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WMem-ElMM TWM Rr. 21, Sonntag, den 26. Januar 1913 3. Beilage. Mia dem Reiche. Ein bischöflicher Verweis für Wetterte, j Dein Abbee Wetterle sind, inte das „B. T." i zu melden weiß, vom Bischof Fritzen ernste Vorstellungen gemacht morden, das; sein Auftreten in Frankreich dem g e i st l i ch e n 'Uv MäwJ (pvu bn;jas;i-gx izq uuvq juvrom Stande zur Unehre gereiche. Polnisch-revolutionäre Demonstrationen in Posen. Die preußische Regierung pflückt jetzt die Früchte ihrer Langmut in Posen. Zu spät hat sie sich entschlossen, die polnischen Revolutions- seiern zu verbieten. Das polnische Volk ver trägt eine solche Energie nicht mehr und hat sich bereits zu D e m o n st r a t i o n e n Hinreitzen lassen. Wie die „Voss. Ztg." meldet, wurden, als die Polizei Donnerstag eine große Polen- v'rsammlung, die eine Revolutionsfeier veuan staltelte, auflöste, die P o l i z e i b e a m t e n init Rusen: „Schlagt die Hunde tot!" empfangen. Die Menge demonstrierte alsdann vor dem Nickicwicz-Denkmal. Ueberall wurden verbotene polnische Revolutionslieder ge sungen. Die „Nordd Allg Zeitung" über die neue Milttärvorlage. Tie „Norddeutsche Allgen». Ztg." schreibt: Ein Berliner Blatt will erfahren haben, daß seil längerer Zeit zwischen den maßgebenden Stellen der Reichsregierung um eine neue Militär vorlage erbitterte. Kämpfe geslihrt würden. Es haMelt sich hier nm aufge regte Treibereien, mit denen der Lache, die in Frag! steht, schlecht gedient ist. Die maßgebenden Stellen sind längst einig darin, daß eine Reihe von Mehrbedürfnissen unseres Heeres befriedigt werden müssen. Es ist beab sichtigt, dem Reichstage im Laufe dieser Tagung eine Vorlage zugehen zu lassen. Die Vorarbeiten dazu nehmen ihren regelmäßi gen Fortgang. Vor ihrem Abschluß können na türlich keine Angaben über den Inhalt gemacht werden. Die Verhandlungen über das Jefnttengeseh dementiert. Die „N o r d d. Allg. Zt g." bestreitet in einem offiziösen Dementi, daß bisher Verhand lungen über die Aushebung oder Ein schränkung des Jesuitengesetzes geführt worden sind. Das Dementi lautet: „Die in der Presse mehrfach aufgetauchten Behaup lungen, der Reichskanzler führe selbst oder durch andere Verhandlungen mit dem Zentrum Wer eine Aenderung des Jesuitengesetzes, entbeh ren jeder Begründnn g." Aus dem Auslände. Das Programm des neuen französische» Kabinetts. Am Freitagnachmittag wurde im sranzösi scheu Parlament folgende m i n i st e r i e l l e Erklärung verlesen: Das neue Kabinett wird die allgemeine Politik des vorangegangenen fortfetzen, die eine so allgemeine Zustimmung im Parlament und in» Lande gefunden hat. Es wird ans den» Gebiet der inneren Politik die Verstau diguug aller Republikaner und auf dem Gebiete der Nationaliuteressen eine enge und solidarische Vereinigung aller Franzosen durchführen. Die Regierung wird die Wahlrefor m ohne Verzug durch das Zusammenwirken aller Re publikaner auf der Basis einer angemessenen Vertretung der Minoritäten zu Ende führen Ebenso erscheint es angebracht, die Einkommen steuer, die Reform des Obersten Kriegsrats und das K « dergesetz für die Kavallerie, das für die nationale Verteidigung unentbehr lich ist, zustande zu bringen. Die Kammer wird den französisch-spanischen Vertrag, welcher die Einführung einer endgültigen Organisation in Marokko möglich macht, unverzüglich zur Prüfung erhalten. Von weiteren dringenden Probleineu müssen diejenigen, welche die Lai e n s ch u l e betreffen, ohne Provokation und Härte, aber mit Bebarrlichkeir zur Lösung ge bracht werden. Das Beamtcngesetz ist gleichfalls dringend. Die Erklärung betont sodann, daß die s o- z i a l e n Aufgaben in weitherzigem Sin ne gelöst werden müssen. Die Regierung wird entschlossen dahin streben, den Wohlstand des Landes zu erhöhen, den Kolonialbesitz in den besten Stand zu setzen, den Kredit Frankreichs zum ersten der Welt zu machen, dem Heere und der Flotte die Mittel zu