gelegenheit vielleicht zum Schaden ihrer ausländischen Gläu biger ausnützen könnte, im allgemeinen grund los sein. Die bulgarische Kaufmannschaft hat im großen und ganzen den guten Willen, ihren Zahlungsverbindlichkeiten nachzukommen, und wird dies auch voraussichtlich nach Beendigung des Krieges in vollem Maße tun, wenn nur ihr« Gläubiger etwas Geduld und Nachsicht üben. Den deutschen Gläubigern kann daher im allge meinen geraten werden, sonst zahlungskräftigen Kunden gegenüber Entgegenkommen zu beweisen und nicht allzu streng mit der Verfolgung ihrer Ansprüche vorzugehen. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, daß eine Anzahl von unzuverläs sigen oder ungünstig bestellten Geschäftshäusern die durch den Krieg geschaffene Lage vielleicht zum Vorwand nehmen wird, um sich ihren Ver pflichtungen ganz oder teilweise zu entziehen. Schädigungen durch solche unsicheren Kunden hätten sich vermeiden lassen, wenn die deutschen Häuser sich vorher beim deutschen Konsulat er- kündigt hätten. Abgesehen hiervon könnten deut sche Häuser Schaden und Schwierigkeiten nur noch dadurch haben, daß ihre Kunden im Felde geblieben sind. Hierüber läßt sich aber zurzeit noch nichts Bestimmtes sagen, zumal bis jetzt noch keine Verlustlisten ausgegeben sind." — Das heißt mit anderen Worten, daß die Zu stände in Bulgarien in höchstem Grade unsicher sind und daß jeder deutsche Geschäftsmann gut tur, auch den bestempfohlenen Firmen gegenüber äußerste Reserve walten zu lassen. Daß das bulgarische Kriegsministerium übrigens bis jetzt noch nicht einmal Verlustlisten ausgegeben hat — wahrscheinlich, weil es dazu nicht imstande ist oder die Ungeheuerlichkeit der Verluste ver schweigen will — läßt die Organisation des bulgarischen Kriegswesens nicht gerade in gutem Lichte erscheinen. Eine ernste Krists in Spanien Zu einem schon gestern gemeldeten par - lamentarischen Streik der spani schen Konservativen hat die Ueber- leitung des provisorischen liberalen Ministeriums Romanones, wie es nach der Ermordung Ca- nalejas' zur Fortführung der Geschäfte bestellt wurde, in ein endgültiges Kabinett geführt. Verletzte Empfindlichkeiten der leitenden Per- sonen im konservativen Lager mögen dabei eine große Rolle spielen, aber die Bewegung hat so fort einen so bedeutenden Umfang angenom men, daß der Regierung daraus schwere Un gelegenheiten erwachsen können. Der Führer der Konservativen, Maura, und 92 Senatoren und Deputierte, darunter Lacierva, haben den V e r- zicht auf ihre Mandate bei der Kam mer und dem Senat eingereicht. Dieser Vor- gang, dessen weitere Folgen unabsehbar sind, erregt ungeheures Aufsehen. Maura und Lacierva wollen sich aus dem öffentlichen Leben überhaupt zurückziehen. Die konservativen Vizepräsidenten der Kammer und des Senats haben ihr Amt niedergelegt. Der Ministerrat hat über die durch die Demissionen geschaffene Lage beraten, die von den Ministern für sehr ernst angesehen wird. Ministerpräsident Graf Romanones erklärte, der Entschluß Mau- ras verursachte ihm mehr Bedauern als Ueber- raschung. Er werde sein möglichstes tun, um ihn vor: seinem Entschluß abzubringen. „Epoca" veröffentlicht einen von dem Füh rer der Konservativen Maura an die ehemaligen Präsidenten des Senats und der Kammer Azcar raga und Dato gerichteten Brief, in dem er sich darüber beklagt, daß der König es unterlassen habe, vor der Lösung der Kabinetttzkrife ihn zu befragen. Ferner erklärte Maura, daß die durch die unheilvolle Verwaltung der Liberalen hervorgerufene finanzielle Unordnung und das Wohlwollen der Regierung für