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WHÄ-ElMckl TWM Ttnrtslölcrtt. Nr. 296- Sonntag, den 21. Dezember 1913. Viertes Blatt Wort Vorbeigehen? des der Hirsch, der vom Fenster des Windbruchhau- Häuser lagen wohl im Tal, aber so abseits der ses aus morgen sein Weihnachtsbrot erhält, und Wegen Eures schlechten Gewissens! er schaut mit fragenden Augen herab zu den Das war das letzte Wort, was sich der Alte Läluüm, dtt HaL in H^n^ LrLr aus dem Stuhl mit der großväterlichen Lehne. warmen Herzen. Ha, wenn er w der er. Nachher werden sie ihre Pfeifen anzünden den ^arm durch Seine beiden Einsiedlerkollegen im Tal waren erst Mamacht vor rhnen auf dem Hrrfchfels auf das Verlöschen des letzten Lichtscheins unten am Buchsteig, recht zwei merkwürdige Käuze, eigentlich noch und von den Ahnen der Vol^chast er-^^,^ urn endlich hinaus zu klettern zum Wind- "Was sagte der Was sagte der Wald zu seinen Kindern? lange nicht reif für die stille Grütze des Waldes. die Wohl wie Eure Väter feiern Christnacht! — So sind wir nicht, daß sein Sohn, der Doktar, des „roten Ein sicherer Klang antwortet. Das sagte der Doktor, das Kind mit dem Durch den Wald rauscht es, mit Kreide, weil er sie nicht angetroffen hatte, Es hatte lange gedauert, bis der Alte vom In den Lichtglanz treten die Kinder der fragte der Alte. .Ihr sollt fest und treu zu einander stehen Strotze, daß man froh war, wenn man nicht unter Menschen brauchte. Und Menschen hatten geschüttelt, mich oder Euch? — Die Liebe der Wald in der unbefleckten! Reinheit des Neuschnees. Kittoer sollte nicht entzweien, sondern fester ver- Ein wunderbarer Sternhimmel blickt durch die kitten! — Es ist traurig, wenn Leute mit ar. dunklen Wipfel. Da fällt ein Heller Lichterglanz men, ausgebeutelten Herzen ihre Leere mit Geld durch die Stämme und weckt Millionen farbiger ausfüllen wollen. Recht in Euern Hals hinein Fünkchen im glitzernden Schnee. Aus dem Hirsch sollt Ihr Euch schämen!" ! fels steht der Weihnachtsibqum der drei Ein- Wie oft er ihnen auch den Widersinn alles Men- schenAügelns und MsnsclMwünschens „auAeift- andergelegt" Hütte, der „lange Müller" wollte Christnacht im Wald." Ich wußte, Augen an und blicken zum Alten empor, der aus dem Hirschfels steht und sein Lied in alber Andacht zu Ende singt, während es aus seinen Augen leuchtet wie aus einem Himmel, der die Sonne erwartet. „Sei mir gegrüßt, Du weihnachtliches Paar! Die heilige Nacht, die nach altem Väterglauben aller Kreatur Sprache schenkt, möge auch unseren Herzen Licht schenken und Liebe und befreien- «WU N VM. i Von Valentin Traudt. (Nachdruck verboten.) Zur Oberförsterei Wolfstein im Reichards- wald gehörten drei Försterstellen, deren Dienst- Wohnungen so tief in den Berg Wäldchen versteckt lagen, daß man sie nur ungern solchen Beamten gab, die noch Kinder zur Schule schicken mutz ten. Wenn im Winter der weite Wald im Schnee lag, war an ein Durchkommen kaum zu denken. Vom Forsthaus am Windbruch ging der Weg trifft man sich einmal, und da will man sich weltferner Höhe . . nicht ansehen, und ohne ein warmes, treues! Und sie kommen zu dem Alten, der am Wen hat die Welt mehr Hirschfels schon wartet. Schweigend liegt der Wort!" Der vom Windbruchhaus hatte gesprochen. Da reichten sich die Väter aus dem Wald neuem die Hand. „Wie kommt Ihr hierher?" „Vater, an unserem Haus stand doch ge- hier im Walde uneins wäre! „Alle paar Tage , Feier, die das Herz ergreift wie ein Wort aus Im Laufe der Jahre war es ja auch wieder Namen, schlicht und ernst, nur geschmückt mit dem zu einem guten Einverständnis gekommen, nur SWermantel unzähliger Kerzen. Am Waldrand _ . . ... ,der Kinder durfte in der