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Ttnntsblatt. Nr. 283. Sonnabend den 6 Dezember 1913. Zweites Blatt. Reichtagssitzung am Ain Tische des Bundesrats sitzen: Reichs kanzler v. Bethmann Hollweg, die Staatssekre täre Dr. Delbrück, Lisco, Dr. Kühn und Kriegs- Minister v. Falkenhayn. Das Haus und die Tribünen sind voll besetzt. Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Minuten. Der Gesetzent wurf über die Handelsbeziehungen zum britischen Reiche wich» in dritter Lesung und in der GesamtaMmmung a n g e- nom m e n. Es folgt die Fortsetzung der Be sprechung der Interpellationen über die Vorgänge in Zabern. Dazu liegen vor die schon mitgeteilten A n- träge Aüaß (fortschr. Vp.) und Albrecht (Soz.): „Der Reichstag wolle beschließen, festW- stellen, daß die Behandlung der den Gegenstand der < Interpellationen bildenden Angelegenheit -durch den Herrn Reichskanzler der Anschauung des Reichstages nicht entspricht." » Präsident Dr. Kaempf: Ich habe gestern den Zwischenruf: Unverschämt!, der gegen den Kriegsminister gerichtet war, nicht vernom men Md Nicht mit einem O rdnunn LÄU f e belegt. Aus dem stenographischen Protokoll habe ich ersehen, daß mehrere solcher Zwischen rufe gefallen sind. Hätte ich diese gehört, was bei der Unruhe nicht möglich war, dann hätte ach sie rektifiziert. Dies veranlaßt mich, die Her ren zu bitten, diese Zwischenrufe, wie sie gestern gefallen sind, und die es den Rednern beinahe unmöglich machen, zu sprechen, in Zrikunft nach Möglichkeit zu unterlassen. (Beifall rechts.) Reichskanzler v Bethmann-Hollweg Der A ?g. v. Calker halt gestern zum Schluß der Sitzung die Frage an mich gerichtet: Wie denn nun weiter die Politik in Elfaß-Lothrin- gen fortgeführt werden soll? Ich will ihm dar aus antworten und zugleich auf einige Angriffe eingchen, die gestern gegen mich gerichtet wor den sind. Man bat mir vorgeworfen, ich hätte von den Zaberner Behörden in Elsaß-Lothrin- gen gänzlich geschwiegen. Das bedeute wohl eine Desavouierung der Zivilbehörden. (Leb hafte Zurufe links: Sehr richtig!) Mir ist es nicht eingefallen, durch mein Schweigen eine Kritik an der Haltung der Zivilbehörden zu üben. Worum handelte es sich denn gestern und wahrscheinlich auch beute? Um Angriffe gegen das Verhalten der Militärverwal tung. Das ist doch der Kern der Sache. Dar über habe ich gesprochen. (Große Unruhe und Zwischenrufe links. Präsident Dr. Kae m v f: Ich bitte, den Herrn Reichskanzler wussprechen zu lassen, ohne ihn zu unterbrechen. Beifall rechts.) Der Reichskanzler fährt fort: Mir ist weiter vorgeworfen worden, daß ich mich bei meinen Darstellungen lediglich auf die Milit.ir- berichte und nicht auf die Zivilberichte berufen M Ml MM. 7. Dezember 1013. hätte. (Sehr richtig! links.) Das ist unrichtig. Ich kenne die Zivilberichte ganz genau. (An haltender Lärm und Widerspruch links) Ich werde eine Pause machen, bis es dem Herrn Präsidenten gelungen ist, mir die nötige Ruhe zu schaffen. (Präsident Dr. Kaempf läutet anhaltend mit der Glocke, bis nach einer Minute Ruhe eintritt.) Ich wiederhole, ich kenne jene Berichte ganz genau, ich habe sie bei memer Darstellung der Sache verwertet. Ich habe hier ausdrücklich betont, daß über die Frage, ob die Zaberner Sicherheitsoirgane versagt hätten, ein schroffer Widerspruch der Ansichten zwischen der Militär- und Zivilverwaltung be steht. Ich habe ausdrücklich hervortzehoben, daß die mangelnde Kooperation zwischen Militär- und Zivilbehörden zum guten Teil schuld an den unerfreulichen Vorgängen in Zabern ist, und habe schließlich hervorgehoben, daß nur