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06-Sechstes-Blatt Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 14.12.1913
- Titel
- 06-Sechstes-Blatt
- Erscheinungsdatum
- 1913-12-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-19131214066
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-1913121406
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-1913121406
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-12
- Tag 1913-12-14
-
Monat
1913-12
-
Jahr
1913
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WMMnMel NgM 21intsk>lcrtt. ^-7-7—1.— --. .^. " . , -- ,, : . . , .... . -»'! > Nr. 290. Sonntag, den 14. Dezember 1913. Sechstes Blatt. Deutscher Nejchstser. Sitzung am 12. Dezember 1913. Nach Erledigung einiger kurzer Anfragen wird die Uebereinkunst über Maßregeln gegen Pest, Cholera und Gelbfieber angenommen. Zur zweiten Lesung steht der Antrag Bassermann (Natl.) aus Gewährung vlon zwei Millionen zur Beteiligung Deutsch- la » ds an der W e l t a u s st e l l u n g in San Franzisko. Abg. Bassermann (Natl.) berichtet, daß nach den Verlzandlungen der Budgetkommis sion, den Erklärungen der Regierungsvertreter und mit Rücksicht auf die ablehnende Haltung der Hanoelstammern ein Beschluß nicht gefaßt werden konnte und daher dem Plenum die Zu stimmung zu der Vorlage nicht empfohlen werden kann. Geheimrat Lewald: Es sind in der An gelegenheit die folgenden Punkte zu berücksichti gen: Bei den früheren Ausstellungen in Amerika, in Chicago und St. Louis, standen achtzehn Monate zur Verfügung, und dabei hat es der äußersten Anstrengung bedurft, um mit den Ar beiten rechtzeitig fertig zu werden. Bei der Ausstellung in San Franzisko stehen nur vier zehn Monate und eine Woche zur Verfügung. Es fehlen also gegenüber den beiden früheren Ausstellungen vier Monate. Dazu kommt die außerordentliche Entfemung. Wenn ein guter Eindruck nicht erweckt wird, ist die Ausstellung wertlos. Die Kosten für den Bau des deutschen Hauses sind zu niedrig angeschlagen worden. Eine Million genügt nicht. Das deutsche Haus in St. Louis hat 1 600 000 Mart gekostet; das müßte zum mindesten wieder aufgewendet wer den. Zu berücksichtigen sind die hohen amerikani schen Stundenlöhne, die inzwischen noch höher geworden sind. Dazu kommen die erhöhten Ver- sichemngssummen in Amerika. Auf Grund aller dieser Erwägungen ist man im Reichsamt des Innern zu der übereinstimmenden Entschließung gekommen, daß die Sache unter fünf Mil lionen nicht zu machen ist. Präsident Dr. Kaempf erklärt darauf, daß der Antrag zurückgezogen wor den ist. Es wird weiter fortgesetzt die e r st e Le sung des Etats (5. Tag). Abg. Behrens (Wirtsch. Vgg.): Der Rückgang der Einnahmen aus der Branntwein steuer ist ein gewichtiger Fortschritt der Volks wohlfahrt. Wichtiger als der Arbeitswilligen schutz erscheint uns ein besserer Schutz vor Be leidigungen durch die Presse. Abg. Setz da (Pole): Daß der Reichs kanzler das Mißtrauensvotum so geringschätzig behandeln konnte, ist beschämend. Die auswär tige Politik hatte Konfliktstoff genug. Die Bal kankämpfe find ein Menetekel für alle Völker, die nationale Minderheiten unterdrücken, wie Preu ßen das tut. (Vizepräsident Dr. Paafche r ii g t den Ausdruck.) Abg. Alpers (Welfe): Die Welfen er kennen die Lösung der braunschweigisclM Frage an, aber Hannover ist nicht Braunschweig, und sie werden weiter für die Wiederherstellung des Königreichs kämpfen. Dann kommt der dritte Sozialdemokrat Dr. David zum Wort. Er ist im allgemeinen maßvoll, verfällt aber doch, weil er von einem „sogenannten Reichskanzler" spricht, einer sehr entschiedenen Rüge des Präsidenten Dr. Kaemps, der zugleich unter lebhaftem Beifall der Rechten sozialdemokratische Zwischenrufe für ordnungs widrig erklärt. Wider Erwarten greift Reichskanzler v. Bethmann Hollweg noch einmal in die Diskussion ein und