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„Gehen wir bald?" fragte sie, ein Armband an- ! legend. j „Gehen?" Santen sah sic groß an. „Ach, ich vergaß wohl, dir mitzuteilen, daß ich meine Absicht geändert ; haben Wir können heute abend nicht ins Theater gehen." , „Weshalb nicht?" fragte sie verwundert. „Habe Geschäfte zu erledigen", lautete die kurze - Antwort. Wally machte ein enttäuschtes Gesicht. „Wie schade!" sagte sie. „Wir hatten so gute Plätze bekommen. Kannst du das Geschäft nicht aufschiebend" „Nein", gab er ungeduldig zurück. „Du weißt doch auch, daß Geschäfte allem anderen oorgehen." „Mußt du dafür fort?" fragte sie zögernd. ,2a." „Du gingst schon gestern und vorgestern abend ohne aus", begann sie nach einer Pause, „und heute wieder." (Fortsetzung folgt.) Vie ärei letzten cler lecks RnAbenkönige. Schilderung aus der englischen Geschichte von A. Heerdorf. (Nachdruck verboten.) In England lebte vor vielen Jahrhunderten ein junger König, Edgar mit Namen, dem das Volk den Beinamen der „Friedfertige" gegeben hatte. Denn während seiner Regierung herrschte in dem durch Krieg und Räubereien arg verwüsteten armen Lande Frieden und Ruhe, wenigstens äußerlich. Denn obgleich der junge König nicht unedlen Charakters war, so verstand er doch seine schlechten Gefühle nicht zu bemeistern, und seine Hofleute und Günstlinge hatten viel unter seiner ost maßlosen Heftigkeit zu leiden. König Edgar verlor, als er selbst noch in sehr jugend lichem Alter stand (die Fürsten heirateten in damaliger Zeit sehr früh), seine junge Gemahlin, und ganz England betrauerte die heiß geliebte sanfte Königin, die sich durch ihr freundliches Lächeln aller Herzen gewonnen hatte. Nur der leichtlebige Edgar nahm ihren Verlust nicht allzu schwer, und es dauerte nicht lange, so beauftragte er seinen liebsten Günstling, einen vornehmen jungen Mann mit Namen Athelwold, ihm eine andere Frau zu werben. Nun ivar Elfriede, die Tochter eines mächtigen Grafen, in ganz England wegen ihrer Schönheit und Liebenswürdigkeit bekannt. Auch der junge König hatte von ihr vernommen und, angelockt durch ihren Ruf, befahl er dein Athelwold den Grafen, ihren Vater, unter irgend einem Vorwande zu besuchen und sich selbst zu über zeugen, ob Elfriede wirklich so schön und reizend sei. wie behauptet wurde. Athelwold gehorchte dem Befehle seines Herrn und machte sich auf die Reise. Der Graf empfing den als Günstling deS Königs bekannten Ritter überaus freundlich und machte ihn auch mit seiner Tochter bekannt. Kaum aber erblickte Athelwold, die schöne Elfriede, so verliebte er sich auch schon heftig in sie und vergaß alles andere — auch den Auftrag seines Königs. Die schöne Elfriede widmete, dem neuen Aast, der unter all ihren Verehrern den höchsten Rang einnahm, ihre ganze Aufmerksamkeit und gewahrte mit Freuden, wie gänzlich er in ihren Liebesfesseln lag. Zwar lag in ihren großen Augen keine Seele, aber ihr Lachen war zu reizend, ihr Geplauder zu interessant, als daß er hätte widerstehen können, und eines Abends, als der Wein seine Sinne betäubt hatte, gestand er Elfriede seine Liebe, und sie versprach, seine Gemahlin zu werden. Am anderen Morgen fiel dem jungen Manne freilich ein, daß er ja seinen König betrogen hatte. Aber nun war eS zu einem „Zurück" zu spät, und Elfriede hielt ihn auch zu fest umstrickt. Schließlich dachte er auch: „Der König ist König und bekommt noch allemal die schönste Frau!" und so griff er zu einer Lüge, indem er seinem Herrn erzählte, Elfriede wäre nur halb so schön, als ihr Ruf behauptete und liebenswürdig sei sie erst recht nicht. Welch furchtbares Leid doch aus der kleinsten Un wahrheit entstehen kann. * * * König Edgar bedauerte es herzlich, aber da sein leichter Sinn stets auf neu«S gerichtet war, dachte er bald nicht mehr an die schöne Gräfin. Er wunderte sich freilich, als ihm Athelwold plötzlich mittcilte, daß