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Nr. ,oo. Unterhaltungs-Beilage ,9,3. zum Hoheustem-EmWaler Tageblatt Anrtsblatt. u Erscheint wöchentlich zweimal. -- Druck und Verlag von I. Ruhr Nachfolger vr. Alban Krisch, Hohenstein-rrnstthal. Vas Glück von Vetmenkorkt Roman von Marie Walter. (Nachdruck verboten., Märchen —, da habe ich am Ende wohl auch das Recht, die Rollen zu vertauschen und — und Ihnen einen Antrag zu machen." Sie sprach die Worte tapfer heraus, konnte ! es aber nicht verhindern, daß ihr dabei das Blut heiß in l18. Fortsetzung.) Santen lachte ironisch. „Weil Sie dieselbe wahr scheinlich niemals kosten werden." Sie lachte ebenfalls, aber auf ganz besondere Art. „Nein, ich werde sie ver mutlich nie kennen lernen", sagte sie, „denn " „Ah, jetzt weiß ich, was Sie mir erzählen wollen", fiel ihr Santen ins Wort, indem er die Augenbrauen finster zusammenzog. „«sie haben wahrichemlich die Ab sicht, zu heiraten. Irgendein Millionär hat um Ihre Hand geworben, und Sie möchten mir das nun auf Um wegen beibringen. O, ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Erfolg, gratuliere aufrichtig. Wir haben beide Glück gehabt." „Warum so ausfahren, Paul?" gab sie beschwichtigend zurück. „Mir hat kein Millionär einen Antrag gemacht." „Sie wollen aber heiraten?" „Vielleicht — ja." „Dann gratuliere ich . . ." „O Paul, sind Sie wirklich ganz blind?" Nora war aufgesprungen und stand so dicht vor ihm, daß ihr Kleid ihn streifte. „Hören Sie mich doch ruhig an, und unter brechen Sie mich nicht beständig mit Ihren unsinnigen Vermutungen. Vor allem also werden Sie mir die Ge schichte mit Wally verzeihen, wenn ich Ihnen beweisen kann, daß ich im Grunde nur Ihr Bestes im Auge hatte?" „Ja", nickte er, ihre Hand ergreifend. „Ich verzeihe Ihnen alles, auch ohne jede Rechtfertigung." „Nein, das verlange ich gar nicht", entgegnete sie, rascher atmend. „Habe ich Ihnen nicht einmal von einem Onkel in Amerika erzählt, der ein großes Vermögen besaß? Nun, nach seinem Tode führten meine Geschwister und ich jahre lang einen Prozeß darum, und jetzt endlich haben wir ihn gewonnen." „Ich las es in einer Zeitung", bemerkte Santen ohne besonderes Interesse. „Es hieß, die Prozeßkosten hätten fast das ganze Vermögen verschlungen." Skora lachte. „So ziemlich — ja. Immerhin blieb noch ein Rest — ein schönes Stück Land. Und da sind kürzlich mächtige Petroleumauellen gefunden worden, die uns vielleicht Millionen einbringeu werden. Was sagen Sie dazu? O, Paul,"ich bin so froh!" — Sie streckte ihm impulsiv beide Hände entgegen, während ein zärtlicher Strahl aus ihren Augen brach. Santen ergriff wohl ihre Hände, blieb aber stumm — alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. „Sehen Sie, Paul", plauderte Nora in ihrem über strömenden Glücksgefühl weiter, „ich hoffte so sehr auf diese gute Wendung und wollte deshalb nicht, daß Sie sich an ein Kind wie Wally um ihres verhältnismäßig geringen Vermögens willen wegwerfen sollten. Haben wir uns nicht oftmals versprochen, miteinander zu teilen, wenn einer von uns Reichtümer erlangen würde? Und versicherten Sie mir nicht immer wieder, daß, wenn ich nicht arm gewesen wäre, Sie nur mich zur Frau ge nommen hätten? Ich müßte das vielleicht nicht sagen, allein es ist alles so wunderbar — wie in einem;. die Wangen schoß. „Warum sagten Sie mir das nicht früher?" stieß Sauten hervor, indem er ohne zu wissen, was er tat, ihre Hände so stark drückte, daß es sie schmerzte. „O Nora, hätte ich das gewußt!" „Was kann es für einen Unterschied machen?" sagte sie mit erstauntem Blick. „Ich konnte es Ihnen nicht eher jagen, well ich es selbst noch nicht wußte. Erst vor einigen Tagen erfuhr ich, daß die Quellen so ergiebig feien. Überdies war ja auch nicht zu befürchten, daß die Sache mit Wally ernst würde." „Warum nicht?" „Erstens, weil ich Frau Delmenhorst gewarnt hatte, - und zweitens, weil Delmenhorst Ihnen wegen der heim lichen Zusammenkünfte die Tochter niemals gegeben hätte. Diese Heirat konnte Ihnen ja auch keinen Vorteil bringen, Paul, denn Sie wissen doch wohl, daß, wenn Wally ohne Einwilligung ihres Vaters heiratet, sie das Vermögen erst bei ihrer Großjährigkeit erhält. Sie ist jetzt kaum achtzehn Jahre alt, folglich hätten Sie noch drei Jahre auf die Mitgift warten müssen." „So habe ich mich für nichts ruiniert!" kam eS stöhnend über Santens Lippen. i Nora sah ihn verdutzt an. Diesen Ausruf hatte sie j nicht zu hören erwartet. Ein leiser Verdacht stieg in > ihr auf. j „Was haben Sie getan, Paul?" fragte sie, den Mem anhaltend. Er umschlang sie mit ungestümer Leidenschaft- j lichkeit. „O, Nora, bis heute wußte ich nicht, daß auch du I mich liebst. Wie ganz anders hätte sich unser Leben ge stalten können, wenn ich das geahnt hätte. O, küß mich, Geliebte! nur ein einziges Mal und sage mir das süß« Wort: Ich liebe dich! Von jeher gehörte dir mein Herz, doch ich habe es stets gewaltsam bezwungen. Du bist das einzige Weib auf Erden, das ich liebe!" Weit entfernt, vor seinem jähen Gefühlsausbruch zu erschrecken, empfand Nora momentan eine beseligende Wonne. Sie neigte sich zu Santen und gestattete ihm, einm Augenblick seine Lippen auf die ihrigen zu pressen; dann schob sie ihn sanft zurück. „So, nun weißt du es, Paul", sagte sie zärtlich, „daß ich dich unendlich liebe. Ich habe stets nur an dein Wohl gedacht. Aber weil ich dich so liebe, möchte ich nicht, daß du etwas tust oder sagst, was du nachher dein Leben lang bereuen müßtest. Er zähle mir gerade heraus, was dein Ausruf vorhin zu be deuten hat." „Er bedeutete —" schwer entrangen sich ihm die Worte — „daß ich trotz meiner Liebe zu dir heute morgen mit Wally Delmenhorst getraut worden bin." Skora trat eineu Schritt zurück. „Gekaut und mit — Wally Delmenhorst?" wiederholte sie tonlos, während tiefe Blässe ihr Gesicht bedeckte. Santen blieb stumm.