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verschwunden. Das Geld sollte per Dampfer nach Rio de Janeiro geschickt werden. Bis jetzt sind keine Einzelheiten über den Diebstahl be kannt. — Von anderer Seite wird diese Mel dung als unzutreffend bezeichnet. * Münzenfund. Auf dem Gutshose Schulte-Holtey bei Altendorf (Ruhr) stieß man beim Ausbessern einer alten Truhe auf einen doppelten Boden, der 700 Gold- und Silber münzen aus den Jahren 1729 bis 1812 ent hielt. Sie stellen einen Wert von 20 000 Mark dar. * Blutvergiftung beim Ra sieren. Der Oberlehrer Professor Hermann Weist vom Reformgymnasium in Görlitz hatte sich vor einigen Tagen beim Rasieren am Halse geringfügig verletzt. Die unbedeutende Wunde führte zu einer Blutvergiftung, der der 38 Jahre alte Dozent unter großen Schmerzen erlag. * Ang st vor Tod und Strafe veranlaßten den früheren Kapuzinergeneral Pa ter Benno Auracher, nach dreieinhalbjähriger, in London unter Bestätigung des deutfchen Ge neralkonsulats geschlossener Ehe in das Gene- ralat der Kapuziner in Rom zurückzukehren. Er schrieb an seine Frau, daß er den Schritt tue infolge der Gewissensbisse und aus Angst vor Tod und Strafe. Nehme man ihn nicht auf, was sehr wahrscheinlich sei, so sei er rat- und hilflos wie nie im Leben. Letzte Drahtnachrichten. Berlin, 9. Jan. Der Defraudant Gustav Brüning und sein Mitschuldiger Beermann sind unter sicherem polizeilichem Geleit von Winnipeg abgereist. Berlin, 9. Jan. Der Magistrat hat an den Landwirtschaftsminister den Antrag gerich tet, die Erleichterung für den Bezug russischen Fleisches, die zunächst nur bis zum 31. März dieses Jahres gewährt wor den war, über diesen Termin hinaus zu geneh migen. Der Magistrat hat sich bereits mit Vor kehrungen beschäftigt, den Fortbezug des russi schen Fleisches auch während der wärmeren Jah reszeit zu ermöglichen. Berlin, 9. Jan. Der Korpsdirigent der Synagoge in der Lindenstraße, Professor Wil liam Wolf erlag während eines Vor trages im Letteverein einem Herzschlag. Er hatte soeben seine Ausführungen beendet, als er plötzlich zusammenbrach und wenige Au genblicke später starb. Paris, 9. Jan. Einer offiziösen Mel dung zufolge wird der gegenwärtig an der Ri viera weilende russische Kriegsminister S u - chomlinow Sonntag morgen in Paris ein treffen und vom Ministerpräsidenten Poin - caree empfangen werden. Paris, 9. Jan. „Excelsior" meldet aus Marseille, daß das dortige Bankhaus Bo- drigue u. Co. die Zahlungen eingestellt habe. Die Passiva betragen 14 Millionen Francs. Paris, 9. Jan. Die Handelskammer von Lorient übersandte den Ministern des In nern und des Handels einen Beschlußantrag, in dem unter Hinweis auf das durch die Be - triebsein st ellung der Sardinen- Konservenfabrik verursachte Elend die Regierung aufgefordert wird, sobald als möglich die Mittel zur Beseitigung der schwe ren Klagen zu prüfen, die den Handel und die Bevölkerung der bretonischen Küste mit dem Ruin bedroht. Newyork, 9. Jan. 10 000 Kimono schneiderinnen haben sich dem Streik ange schlossen. Gestern kam es zu einem ernsten Zusammen st oß zwischen Streikenden und 60 Polizisten. A st o r i a (Oregon), 9. Jan. Von den drei Ueberlebenden des Dampfers „N o- s e c r a n s", die sich auf die Mastspitze gerettet hatten, hat einer die sechs Meilen bis zur Küste durchschwommen. Die beiden anderen wurden von einem Rettungsboot ausgenommen, das aber nicht zur Küste zurückgelangen konnte, son dern sich bis zu einem Leuchtschiff durcharbei tete, das-Retter und Gerettete an Bord nahm. bp^ecbsral. — »4« ^A> Mehr Fahrkartenschalter auf dem Bahnhofe! Es mag ja richtig sein, daß mährend des nor malen Verkehrs auf unserem Bahnhofe e i n Fahr kartenschalter genügt, um die Ansprüche des Publi- kums zu befriedigen. Aber außergewöhnliche Ver- hältnisse bedingen außergewöhnliche Maßnahmen und so wird es zur Norwendigkeit, an Tagen und zu Stunden, wo