ein andauernder Kontakt zwischen Militär- und Zivilbehörden uns wieder zu normalen Zu ständen zurückführen kann. Wie soll ich das sagen können, ohne die Berichte der Zivilverwaltung zu berücksichtigen? Wenn ich diejenigen Vor gänge dargelegt habe, auf Grund deren das Militär eingeschvitten ist, so mußte ich mich natürlich an die Darstellung der Zivilverwaltung halten. Wie sollte ich es sonst darstellen? (Große Unruhe.) Die Aussagen, die die Zivil verwaltung über die Vorgänge am 28. Novem ber ausgenommen hat, beziehen sich im wesent lichen auf die Ereignisse bei der Räumung des Schloßplatzes und auf die »Verhandlungen mit den Verhafteten. Davon habe ich ausdrücklich gesagt, daß sie im Gesetze keinen Grund finden. Wie kann man denn unparteiischer über der artige Dinge sprechen? (Lachen und Unruhe.) Wenn ich das gestern in ruhigem und leiden schaftslosem Tone vorgetrggen habe, so ist das mit Absicht geschehen bei der großen und tiefen Evregung, die gestern im Hause herrschte und für die ich Verständnis habe. Soweit es sich um Recht und Gesetz handelt, mußte ich mir die Ruhe auferlegen, die es ermöglicht, das Uebel nicht noch zu verschlimmern, sondern zu bessern. Darauf kommt es an. (Widerfpmch und Unruhe.) Nun hat Herr van Calker Zwei fel aus meiner Rede hertzelestet, wie meine Stel lung zur kiinftigen Politik im Elsaß sein werde. Ich habe mich über diese Stellung so oft aus gesprochen, und bin so vielen Anfeindungen von den verschiedensten Seilen deshalb ausgesetzt worden (Hört, hört!), daß darüber kein Zweifel möglich sein kann. Die Herren müßten denn annehmen, daß mich die traurigen Ereignisse von Zabern in nieinen Ansichten schwankend ge macht hätten. Und das ist nicht der Fall!! Ich habe gestern nicht in dem leidenschaftlichen Tone gesprochen, der durch die Reden anderer Herren aus dem hohen Haufe geklungen hat. (Unruhe und Rufe links: Falkenhayn!) Meine Her ren! Ich mußte sprechen über die Dinge, die zum großen Teile noch der gerichtlichen und disziplinarischen Ahndung harren, und bei die sem Zustande der Dinge muß sich der Reichs kanzler eine andere Reserve auferlegen als die Herten Abgeordneten. (Sehr richtigj! rechts. Lachen linkst) Meine Herren! Sie haben mich gezwungen, über meine Stellung zur eisäffi schen Politik zu sprechen. Ich werde mit einigen Worten das noch einmal ausführen, ob wohl ich weiß, daß ich dafür manchen Wider spruch erfahren werde. Ich werde das tun, denn ich bin konsequent in meiner Politik. (Lachen links.) Wie liegen denn die Dinge? Ich habe mich in voller U e b e r e i n st i m- mung mit dem Statthalter Gra fen Wedel dafür eingesetzt, daß die verfas sungsmäßigen Zustände, wie sie jetzt in Elsatz- Lothringen stehen, dort eingeführt werden. Ich habe das nicht getan aus Vorliebe oder Nach giebigkeit gegen die Demokratie, sondern ich habe diese Politik geführt, weil ich überzeugt bin, daß wir in Elsaß-Lothringen nicht vor wärts kommen können, wenn wir nicht ablaf- sen von dem ganz fruchtlosen Bestreben, aus dem süddeutschen Reichsländer einen norddeut schen Preußen zu machen. (Beifall.) Dazu kommt, daß wir eine Politik führen unter Be rücksichtigung der Stammeseigenart der Elsaß- Lothringer, unter Berücksichtigung des Charak ters der Bewohnerschaft, wie er sich durch Ge schichte und Tradition gebildet hat. Bei dieser Sachlage erlaube ich mir nochmals von dieser Stelle aus die Aufforderung an die elsaß- lothringische Bevölkerung zu richten: sie solle da Mitarbeiten, nicht sich in übertriebener Emp findlichkeit, wie sie sich jetzt gezeigt hat (Leb hafter Widerspruch im Zentrum