Unterhaltung nicht ge-'hinter der Tannenschonung steht dann wohl auch von steil bergab und bergauf, und die anderen beiden dacht werden. - vuv x/vrrvu., vrs . - m, äl — ^m ugerer »rang anrworier. Lvom ww Braun" Tina freie, weil zum Leben in erster e Wort zuanzuhören. Und es schlingt sich eine zweite da und bitten um em frohes Fest. Linie Geld gehöre. Und der „rote Braun" hatte putzte. „Die Rechenpfennige der Welt ^rlenreihe von Tönen ein, getragen und tief.! Das sagte der Doktor, das K stolz gesagt, seine Tochter brauche sich nicht weg- ^um ou ryr mcy-l verleiden. Die Liebe ist nahe. warmen Herzen der Fichten, unter zuwevfen und bekomme eine so seine Ausbildung, Nun hatte er sich auch wieder durch die Durch den Wald rauscht es, und dann boren worden war, und schloß dat daß sie den Rechten wohl glücklich machen könne. Schneewehen seines Berges gekämpft und ihnen kommt es wie Tritte der Menschen. warmen Herzen der Fichten, unter denen esge- und dann'boren worden war, und schloß das seit Jahren geliebte Mädchen in seine Arme. - „ , . . _ . .... Niemand wagte ein Wort, und in dem Windüruch die beiden Kollegen wieder versöhnt an die Tür geschrieben: „Christnacht im Wald".-beiden Männer aus dem Tal, ein herrliches Schweigen einten sich der kleinen Gemeinde Bit- hatte. Das fehlte auch gerade noch, datz man' Also wieder wie seit Jahren die seltsame Paar. Und die Väter schauen es mit freudigen ten und Wünsche. °°m »mdbmch .u d» Sache «laubt HM-; mL das" °n« K-^7 m nicht nötig. Der oben am Windbruch hatte alles ^ar ^tt hartem Tone undso blitzenden j^^m^ Sprache und Weisheit schenkt. Und dann 'Mütttr"^ ^Die SebniuM bat mick aeru- in der Welt verloren, Frau und Kind und Habiten gesprochen worden, datz es den beiden der Alte mit seiner tiefen Stimme, die A Sehnsucht hat mich gern und Gut, und wenn er abends dem Zuge der puderen ständig dur^ dse Seele gmg wie em^^ eme Domglocke klingt, das Lied von der ' Wolken nachschaute, die bergabwärts zogen, dann )e^ss Wetterleuchten. Dieser Alte mit den Rose, die entsprungen ist an einem Reislein, »Und an unserem Hause stand genau das- hockte .ein Dackel als bester Freund neben ihm ' ^^^hu^ten Mienen, dem klaren Verstand und selbe", sagte das Mädchen. „Und da wagte auch Nachher werden sie ihre Pfeifen anzünden den Gang durchs die Nacht und traf Ewald » bi- einst hier dem goldenen Baldur ge- z^s wo ein' A^r^ftch wLt. . opfert hatten, oder wenn er sie zur Sommersonn- ^r Alte singt! - Fern antwortet das »Ihr sollt fest und treu zu einander stehen wende in Mnen Berggarten geladen hatte und ^cho, die Seele des Schweigens. - Aber was wie unsere Könige über dem Windbruch, tch E. demGluck, das m Nacht verßnkr, erschut- das? - Ein Schauer ergreift die Männer! kein Sturm zu knicken vermag. Geht hinaus, ternde Bilder malte; dann mußte man chn als - - - — - - — ----- m ---- Nl oelslsssene Setzövcs. Roinan von H. Courths-Mahler. Ij tNachdruck verbotrn). Frau Marianne Limbach ging langsam den schmalen Waldweg entlang, der neben der Fahr straße von Wollin nach Reßdorf lief. Sie trug eine ihrer raffiniert eleganten Toiletten, die zwar sehr duftig und reizvoll war, aber für einen Wald- spazieqgang doch nicht recht geeignet erschien. Aber Frau Marianne liebte es, sich unter allen Umständen zu schmücken und große Toilette zu machen. Wozu war sie auch eine schöne, junge Frau? Wozu hatte sie einen Mann ge heiratet, bei dem das Geld leine Rolle spielte? Wenn bei dieser Heirat nicht wenigstens Luxus und Wohlleben hercmsgesprungen wäre — lie ber Gott — dann hätte sie doch wahrlich nicht aus chrem Herzen eine Mördergrube machen brauchen, oann hätte sie doch damals nicht