sührt. etwa folgendes aus: Die Darlegungen des Adg. Dr. David widerlegen keineswegs die Behauptung, daß die Sozialdemokraten auf eine Verkehrung der ver- sassunzsmätzigen Gewalten abzielen. Dr. David yat meine Befürchtung, daß eine Kluft zwischen Armee und Volk sich au sinn könnte, als unbe gründet bezeichnet, dagegen behauptet, daß eine solche Kluft schon bestaht zwischen Offizieren und Mannschaften. (Lebhafte Ruse bei den Sozial demokraten: Sehr richtig!) Meine Herren! Ihre Zwischenrufe beweisen nur, daß sie von den Verhältnissen keine Kenntnis haben. (Lebhafter Beifall rechts, Umlüfte links.) Nirgends wird so großer Wert auf ein gutes Verhältnis zwischen Offizieren und Mannfchaften gelegt wie in unse rer Armee. (Widerholter Beifall und Wider spruch.) Die gestrige Rede des Abg. Erzberger die ich nicht gshört und erst heute kennengelernt habe, zwingt mich, noch einmal auf die Vor gänge in Zabern einzugehen. Lesen Sie doch die Geschichte unserer Kriege. Da werden Sie finden, daß gerade dieses gute Verhältnis unserem Heere seine Stärke verliehen hat. Er innern Sie sich doch, wie zu den Stiftungsfesten der Regimenter Tausende von „alten Leuten" gekommen sind. Das wäre doch nicht möglich, wenn sie sich im Dienst nicht wohlgesühlt hätten. Ich halte es für verhängnisvoll, wenn die So zialdemokraten versuchen, Unfrieden in die Ar mee zu tragen. (Lebhafter Beifall und Wider spruch.) Aber sie werden damit auch kein Glück haben. Die Versuche werden an dem gesunden Sinne der Mannschaft scheitern. Der Abgeord nete hat gesagt, statt Recht und Gesetz zu wah ren, hätte ich ungesetzliche Gewalt verteidigt und beschönigt. Er hat weiter gesagt, in dem Miß- billtgungsvotum sei ein politisches Urteil gefällt worden. Es müsse verlangt werden, daß Recht und Gesetz gewahrt werden, und zwar in erster Reihe von den öffentlichen Gewalten. Ja, das ist doch von mir wiederholt schon am Montag voriger Woche und am Mittwoch betont wor den, und, meine Herren, darin gebe ich Ihnen recht: Ein Reichskanzler, der diesen Grundsatz nicht beachten wollte, müßte fort von seinem Plathe. Ich habe hervorgehoben, daß geschehe nes Unrecht seine Sühne im geordneten recht lichen Verfahren finden müßte. Ja, habe ich mich etwa einem solchen Verfahren widersetzt? Ich habe dann iveiter gesagt, die Armee müsse sich gegen direkte Angriffe wehren, das ist ge setzliches Recht. Aber ich habe hinzugefügt, daß von einem gewissen Zeitpunkt ab die gesetzlichen Schranken überschritten worden seien. Abg. Erz berger ist dann aus meine Aeußerungen über die mangelnde Homogenität der Mehrheit, die das Mißbilligungsvotum angenommen hat, zurück gekommen. Meine Aeußerung war durchaus nicht gegen die bürgerlichen Parteien gerichtet, sondern ich wollte feststellen, daß die bürger lichen Parteien sich von der Sozialdemokratie scheiden und den Sturmlaus der Sozialdemokra tie gegen die Rechte des Kaisers nicht mitmachen wollen. Meine Herren, ich erkenne durchaus die sachlichen Motive an, aus denen von bürgerlicher Seite hier für Recht, und Gesetz eingetreten wor den ist. Um so entschiedener aber muß ich mich dagegen verwahren, wenn mir vorgeworfen wird, daß ich das nicht getan hätte. (Beifall rechts.) Abg. Hoff (fortschr. Pp.): Ich konsla tiere, daß der Reichskanzler nicht das Miß trauensvotum auf die leichte Schulter genom men hat, wie es zuerst aussah, uno daräm will ich mich darüber nicht weiter äußern. Ueber fremde Wahlhilfe zu sprechen, hätte doch die Rechte am allerwenigsten Anlaß, sie ist ja zum größten Teile nur durch Zentrumsh-ilfe in den Reichstag eingezogen. Die wirisch.Ptspolittschen Fragen beurteilen wir von dem Standpunkte aus, daß die einheimische Viehzucht im Inter esse der Fleischversorgung des Volkes gehoben wird. Unter Caprivis Kanzlerschaft hat der Viehbestand erheblich zugenommen. Später war eine wachsende Abnahme zu