ein starker Andrang des Publikums zu erwarten steht, zumindest den zweiten Schalter dem Publikum zur Verfügung zu stellen. Ein Musterbeispiel, wie es an einem solchen Schalter nicht zugehen soll, ergab der vergangene Sonntag zu den beiden von hier nach Chemnitz und Glauchau abgehenden Mittagszügen. Die Halle war gedrängt voll von Reisenden und vor dem einen Schalter stießen und drängten sich die Menschen in fürchter licher Enge. Es dauerte lange Zeit, ehe man seine Fahrkarte erhielt und zu verwundern ist es nicht, daß dem Zaun der Zähne alles andere als Koseworte entflohen, gerichtet an die Bahn und ihre mangelhaften Einrichtungen. Es erscheint unbedingt nötig, daß an Ausflugs- und Reisetagen wie am vergangenen Sonntag mit seinem herrlichen Winterwetter zwei Schalter geöffnet werden, wie es sich auch immer mehr als Notwendigkeit erweist, in der Halle einen Automaten für Bahnsteigkarten und vielleicht auch einen gleichen Automaten für Fahr karten nach Chemnitz-Nikolaibahnhof aufzustelleu, da erfahrungsgemäß diese Karten hier am meisten verlangt werden und dadurch eine Ent lastung der Schatterbeamten herbeigeführt würde. Die jetzt bestehenden Verhältnisse aber sind bei dem immer mehr steigenden Verkehr auf unserem Bahn hofe mit der Zeit unhaltbar geworden. Ein Reisender. Motorfahrer »nd Publikum. Der gestern in diesem Blatte gemeldete Unfall auf der Stollberger Straße, wobei der Ueberfahrene einen Beinbruch davontrug, lenkt wiederholt die öffentliche Aufmerksamkeit auf die N n s i t t e d e r meisten Rad- und Motorfahrer, auf den Fußsteigen zu fahren. Man braucht nur die Goldbachstraße hinauszugehen, um jeden Augenblick die Wahrnehmung zu machen, daß jeder Radfahrer die Fußgangseite benutzt und daß es den meisten dieser vielfach ziemlich jugendlichen Herren gar nicht einfällt, dem Fußgänger auszuweichen, sondern daß sie diesen zwingen, zur Seite, entweder in den Straßenschmutz oder auf die Fahrbahn der elektrischen Straßenbahn, zu treten. Den Herren müßte durch erhöhte polizeiliche Beobachtung der Straße klar gemacht werden, daß sie auf die Fahr bahn und nicht auf den Fußsteig gehören. In gleicher Weise benutzen auch die Motorfahrer die Fußsteige, während sie vor allem doch bei der meist rasenden Gangart, die ihr Vehikel einschlägt, ange halten werden müßten, auf der Mitte der Straßen zu fahren. Wenn es dann einmal einem erzürnten Fußgänger einfallen sollte, einem solchen rücksichts losen Fahrer mit dem Stock eins über den Buckel zu ziehen, so mögen die Herren diese Selbsthilfe des Publikums — denn eine andere ist kaum wirksam — als wohlverdiente Zurechtweisung in Kauf neh men. Einer für Viele. Verantwortlich für den redaktionellen Teil WUtz»tM Lippoche», für die Inserate Stto Koch; Druck und Verl», von A. Kuhr Machf. vr. Alda« -risch. Hierzu eine Beilage. Das Schicksal der Deutschen Spitzbergen Expedition. Kapitän Berg, der ausersehen war, das Schiss der deutschen Spitzbergenexpeditton bei ihrem Hauptunternehmen durch das Nördliche Eismeer zu steuern und der zurzeit der einzige Vertreter des Unternehmens in Berlin ist, er hielt Mittwoch früh ein längeres drahtloses Te legramm aus der Advent-Bai auf Spitz bergen, das, da es zunächst an den auswärts wohnenden Bruder des Leutnants Schröder- Stranz ging, verfpätet in Berlin eingetroffen ist. Die Meldung lautet nach der „B. Z.": Advent-Bai (Spitzbergen), 7. Januar. Draht loses Telegramm: Das Schiff „Herzog Ernst" der Deut schen arktischen Vorexpedition ist in der Treu- renburg-Bai eingefroren, wo für die am 15. August nördlich der Croß-Bai-Jnsel im Packeis ausgesetzte Schlitten-Expedition ein De pot errichtet worden war. Diese Expedition be stand aus Leutnant Schröde r-Stranz selbst, dem Kapitänleutnant Sandleben, dem Geologen Dr. Mayr und dem Präparator Schmidt. Bisher fehlen über das Schick sal der Schlittenexpedition alle Nachrich ten. Die