und links) ab seits stellen, sondern weiter Mitarbeiten. Mir ist gesagt worden, gerade diese Verfassung fei es, die die jetzigen schlechten Zustände in Elsaß- Lothringen herbeigeführt habe. Das höre und lese ich jeden Tag. Meine Herren, Sie können versichert sein, auch das geht mir nahe, diese Vorwürfe, denn ich kenne die Verantwortung, die ich in dieser Beziehung habe. (Hört, hört!) Aber wie sind die Dinge? Gewiß, es wird manchen alten Elsässer und manchen Altdeut schen geben, die beide in Uebereinstimmung miteinander ihre besten Kräfte dafür einsetzen, das Reichsland enger zu verschmelzen mit dem Reiche. Es wird manchen dieser Männer geben, welcher mit mir viele unerfreuliche Erscheinun gen beklagt, die nach dem Erlaß der Verfas sung zutage getreten sind. Ich leugne diese Erscheinung gar nicht, aber ich warne davor, aus einem post hoc auf ein proprer hoc zu schließen. (Zustimmung.) Wir haben auch v,r der Verfassung leider Gottes eine Fülle uner freulicher Erscheinungen in Elsaß-Lothringen gehabt. Lesen Sie die Geschichte nach von Manteuffel bis Hohenlohe. Kein Mensch har erwarten können, daß die Einführung der neuen Verfassung die Verselbständigung des Landes, eines Landes, das jahrhundertelang unselbst ständig zwischen zwei Nationen hin und her ge zerrt wurde, ohne weiteres herbeiführen werde. Daß diese Verselbständigung ohne Erschütterung vor sich gehen könnte, das konnte kein Mensch ertvarten. Wenn wir vorwärts kommen wollen, müssen wir mit ruhiger und fester Hand an der Politik festhalten, die eingeschlagen worden ist. Wir dürfen uns nicht durch jeden Rückschlag neövös machen lassen. Wir müssen Aus dauer und Geduld zeigen- (Stürmische Zurufe links und im Zentrum.) " - Es ist gestern hier in leidenschaftlichem Tone das Wort gesprochen worden: „Jetzt sei in Elsatz-Lothringen alles vernichtet, »was in Jahrzehnten geschaffen wurde." (Lebhaftes Sehr richtig!) Ich kann mich nicht zum Träger eines solchen Pessimismus machen. In einer ernsten Stunde, und wir stehen in einer ernsten Stunde (Stürmisches Sehr richtig!.), müssen wir unser Auge auf die Zukunft richten. Ich nenne die Stunde nicht ernst, etwa weil meine Stellung gefährdet sei, oder etwa weil die. Herren gestern die Mißbilligung gegen mich beantragt haben und nachher beschließen werden. Deshalb nenne ich die Stunde nicht ernst! (Stürmisches Härt! hört! links), sondern ich nenne sie ernst, weil sich aus der tiefen Erregung die Gefahr aufge tan hat, daß eine Kluft zwischen Ar mee und Volk geschaffen werden soll! (Er neute stürmische Zurufe links.) Weil ich diesen Ernst erkannt habe, habe ich Ihnen gestern aus drücklich und absichtlich gesagt, daß die erste Aufgabe wäre, die Harmonie zwischen Militär und Zivilverwaltung.. (Gelächter links, Abg. Ledebour: Das sagen Sie dem Kriegsminister!) Ich stehe hier im vollen Einverständnis mit dem Hettrn Kriegs minister. (Stzirmisches Hörl! hört! links und im Zentrum.) Deshalb, sage ich, habe ich gestern ausdrücklich und mit Absicht gesagt, die Herstellung dieser Harmonie sei die Hauptauf gabe für die Zukunft. Das ist keine Redens art gewesen. Ich wiederhole es heute noch ein mal, auch wenn gestern unter Hindeutting auf eine Nebenregierung gesagt worden ist, das wäre nicht richtig. Eine solche Nebenregie rung e x i st i e r t nicht (»Stürmischer Wider spruch links), es existiert eine Haupwegierung, für die ich dem Kaiser verantwortlich bin, und wenn ich diese Verantwortung nicht mehr tragen zu können glaube, werden Sie mich nicht mehr aus diesem Platze sehen. 