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nr. ws. Unterhaltungs-Beilage . ms. zuw Hohenstem-EmMaler Tageblatt Tlrntsblatt. — Erscheint wöchentlich zweinral. >»- Druck und Verlag von Z. Ruhr Aachfolger vr. Alban Krisch, Hohenstein-Lrnstthal. Vas Glück von velmenkorU Roman von Marie Walter. (18. Fortsetzung.) „O Paul", rief sie vergnügt, »rate, wer mich besucht bat! Es war wie ein Gruß aus der Heimat! Ich habe fast geweint, als ich sie sah — so froh war ich! Nun rate, wer zu mir kam!' »Deine Stiefmutter?"' ,O nein, sie ist ja nicht hier. Nein, jemand, den du früher gut kanntest. Sie sagte nur, ihr wäret seit vielen Jahren miteinander befreundet/ Santen fuhr jäh auf. »Doch nicht — —" Der Name erstarb ihm auf den Lippen. Ein rätselhafter Aus druck trat in seine Augen, und die Fallen aus seiner Stirn vertieften sich. Wally merkte das jedoch nicht: mit einem Anklang ihrer Heiterkeit aus früheren Tagen fuhr sie eifrig fort: »Nora von LarSfeld! Na, waS sagst du dazu, Paul? Sie hat furchtbar viel Geld, erzählte sie mir, und ein prachtvolles Haus am Tiergarten/ »Und sie kam nur hierher, um sich an unserer Armut zu weiden!" knirschte Santen ingrimmig, während dir Adern an seiner Stirn hoch anschwollen. ,O, wie kannst du so etwas von ihr Lenken, Paul!" entgegnete Wally, ein wenig eingeschüchtert, obgleich sie nicht begriff, weshalb er so böse auSsah. »Sie kam nur aus Freundlichkeit; weil ich hier niemand kenne, dachte sie, ich langweilte mich. Sie hat mich für morgen zu einer Spazierfahrt eingeladen und übermorgen zum Tee, um mich einigen ihrer Bekannten vorzustellen. »Davon kann keine Rede sein", unterbrach Santen sie barsch. „Ich wünsche nicht, daß du mit Nora von LarS feld verkehrst." „Weshalb nicht?" stotterte Wally, erschrocken über feinen heftigen Ton. »Weit ich nicht will." »Ich dachte, ihr wäret befreundet", wagte Wally ein- zuwenden. »Befreundet? Was geht daS dich an? Du wirst nicht zu Nora von Larsfeld gehen. Ich erlaube es nicht." »Ich habe ihr aber versprochen zu kommen", ent gegnete Wally, deren Augen sich rasch mit Tränen füllten. .Ich habe mich so sehr darauf gefreut, Paul, denn ich sehe ja niemand und sitze fast immer zu Hause." Santen stieß einen leisen Fluch auS, der die arme junge Frau noch mehr erschreckte. „Wirst du mir ge horchen oder nicht?" fragte er mit ungewohnter Härte. Sein tyrannisches Benehmen reizte Wally jetzt zum Widerspruch. „Gewiß nicht, wenn du so häßlich fluchst", sagte sie entrüstet. »Du wirst tun, waS ich dir befehle", stieß er drohend hervor, „einerlei, ob eS dir paßt oder nicht. Ich dulde keinen Ungehorsam von dir. Ohne meine Erlaubnis gehst du nicht zu Nora von Larsfeld, verstanden?" »Sie verkehrte im Hause meines Vaters, lange ehe ich dich kennen lernte", rief Wally, alle Selbstbeherrschung verlierend, »ich sehe daher nicht ein, weshalb ich sie nicht besuchen soll." Kaum hatte sie die Worte gesprochen, als sie sie schon bereute, denn Santen stand mit geballter Faust, als wolle (Nachdruck verboten.) er sie schlagen, vor ihr. Er besann sich jedoch eines anderen. Die dunkle Zornröte aus seinem Gesichte wich einer fahlen Blässe; gewaltsam zwang er sich zur Ruhe. „Du stehst es nicht ein?" stieb er mit beißender Schärfe zwischen den Zähnen hervor, „nun. so will ich es dir erklären. Ich sagte dir einmal, daß es eine Frau gäbe, der meine Liebe gehöre. Willst du wissen, welcher? Nicht dir, wie du dir eingebildet hast, sondern — Nora von Larsfeld. Wäre sie nur eine Woche früher in den Besitz ihres Reichtum» gelangt, so hätte ich sie statt deiner geheiratet. Ich wünschte, ich hätte et auch ohnedem ge tan, denn ich liebe sie noch immer. So — jetzt weißt Lu, weshalb ich dir verbiete, mit Nora von LarSfeld zu ver kehren." Ohne ein weiteres Wort verlieb er daS Zimmer, während Wally völlig niedergeschmettert daS Gesicht in die Hände barg und in bitteres Schluchzen auSbrach. Das also war daS Ende ihres LiebeLtraumet — kaum vier Monate nach ihrem Hochzeitstag. Nora von Larsfeld war nicht wenig erstaunt, als sie am folgenden Morgen ein kurzes Billett von Wally er hielt, worin diese ihr mitteilte, sie sei verhindert, die Ein ladung zu der Spazierfahrt anzunehmen. Sie gab weder einen Grund für ihre Absage an, noch drückte sie ihr Be dauern darüber aus. „WaS soll denn daS bedeuten?" fragte sich Nora ärgerlich. „Hat sie gar keine Lebensart, mir in solcher Weise zu schreiben? Oder — sollte Paul ihr gesagt haben, wie er und ich früher zueinander standen? Ich kann es kaum glauben. Trotz feiner groben Fehler würde er so etwas mwt tun." Am Abend sah sie ihren Vetter Seebach in einer Ge sellschaft. „Ich habe mein Versprechen gehalten, Max", sagte sie zu ihm, „ich war bei deiner kleinen Freundin." „Du bist das goldenste Herz der Welt!" prieS sie der junge Leutnant. „Mach dir aber keine Erwartungen davon", fuhr Nora fort. »Wally hat mich nicht gern." »DaS ist unmöglich!" widersprach Max energisch. „Aber doch wahr. O, ich kenne viele, die mich nicht leiden können; doch daS schadet nichts. Ich werde trotz dem für Wally tun, was in meinen Kräften steht, und wenn sie nicht zu mir kommen will, so kann ich andere veranlassen, sie zu besuchen und mit ihr zu verkehren." Ich verstehe nicht, weshalb sie dich nicht besuchen mag, bemerkte Seebach kopfschüttelnd. Nora zuckte die Achseln. „Vielleicht, weil ich sie zu sehr an die Vergangenheit, an ihre Heimat erinnere. Vielleicht den« sie auch, daß ich es mit ihrer Stiefmutter halte. Delmenhorsts Frau ist wirklich ein sympathisches Wesen, nur war sie nicht er fahren genug, seine Kinder im Zaum zu halten. Gustav vergöttert sie allerdings; er ist ein guter Junge, wenn auch ein wenig charakterschwach." »Lebt er mit seinen Ellern?" . ..