dem hübschen, interessanten — und ach — so lieben Hans von Retzdorf die Treue zu brechen brau chen, um sich, statt mit ihm, mit einem so — nun ja — mit einem so herzlich unbedeutenden, etwas derben und spießbürgerlichen Gatten zu vermählen. Leicht war ihr das damals wirk lich nicht geworden — nein — ganz gewiß nicht. Sie »hatte sogar ein wenig geweint und sich mindestens acht Tage sehr unglücklich gefühlt, jawohl. Und wenn Hans von Retzdorf nur halb fo reich gewesen wäre wie Kurt Limbach, dann wäre sie ihm ganz sicher treu geblieben. Aber so — nein, das war eben unmöglich gewesen, ganz unmöglich. Hart .genug war es ihr ange- kommen, den armen lieben Schelm aufzugeben, als es herauskam, daß sein Oheim, als dessen Erbe er sich betrachtet hatte, auf seines alten Tage noch eine Ehe geschlossen hatte. Das war kurz darauf gewesen, nachdem sie sich im Wolliner Park heimlich den Ver lobungskuß gegeben hatten. Und da hatte sie glücklicherweise so viel Vernunft bHaften,. von ihm zu verlangen, datz ihre Verlobung noch ge heim bleiben solle. Und als dann Hans Retz- dorfs Onkel ein Kind geboren wurde und gar keine Aussicht mehr blieb aus bessere Zeiten, da mutzte sie noch vernünftiger sein. Wie konnte sie da auch noch an eine Hei rat mit ihm denken? Er besaß nichts als ein verschuldetes Stammschloß, in dem die Mäuse den Hungertod starben, und sie? Ach du lieber Gott, sie hörte zu Haus von früh bts spät das Klagelied um die schlechten Zeiten. Ihre Eltern waren ganz arm geworden. Wollin, das väter liche Gut, stand dicht vor dem Ruin, und die Gläubiger wollten es versteigern, um zu ihrem Gelds zu kommen. Und da kam Kurt Limbach, der Sohn des Millionärs Limbach, aus der Stadt heraus, um sich Wollin anzusehen und eventuell zu kaufen. Dabei verliebte er sich rettungslos in sie und bot ihr seine Hand an s Was sollte sie da anders tun? Sie fürch tete sich doch so namenlos vor dem Elend — vor der Armut. Und die Eltern taten ihr auch' leid, die Eltern und die kleine Schwester. Da gab es doch keine anders Wahl für sie, als Hans Retzdorf den Laufpatz zu geben und Frau Lim bach aus Wollin zu werden. Ach Gott, waren das schlimme Zeiten ge wesen. Hans wollte keine Vernunft annehmen, wollte nicht aus sie verzichten. Ganz schrecklich war er in sie verliebt gewesen. In allem Ernst hatte er davon gesprochen, datz er für sich und Marianne arbeiten und eine Existenz gründen wolle. Als ob das so leicht wäre! Und was für eine Existenz hätte das werden sollen? Der arme liebe Narr. — was hatte sie für Not ge habt, ihn zu bemhigen. Ganz wild und von Sinnen war er schließlich davvngestürmt. Aber Gott sei Dank, sie war vernünftig geblieben. Und nun war sie schon seit fast zehn Iah- ren die gefeierte Frau Limbach auf Wollin. Ihre Eltern hatten nicht in die Verbannung zie hen müssen, sie waren friedlich in altgewohnten und außerdem sorglosen Verhältnissen in Wollin geblieben bis zu ihrem Tode. Und Käthe, ihre acht Jahre jüngere Schwester, die hatte heute noch in Wollin ihre Heimat. Gar gut und schön hatte sich ihr Leben gestaltet, und sie war so zufrieden und froh. Freilich, ein bißchen langweilig war der gute Kurt, uuh zuweilen siel er ihr mit seiner unentwegten, unwandel baren Liebe, die er oft recht geräuschvoll be wies, ein wenig auf die Nervsn. Und da gefiel sie sich dann darin, nach irgendwas und irgend wem Sehnsucht zu empfinden. Manchmal dachte sie dann auch voll träumerischer Wehmut an Hans Reßdorf und redete sich allen Ernstes ein, datz sie ihn sehr geliebt habe. Er hatte damals voll Groll und Schmerz das baufällige Schloß seiner Ahnen verlassen, hatte stolz dem Oheim, der ihm als Almosen eine bescheidene