'Aber, meine Herren! In diesem Falle ist von einer Nebenregierung keine Rede. Alle maßgebenden Instanzen sind darüber einig, daß ohne ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten von Militär und Zivil, wie es leider in Zabern gefehlt hat, nichts gebessert werden kann. Und, meine Herren, dieser Ge sichtspunkt ist von der obersten Stelle den be teiligten Behörden und Beamten im Anschluß an die Vorgänge in Zabern wiederholt und nachdrücklich ins Gewissen geschrieben worden. «Lu» MO WS MMl. Roman von H. Courths-Mahler. 2Z (Nucharuck verboten.) Als Ihre Durchlaucht endlich in den Salon eintrat, erschrak Prinzeß Lolo, so entsetzlich blaß und verfallen sah die Schwester aus. Aber diese harte sich wenigstens so weit ausgetobt, daß sie sich wieder in der Gewalt hatte. Aenßerlich ruhig und gelassen, nahm sie ih ren Platz am Tisch ein und ließ sich zu einigen Worten jherbei, die fast wie eine Entschuldigung und ein Glückwunsch klangen. Prinzeß Lollo war viel zu glücklich und froh, als daß sie lange hätte über das Wesen der Schwester grübeln sollen. Sie plauderte so angeregt, wie sie es sonst nie in Gegenwart der Schwester gewagt hätte, und Fräulein von Birkhuhn fiel einige Male aus der Rolle der strengen Mentorin. Prinzeß Renate war aber zu sehr mit ihren eigenen bö sen Gedanken beschäftigt, als daß sie sonderlich darauf geachtet hätte. Nur eins prägte sie sich Mit Befriedigung ein — daß Lolo immer wie der versicherte, Prinz Joachim nicht heiraten zu wollen. So war doch wenigstens die Segensfülle, die auf die verhaßte Schwester hertniederströmte, nicht gar so groß. Es wäre ihr unerträglich gewesen, wenn diese die Gemahlin eines Prinzen aus regierendem Hause und Herrin eines fürstlichen Besitzes geworden wäre. Dann wäre sie, die Tochter einer Fürstin aus regierendem Hause, doch völlig in den Hintergrund gedrängt wor den. Um das zu verhindern, wäre sie fähig ge wesen, ein Verbrechen zu begehen. Gottlob, daß ihr das Schicksal wenigstens das erspart hatte. Er war ohnedies genug, was sie mit ihrer haß- und neiderfüllten Seele ertragen mußte. Obwohl Prinzeß also wußte, daß Renate sie nicht liebte, so wäre sie doch entsetzt gewe ¬ sen, hätte sie jetzt noch einen Blick in die Seele der Schwester tun können. — Prinzeß Lolos leidenschaftliche Versicherung, niemals die Gemahlin des Prinzen Joachim werden zu wollen, erweckte übrigens in ihrer Schwester den Verdacht, daß Baron Schlegell eine Rolle bei dieser Weigerung spielte. Die kleine Szene im Park fiel ihr wieder ein, wobei sie gesehen hatte, daß sich die Schwester und der Baron bei den Händen hielten. Schon da war ihr blitzartig der Gedanke gekommen, daß sich zwischen den beiden eine Liebelck angesponnen haben könne. Sie hatte nur auf eine passende Gelegenheit gewartet, ihre Schwester damit in die Enge zu treiben. Daß sich alles hinter Fräulein von Birkhuhns Iiücken abgespielt hafte, bezweifelte sie keinen Augenblick. Und jetzt kam ihr diese Liebelei, wepn sie wirklich bestand, sehr zu statten. Der Baron würde kaum daran denken, sie sortzusetzen, wenn er abgereist war. Aber Lolo würde ihm sentimental die Treue halten wollen und verzichtete auf' ein reiches Erbe und die Hand des Prinzen in ihrer Ver liebtheit. „Wie das erste beste kleine Bürgermädchen. Sie hat keinen Funken Stolz in sich, und das fürstliche Blut in ihren Adern wird siegreich durch das ihrer Mutter bekämpft", dacktte sie be friedigt und zugleich verächtlich. Die Ereignisse im Prinzessinnenschlößchen schienen sich überstürzen zu wollen. Schon am nächsten Nachmittag, als Prinzeß Lolo mit Fräulein von Birkhuhn im Parke weilte und Prinzeß Renate in