konstatieren, ja man könnte von einem Zusammenbruch der Viehwirt schaft sprechen. Die Ausdehnung des Groß grundbesitzes hat die Entvölkerung des platten Landes und somit die Hereinzichung großer Massen ausländischer Arbeiter zur Folge gehabt. Selbst diese Beschaffung sremder Arbeiter macht immer größere Schwierigkeiten. Nur eine groß zügig angelegte innere Kolonisation kann hier Mhilse schaffen. Abg. Blos (Soz): Es könnte den An schein erwecken, als ob ganz, Braunschweig srph- locke ob der Regelung der Thronfrage. Die große Masse der dortigen Bevölkerung ist aber ganz anderer Meinung als die paar Kammerher ren. Wenn die Braunschweiger ein so kern deutsches Volk sind, so hätte die ganze Frage nicht nach dem Hammelherdenstaatsrecht gelöst werden dürfen. Die Haltung der Welfen soll nach der Erklärung des braunschweigischen Bun- desratsvertteters immer loyal gewesen sein (Heiterkeit.) Mit der Legitimität im braun- ichweigischeii Hause ist es eine besondere Sache. Die Welfen in Braunschweig sind die Welsen aalglatt, so daß man mit ihnen nicht konkur rieren kann. Wenn man sagt, Braunschweig habe ein Recht aus einen Herzog, so hätte man zunächst das Recht aus ein besseres Landtags wahlrecht anerkennen sollen, das jetzige ist schlechter als das in Preußen. Wir protestieren gegen die uns aufgeheimteten Kinder. (Große Heiterkeit.) Nach einer Auseinandersetzung des Abg. Kopsch (fortschr Vp.) mit dem Abg. Dr. Oertel (konf.) schließt die Debatte. Persönlich bemerkt Abg. Erzberger (Ztr.): Ich habe dem Reichskanzler nicht vor geworfen, er beschönige Ueberschreitungen von Recht und Gesetz. Ich habe nur gesagt, der Reichskanzler habe in einen, besinn nten Punkt zum Schutz des Rechts versagt, und oas halte ich aufrecht. Nach weiteren persönlichen Bemerkungen der Abgg. Behrens (wirtsch. Vgg.) und Dr. David (Soz.) wird der E t a t a n die B u d g e t k o m m i s s i o n verwiesen. Darauf folgt die Interpellation der Sozialdemokraten, betreffend Ablehnung des Abg. Dr. Liebknecht als Mitglied der R ü st u n g s k o m m i s s i o n. Abg. Ledebour (Soz.): Die Ein- zetzung der Kommission ist zurückzusühren auf die gerichtlich auchedeäte Korruption in der Lieferung unserer Rüstungen. Gerade der Abge ordnete Liebknecht hat durch seine Enthüllungen den Stein ins Rollen gebracht. Wir hatten ge glaubt, er würde sich damit den Dank der Negie rung verdienen und vielleicht den Roten Adler- Orden 4. Klasse bekommen. (Große Heiterkeit.) Die Regierung erhob ja von Anfang an Beden- <en gegen die Zuziehung von Abgeordneten iir die vom Reichstag beschlossene Kommission, trotz dem bei ein-.r früheren ähnlichen Veranlassung, chls es sich um die Aufdeckung von Unregel mäßigkeiten in Deutsch-Südwestafrika handelte, diese Bedenken nicht bestanden. Schließlich er klärte sich Herr v. Bethmann in einem Schrei ben, das Dr. Delbrück verlas, bereit, aus die Wünsche der Parteien einzugehen. Das kann nichts anderes bedeuten, als daß die Regierung die vom Reichstag bezw. den einzelnen Par teien gemachten Vorschläge akzeptieren wollte. Ich glaube, daß der ganze Reichstag das- Schrei ben des Reichskanzlers so ausgefaßt hat. Unsere. Fraktion schlug mm der Regierung den Abge ordneten Noske und einen anderen vor; mit, Noske waren wir einverstanden, für den ande ren wollten wir den Abgeordneten Liebknecht haben, weil er uns als der am meisten Sach verständige und geeignetste erschien. Letzterer wurde aber von der Regierung abgelehnt, weil er voreingenommen sei und in der Oeffenttich- t'eit eine zu prononcierte Stellung einnehme. Gerade die Sachkenntnis macht doch aber den Abgeordneten Liebknecht am meisten für diese Kommission und deren Untersuchungen geeig net. In der Presse war behauptet worden, um den Abgeordneten Liebknecht anzuschwäbzen, er. wäre wegen Landesverrais verurteilt worden. Das ist erlogen. Liebknecht ist wegen