geben, jedem Angriff zu widerstehen, und die nationale Ehre mit Stolz zu bewahren. Das Land selbst hat erst kürzlich erfreuliche Beispiele seiner Kaltblü tigkeit und Würde gegeben. Seine Mitarbeit war der Regierung wertvoll bei Ueberwindung der schwierigen Schritte, aus denen Frankreich ehrenvoll hervorging. Mehr als je ist es not wendig, die Aufmerksamkeit auf die außerpoli- tischen Probleme, die sich besonders im nahen und fernen Osten erheben, gerichtet zu halten. Treue gegen unsere Verbündeten und Freunde bleibt das unveränderte Prinzip unserer a u s- wärtigen Politik. Die Erfahrung der letzten Monate zeigte in reichlichem Maße al les, >vas die diplomatische Aktion Frankreichs im Dienste des Friedens an moralischem An sehen und überzeugender Kraft gewinnt, wenn es bei seiner Offenheit und Courteoisie gegen über den anderen Nationen in enger Verbin dung und beständiger Uebereinstimmung mit der Diplomatie seiner Freunde und Verbündeten bleibt. Wenn wir uns in unserer Haltung von dieser Linie nicht entfernen, werden wir das geistige und wirtschaftliche Erbe bewahren und ' I1k «I! I>» i I ü, I Frauenstimmrecht im Staate Newyork Der Senat des Staates Newyork nahm ge gen eine Stimme eine Resolution an, die sich für Einführung des Frauenstimm rechts und eine dementsprechende Abän derung der Staatsverfassung ausspricht. Die Resolution war am Tage vorher in der Zweiten Kammer angenommen worden und geht jetzt an den Gouverneur zur Zeichnung. Der ungeberdige Herr Castro. Der frühere Präsident von Venezuela C a- st r o hatte sich in Newhork vor einer be sonderen Behörde einem Verhör zu unterziehen, von dessen Ergebnis es abhängt, ob ihm der Eintritt in die Vereinigter» Staaten gestattet werden soll. Ueber die Fragen dreier Mitglieder bezüglich der Ermordung des Generals Para- V'/dsZ-Ak'/ «Al Näheres hierzu liehe Leitartikel. der Sache des Friedens diene»», indem wir mit der Ev bei unserer»» Einfluß die wesentlichen Werkzeuge nationalen Verteidigung stärken. Im S enat verlas Barthou die klärung der Negierung. Die Linke zeigte des von Venezuela wurde er so erregt, daß er ihnen befahl, das Zimmer zu verlassen. Als sie sich weigerten, ries Castro einen Diener herbei, ergriff einen Spazier st ock mit goldenen» Knopf und versuchte sie hinaus- z n t r e i b e n. Als sie sich nunmehr zurückzo gen, schlug Castro die Tür zu und verriegelte sie. Neuestes vom Lsge. Stürme und Unwetter Auf den Höhen des Schwarzwaldes und der Vogesen hat viele Stunden lang ein ununter brochener Schneeslurm getobt. Auf de»» Berg kämmen erreichte die Schneedecke nahezu andert halb Meter. Am Donnerstag abend ist nun plötzlich Tauwetter eingetreten, so daß Hoch wasser befürchtet wird. Aus allen Landesteilen Frankreichs werden Unwetter, Stürme und heftige Regen güsse gemeldet. Die Aisne stieg derartig, daß die Stadt Saint Menehould, von überschwemm ten Wiesen umgeben, inmitten eines weiten den Stellen über die Wahlreform, besonders bei der Vertretung der Minderheiten, leise Unruhe.! Tas Zentrum begrüßte die Erklärung mit Bei fall. Daraus wurde die Sitzung geschlossen. Während der Abstimmung in der Kammer erlitt Briand einen O h n in a ch t s a n - fall. Unter der Behandlung mehrerer Aerzte und Deputierter erholte sich der Ministerpräsi dent schnell. Heftige Kämpfe in Marokko. Wie aus Oran gemeldet wird, hatten die französischen Truppen bei Tauriet ein h e f tigcs Scharmützel mit aufrührerischen Marokkanern zu bestehen. Die Franzosen hat-! teil zwei Tote und acht Verwundete. Die Mas rokkaner wurden mit starken Verlusten in die Flucht geschlagen. » Sees liegt. Bei Les Sables-d'Olonne ist das Meer an drei Stellen durch den Deich e i n- gebrochen. Es wurden große Verwüstun gen an Ländereien angerichtet. Die Bahndäm »ne wurden vielfach unterspült. Der Zugver kehr ist unterbrochen. Die Seine stieg ii» Paris uin dreißig Zentimeter, im Mittelläufe derart, daß die Behörden Vorkehrungen wie bei den» Hochwasser im Jahre 