die Republikaner KM M lasse W W! Lriginalroman von H. C o u r t h s-Mahler. M (Nachdruck verboten). Alexander fieberte vor Erwartung. „Wo leben diese Verwandten — wie heißen sie?" drängte er erregt. Tatjana erschrak vor seinen Blicken. Durfte sie ihm das sagen? Hieß das nicht, Elisa und ihn in neue, aussichtslose Kämpfe stürzen? Würde sie nicht eine schwere Verantwortung auf sich laden, wenn sie es ihm sagte, wo er Elisa finden oder doch ihren Aufenthalt erfahren würde? Vater und Mutter würden ihr zürnen. Aber war es nicht auch grausam, Sascha zu hindern, Abschied von Elisa nehmen zu kön nen? Sie sah ratlos zu ihm auf. „Sascha — ich weiß es — aber — Du bist sc erregt —ich würde sicher eine große Torheit begehen, wollte ich es Dir sagen, wenn Du Dich crft besonnen hast, daß Ihr Euch nicht ange hören könnt." Er zwang sich gewaltsam zur Ruhe. „Ich bin ganz ruhig, Tatjana. Und siehe — jetzt könnte ich ja auch nicht gleich fort. Nur wissen möchte ich, wo sie ist. Ich würde mich dann sicher viel ruhiger in alles finden. Sei doch gut und quäle mich nicht." Tatjana seufzte tief auf und faßte seine Hände. „Ich werde es Dir später sagen, Sascha — mein Wort darauf. Jetzt könntest Du in der Aufregung eine Torheit begehen. Später ein mal, Sascha!" Er preßte die Hände an die Stirn. „Später einmal! Wie grausam Du bist. Und Du liebst! Wenn Du auf Wladimir ver zichten müßtest, weil er auf einer anderen Stufe stände, als Du — würdest Du es tun?" Sie drückte erblassend die Hände ans Herz. „Ich müßte es, so gut wie Du. Und Du hast doch noch viel mehr Pflichten gegen unsern Namen. Der meine geht im Namen eines Mannes unter — der Deine bleibt." „Ja — er bleibt aber auch, wenn ich Elisa hrivaten würde. Auch ihr Name geht in dem meinen unter. Wie hinfällig ist dies Argument. Also — willst Du es mir sagen, wo Elisas Verwandte wohnen?" „Warte noch — nur einige Wochen warte noch, damit Du ruhiger wirft." „Wochen noch? Nun gut — aber dann sagst Du es mir?" „Nun ja denn — obwohl es besser wäre, Du dränlgtest mich nicht dazu." „Also wann — setze den Tag fest, wann Du es mir sagen willst." Noch einen Augenblick zögerte sie. Dann sagte sie schnell: „An meinem Hochzeitstag." Er seufzte aus. „Das ist noch lange Zeit." „Keinen Tag früher", erklärte sie, ihre Zu sage schon bereuend. „Gut denn — an Deinem Hochzeitstag — ich habe Dein Wort." „Du hast es." Er küßte sie hastig und stürmte aus dem Zimmer. „Hilf Gott, daß er zur Ruhe kommt", flü sterte Tatjana besorgt. * In den nächsten vier Wochen boten Alexan ders Angehörige alles aus, ihn zu zerstreuen und aufzuheitern. Auch Fürst Wladimir Sogarefs, der von Tatjana alles erfahren hatte, bot seinen ganzen Einfluß auf, um ihn zur Vernunft zu bringen. Alexander hörte mit bitterem Gefühl all diese gutgemeinten Reden an. Aber sie fanden nicht Eingang in sein Herz. Die Sehnsucht nach Elisa brannte wie Feuer in ihm und ließ ihn Tag und Nacht nicht zur Ruhe kommen. Er zog sich soviel wie möglich von den Seinen zu rück. Um den Schmerz in seiner Brust zu be täuben, suchte er die unsinnigsten Zerstreuungen ans. Wilder und toller denn je stürzte er sich in allerlei Amüsements und Vergnügungen. Die lockerste Gesellschaft suchte er auf, um die Nächte totzuschlagen, weil er daheim doch keinen Schlaf fand. Jede Zerstreuung, die sich ihm bot, er griff er mit wahrer Begierde. Und eines Nachts taumelte er auch in halb bewußtlosem Zustande wieder an den Spieltisch. Und als er kwerkte, daß ihn das Spiel am meisten ablenkte von sei nem Schmerz um die verlorene Geliebte, ging er wieder Abend