böser Laune in ihrem Sa lon auf dem Diwan lag, kam ein Expreßbote von der Post und brachte zwei Schreiben. Prin zeß Renate hatte sich erhoben und nahm sie selbst in Empfang. Der eine der Briefe war an sie selbst gerichtet, der andere an- ihrs Schwester. Zie quittierte über beide Schreiben, und als sie dann wieioer allein war, betrachtete sie dieselben eine Weile unschlüssig. Der an sie adressierte Brief hatte ein offizielles, amtliches Aussehen, der an die Schwester gerichtete trug eine Für stenkrone ini Siegel und den Poststempel Schwar zenfels. Ein höhnisches Lächeln verzerrte ihr Ge sicht. , . » - „Anscheinend von diesem Prinzen Joachim? Hat er es so eilig, sich die Braut zu sichern — oder — fürchtet er ihre Zusage? Vielleicht will er sich mit Lolo verständigen", dachte sie und legte vorläufig diesen Brief auf den Tifch. Dann erbrach sie das an sie gerichtete Schrei ben. Es war die Anfrage, ob sie gesonnen sei, das Patronat über das Kaiserin Wisabehh-Stist zu übernehmen. Dieser Bries schien besänftigend auf ihre Stimmung zu wirken. Ein stolzes Leuchten brach aus ihren Augen. Das war ein mit fürst lichen Ehren und einem glänzenden Einkommen verbundenes Amt, nach dem sie schon längst mit begehrlichen Augen ausgeschaut hatte. Sie at mete auf. Diese Genugtuung war ihr das Schick sal schuldig nach den: Schlage, der gestern ihr neidftolles Herz getroffen Hatto. Sofort, ohne sich zu besinnen, schrieb sie eine zusagende Ant wort und ließ das Schreiben nach der Post bringen. Hocherhobenen Hauptes schritt sie im Zim mer auf und ab. Mochte nun Lolo russig mit ihrer halben Million diesen Baron Schlegell hei raten — wenn er wirklich ernste Absichten haben sollte, ihr Glanz als Patronessa des Elisabeth- Stiftes würde den der Schwester verdunkeln, sie brauchte nun nicht in Armut und Dürftigkeit hinter ihr zurllckzustehen. Denn von Lolo etwas anzunehmen, hätte ihr Stolz nie zugelassen, ob wohl sie skrupellos all die Iahte deren Ein kommen mit für sich verbraucht hatte. Das hatte sie als das Reckt der Erstgeburt in Anspruch ge nommen. Nun löste sich der krampfartige Druck, der seit gestern ihre Brust zusammengepreßt hatte, ein wenig. Siekonnte wieder freier atmen und mußte nicht an Haß und Neid ersticken. Als sie auf ifhrer siegberauschten Promenade durch das Zimmer am Tisch vorüberkam, riß sie mit ihrem Aermel den Brief, der an die Schwester gerichtet war, herab. Sie bückte sich danach und hob ihn auf. Wieder betrachtete sie ihn von allen Seiten. Da erwachte das Verlangen in ihr, diesen Brief zu lesen, ehe ihn die Schwester in die Hände bekam. Sie mußte wissen, was Prinz Joachim dieser zu schreiben hatte. Denn sie be zweifelte nicht einen Augenblick, daß er der Ab sender war. ' » : Ohne langes Besinnen eilte sie zur Tür und schloß sie ab. Dann öffnete sie behutsam das Kuvert an der Seite, ohne das Siegel zu verletzen. Die gummierten Flächen klebten nur lose aufeinander, es machte gar keine Schwierig keiten, die Seitenklappe des Kuverts zu öffnen. Dann zog sie den Inhalt heraus. Anschei nend war dem Briefe eine Photographie bei gelegt. Sie lächelte höhnisch: „Der Prinz scheint es eilig zu haben, sich seiner künftigen Gemahlin im Bilde vorzustel len", dachte sie und zog neugierig die Photo graphie heraus. Aber erstaunt und betroffen blickte sie in die ihr wohlbekannten Züge des Barons Schlegell. Er war zwar in Uniform, aber doch unverkennbar. Ehe sie sich noch von ihrem Staunen er holt hatte, erblickte sie plötzlich unter dem Bild eine Unterschrift: „Prinz Joachim seinem geliebten Prinzetz- chen." (Fortsetzung folgt )