Zulage verstieß, erklärt, daß er darauf verzichte und sich sein Brot selber ver dienen wolle, hatte den Rock des Königs, den er trug, ausgezogen und war in die weite Well gegangen. So viel sie wußte, hatte er über dem großen Teich ein neues Leben anfangen wollen. Wenn Marianne Limbach ganz ehrlich hätte gegen sich sein wollen, dann hätte sie sich einge stehen müssen, datz sie schon seit Jahren gar nicht mehr an Hans ResOors gedacht hatte. Zehn Jahre sind eine lange Zeit, wenn man eche schöne, reiche, viehgefeierte und angebstete Frau ist. Aber gestern abend war sie an ihn erinnert worden, und nun bildete sie sich ein, daß sie ihn nie vergessen habe. Sie dekorierte sich mit dieser Liebe, die einst ihr neunzehnjäh riges Dasein verschönt hatte, wie mit einer neuen Robe, und prüfte kokett, wie sie ihr zu Gesicht, stand. Ach, sie war mit ihren neunund zwanzig Jahren viel schöner, als sie mit neun zehn gewesen war. Das wußte sie ganz genau. Und es gelüstete sie, zu erfahren, wie sie heute in ihrer vollerblllhten Frauenschöne auf Hans Reßdorf wirken würde. Nach zehnjähriger Abwesenheit war er wieder heimgekehrt. Herr von Diesterfeld, die liebendige Chronik der Umgegend, hatte es in Wollin bei der Abendtasel als größte "Neuigkeit erzählt. Uober den Tisch herüber hatte er ihr zugerufen: „Was sagen Sie dazu, meine verehrte gnä- dige Frau, der „verflossene" Reßdors ist wieder im Lande?" Der „verstossene" Reßdorj! Wie seltsam ihr diese hämische Bezeichnung in den Ohren geklun gen hatte. „Der verflossene Retzdorf". Das war, als ob er nur der Vergangenheit angehörte, als ob er gar keine Daseinsberechtigung mehr hätte. Interessiert hatte sie Diesterfeld, den sie sonst als „faden Schwätzer" bezeichnete, zuge hört. Er erzählte niit grotzer Wichtigtuerei, datz Hans von Retzdorf als genau der arme Schlucker zurückgekehrt sei, als der er vor zehn Jahren ausgezogen war. Ziemlich reduziert solle er aus gesehen. Diesterfeld hatte ihn freilich nur von weitem gesehen. Und schon seit vierzehn Tagen sollte er wieder in seinem halbverfallenen Schlosse wohnen, in dem bisher nur der alte Gottsried, ein alter, treuer Diener der Familie Retzdorf, mit seiner Frau gehaust hatte. Marianne Limbach Hatch ein prickelndes Gefühl in den Adern. Retzdorfs Heimkehr war doch einmal wieder ein interessantes Erlebnis in der stagnierenden Stille ihres behaglichen Wohllebens. Datz er bereits seit vierzehn Ta gen zurückgekehrt war, ohne sich in Wollin sehen zu lassen, das ließ nur zwei Deutungen zu. Ent weder liebte er sie noch immer, oder er grollte ihr noch ob ihres Treubruchs. Eine andere Deu tung ließ ihre Eitelkeit nicht zu. Sie muhte nun unbedingt zu ergründen su chen, was ihn von ihr und Wollin, wo er frü her so oft und gern gewesen war, fern hielt. Und da der Prophet nicht zum Berge kam, so kam der Berg einfach zum Propheten. Frau Marianne machte sich also verführerisch schön und opferte für diesen Gang eine von ih ren neuen Pariser Frühjahrstoiletten. Und nun war sie auf dem Wege nach Schloß Retzdorf. Offiziell ging sie natürlich nur ihrer Schwe ster Käthe entgegen, die in der Meierei aus dem zu Wollin gehörigen Vorwerke mit dem Pächter etwas zu verhandeln hatte. Der Weg nach die sem Vorwerk führte am Reßdorser Schlosse ziem lich dicht vorüber. Auch sich selbst gestand es Frau Marianne nicht ohne weiteres ein, daß sie ein wenig mit dem Feuer spielen wollte. Gerade jetzt war es etwas sehr langweilig in Wollin. Frau Mariannes letzter Flirt, ein schlanker, hübscher Mttmeister aus' der nassen Garnison, war eben versetzt und somit aus ih rer Nähe verbannt worden. Für eine neue Akquisition auf diesem ihr geläufigen