Vorberei tung eines hochverräterischen Unternehmens mit Festungshaft belegt worden. Das ist keine ent ehrende Strafe Da über Len Abgeordneten Liebknecht keine Einigung erzielt wurde, berief die Negierung den Abgeordneuen Noske in die Kommission. Da lehnten wir im Hinblick auf unser Reichstagsrecht es ab, uns überhaupt an der Kommission zu beteiligen. Die Parteien sollten sich auch hier, wie bei der Zaberner An gelegenheit, aus unsere Seite stellen, da es sich um die Verteidigung eines bereits ausgeübten und uns neuerdings zugeiicherten Rechts des Reichs.ags handelt. (Bravo! bei den Soz.) Staatssekretär Dr. Detbrü ck: Zwischen Sem Schreiben des Reichskanzlers und der Ab lehnung des Abgeordneten Liebknecht besteht kein Widerspruch. In dem Zusammenhang damals konnten diese Worte nur de» Sinn haben, daß der Reichskanzler mit dem Reichstag in Ver bindung treten wolle, daß aber weder dem Reichstag noch den einzelnen Fraktionen ein Mftbestimmunzsrecht eingeräuml werden solle. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Sie (zu den Sozialdemokraten) mögen die Worte anders verstanden haben, als ich sie gemeint hatte; den Vorwurf der Verdrehung muh ich aber aüf das entschiedenste zurückweisen. (Zustimmung rechts.) Keiner anderen Fraktion sind Schwierigkeiten be züglich der vorgeschlagenen Personen gemacht worden. Es lag mir auch daran, diejenigen Herren zu gewinnen, die bei Len einzelnen Frak tionen in den Heeres- und Marinefragen be sonders orientiert waren. Aus Lern Grunde hatte ich von der sozialdemokratischen Fraktion die Herren. Noske und Südekum für besonders geeignet gehalten. Darauf erhielt ich die Mit- teilung, daß die Fraktion anstelle von Südekum Dr. Liebknecht in Vorschlag bringe. Da der Kommission auch andere Herren airgehören soll ten, die nicht dem Hause angehörten, hielt ich den Abg. Dr. Liebknecht für nicht geeignet, da er eine zu prononcierte Stellung in der Frage einnehme. Nach den Darlegungen des Abgeord neten Ledebour stehe ich aber nicht mehr einem Wünsche der sozialdemokratischen Fraktion gegen über, sondern einer Forderung, die ich nicht an- erkenne. (Abg. Ledebour ruft: Wortklaube rei! und wird vom Präsidenten Dr. KaemPf Safür zur Ordnung gerufen.) Darauf wurde von uns der Vorschlag gemacht, den Abg. Liebknecht als Sachverständigen zuzuziehen. Die sozialdemokratische Fraktion lehnte darauf in einem Schreiben die Beteiligung an der Kom- mission ab Ich muß hier konstatieren, daß es sich bei der Kommission nur um Erörterung der wirtschaftlichen Seite der Rüstungsfragen han dele. Wenn dabei auch andere Fragen, wie ausländische Spionage usw., erörtert werden ollen, so muß das weniger temperamentvoll ge schehen als der Abgeordnete Liebknecht es hier im Hause, nicht zum Nutze» des Vaterlandes, getan hat. (Sehr richtig! rechts.) Der Abge- ordne e Liebknecht hat hier diese Dinge zur Sprache gebracht, als die Verhandlungen schoeb- :en; er hat diese Zustände als ein Panama be zeichnet, ein Ausdruck, der keineswegs berech tigt war. Ich wollte den Abgeordneten Lieb knecht nicht in der Kommission haben, dessen Auftreten geeignet war, Deutschlands Ansehen im Auslande zu schädigen. (Beifall rechts, Zischen links.) Abg. Schiffer-Magdeburg (natl.): Bei der ganzen Frage mutz sowohl das Recht des Reichstags, aber auch das Recht der Verbünde teu Regierungen gewahrt bleiben. Nachdem ein mal der Reichstag auf den Boden des Schrei bens des Reichskanzlers getreten war, konnte der Reichstag nicht mehr aus dem Recht bestehen, die Mitglieder für die Kommission zu ernennen. Der Reichskanzler hatte damit das Recht, aus den ihm vorgeschlagenen Mitgliedern diejenigen auszuwählen, die ihm geeignet erschienen. Die Sozialdemokratie hat also kein Recht, zu ver langen, daß ein bestimmter Abgeordneter in die Kommission berufen wird. Es ist wirklich rüh rend, wie die ganze große