Schiffsbesatzung hat am 9. Septem ber den „Herzog Ernst" verlassen, um zu Fuß die Advent-Bai zu erreichen. Dr. M o e s e r, der Botaniker, und der Zoologe Dr. Det mers haben sich freiwillig von mir getrennt und marschierten nach Polhrjm-Quartier, um schneller die Advent-Bai zu erreichen. Der Ozeanograph Dr. Rüdiger, der Eislotse und andere Matrosen erreichten zusammen die Wijde- Bai; hier mußte Dr. Rüdiger eines erfro renen Fußes halber in der Schutzhiitte zu rückgelassen werden. Mit ihm blieb der Ma rinemaler Rave zurück, dem die Anstrengun gen des Weitermarsches zu groß erschienen. In der Hütte war reichlich Proviant bis zum Januar vorhanden. Ich selbst, der Flug techniker, unser Eislotse und der Matrose gin gen weiter südwärts, um eine Hilfsak tion für Rüdiger ins Werk zu setzen. Infolge der Dunkelheit der Polarnacht und sehr schlech ten Wetters mußten wir bis Mitte Dezember in der Schutzhütte am Kap Petermann unter gro ßen Entbehrungen warten. Am 10. Dezember drang ich allein südwärts nach der Advent- Bai vor, wo ich mit teilweise erfrorenen Gliedmaßen am 27. Dezember um 3 Uhr eintraf. Der Flugtechniker, der Eislotse und der Matrose waren wegen zu großer Gefährlich keit des Weges zum Schiff zurückgekehrt, um von dort aus, wenn nötig, Rüdiger Proviant zuzu führen. Es wird hier eine Hilfsexpedition aus gerüstet, die bei erster Gelegenheit aufbricht. Ich selbst werde wegen meiner erfrorenen Füße zwei Monate hier liegen müssen, und es wird wahrscheinlich die Amputation einiger Ze hen notwendig sein. Unser Schiff sitzt in der Treurenburg-Bai sicher auf dem Strand, so daß es im nächsten Sommer unbeschädigt abgeholt werden kann. Ritscher, Kapitän. Diesem Telegramm lassen wir nachstehende ausführliche Angaben iiber die erwähnte Vorex pedition folgen: Kapitän Ritscher, ursprünglich Oberleutnant zur See in der kaiserlichen Marine, war später in die Dienste der Hamburg-Amerika-Linie ge treten; der Schröder-Stranzschen Vorexpedition hatte er sich angeschlossen, nachdem er im ver- gangenen Sommer auf dem Flugplätze von Jo hannisthal bei Berlin als Flugschüler einen leichten Unfall erlitten, von dem er sich aber bald wieder völlig erholt hatte. Leutnant Schröder-Stranz plante, wie man weiß, eine eingehende Durchforschung des Polarmeeres be sonders in seinem noch so gut wie unbekannten ö st l i ch e n Teile. Er beabsichtigte ferner, dem großen Vorbilde Nordenskjölds folgend, die genaue ozeanographische und nautische Er forschung der nordöstlichen Durchfahrt, eines Problems, das trotz seiner Lösung durch Nor denskjölds große „Wega"-Fahrt auch heute noch eine Fülle bedeutungsvoller Aufgaben in sich birgt. Stranz und Kapitän Ritscher nahmen an der breit. Es gilt als überaus seefest. Freilich kann es als ausgeschlossen gelten, daß es in der gegenwärtigen Jahreszeit irgendwo an der spitzbergischen Küste offenes Fahrwasser findet. Sofern es allerdings den Expeditionsteilnehmern gelungen sein sollte, ihr Schiff wieder zu errei- «„Herzog Ernst" der Vergnllgungsdampfer „V i k- !toria L u i f e" der Hamburg-Amerika-Linie, , der die Expedition noch mit frischem Trinkwas ser und Proviant versorgte und die letzten Nach richten von den Expeditionsteilnehmern in die Heimat brachte. Außer dem Führer Leutnant Schröder- chen, würden sie vor den Unbilden des arkti- — ...L — schen Winters, der bisher noch gar nicht einmal Gewissermaßen als Probeexpedition zur Prüfung der mitzunehmenden zahlreichen Hilfs Expedition noch teil: Kapitänleutnant Sand leben als erster Offizier, Dr. May r-Mün- Zur Gefährdung der deutschen Spitzbergen-Expedition Schröder-Stranz: I. Uebcrsichlskarte des zu erforschenden Gebiets. II. Die Teilnehmer der Expedition: I Kapuan- leutnant Landleben, 2 Leiter Leutnant Schröder-Stranz, 3 Hauptmann Ritscher, 4 Marinemaler Nave, 5 Oi. Moestr, 6 Or. Rüdiger, 7 vr. Detmers, 8 vr. Mayr. so streng gewesen sein kann, geborgen