er sich mit Elfriede zu vermählen gedenke und wurde einen Augen blick argwöhnisch. Athelwold aber verteidigte sich nun notgedrungen mit einer neuen Lüge: Er gab vor, er freie die Gräfin Elfriede nur um ihres Gelbes willen; und der König, der selber leidenschaftlich spielte und auch viele andere, sehr kostspielige Vergnügungen hatte, fand diesen Vorwand sehr glaubwürdig und gab sich damit zufrieden. Eine ungemein selige Zeit verlebte der junge Athel wold jetzt an der Seite seiner schönen Gemahlin. Er glaubte sich von Elfriede geliebt, und sie hütete sich auch wohl, ihm diesen Glauben zu nehmen. In Wirklichkeit aber wohnte im Herzen des schönen, kalten Weibes kein wärmeres Gefühl, sie war nicht fähig, zu lieben noch zu hassen — nur eins gab es für sie — das war der Ehrgeiz. Und nur weil Athelwolds Stellung hoch war, hatte sie ihn geheiratet. Die schöne Elfriede wußte nicht, was Liebe ist und lachte innerlich über die Torheit Atbelwolds. Hätte er es gewußt. — Über seinem Haupte bildeten sich jetzt drohende Wolken, von denen Athelwold freilich vorläufig noch nichts ahnte. Nachträglich nämlich war König Edgar doch noch stutzig geworden über Athelwolds sonderbares Benehmen. Er erkundigte sich weiter — nun, und er brauchte nicht lange zu forschen. Die andern Günstlinge, die schon lange neidisch auf den freundlichen und liebenswürdigen jungen Athelwold gewesen waren, sorgten auch bald dafür, daß dem König der wahre Sachverhalt nicht unbekannt blieb. Als der König die Wahrheit erfuhr, wurde er maßlos zornig und beschloß, sich an seinem ungetreuen Günstling zu rächen. — Er !ieß dem Athelwold seinen Besuch an- tündigen. Durch die-e Ankündigung wurde Athelwold aus all seiner ungen Glückseligkeit gerissen. Er warf sich seiner Elfriede zu Füßen und gestand ihr alles, und zugleich flehte er sie an. den Zorn des Königs dadurch von ihm abzuwenden, daß sie ihre L-chönheit durch schlechte Kleider verunstalte und dem König gegenüber ein linkisches Be nehmen zeige. Elfriede sah ihren Geniahl nach seinem Geständnis eine Weile sprachlos an. Dann aber versicherte sie schein bar freundlich, sie wolle ihm gehorchen. lind Athelwold glaubte ihr! Aber als der König anlangte, da trat sie ihm in herrlichen Gewändern und mit kostbaren Diamanten ge schmückt entgegen und war so liebenswürdig, wie nur je in ihrem Leben. Athelwold erbleichte; denn er hatte jetzt, nur zu spät, erkannt, daß Elfriede ihn von Anfang an grausam betrogen hatte. All ihre Liebesworte, mit denen sie ihn entzückt hatte, ! waren nichts als Heuchelei gewesen. Athelwold hatte furchtbar für seinen Leichtsinn gebüßt. Der König aber verliebte sich so heftig in die schöne Frau, daß es so kam, wie sie, die Herzlose, es heimlich wünschte. Edgar war nicht gewöhnt, sich Wünsche zu ver sagen, und da er kein anderes Mittel wußte, um zu Elfrieden zu gelangen, ließ er den unglücklichen Athelwold durch Meuchelmörder umbringen und beruhigte sein Gewissen über di? blutige Tat, indem er sich einredete, Athelwold hätte den Tod schon des Betruges wegen verdient. Elfriede wurde nun bas, was sie zu werden gewünscht hatte — die . Königin von England. Aber Edgar wurde mit ihr nicht glücklich. Das blutige Bild des unglücklichen Athelwolds i stand stets vor seiner Seele, und in der Erinnerung kamen ! ihm doch Athelwolds Handlungen viel verzeihlicher vor. ! Elfriede wurde ihm widerwärtig. Ihre L>chönheit allein konnte ihm nicht das Herz ersetzen, das ihretwillen ge- krochen war, und zuletzt bekam er einen wahren Abscheu vor dieser Frau, die ihn zum Mörder gemacht hatte. Der Gram und die Reue nahmen ihm die Lebens- ! kräfte, und nach wenigen Jahren starb er — einsam und verlassen, nur von bezahlten Dienern umgeben, denn die ! Königin hatte es nicht für nötig gehalten, sich um ihren ! sterbenden Gemahl zu bekümmern. Sie war in fröhlicher Gesellschaft auf der Jagd. (Schluß folgt.)