1910 ergriffen. Weiteres Steigen wird erwartet. Der transatlantische Dampfer „Bordeaux" ist mit schweren Havarien in Havre angelangt. Mehrere Mann der Be satzung sind verletzt. Wie aus Grenoble gemeldet Wird, ging oberhalb der Ortschaft Allemond eine Lawine nieder und verschüttete einen Bauplatz. Zwei Arbeiter wurden getötet, fünf andere schwer verletzt. Aus Brüssel wird gemeldet: Infolge der andauernden Regenfälle sind die Flüsse der maßen gestiegen, daß eine Hochwasser-Katastrophe zu befürchten ist. In Belgien regnet es seit drei Monaten, wenige Tage aus genommen, unaufhörlich. Eine Winterwitterung ist bis heute nicht zu verzeichnen. * Die e r st e deutsche A e r z t i n, Franziska Tiburtius, beging an» Freitag ihrer» 70. Geburtstag. Sie bezog, nachdem sie sich von ihrem Bruder, den» Oberstabsarzt Dr. Ti burtius, privatim dazu hatte vorbereiten lassen, 1871 als 28jährige die UnivelPtät in Tübin gen. Am 16. Februar 1876 promovierte sie und in» folgenden Jahre, nachdem sie an der Königl. Entbindungsanstalt in Dresden als As sistentin von Geheimrat Dr. Winkel ein halbes Jahr tätig gewesen war, ließ sie sich in Ber lin nieder. Heute haben wir 172 Aerztinnen im Deutschen Reiche. Jin Verein mit Kolleginnei» begründete Dr. Franziska Tiburtius die chirur gische Klinik weiblicher Aerzte, aus der sich ein Frauen-Krankenhaus unter Leitung weiblicher Äerzte entwickeln soll. Auch die ersten Real kurse für Mädchen, aus denen sich nachher eins der ersten MädchemGyinnasieu entwickelte, be gründete Dr. Franziska Tiburtius zusammen mit Helene Lange im Jahre 1889. * 10000000 Mark Verlu st an eine m Tage. Freitag, der 17. Januar, war ein schmerzlicher Unglückstag für die große englische Versicherungsanstalt von Lloyds. Nach einer oberflächlichen Schätzung, deren Ergebnis durch die endgültige Berechnung wahrscheinlich noch übertroffen werden wird, hat der eine Frei tag dem Geschäft einen Verlust von 10 000 000 Mark an Versicherungsgeldern verursacht. Das ist, abgesehen vom Tage des „Titanic"-Unter- ganges, der größte Verlust an einem Tage, dessen sich die gegenwärtigen Beamten des Un ternehmens entsinnen. Es handelt sich im ein zelnen um die folgenden Schiffe: Die „Vero nese", die selbst mit 95 000 Pfd. versichert ist, während die Versicherungssumme der Ladung 150 000 Pfund beträgt, die „Auchenarden", die mit 27 000 Pfund fürs Schiff und 50 000 für die Ladung versichert ist, die „Estonia" (41 000 und 60 000 Pfund) und schließlich die „Boe- ivn". Dieses Schiff ist auf der Probefahrt ge strandet. Tas Fahrzeug war mit 83 000 Pfund versichert. Das sind zusammen 506 000 Pfund Sterling. * Tragischer Tod eines Cel lo v i r t u o s e n. Aus der Bühne des Hip Pogrom-Theaters in Brighton verschied plötzlich während der Vorstellung der bekannte Cellovir tuose August van Biene. Er stellte einen alten Musiker in einem Einakter dar, der „Die zer sprungene Saite" betittelt ist. Die Szene spielt in einem Boardinghaus. Der alte Musiker hat sich mit dem Aschenbrödel des Hauses ange- freundet und spielt ihr etwas auf dem Cello vor, als er plötzlich von Ohnmacht befallen wird. Genau an dieser Stelle trat die Kata strophe ein. Van Biene fiel in seinen Sessel zurück und begann zu röcheln. Das Publikum glaubte, das gehöre zum Spiel, klatschte Bei fall und wunderte sich nur, daß der Vorhang so plötzlich siel. Einige Minuten später wurde des Künstlers Leiche von der Bühne getragen. Ein Herzleiden scheint den plötzlichen Tod ver ursacht zu haben. * Zum F l i e g e r u n g l ü ck bei B u r g, über das wir berichteten meldet man aus Magdeburg, daß sich das dort verbreitete Gerücht, auch Leutnant v. Scheele sei seinen Verletzungen erlegen, erfreulicherweise nicht be stätigt. Leutnant v. Scheele, der sich in den» Lazarett zu Burg befindet, ist im Gegenteil auf dem Wege der Besserung. Es ist Hoffnung vorhanden, daß der Offizier, der eine schwere Gehirnerschütterung erlitten hat, vollständig wie der hergestellt wird.