für Abend in den Spielklub. Wie zum Hohn gewann er, gewann immer wieder — bis er dann an einem Abend plötzlich in Verlust geriet. Toll und sinnlos setzte er enorme Summen, um das Glück wieder zu zwin gen. Aber er verlor — verlor jeden Einsatz. Er verdoppelte, halb von Sinnen, jeden verlorenen Einsatz, bis zur schwindelnden Höhe — und verlor. Als er im Morgengrauen den Spieltisch ver ließ, hatte er all sein Geld verloren und noch hunderttausend Rubel dazu, die er sich aus Eh renwort in fünf Tagen zu bezahlen verpflichtet hatte. Bleich und abgespannt stierte er vor sich hin, als er den Klub verließ. Er war von einem Gefühl schrecklicher Gleichgültigkeit gegen alles erfüllt. Zu Hause angelangt, ließ er sich stumm Pe ters Dienste gefallen und siel dann, wie tot vor Müdigkeit, auf sein Lager, wo er sofort in ei nen bleischweren Schlummer versank. Das Erwachen war schlimm genug. Jetzt erst kam ihm die Erkenntnis, daß ihn dieser enorme Spielverlust vernichten konnte, wenn er spr>h rZ zuspsq utzi is zxgoj uoqocu qup ihn nicht zu decken vermochte. n den letzten Wochen, um sich zu betäuben, sinn- os gewirtschaftet, und nun besaß er keinen Pfennig mehr. Eine Weile spielte er mit deni Gedanken an eine völlige Vernichtung. Er gewährte ihm ogar in seinem moralischen Katzenjammer vor- lbergehend eine gewisse Befriedigung. Dann war eben die Quälerei mit einem Male zu Ende. Die Freude am Leben war ohnedies dahin. Elisa ihm verloren. — Was lag da noch am Leben? Er blinzelte mit schweren, müden Augen nach seinem Schreibtisch herüber — da lagen in einem Kasten zwei kleine, blitzende Dinger — ein Armheben — ein Druck — und die Schuld war bezahlt. Aber da tauchte plötzlich ein goldblonder Mädchenkopf vor ihm auf und zwei liebe, ernste Veilchenaugen. Er durchschnitt hastig, wie ab wehrend, die Luft mit der Hand. Aber das Leben hatte ihn wieder gepackt. Nein — nicht so ein unrühmliches Ende — noch nicht — dazu war es noch immer Zeit ge nug. Jetzt erst einmal klar denken, ob nicht Hilfe möglich war. Ueber hunderttausend Rubel in fünf Tagen! Vom Vater war keine Hilfe zu erwarten. Selbst wenn er hätte helfen wollen, sein Ehren wort band ihm selbst die Hände. Und sonst — aller Kredit war ihm abgeschnitten, das hatte er in den letzten Wochen gemerkt, wenn er gelegent lich eine kleine Anleihe versuchen wollte. Mit höflichem Achselzucken war ihm bedeutet worden — ohne die Unterschrift des Herrn Vaters — nichts. Und nun solch eine Summe. Wie sollte er die beschaffen — in so kurzer Zeit? Und dabei sollte er heute abend noch mit der ganzen Fa milie nach Schloß Kalnoky reisen, wo Tatjana, nach altem Familienbrauch, in der Schloßkapelle getraut werden sollte mit Wladimir. Zwei Tage Päter sollte die Hochzeit sein. In einer dumpfen, lastenden Stimmung tarrte er vor sich hin. Mit schmerzendem Kopf erwog er nochmals, ob er das Geld nirgends auftreiben konnte. Und da fiel ihm plötzlich sein zukünftiger Schwager ein. Wladimir — vielleicht half die- er ihm aus der schmerzlichen Klemme. Sofort ließ er den Wagen Vorfahren und richte Wladimir Sogarefs auf. Ais er sein Anliegen vorbrachte, machte Wladimir ein betretenes Gesicht. „Lieber Sascha — so gern ich Dir helfen möchte — aber erstens verfüge ich momentan natürlich nicht über solch eine Summe — und dann — selbst wenn ich sie für Dich austreiben könnte — es ginge nicht — ist) habe Deinem Vater mein Ehrenwort geben müssen, Dir nie mals — auch die kleinste Summe nicht, zu leihen oder zu verschaffen." (Fortsetzung folgt.)
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