sozialdemokratische Fraktion einig eintritt für den Abg. Liebknecht, der sie doch so hereingelegt hat. (Sehr richtig! bei der Mehrheit. Widerspruch bei den Sozial demokraten.) Die Vorwürfe, die der Abg. Lieb knecht hier mit großen Worten erhoben hat, haben sich zum größten Teile als nicht stich haltig erwiesen, und das Volk hat dasselbe Gefühl. (Widerspruch bei den Sozialdemokra ten.) Durch das Hinemgreifen in berechtigte Geschäftsgeheimnisse leidet die Industrie und auch die Arbeiterschaft Schaden. Wir sollten uns aber nicht immer gleich ins Bockshorn jagen lassen, wen» irgend einmal öffentliche Beschuldigungen er- erhoben werden, die sich dann schließlich noch als übertrieben herausstellen. Hoffentlich nimmt der Abgeordnete Liebknecht künftig den Mund nicht wieder so voll. (Beifall und Heiterkeit.) Abg. Goth ein (fortschr. Vpt.): Der Reichstag hat kein fottmales Recht, die Besetzung der Kommission zu beeinflussen, aber bei der Berufung der Mitglieder sollten die Wünsche des Hauses berücksichtigt werden. Es hätte aber nichts geschadet, wenn der Abgeordnete Liebknecht der Kommission angehört hätte. Wir wünschen, daß nichts hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Abg. Noske (Soz.): Wenn ein Teil der Volksvertretung in der Kommission über Haupt nicht vertreten ist, mutz das beim Volke von vornherein grotzes Mihttaue» erregen. Es handelt sich hier nicht um die Person des Ab geordneten Liebknecht, sondern um ein Recht des Reichstages. Wir sind überzeugt, datz Dr. Lieb knecht uns nicht hineingelegt, sondern sich ein ewiges Verdienst erworben hat. Wir betrachten die Ablehnung des Abgeordneten Liebknecht als eine offene Parteinahme der Regierung für die kompromittierte Firma Krupp. Nachträglich rügt der Präsident einige Ausdrücke des Abg. Noske. Damit ist die Rednevliste erschöpft und die Tagesordnung erledigt. Der Präsident wünscht den Abgeordneten ein srohes Fest und gesunde Wiederkehr im neuen Jahre. Nächste Sitzung: Dienstag, de» 13. Januar, 2 Uhr: Peütionen. Schluß Uhr. Sächsischer Landtag. Dresden, 12. Dezember. Die Zweite Kammer lrat heute vormittag j^10 Uhr zu ihrer 18. ös- fcntlichen Sitzung zusammen und erledigte die Schlußberatungen über einige Etat-Kapiteil des ordentlichen Staats h au shahtsetats für 1914-15 und zwar 1. über Kap. 5 Hos- apotheke betr., 2. über Kap. 62 Botanischer Gar ten und Pslanzenphyswlogische Versuchsstation zu Dresden betr., 3. iiber Kap. 36a Oberverwal tungsgericht betr. und 4. über Kap. 50 Frauen klinik und Heoammenlehranstalt zu Presden betr. Sämtliche Kapitel wurden ohne Debatte nach kurzen Ausführungen des Berichterstatters ein stimmig genehmigt. Vizepräsident Bäu aus Zwickau wohnte der Sitzung nicht bei. Er hatte sich we gen eines leichten Unwohlseins ent- fchuldigen lassen und war am Freitag früh be reits nach Zwickau abgereist. Die übertrie benen Meldungen, die darüber in die auswärtige Presse gelangt sind und die von ei- »er schweren Erkrankung des Herrn Bär! spre chen, wurden namentlich von seinen Fraktions- sreunden niit berechtigtem Unwillen ausgenom men. Die nächste Sitzung findet Montag, den 15. Dezember, nachmittag 4 Uhr statt. Die Kammer wird voraussichtlich am 18. d. M. in die Ferien gehen und die Beratungen am 13. Januar 1914 wieder ausnehmen. Ueber den Schluß der Donnerstags- Sitzung sei noch folgendes nachgetragen: Abg. Dr. Dr. Dietel (fortschr.) ist der Meinung, daß an eine Besserung derWohnungs Verhältnisse auf dein Lande jetzt nicht zu denken sei. Es liege dies nach seiner Meinung an der verkehrten Wirtschaftspolitik des Bundes der Landwirte, die auch ein Hauptgrund für die schlechte Lage der Landarbeiter sei. Abg. Winkler (Soz.) erklärt sich mit der Haltung der Staatsregierung und dec rechten Seite dos Hauses gegenüber dem Anttag Castan nicht einverstanden.
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