Gebiete hatte sie sich noch nicht erwärmen können. Issr Herz war also sozusagen frei — und Hans Retz dorf hatte Chancen. Mir ihn sprach die Erin nerung an eine holde Jugendschiwärmersi. Außer dem war er bei weitem der interessanteste Mann gewesen, der issr je begegnet war. Was lag da näher, als daß sie Verlangen danach hatte, ihn wiederzusehen. Ein kleines Gruseln hatte ihr allerdings Diesterfelds Behauptung eingeflötzt, daß der „ver flossene" Retzdorf ziemlich reduziert aussehen sollte. Schlecht gekleidete Menschen waren ihr unangenessm. Aber Diesterfeld übertrieb immer. Arm war Hans Retzdorf immer gewesen und seine Zivilanzüge hatte er auch früher nicht von einem ersten Schneider bezogen. Trotzdem Hatto er auch darin eine schneidige Figur gemacht. Er gehörte eben zu den Männern, deren Persön lichkeit stets über den Anzug dominiert. Das konnte sich doch nicht so ganz und gar geändert haben. Und außerdem — vornehmer und hüb scher würde er auf alle Fälle aussehen, als ihr geliebter Kurt im elegantesten Dreß, den ihm sein englischer Schneider lieferte. Ja, ja — ein bißchen arg unelegant fah er aus, der gute Kurt. Aber — das war eben nicht zu ändern. Ein guter, bequemer Gatte blieb er darum doch, der sie nach ihrer Fasson selig werden ließ, sie verwöhnte und vergötterte und issr jeden Wunsch von den Augen absah. Man mutzte da schon ein Auge zudrücken. In solchen Gedanken versunken, schritt die schöne Frau, sich graziös in den Hüften wie gend, auf dem Waldweg dahin. Ihre braunen, von goldigen Wimpern umsäumten Augen blick ten forschend umher. Sie war jetzt nahe an das Retzdorser Schloß herangekommen. Zuweilen sah man schon das graue Gemäuer durch das mai- ensrische Laub der Bäume schimmern. Nun kam sie an einen Weg, der, von dem ihren abzweigend, direkt aus das Schloß zu- sührte. Wenn sie der Schwester wirklich entge gengehen wollte, mutzte sie diesen Weg rechts liegen lassen und den ihren weiter verfolgen. Das war jedoch nicht nach ihrem Wunsche. Dicht an das Schloß wollte sie Herangehen, um, wie sie hoffte, Hans Retzdorf zu sehen. Man konnte ja vielleicht großen Durst Vorschüßen und sich von dem alten Gottfried seiner Frau ein Glas Wasser ausbitten. Das sah unverfäng lich aus — es war heute so warm. Sie brauchte sich ja nur den Anschein zu geben, den alten Leuten gegenüber, als wisse sie nichts von der Rückkehr des Herrn von Retzdorf. Unschlüssig stand sie eine Weile am Scheide weg. Dann hob sie entschlossen den Kopf. Sich aus Vernunftsgründen oder moralischem Beden ken einen Wunsch zu versagen, lag nicht in ih rer Art. Noch ein prüfender Blick flog durch Pen Wald, ehe sie den Fuß hob, um nach dem Schlosse zu gehen. Aber dieser Blick hielt sie von dem entscheidenden Schritte zurück. Sie zuckte ein wenig zusammen und blieb stehen. Vor ihr, nur wenige Schritte von issr entfernt, stand mit untergeschlagenen Armen ein Mann an einem Baum gelehnt und wendste ihr sein Gesicht zu. Der Mann war ziemlich groß, von schlan ker, sehniger Gestalt, und hatte ein bartloses, scharf markiertes Gesicht, dem Lust und Sonne einen Hellen Bronzeton geheben hatten. Dieses charakteristische Gesicht mit dem festen, energi schen Kinn, der geraden, feinen Nase und den tiefliegenden grauen Augen war von einem wei chen Filzhute beschattet, der weder neu noch ele gant aussah. Ebensowenig konnte der graue Lodenanzug Anspruch au s diese Eigenschaften erheben, obwohl er von gutem Schnitte war. Und doch machte der Träger dieses überaus be scheidenen, beinahe ärmlichen Anzugs einen durch aus vornehmen, distinguierten Eindruck. Das lag aber viel mehr an der Persönlichkeit als an den Nllidern. (^orisetzung solgt.)