sein. * Die Advent-Bai, wohin sich Kapitän Ritscher augenscheinlich unter furchtbaren An strengungen und Entbehrungen gerettet hat, liegt, so entnehmen wir der „T. R.", am Eis fjord an der Westküste der spitzbergischen Süd insel. Seit auf der herrenlosen Insel der Koh lenbergbau betrieben wird, befinden sich im Sommer etwa hundert, im Winter achtzig Menschen dauernd in dieser nördlichsten Ansied lung der Erde. Die ganze Inselgruppe, die etwa 70 000 Geviertkilometer umfaßt, also etwas kleiner ist, als das Königreich Bayern, ist im übrigen völlig unbewohnt. Das Klima ist eisig, wenngleich im Sommer durch die monatelang nicht untergehende Sonne eine bedeutende Wärme erzielt wird. Im Schatten schmilzt aber auch dann weder Eis noch Schnee. Trotzdem ist eine reiche Flora von mehreren hundert Arten vor banden, teils Blutenpflanzen und Farne, teils Moose. Einzelne Arten bedecken im Sommer weite Flächen mit üppigem Grün. Der Reich tum an Pelztieren ist trotz der rücksichtslosen Jagd, die auf sie gemacht wird, immer noch recht bedeutend. Auch Renntiere sind vorhanden. Dem Botaniker sowohl wie dem Zoologen bie tet sich also auf Spitzbergen ein reiches Feld wissenschaftlicher Ausbeute. Am interessantesten freilich ist dieser arktische Archipel für den Geo logen, da Spitzbergen, das durch eine unterir dische Brücke mit der Bäreninsel und dem skan dinavischen Festlande verbunden ist, in seinem eisbedeckten, wild zerklüfteten Berglande ein ge treues Abbild aller geologischen Perioden der Erde darstellt, vom Urgestein bis zu den For» «Nationen des Tertiärs und Quartärs. Eine große Rolle spielt auf Spitzbergen das Karbon. Zur Steinkohlenzeit muß die Insel, in deren Kohlenschichten man wundervolle pflanz liche Versteinerungen gefunden hat, also ein heißes Klima gehabt haben. Die jetzt zum Ab bau kommende Kohle, die im Tagbau gewon nen wird, ist eine Glanzkohle, die wie Stein kohle aussieht und in 1,20 Meter dicken, hori zontalen tertiären Schichten vorkommt. Das Vorkommen befindet sich etwa 200 Meter von der Ansiedlung in der Advent-Bai entfernt. Die Arbeiter, die dort überwintern, haben während der monatelangen Polarnacht oft Temperaturen von 40 Grad Kälte zu überstehen; schlimmer ist freilich die ununterbrochene Nacht, die nur er hellt wird von strahlenden Nordlichtern und der elektrischen Beleuchtung ihrer Blockhäuser. Wenn es den von der Advent-Bai ausge sandten Rettungsmannschaften gelingen sollte, bis zu den Mitgliedern der Expedition vorzu dringen, so ist es möglich, daß diese noch recht- zeitig gerettet werden. Das Vordringen in der Kälte und der Polarnacht ist freilich mit gry mittel und zur Ausbildung der Expeditionsteil- nehmer, aber auch zur Vornahme eingehender geologischer, ozeanographischer, zoologischer und botanischer Untersuchungen trat Leutnant Schrö der-Stranz im Sommer dieses Jahres eine Vor expeditton nach Spitzbergen an. Sie ver ließ Bezlin am 3. August 1912 und ging Ende August bei Tromsö an Bord des Schiffes „Herzog Ernst", das darauf nach dem Eismeere den Kurs nahm. Unterwegs begegnete dem der mit der Expedition ausgereiste Arzt Dr.iund Abstürzen unmittelbar bis ans Meer rei- Kohl bereits im September mit der „Vikto-^chen, werden die Hilfsmannschasten auf den Weg über die gefrorenen Fjorde und das K ü - ßen Schwierigkeiten verknüpft, und bei dem wilden Gebirgscharakter des Landes, dessen rie senhafte Gletscher mit ihren schrecklichen Spalten chen als Geologe, Dr. Moeser als Botani ker, der Zoologe Dr. Detmers und Dr. Rüdiger für Ozeanographie. Dagegen kehrte ria Luise" nach Deutschland zurück. Der „Herzog Ernst" ist ein starker, ansehn licher Zweimaster und hat einen 40pf«rdigen Petroleummotor. Das Schiff enthält netto 61 Registertons, ist 25 Meter lang und 6 Meter st e n e i s angewiesen sein. Jedenfalls mutz man den weiteren Nachrichten von Spitzbergen mit Besorgnis entgegenfehen.